4193/J XXIII. GP
Eingelangt am 25.04.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des Abgeordneten Strache und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Korrekturbedarf der neuen Strafprozessordnung
In
der Rechtswissenschaft wird auf Grundlage der neuen Strafprozessordnung
einhellig
die
Auffassung vertreten, dass die Strafprozessordnung bei Missachtung von
Zeugnisverboten
oder bei durch Folter oder Drohung oder unter Vorspiegelung falscher
Tatsachen
im Zuge von Vernehmungen erlangten Beweisen ein - abgesehen von der
nachzuweisenden Relevanz des Nichtigkeitsgrundes - unbedingtes
Beweisverwertungsverbot
vorsieht, indem nämlich zum Nachteil eines Beschuldigten
seine Aussagen sowie jene von Zeugen und Mitbeschuldigten bei sonstiger
Nichtigkeit
nicht als Beweis verwendet werden dürfen, soweit sie unter Folter
zustandegekommen
sind.
Wenn
Aussagen durch sonstige unerlaubte Einwirkung auf die Freiheit der
Willensentschließung oder Willensbetätigung oder durch
unzulässige
Vernehmungsmethoden, soweit sie fundamentale Verfahrensgrundsätze
verletzen,
gewonnen wurden und ihr Ausschluss zur Wiedergutmachung dieser Verletzung
unerlässlich ist, gilt gleichfalls ein (allerdings nicht
gleichermaßen absolutes, sondern
eben
an die Erfüllung dieser Voraussetzungen geknüpftes)
Beweisverwertungsverbot.
Diese
Beweisverwertungsverbote begründen - soweit sie Beweisergebnisse im
Ermittlungsverfahren zum Gegenstand haben, die trotz Widerspruchs in der
Hauptverhandlung
verlesen werden - Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 2 StPO. Soweit sie
hingegen
Vorgänge in der Hauptverhandlung zum Gegenstand haben, begründen sie
Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO. Gleiches gilt,
mutatis mutandis, hinsichtlich der
Anwendbarkeit
der entsprechenden Nichtigkeitsgründe im geschworenengerichtlichen
Verfahren.
Damit stellt
sich die legistisch interessante Frage, warum weder § 166 StPO noch §
164
Abs
4 Satz 1 und 2 StPO in der Klammeraufzählung in § 281 Abs 1 Z 3 StPO
aufscheinen.
Überdies
finden sich in der neuen Strafprozessordnung noch weitere Ungereimtheiten, die
auf
Nachlässigkeit bei der legistischen Arbeit in Bezug auf dieses neue Gesetz
deuten.
So fehlt in
§ 43 Abs 2 erster Satz StPO das Wort „ist" und fehlen in §
47 Abs 3 StPO die
Worte
„zu entscheiden".
Aus diesen
Gründen stellen die gefertigten Abgeordneten hiermit an die
Bundesministerin
für
Justiz folgende
ANFRAGE:
1.) Warum
scheint in der Klammeraufzählung in § 281 Abs 1 Z 3 StPO weder §
166 StPO
noch
§ 164 Abs 4 Satz 1 und 2 StPO auf?
2.)
Warum scheint in § 43 Abs 2 erster Satz StPO das Wort „ist"
(nach den Worten:
„wenn
er entweder im Ermittlungsverfahren tätig gewesen") nicht auf?
3.) Warum
scheinen in § 47 Abs 3 StPO die Worte „zu entscheiden" (nach
den Worten:
„Über die Befangenheit hat der Leiter der Behörde, der das
Organ angehört,") nicht auf?
4.) Gibt es
sachliche Gründe für das Fehlen der in den Fragen 1-3 genannten
Termini
oder
handelt es sich dabei um auf legistischen Nachlässigkeiten beruhende
Fehler des
Ministerialentwurfes und der darauf fußenden Regierungsvorlage?
5.) Falls es
sich um Fehler in Form von Redaktionsversehen handelt, werden Sie der
Bundesregierung
und dem Parlament eine Berichtigungsnovelle zum Zweck von deren
Behebung
zuleiten?
6.) Falls ja, wann werden Sie dies tun?
7.) Gibt es
angesichts des Umstandes, dass in der Rechtspraxis sowohl von Richterseite
als auch von Rechtsanwaltsseite überdies auch wiederholt inhaltliche
Aspekte der neuen
Strafprozessordnung als problematisch bezeichnet wurden, eine
Beobachtungsstelle im
Bundesministerium
für Justiz, die sich mit diesbezüglichen Anregungen auseinandersetzt
und
sie auf ihre Berechtigung prüft?
8.) Falls ja, wo genau und in wessen Zuständigkeit ist diese eingerichtet?
9.) Sind an
Sie und/oder Ihr Ministerium bisher textliche oder sonstige Probleme der
Strafprozessordnung - abgesehen von den in der gegenständlichen
parlamentarischen
Anfrage
aufgezeigten - herangetragen worden?
10.) Wenn ja, welche, und mit welchem Ergebnis?