4470/J XXIII. GP

Eingelangt am 30.05.2008
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Zinggl, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend die Spanische Hofreitschule und das Bundesgestüt Piber

 

 

Nach einer Prüfung der Geschäftsjahre 2004–2007 kritisierte der Rechnungshof die finanziellen Verluste der Spanische Hofreitschule – Bundesgestüt Piber Gesellschaft öffentlichen Rechts. Die Grünen hatten vor einer unbedachten und schlampigen Ausgliederung mit guten Gründen gewarnt, dennoch ist der ehemalige Staatsbetrieb seit 2001 ausgegliedert, und seither gibt es nun massive finanzielle Probleme, für die letztlich wieder die öffentliche Hand aufzukommen hat. Am 17. Jänner habe ich deshalb eine parlamentarische Anfrage an Sie gerichtet, die Sie meiner Meinung nach nicht zufriedenstellend beantworten konnten.

1. Sie argumentieren mit einer unabhängigen Unternehmungsführung. Unseren Informationen zufolge ist die Geschäftsführung weiterhin weisungsgebunden.

2. Sie argumentieren die Ausgliederung mit einer zunehmenden Kostenbelastung in den Jahren davor. Diese Kostensteigerung war aber nur im Jahr vor der Ausgliederung außergewöhnlich hoch und konnte daher zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht als Argument für eine Ausgliederung dienen. 

3. Sie schreiben, dass nach der Ausgliederung das Rechnungswesen eingeführt wurde. Unseren Informationen zufolge wurde eine ordentliche Buchhaltung mit Kostenrechnung erst mit dem Eintreten von Mag. Armin Aigner im Jahr 2003, also zwei Jahre nach der Ausgliederung eingerichtet.

4. Sie schreiben, dass ein Schwerpunkt nach der Ausgliederung die Schaffung einer adäquaten touristischen Infrastruktur war. Unseren Informationen zufolge wurde am Standort Piber ein Haubenrestaurant um 800.000 Euro eingerichtet, das keinen einzigen Tag Gewinn machen konnte.

 

5. Sie schreiben, dass der Aufsichtsrat im Juli 2002 eine Expansion des Unternehmens (größerer Pferdebestand) als zielführende Strategie genehmigt hat und dass aus den dazugehörigen Planungsrechnungen hervorgeht, dass diese wirtschaftlich günstiger wäre. Der Rechnungshof stellt aber fest, dass überhaupt erst 2005 ein realisierbarer Businessplan vorlag, der noch dazu gar keine Expansion vorsah.

6. Sie schreiben, dass mit Schloss Wetzdorf ein Sommerquartier für die Lipizzaner der Hofreitschule gefunden und realisiert werden konnte. Dieses Sommerquartier allerdings verschlingt – nach Auskunft von Mitarbeitern – Unsummen. Zudem kritisiert der Rechnungshof, dass Verträge mit dem Schlossbesitzer abgeschlossen wurden, die für die Spanische Hofreitschule und damit für die öffentliche Hand unvorteilhaft waren. So gehen etwa nach Auslaufen des Vertrages sämtliche neu errichteten Gebäude und Anlagen entschädigungslos in das Eigentum des Vermieters über.

7. Sie schreiben, dass vom Aufsichtsrat am 21. Juni 2005 ein neuer Businessplan mit strategischer Neuausrichtung des Bundesgestüts Piber für 2006–2008 beschlossen wurde. Laut Rechnungshofbericht wird im Businessplan aber ausgeführt, dass die bestehenden Prozesse und Strukturen nicht verändert werden.

8. Sie schreiben, dass die Steigerung der BesucherInnenzahlen der Spanischen Hofreitschule  und der Lipizzanerwelt Piber im Wirtschaftsjahr 2006 das Ergebnis eines umfassenden Reorganisationsprozesses waren. Die amtierende Geschäftsführerin Frau Dipl.-Kfm. Elisabeth Gürtler geht allerdings davon aus, dass dieser BesucherInnenzuwachs lediglich das Resultat teurer Marketingmaßnahmen war, die so nicht fortgesetzt werden sollten.    

9. Sie schreiben, dass in den letzten Jahren personelle Entscheidungen zu Gunsten einer bestmöglichen Erfüllung der Aufgaben der Gesellschaft getroffen wurden, nennen bei der beispielhaften Aufzählung aber seltsamerweise nicht die ursprüngliche Verschiebung der Unternehmensführung von Herrn Dr. Werner Pohl zu Herrn Mag. Armin Aigner, wiewohl sie die jetzige Unternehmensführung namentlich erwähnen. 

10. Sie schreiben, dass sich das EGT im Jahr 2007 gegenüber 2006 auch aufgrund der Mehrkosten zur Bekämpfung des CEM-Erregers verschlechtert hat. Laut Prof. C. Aurich von der VUW wusste Direktor Pohl von dem Erreger allerdings schon lange vor der Infektion, ohne dagegen zielführende Maßnahmen zu setzen.   

11. Sie bezeichnen die Ausgliederung der Spanischen Hofreitschule und des Bundesgestüts Piber insbesondere in betriebswirtschaftlicher (!) Hinsicht als erfolgreich, obwohl der Rechnungshof zu einer diametral anderen Ansicht gelangt.

12. Sie schreiben, dass die Mindestanforderungen der Pferdehaltung an allen Standorten eingehalten werden und dass in der Spanischen Hofreitschule jedes Pferd täglich eine Trainingseinheit von einer halben Stunde absolviert. Das ist erstens zu wenig und zweitens keine freie (!) Bewegung, wie dies der Gesetzgeber fordert. Im Gesetz steht, dass die arteigenen Bewegungs- und sozialen Verhaltensweisen ermöglicht werden müssen. Für Warmblüter sind das drei Gangarten. Auf den wenigen Quadratmetern im Innenstadtquartier kann aber kein Pferd galoppieren. Im Gesetz steht außerdem: „Mehrmals wöchentlich ist eine ausreichende Bewegungsmöglichkeit wie freier Auslauf, sportliches Training oder eine vergleichbare Bewegungsmöglichkeit sicherzustellen. Besteht keine Bewegungsmöglichkeit in freiem Auslauf, muss mindestens die zweifache Fläche wie für Einzelboxen gefordert vorhanden sein.“

13. Sie schreiben, dass die Lipizzaner an einem Tag der Woche nicht trainiert werden. Der „Stehtag“ stammt aber noch aus der Zeit schwer arbeitender Arbeitspferde und wird heute in kaum einem Reitstall verordnet, weil er dem Pferd eher schadet, das im Gegenteil ausgiebige und regelmäßige Bewegung braucht.  

Aus ihren Antworten ergeben sich daher weitere Fragen, die, wie wir hoffen, die Ursachen des Finanzdebakels deutlicher machen. 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1 a. Wem gegenüber ist die vermeintlich unabhängige Unternehmungsführung der Spanischen Hofreitschule weisungsgebunden?

1 b. Warum wurde die Institution in eine Gesellschaft öffentlichen Rechts umgeformt und nicht in eine GesmbH, wie das im Handbuch zu Ausgliederungen empfohlen wird?

2 a. Warum sind die Abgänge im Jahr 2000 im Verhältnis zu den vorangegangenen Jahren – just im Jahr der Ausgliederung – unverhältnismäßig gestiegen?

2 b. Welcher Minister war für diese Kostenexplosion namentlich verantwortlich?

3 a. Warum wurde das Rechnungswesen mit Kostenrechnung und doppelter Buchhaltung erst zwei Jahre nach der Ausgliederung eingerichtet?

3 b. Welcher Schaden leitet sich aus dieser erst so spät eingerichteten und eigentlich selbstverständlichen ordentlichen Buchhaltung ab?

4. Ist es Aufgabe der Spanischen Hofreitschule, ein defizitäres Haubenrestaurant auf Kosten der Öffentlichkeit zu führen?

5 a. Was genau sahen die Expansionspläne von 2002 vor?

5 b. Was wurde aus diesen Expansionsplänen?

5 c. Wann hat der Aufsichtsrat mit gültigem Beschluss die ursprünglich bindend beschlossenen Expansionspläne wieder verworfen?

5 d. Womit wurde der Stopp begründet, nachdem zuvor gute Gründe für eine Expansion zu einem entsprechenden Beschluss geführt hatten?

 

5 e. Wie viel Geld wurde (mit oder ohne Plan) in die Expansion investiert?

6 a. Welche unvergleichlichen Vorteile gegenüber anderen Standorten hat das neue Sommerquartier in Kleinwetzdorf zu bieten? Warum wurde ausgerechnet Schloss Wetzdorf als Sommerquartier ausgewählt, wo doch klare Nachteile wie Mehrkosten durch Transfers, mangelnde Infrastruktur, fehlender Publikumsverkehr konstatiert werden hätten müssen?

6 b. Welche Alternativstandorte wurden in Erwägung gezogen, wie wurden sie gesucht, wie wurden sie geprüft, und warum wurden sie verworfen? Wir ersuchen um detaillierte Auskunft, da anzunehmen ist, dass es bessere Varianten gegeben hätte.

6 c. Mit welcher Begründung wurden – für die Spanische Hofreitschule – ungünstige Verträge im Zusammenhang mit dem neuen Sommerquartier abgeschlossen?

6 d. Wie begründen Sie den frühzeitigen Wechsel des Sommerquartiers, obwohl die Stadt Wien den Erhalt des alten Quartiers in Lainz laut Vertrag bis 2016 (!) sichergestellt hatte und ein entsprechender Umbau im Sinne der EU-Norm nach Auskunft von Fachleuten durchaus denk- und machbar gewesen wäre?           

7. Was genau verstehen Sie unter einer strategischen Neuausrichtung des Gestüts Piber im Businessplan 2006–2008?

8. Sind Sie der Meinung, dass ein teures Marketingkonzept, das einerseits zwar zu mehr BesucherInnen, gleichzeitig aber auch zu gröberen wirtschaftlichen Einbußen führt, als sparsame Geschäftsführung bezeichnet werden kann?

9 a. Aus welchen Gründen wurde Dr. Werner Pohl als Geschäftsführer der Spanischen Hofreitschule ursprünglich in Vertrag genommen?

9 b. Wer hat Dr. Werner Pohl im Jahr 2005 plötzlich und vor dem regulären Vertragsende aus der Unternehmensführung abberufen und mit welcher Begründung?

10. Welche Kosten hätten im Jahr 2007 gespart werden können, wenn Direktor Pohl rechtzeitig Bekämpfungsmaßnahmen gegen den CEM-Erreger eingesetzt hätte?

11. Wie begründen Sie angesichts des vernichtenden Rechnungshofberichts Ihr Prädikat, die Ausgliederung der Spanischen Hofreitschule sei „insbesondere in betriebswirtschaftlicher Hinsicht erfolgreich“ gewesen? 

12. Ist Ihnen bekannt, dass die Pferde laut Tierschutzgesetz Anspruch auf freien Auslauf auch in der Innenstadtlage – also unabhängig vom Sommerquartier – haben, und welche Maßnahmen werden Sie diesbezüglich anordnen, damit das Tierschutzgesetz in den für die Republik repräsentativen Stallungen vorbildlich eingehalten wird?

13. Wann wird der Stehtag der Pferde zugunsten des täglichen Auslaufs aufgegeben?