4439/J XXIII. GP

Eingelangt am 28.05.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend

betreffend „Tilidin - Ein Wirkstoff, der aggressiv macht!"

Nach Presseberichten häufen sich Gewaltdelikte unter Einfluss des Wirkstoffes „Tilidin" (Opoid)
Das Problem: Die insbesondere jugendlichen Täter spüren selbst keine Schmerzen.
Eigentlich klingt die Sache recht nett: „Nach 15 bis 20 Minuten hat sich bei mir ein breites
Grinsen bemerkbar gemacht und auch sonst ein euphorisches Feeling", schreibt ein
Drogenkonsument, der sich „ Victim of
Reality " nennt, auf der Homepage der „psychedelischen
Community " www. land-der-traeume. de. Er hatte zuvor eine Substanz namens „ Tilidin "
genommen. „Das hat sich noch gesteitert", setzt der fort, „ und ich war überrascht, wie krass
eine einzige Tablette ballern kann "(Tresse
25.01.2008).

Weniger nett klingen aktuelle deutsche Polizeiberichte: Da ist von durch „Tilidin"
aufgepeitschten Jugendlichen die Rede, die Passanten oder Rivalen verprügeln, Tankstellen
ausrauben, der Polizei wüste Verfolgungsjagden liefern - und dann kaum zu überwältigen sind,
da sie nicht nur völlig gaga, sondern auch weitgehend schmerzfrei sind: Tilidin ist nämlich in
erster Linie ein starkes Schmerzmittel.

In den vergangenen Jahren wurden Tilidin-Präparate (Arzneimittel) offenbar als Angstlöser und
„Coolmacher" wiederentdeckt - und haben, wie Erfahrungen der Polizei in mehreren deutschen
Bundesländern zeigen, mitunter fatale Folgen. Mit ein Grund dafür eine leichtfertige, ärztliche
Verschreibungspraxis sowie Rezeptfälschungen.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie
und Jugend nachstehende

Anfrage:

1. Sind Ihnen die im Einleitungstext beschriebenen Folgen bzw. Problemstellungen von
Tilidinpräparaten bekannt?

2.     Seit wann ist Ihrem Bundesministerium bekannt, dass mit der Einnahme des Wirkstoffes
„Tilidin" die beschriebenen Auswirkungen u.a. eintreten?

3.     Oder ist aus Ihrer Sicht auszuschließen, dass das Opoid Tilidin bislang in Österreich für
derartige Auswirkungen verantwortlich war?

4.     Welche Haltung nimmt zur Verwendung dieses Opoids das Innenministerium ein?

5.     In welchen Ihnen bekannten Mitteln ist „Tilidin" enthalten?
Davon in welchen Arzneimitteln?

6.     Sind Ihnen auch nachgeahmte Arzneimittel, die „Tilidin" enthalten, bekannt geworden?
Wenn ja, in wie vielen Fällen?

7.     Wie oft wurden in den Jahren 2006 und 2007 Arzneimittel die Tilidin enthalten, an
PatientInnen in Österreich verschrieben (z.B. Valoron) und durch die Krankenkassen bezahlt?
Welche Mengen wurden verkauft, welche Summen wurden bezahlt (Aufschlüsselung der
Zahlen auf Jahre)?

8.     Wie viele diesbezügliche Rezeptfälschungen für Arzneimittel, die Tilidin beinhalten, sind
Ihnen in diesen beiden Jahren bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Jahre)?

9.     Können Sie ausschließen, in den letzten fünf Jahren (seit 2002) Meldungen über unerwünschte
Nebenwirkungen betreffend Arzneimittel, die „Tilidin" beinhalten, erhalten zu haben?

10. Wenn nein, welche und wie viele derartige Meldungen haben Sie bzw. die PharmMed über
diese Arzneimittel erhalten?

Welche „Nebenwirkungen" wurden Ihnen bekannt? Was geschah mit diesen Meldungen?

11. Wann wurde die PharmMed mit diesen Problemstellungen befasst? Wie lautet die
gutachterliche Stellungnahme (Nutzen/Risikobewertung) der PharmMed dazu?
Welche Maßnahmen haben Sie bzw. die PharmMed zu welchem Zeitpunkt ergriffen?

12. Welche Haltung nimmt nun - aufgrund der vorliegenden Meldungen - der Hauptverband der
Sozialversicherungsträger ein?

Welche Haltung nimmt dazu die Österreichische Ärztekammer ein?

13.    Wie lautete die konkrete Nutzen / Risikobewertung (gutachterliche Stellungnahme) für
„Tilidin" bzw. für Arzneimittel, die "Tilidin" enthalten durch den Hauptverband der
Sozialversicherungsträger?

14.    Welche Haltung wird dazu auf europäischer Ebene eingenommen?

Liegt bereits zu Arzneimittel die „Tilidin" beinhalten, ein Gutachten des Ausschusses für
Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittelagentur vor?
Wenn ja, welche Ergebnisse gibt es?

15. Welche präventiven gesundheitspolitische Maßnahmen halten Sie in diesem Zusammenhang
für notwendig?