4618/J XXIII. GP
Eingelangt am
13.06.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Jarolim, Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Justiz
Betreffend die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Innsbruck in der sogenannten
„Schwein-Sager"-Affäre (1 St 128/07 y)
Aufgrund eines im Internet veröffentlichten Mitschnitts einer Rede des Tiroler Landeshauptmanns DDr. Herwig van Staa, auf welchem - offenbar in Bezug auf den deutschen Ex-Außenminister Joschka Fischer - die Bemerkung „Das Schwein!" zu hören ist, ermittelt die Staatsanwaltschaft Innsbruck seit Anfang September 2007 gegen Markus Wilhelm, den Betreiber dieser Internetseite (www.dietiwag.org). wegen des Vergehens der üblen Nachrede, der Täuschung sowie der Fälschung eines Beweismittels nach §§111, 117 Abs. 2; 108; 293 StGB.
Die polizeilichen Erhebungen wurden bereits im Oktober 2007 vom damit beauftragten Landespolizeikommando Tirol an das Büro für Interne Angelegenheiten in Wien abgegeben und dort mit Bericht vom 27. Dezember 2007 abgeschlossen. Dieser beinhaltet neben einer Reihe von Vernehmungsprotokollen zwei im Auftrag des Innenministeriums erstellte Tonband-Expertisen eines beeideten Sachverständigen, der zum Ergebnis kommt, dass eindeutig die Passage „Das Schwein" zu hören ist. Die entsprechende Passage ist demnach nicht manipuliert.
Nach Bekanntwerden dieser beiden den Beschuldigten entlastenden Gutachten war Mitte Februar 2008 Medienberichten zu entnehmen, dass seitens der StA Innsbruck eine Entscheidung über Zurücklegung oder Strafantrag „in zwei bis drei Wochen" feststehen werde.
Bis zum heutigen Tag ist eine solche Entscheidung nicht erfolgt. Es besteht der Verdacht, dass diese Verzögerung im Zusammenhang mit der Tiroler Landtagswahl zu sehen ist.
Statt der damals in Aussicht gestellten Entscheidung hat wenige Tage später, am 20. Februar 2008, eine rasch telefonisch vereinbarte neuerliche Befragung von DDr. Herwig van Staa durch den Ersten Staatsanwalt Dr. Wolfgang Pilz persönlich stattgefunden, die der angefertigten Niederschrift zufolge mehr den Charakter einer kursorischen Absprache zwischen Behörde und Landeshauptmann hatte.
Mangels entsprechender Protokollierung sind die Fragen der Staatsanwaltschaft dem Protokoll nicht entnehmbar, die Formulierung der Antworten lässt jedoch auf eine suggestive und nicht objektive Fragestellung schließen. Möglicherweise sollte so beide Seiten vom im Raum stehenden Verdacht eines politisch motivierten Vorgehens gegen den Betreiber der Internetseite exkulpiert werden
Nachdem nunmehr weitere drei Monate lang von der Staatsanwaltschaft keine weiteren Ermittlungsschritte mehr gesetzt wurden (ausgenommen von drei durch den Beschuldigten
beantragten Befragungen), hat die StA Innsbruck Anfang Juni 2008 die deutsche Staatsanwaltschaft in Hildesheim um eine Zeugeneinvernahme ersucht, wodurch sich ein Abschluss des Ermittlungsverfahrens weiter verzögert. Der Akt wurde von StA Dr. Pilz nunmehr mit Datum 1.9.2008 auf Kalender gelegt. Der Beschuldigte wird dann bereits genau ein Jahr auf die Einstellung der Ermittlungen warten.
Dies ist in Anbetracht, dass dieses Verfahren nicht nur in Tirol höchstes öffentliches Interesse hervorruft eine immens lange Zeit, in welcher der Beschuldigte dem medial verbreiteten politischen Vorwurf der Manipulation des Tonbandes ausgesetzt ist.
Hieraus ergeben sich folgende Fragen an die Bundesministerin für Justiz:
1) Aufgrund welchen Hinweises bzw. wessen Anzeige (Sachverhaltsdarstellung) ist die Staatsanwaltschaft Innsbruck in dieser Sache tätig geworden?
2) Ist dem Ministerium bekannt, durch welche Stelle bzw. Person und aus welchen Gründen die Abtretung der polizeilichen Ermittlungstätigkeit an das Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) erfolgt ist?
3) Hat es - von welcher Seite auch immer - Interventionen bei der oder Druck auf die StA Innsbruck gegeben, eine für Landeshauptmann DDr. Herwig van Staa möglicherweise ungünstige Entscheidung der Staatsanwaltschaft bis nach den Landtagswahlen hinauszuzögern?
4) Warum wurde Herr Ludwig Wucherpfennig aus Hildesheim, falls dessen Zeugenschaft als ausschlaggebend für die Entscheidung erachtet wird, nicht bereits in den vergangenen neun Monaten befragt?
5) Besteht in diesem Ermittlungsverfahren Berichtspflicht gegenüber dem Justizministerium und wenn ja, war das Ministerium in die Sache bereits eingeschaltet?
6) Werden Sie als zuständige Ministerin dafür Sorge tragen, dass das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft unabhängig von lokalen politischen Befindlichkeiten rasch zu einem Abschluss gebracht wird?