4283/J XXIII. GP

Eingelangt am 08.05.2008
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A N F R A G E

 

 

des Abgeordneten Herbert Scheibner und Mag. Gernot Darmann

 

an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten

 

betreffend ungelöste Kurdenfrage als einer von vielen Stolpersteinen und Hürden der Türkei auf dem Weg in die Europäische Union

 

Die Beitrittsverhandlungen der Türkei zur Europäischen Union laufen bereits seit dem 26. Oktober 2005. Ein Beitritt der Türkei zur Europäischen Union wird nicht nur von einer Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher abgelehnt sondern stößt auch in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf großen Widerstand. Als Alternative zu einem Vollbeitritt, sollte die Europäische Union in Verhandlungen mit der Türkei eintreten mit der Zielrichtung einer verstärkten Zusammenarbeit in Form einer Partnerschaft für Europa. Die Europäische Union beruht auf den gemeinsamen Grundwerten Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und  Demokratie, die das politische Handeln bestimmen sollen. Zu diesen Grundwerten die in den Kopenhagener Kriterien festgelegt sind, müssen sich auch die Beitrittskandidaten wie die Türkei bekennen. Von einem Erreichen derselben ist – wie auch im jüngsten Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission über die Türkei vom Dezember 2007 zum Ausdruck kommt – diese jedoch weit entfernt. Umso unverständlicher ist es daher, wenn der amtierende Kommissionspräsident Barroso bei einem gemeinsam mit dem Erweiterungskommissar Rehn in der Türkei absolvierten Besuch weiterhin klar am Ziel einer EU- Vollmitgliedschaft der Türkei festhält.  Dies gerade zu einer Zeit, in der der Konflikt der Türkei mit den Kurden durch Angriffe der Türkei im Nordirak erschreckende Aktualität erhielt und eine Lösung dieser Frage wohl in weite Ferne gerückt ist. Alleine diese Tatsache zeigt deutlich, dass hinsichtlich der Kurdenthematik, weiterhin ein sehr hohes Konfliktpotenzial in der Türkei vorherrscht.

 

Aber auch die strafrechtlich Verfolgten in Bezug auf Meinungsfreiheit und Medienfreiheit haben sich 2006 gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt, und 2007 nahm die Zahl der diesbezüglichen Strafverfahren weiter zu. Es werden auch nach wie vor Fälle von Folter und Misshandlungen, vor allem bei der Verhaftung und außerhalb der Haftanstalten gemeldet, eine unabhängige Überwachung von Haftanstalten durch unabhängige nationale Stellen, wie sie im noch zu ratifizierenden Fakultativprotokoll zum UN-Übereinkommen gegen Folter vorgesehen ist, fehlt noch immer.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten nachstehende

 


A n f r a g e:

 

 

  1. Ist aus Ihrer Sicht die Möglichkeit einer Vollmitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union vor dem Hintergrund der weiterhin ungelösten Kurdenkonflikte neben allen weiteren bestehenden Probleme in der Türkei überhaupt vorstellbar?

 

  1. Wie beurteilen Sie die laufenden Angriffe der Türkei auf die Kurdengebiete im Nordirak?

 

  1. Wie beurteilen Sie die Luftangriffe Anfang Mai auf Stellungen der Arbeiterpartei Kurdistans im Nordirak, wo laut Angaben der türkischen Armee mehr als 150 PKK-Kämpfer getötet wurden?
 
  1. Welche Position vertreten Sie in Bezug auf das vom türkischen Verfassungsgericht beschlossene Verbotsverfahren gegen die türkische Regierungspartei AKP?

 

  1. Hat sich Ihrer Meinung nach in der aktuellen Änderung des Türkentum-Paragraphen 301 des Strafgesetzes wirklich etwas verändert?

 

  1. Weil einige türkisch-zypriotische Polizisten die rund 70 Meter breite Pufferzone überschritten hatten, kam es vorübergehend zu einer Schließung der Ledra-Straße in der zypriotischen Hauptstadt Nikosia. Wie schätzen Sie vor diesem Hintergrund eine mögliche Versöhnung zwischen den beiden Volksgruppen ein?

 

  1. Teilen Sie die Ansicht des EU-Kommissionspräsidenten Barroso, der bei seinem jüngsten Türkeibesuch gegenüber dem türkischen Parlament indirekt die Irrelevanz kritischer Stimmen zu einem EU-Beitritt der Türkei innerhalb der Europäischen Union zum Ausdruck brachte, wenn er dort feststellte: „Die Türkei dürfe sich durch die wachsende Kritik an dieser Entscheidung innerhalb der EU nicht beirren lassen. Auch die bisherigen EU-Erweiterungen seien erst nach heftigen Diskussionen erfolgt?

 

  1. Wenn ja, warum?
 

 

  1. Wie ist Ihre Meinung zu der Verurteilung der Menschenrechtspreisträgerin und Kurdenpolitikerin Leyla Zana, die ein Gericht im südtürkischen Diyarbakir wegen Verherrlichung des inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan zu zwei Jahren Haft verurteilt hat?

 

  1. Wie stehen Sie zu dem Vorschlag die Vollbeitrittsverhandlungen für die Türkei abzubrechen und stattdessen auf eine Zusammenarbeit in Form einer Partnerschaft für Europa umzusteigen?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, am 08.05.2008