4224/J XXIII. GP

Eingelangt am 06.05.2008
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr.in Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit

 

betreffend Neubauprojekt Kohlekraftwerk Dürnrohr

 

Im Monitoring-Report Versorgungssicherheit Strom 2006 der E-Control vom November 2007 ist ein stromwirtschaftliches Projekt des Verbundes als in Planung angeführt, das die Klimaschutzpolitik Österreichs sabotieren könnte: ein 800 MW-Kohlekraftwerk in Dürnrohr ohne Abwärmenutzung.

 

Kohlekraftwerke haben die höchsten spezifischen Kohlendioxidemissionen im Vergleich zu anderen Kraftwerken. Gemäß der im November veröffentlichten Berichtsfassung sollen die Bewilligungen bis 2013 vorliegen und das Kraftwerk bis 2016 in Betrieb gehen. Über eine gleichzeitige Stilllegung der bestehenden beiden Kraftwerksblöcke am Standort Dürnrohr, die von Verbund und EVN betrieben werden, ist nichts im Bericht ausgeführt. Insofern ist anzunehmen, dass es sich hierbei um die Schaffung neuer Erzeugungskapazitäten handelt, die ob der bekannten Emissionsfaktoren von Kohlekraftwerken zu einem Mehrausstoß von ca. 3,6 Millionen Tonnen CO2 führen würden.

 

Die Inbetriebnahme eines 800 MW-Kohlekraftwerks würden zudem schätzungsweise zusätzliche 2100 t an Stickoxidemissionen bewirken, so die bestehende „Umweltperformance“ des Bestandskraftwerkes unterstellt wird.

Die verbindlichen Reduktionsziele für Luftschadstoffe (NEC) können damit nicht erreicht werden und die österreichischen Klimaschutzziele bleiben damit in weiter Ferne.

Vor dem Hintergrund der aus EU-Ebene in Verhandlung befindlichen Reduktionsziele für Klimaschädigende Treibhausgase würde ein zusätzliches Kohlekraftwerk einen Mehrausstoß an Treibhausgasen bewirken, der schwer substituierbar ist.

 

Überraschenderweise wurde ohne weitere Kommentierung auf der Homepage der E-Control mitte Februar eine neue Berichtsfassung veröffentlicht, in der keine Erwähnung zu einem in Planung befindlichen Kohlekraftwerk am Standort Dürnrohr mehr enthalten ist.

Diese Vorgangsweise der E-Control wirft vielfältige Fragen auf.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.      Ist es richtig, dass in Dürnrohr ein Kohlekraftwerk mit 800 MW Leistung geplant ist? Wenn ja, in welchem Status befindet sich dieses Projekt? Auf Basis welcher Informationen wurde das entsprechende Projekt in den Bericht der E-Contol aufgenommen?

2.      Wann hat die E-Control vor der Veröffentlichung ihres Berichtes im November 2007 die einschlägigen österr. EVUs kontaktiert und jeweils für welches Projekt Antworten erhalten?

3.      In welcher Form hat vor Veröffentlichung des einschlägigen Berichtes eine Plausibilitätsprüfung seitens der E-Control stattgefunden und wenn nicht, warum nicht?

4.      Welche spezifischen Kraftwerke werden bis 2016 außer Betrieb genommen werden?

5.      Warum enthält der Bericht der E-Control vom November 2007 keine Angaben zu den aus den Kraftwerksprojekten erwachsenden Emissionen an Treibhausgasen und Luftschadstoffen, zu denen Österreich gemäß EU-Recht zu Reduktionen verpflichtet ist?

6.      Kraft welcher gesetzlichen Bestimmungen bzw. ministeriellen Richtlinien ist die E-Control möglicherweise nicht dazu angehalten, in derartigen Berichten zu den erwachsenden Emissionen an Luftschadstoffen und Treibhausgasen ebenso Bericht zu legen und dies einer Bewertung zuzuführen?

7.      Erfolgte eine Befassung des Energiefachbeirates vor Veröffentlichung des Berichtes und wenn ja, wann, wenn nicht, warum nicht?

8.      Inwieweit lässt sich die Errichtung eines neuen Kohlekraftwerks am Standort Dürnrohr mit der österreichischen Klimaschutzpolitik vereinbaren?

9.      Wie groß ist das derzeit und bis 2016 nutzbare Abwärmepotential am Standort Dürnrohr, wobei alle Verbrennungsanlagen, so auch die Müllverbrennungsanlagen, mit berücksichtigt werden?

10.    Bezogen auf die Summe der thermischen Leistung der bestehenden Kohlekraftwerke und der Summe der thermischen Leistung der Müllverbrennungsanlagen – wie hoch ist der Nutzungsgrad bezogen auf den Stromoutput?

11.    Hat sich die nicht nutzbare bzw. nicht genutzte Abwärmemenge aus den Kraftwerksblöcken und den Müllverbrennungsanlagen seit deren Inbetriebnahme vergrößert – wenn ja, um wie viel in Prozent zur Brennstoffwärmeleistung?

12.    Um wie viel ist die an die entsprechenden Vorfluter abgegebene Abwärmemenge seit Errichtung der Müllverbrennungsanlagen am Standort Dürnrohr (also Kraftwerke plus Müllverbrennungsanlage) gestiegen?

13.    Warum erfolgt bislang keine Nutzung der anfallenden Abwärmemenge aus Kraftwerken und/oder Müllverbrennungsanlagen für die nahegelegne Stadt Tulln, bzw. das Einkaufsgebiet von Langenrohr?

14.    Auf Basis welcher Informationen hat die E-Control eine Neufassung ihres Berichtes vom November 2007 Mitte Februar auf ihrer Homepage veröffentlicht?

15.    Pressemeldungen zufolge, vertritt die EVN bzw. Verbundgesellschaft, die Ansicht, dass das bestehende Kohlekraftwerk Dürnrohr eine Nutzungsdauer von ca. 30-35 Jahre aufweisen wird können. Wann ist daher mit einer Stilllegung der einzelnen Kohlekraftwerksblöcke zu rechnen?

16.    Inwieweit beeinflussen die bisherigen sehr unterschiedlichen Betriebsdauern der beiden Kraftwerksblöcke die Restnutzungsdauer? Welcher der beiden Kraftwerksblöcke wird früher zur Abschaltung kommen und wann ist damit zu rechnen?