4521/J XXIII. GP

Eingelangt am 05.06.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Mag. Darmann Kollegin und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Strafverfahren gegen „Tierschützer"

Die APA berichtete am 21. Mai 2008 unter dem Titel „Bundesweit zahlreiche Festnahmen radikaler Tierschützer", dass mehrjährige Ermittlungen „um zahlreiche Brandstiftungen, Gas­anschläge und andere schwere Sabotageakte auf Lebensmittelkonzerne, Bekleidungshandels-ketten, pharmazeutische Unternehmen, Produzenten landwirtschaftlicher Produkte" laut Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt dazu geführt hätten, dass „bundesweit zahlreiche bewil­ligte Festnahmen und Durchsuchungen vorgenommen" wurden, „deren Auswertung zumin­dest mehrere Wochen in Anspruch nehmen wird". „Die Erhebungen seien nach Paragraf 278a StGB (Kriminelle Organisation) und anderer strafbarer Handlungen geführt worden, so die Staatsanwaltschaft. Die Beschuldigten seien „verdächtig, radikale Mitglieder einer militanten, unter mehreren Pseudonymen verdeckt auftretenden und international vernetzten Personen­gruppe zu sein", die während der vergangenen Jahre zahlreiche der angeführten Taten began­gen und dabei „große Schäden verursacht" haben soll." „Das Verfahren sei „nicht öffentlich". Die Bekanntgabe näherer Details über dessen Verlauf und Inhalt „würde auch den Zweck der noch zu führenden Ermittlungen gefährden", so die Staatsanwaltschaft weiter".

In weiterer Folge wurde bekannt, dass am 21. Mai in einer konzertierten österreichweiten Ak­tion ab 06.00 Uhr früh insgesamt zehn Personen verhaftet und in der Folge über alle zehn auch vom Richter Untersuchungshaft verhängt wurde; neun Personen sind in Wiener Neu­stadt, eine in Innsbruck inhaftiert. Von der Polizeiaktion sollen nach Angaben des Vereins Gegen Tierfabriken sieben Tierschutzvereine betroffen gewesen sein, es sei zu 24 Hausdurch­suchungen und noch mehr Einvernahmen gekommen.

Harald Balluch, Geschäftsführer des Vereins Gegen Tierfabriken, dessen Obmann DDr. Mar­tin Balluch als einziges Mitglied seines Vereins verhaftet ist, beschwerte sich in einer Mel­dung im OTS vom 23. Mai 2008 über die angeblich unangemessene Vorgangsweise der Poli­zei und stellt die Hintergründe so dar: „Als sich aber herauskristallisierte, dass die Polizei trotz Beschattung und Lauschangriff mit legalen Mitteln nichts gegen den völlig gesetzeskon­form operierenden VGT unternehmen kann, machen sie es jetzt auf die schmutzige Tour." ... „Diese Aktion ist ein unglaublicher Willkürakt und ist darauf ausgelegt bestimmte Vereine mit unlauteren Mitteln auszulöschen." ... „Ich finde es skandalös, dass hier die Staatsanwalt­schaft für politische Interessen missbraucht wird".

Rasch wurden weitere Unterstützer der radikalen Tierschützer tätig: Schon am 25. Mai kam es zu einer Demonstration in Wiener Neustadt mit rund 200 Teilnehmern, Kundgebungen gab es auch in Deutschland (100 Beteiligte in Hamburg, 30 in Berlin).

Der Österreichische Tierschutzverein solidarisierte sich in eine OTS-Meldung vom 27. Mai und „verurteilt Behördenterror gegen Tierschutz „Die Polizeiaktion war jedenfalls völlig un­angebracht und überzogen und erinnert in ihrer brutalen Vorgehensweise an unselige Nazizei­ten." ... „Denn selbst wenn die Vorwürfe sich bewahrheiten sollten, handelt es sich dabei um Notwehraktionen für hilflose Tiere." ... „Der Österreichische Tierschutzverein hat zwar nie­mals derartige Aktionen durchgeführt, jedoch erklären wir uns mit Tierschützern, die oft unter Einsatz ihrer Gesundheit auf Missstände aufmerksam machen ausdrücklich solidarisch." ... „Die wahren Verbrecher sind jedenfalls jene die Tiere quälen und mit ihnen Geschäfte ma-

chen. Traurig auch, dass die Politiker - mit Ausnahme der Grünen - diesen Rambo-Methoden von Polizei und Justiz kommentarlos zusehen." ... „Welche harmlose Gruppierung ist die nächste, die, weil sie einigen Mächtigen unbequem ist, kriminalisiert wird?"

Sind solche bedenklichen Solidaritätsbekundungen für Gruppen, die bewusst durch Straftaten enorme Schäden anrichten, aus dem Tierschutzbereich noch irgendwie nachvollziehbar so erstaunt doch, dass selbst auf die Gesetze angelobte Spitzenpolitiker nicht davor zurückscheu­en, Polizei, Gericht und Staatsanwaltschaft taxfrei willkürliches Vorgehen vorzuwerfen:

Die Aktivitäten der Grünen Tierschutzsprecherin Weinzinger werden in der APA vom 26. Mai so dargestellt: „Die Grüne Tierschutzsprecherin Brigid Weinzinger empörte sich bei einer Pressekonferenz am Montag, dass den Festgenommenen bisher außer „einem Buttersäurean­schlag, dem Verkleben eines Schlosses sowie der Bedrohung einer Pressesprecherin eines Unternehmens" (!) nichts zu Last gelegt wird. „Dafür wurde eine nebulöse „kriminelle Orga­nisation" konstruiert", meinte die Politikerin. Weiters kam dort eine „Sprecherin der Rechts­hilfe für die Verhafteten" zu Wort: „Mitgenommen wurden neben Datenträgern und ganzen Mitgliederlisten auch „Hundespielzeug und Demo-Plakate".

Selbst SPÖ-Justizsprecher Jarolim schießt sich in einem OTS vom 27. Mai nicht auf die mutmaßlichen Rechtsbrecher, sondern per Ferndiagnose auf die Exekutive und Justiz ein und bezeichnet das Vorgehen von Sicherheitsbehörden und einzelnen Justizorganen gegen leiten­de Vertreterinnen von Tierschutzorganisationen als „dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Polizei und Justiz abträglich". „So wirke sowohl die Durchführung der Hausdurch­suchungen als auch die Verhängung der U-Haft wie der Versuch, ein Exempel zu statuieren."

In einer APA-Meldung vom 28. Mai beziffert die Staatsanwaltschaft demgegenüber den Schaden mit jedenfalls 600.000 Euro, und lastet den Aktivisten von 2000 bis April 2008 zu­mindest 14 Sachbeschädigungen, Brandanschläge, fünf Buttersäureanschläge insbesondere gegen Filialen von Bekleidungshandelsketten, aber auch Anschläge gegen Tierfarmen an. Teilweise würden „Bekennerschreiben" vorliegen. Das Verfahren richtet sich „gegen einzelne Personen, die sich unter dem Pseudonym „Animal Liberation Front" zusammengeschlossen haben". „Teilweise hätte diese Gruppierung unter Ausnützung legaler Vereinsstrukturen" strafbare Handlungen begangen. Alle Verhafteten seien selbstverständlich durch Verteidiger vertreten.

Interessanterweise veröffentlichte Peter Pilz im Rahmen seines Weblogs aus dem Innenaus-schuss ein Mail von DDr. Balluch aus dem Gefängnis.

Die Animal Liberation Front (ALF) ist eine anarchistisch organisierte Tierbefreiungsgruppe, die nicht bessere Haltungsbedingungen für Tiere erreichen will sondern die Auffassung ver­tritt, dass der Besitz von Tiere überhaupt unzulässig sei. Sie wurde in Großbritannien in den 1970ern gegründet, ist aber mittlerweile in über 30 Ländern - darunter praktisch allen europä­ischen Staaten - tätig. Die Gruppe hat anfänglich Gewalt gegen Personen deutlich abgelehnt, wurde aber immer mehr von Anarchisten unterwandert, die sich diese Beschränkung nicht auferlegen wollen und mehr Sabotage und Rache für soziale Ungerechtigkeit bezwecken als Tierschutz. Massive Sachbeschädigungen werden bei den Aktionen des ALF jedenfalls ge­duldet (berichtet wird von Brandanschlägen, Vandalismus gegen Fahrzeuge, verklebten Schlössern, zerstörten Lagern, zerstörten Käfigen und Zäunen, zerstörten Telefon- und Strom­leitungen, Verteilung von Schmutz, Fluten von Lokalitäten, Zerstörung von Häusern, Einbrü­che in Geschäfte, Einschlagen von Scheiben, Versenken von Schiffen etc). Splittergruppen wenden aber auch immer wieder Gewalt gegen Menschen an (persönliche Drohungen, Brief­bomben, Drohungen mit vergiftetem Essen in Supermärkten, Autobomben). Es gibt sogar Training-Camps, wo Einbrüche in Laboratorien geübt werden. Die ALF wurde in Großbritan­nien schon 1998, in den USA 2005 als terroristische Organisation eingestuft.

 

Festzustellen ist, dass in den letzten Jahren auch in Österreich vielfach neben friedlichen De­monstrationen gegen den Pelzhandel vor allem vor Bekleidungshandelsfirmen auch etliche Attentate auf Geschäfte und Lager verübt wurden, die der ALF zugerechnet werden. Die Ak­tivitäten haben sich - soweit öffentlich wahrnehmbar - vor allem gegen die Firmen Kleider Bauer, Fürnkranz und Peek & Cloppenburg gerichtet.

Im Zusammenhang mit den nun erfolgten Verhaftungen lenkt die hohe Aktivität der Grünen nun auch das Interesse auf ihre Beziehungen zu den radikalen Tierschützern: Wenn Abg. Pilz im Innenausschuss den Innenminister scharf attackiert und bei dieser Gelegenheit ruchbar wird, dass der Hauptbeschuldigte den Grünen nahestehen soll; wenn die Grüne Tierschutz­sprecherin Brigid Weinzinger sich parlamentarisch seit Jahren für die Interessen des Vereins gegen Tierfabriken einsetzt; wenn die Grünen zumindest Geldflüsse von Peek & Cloppenburg (deren Motivation, die Grünen angesichts ihrer Nähe zu radikalen Tierschützern zu unterstüt­zen, mehr als fragwürdig erscheint) sogar offiziell als Parteispenden angeben so stellt sich die Frage, ob es nicht ein intensives Zusammenwirken friedlicher „Tierschützer", gewalttätiger Tierschützer und der Grünen Fraktion gibt.

In diesem Zusammenhang richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

Anfrage:

1.                          Welche einzelnen Tathandlungen und damit Delikte werden den inhaftierten radikalen Tierschützern konkret angelastet?

2.                          Welchen offiziellen Tierschutzvereinigungen gehören sie an?

3.                          Haben sich nach den bisherigen Erkenntnissen diese Tierschutzvereinigungen wie nor­male Vereine verhalten oder gibt es Hinweise darauf, dass ein kriminelles Vorgehen be­absichtigt war und ein Kontakt mit der „Animal Liberation Front" besteht?

4.                          Sind die Beschuldigten im laufenden Strafverfahren vorbestraft? Wenn ja, um wie viele Vorstrafen in Summe und um welche Delikte handelt es sich?

5.                          Seit wann wurde die Szene der radikalen Tierschützer, die - zumindest im Ausland -durchaus als terroristisch einzustufen ist und auch in den einschlägigen Berichten des BMI schon über lange Jahre hinweg als zunehmend gefährlich genannt wurde vom Bun­desamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung beobachtet worden?

6.                          Gab es in der Vergangenheit schon eine Vernetzung der diesbezüglichen Informationen
im In- und Ausland, insbesondere mit Großbritannien? Bemüht man sich jetzt um einen
Informationsaustausch? Wenn nein, warum nicht?

7.            War die Vorgangsweise der Polizei bei den Verhaftungen und Hausdurchsuchungen korrekt oder ist sie rückblickend tatsächlich - wie von Tierschützern, Grünen und SPÖ behauptet - als überschießend oder gar illegal zu beurteilen?


8.                          Ist es richtig, dass der Hauptbeschuldigte im laufenden Strafverfahren gegen die inhaf­tierten radikalen Tierschützer den Grünen nahe stehen soll?

9.                          Wieviele der weiteren Verdächtigen sind nach bisherigen Erkenntnissen den Grünen zuzurechnen?

10.                   Wird im Zusammenhang mit dem laufenden Strafverfahren auch überprüft, ob es zwi­schen den Grünen und den radikalen Tierschützern (weitere) personelle Verflechtungen oder Naheverhältnisse bestehen? Wenn ja, welche Ergebnisse liegen diesbezüglich bis­her vor?

11.                 Ist der Justiz bekannt, dass gerade die Firma Peek & Cloppenburg nach einem Bericht in „Österreich" vom 22. Juli 2007 mit den Grünen „wegen des Pelz-Verkaufs auf Kriegs­fuß" stand?

12.                 Wird dem sich aufgrund der eigenartigen „Spende" der von radikalen Tierschützern lange verfolgten Firma Peek & Cloppenburg aufdrängenden Verdacht nachgegangen, ob diese und andere von radikalen Tierschützern bedrohte Firmen den Grünen freiwillig Spenden geleistet haben oder diese eigentlich eine durch kriminelle Aktionen radikaler Tierschützer erpresste indirekte Bezahlung für Ruhe vor weiteren derartigen Attacken darstellen? Wenn ja, welche Ergebnisse hatten die Ermittlungen bisher? Wenn nein, wa­rum nicht?

13.                 Wie konnte DDr. Balluch aus dem Gefängnis Mails u.a. an Peter Pilz versenden?