4678/J XXIII. GP

Eingelangt am 04.07.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend „Investments in Kroatien: Korruption und Betrug - EU-Beitritt?“

Während auf diplomatischer Ebene die EU-Mitgliedsstaaten gute Stimmung für den Beitritt
Kroatiens zur EU machen und öffentlich betonen, dass die EU-Beitrittsverhandlungen mit
Kroatien gut vorangehen und im Herbst 2009 abgeschlossen werden könnten, werden aus
Kroatien zunehmend Probleme u.a. auch von österreichischen Investoren bekannt, die bei
Investitionen betrogen werden. In vielen Fällen wird das Versagen der Justiz, der Polizei und der
zuständigen Verwaltungsbehörden mehr als deutlich. Einige der öffentlich bekanntgewordenen
Beispiele:

So wurde die Uttendorfer Firmengruppe Altenberger (Salzburger) Opfer eines
Millionenbetrügers:

Mit einem Partner war der Bau von drei Hotels und 300 Ferienbungalows in Kroatien geplant.
Doch der „Partner" steckte 2,5 Millionen Euro ein und ergaunerte durch gefälschte Papiere
auch das Grundstück im Wert von 15 Millionen Euro ".
(Kronenzeitung 26.03.2008)

Noch ärger die Situation für die Tochter der Steirischen Landes-Hypobank. Seit dem
Auffliegen der Leasing-Betrügereien im Jahr 2006 fühlt sich die Bank in Kroatien und Bosnien
stark bedroht fühlt. Mitarbeiter fürchten um ihr Leben, bis heute können sie nur mit Leibwächtern
ausfahren. Durch diesen planmäßigen Betrug musste die Hypobank 122 Mio. Euro abschreiben.
Die Hypobank beauftragte daher einen Sicherheitsbericht bei einer privaten Sicherheitsfirma:
Die Security-Firma „ Bachler und Partners ", an der auch Ex-Innenminister Karl Schlögl und
der frühere Kärntner Landeshauptmann Christoph Zernatto beteiligt sind, lieferte daraufhin in
der Grazer Hypo-Zentrale eine rund 150 Seiten starke „Netzwerkanalyse " ab. Durchleuchtet
wurden Geschäftspartner, Vermittler, Anwälte und Hypo-Mitarbeiter.

Der Inhalt des Dossiers, das der Kleinen Zeitung vorliegt, ist brisant: Es gebe in beiden Ländern
ein dichtes Geflecht aus organisierter Kriminalität, von dem ein „ hohes Bedrohungspotenzial für
die Hypo Leasing" ausgehe. Bachlers Analyse zählt Dutzende Firmen, Scheinfirmen und
Personen auf, die allesamt „ der organisierten Kriminalität zuzurechnen " seien und als

gefährlich eingestuft werden müssten....................

Als kriminell, gewaltbereit und/oder gefährlich werden in dem Bericht auch jene Personen
bezeichnet, gegen die in Graz seit längerem Voruntersuchungen wegen Betrugs, Untreue und
Urkundenfälschung laufen"
(Kleine Zeitung 02.04.2008).

Der Fragesteller verweist auch auf seine Parlamentarischen Anfragen betreffend „Kroatien für
Investoren kein Paradies?"
(Hotelprojekt Katarinainsel in Rovinj des Salzburger Hoteliers
Wilfried Holleis) aus dem Jahr 2003. Dieser hat nun - Presseberichten 2008 zufolge - nach
jahrelangem Kampf gegen Justiz, Behörden und Konkurrenz aufgegeben, einen Vergleich
abgeschlossen und seine Anteile verkauft. Die „nötige Rechtsstaatlichkeit und - Sicherheit für
Zukunftsinvestments" sei nicht gegeben gewesen (SN 31.05.2008).

Die Bundesministerin für Auswärtige Angelegenheiten sowie der Bundesminister für Wirtschaft

und Arbeit haben damals 2003 die Fragen 7-9 der damaligen Anfragen gleichlautend

beantwortet. Es ging um die Frage, ob das kroatische Rechtssystem den EU-Rechtsnormen

entspricht.

Die gleichlautenden Antworten beider Bundesminister:

„Kroatien hat sich für österreichische Investoren als interessanter und zukunftsreicher Markt
erwiesen. Die laufende Intensivierung dieser Beziehungen belegen, dass Kroatien für
österreichische Unternehmen bereits ein bewährter Partner ist. Trotz einzelner Problemfälle, zu
denen auch der gegenständliche Fall Hotel Katarina zählt, ist die wirtschaftliche
Zusammenarbeit mit Kroatien als durchaus positiv zu bewerten. Dieser Befund betrifft auch die
Frage der Rechtssicherheit. Dies macht auch verständlich, warum Dr. Holleis in Kroatien mit
weiteren Investitionsprojekten präsent bleibt.

Kroatien hat am 21. Februar d.J. den Beitrittsantrag zur EU gestellt. Es ist richtig, dass
Kroatien zur Erlangung der Beitrittsreife in vielen Bereichen zusätzliche Acquisanpassung
vornehmen und zur Erfüllung aller politischen und wirtschaftlichen Kriterien von Kopenhagen
noch weitere substantielle Reformen durchführen muss. Grundsätzlich ist aber festzustellen,
dass auch Kroatien, wie alle bisherigen Beitrittskandidatenländer, die politischen Kriterien erst
mit Verhandlungsbeginn, und die wirtschaftlichen Kriterien erst mit positivem
Verhandlungsende erfüllen müsste.

Der bis dahin noch bestehende Reformbedarf ist zum Teil im Rahmen des mit der EU
unterzeichneten Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens erfasst. Obwohl dieses
Abkommen noch nicht in Kraft getreten ist, hat Kroatien bereits jetzt an die 60 % von dessen
Bestimmungen umgesetzt Weitere Schritte zu Heranführung an die EU hat die Europäische
Kommission im Rahmen eines am 27. März d. J. präsentierten Fortschrittsberichtes zum Stand
Kroatiens im Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess dargelegt. Kroatien seinerseits begegnet
diesen Forderungen aktiv mittels eines im November 2002 verabschiedeten Nationalen
Progammes für die Erlangung der EU-Mitgliedschaft, in welchem Kroatien einen Aktionsplan
zur Erfüllung der Beitrittskriterien aufgestellt hat."

Wie die jüngsten Erfahrungen aus Rumänien und Bulgarien zeigen, genügt es nicht - als
Voraussetzung für einen EU-Beitritt - formal den europäischen Rechtsbestand zu übernehmen.
Entscheidend für das Funktionieren eines Rechtsstaates ist neben der innerstaatlichen Umsetzung
europäischer Rechtsnormen, die innerstaatliche Justizorganisation, die Unabhängigkeit der Justiz
sowie die Bekämpfung der Korruption durch eine Antikorruptionsbehörde. All dies trifft aber
zurzeit auf Kroatien nicht zu. So verwies selbst der EU-Erweiterungskommissar Olli Rehm
Anfang Juni 2008 auf diese Probleme:

„Kroatien muss mehr Anstrengungen für ein funktionierendes Justizsystem machen, im Kampf
gegen Korruption und für eine bessere Verwaltung. "

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres nachstehende


 

Anfrage:

1.               Sind Ihnen die im Einleitungstext zit. Fälle bekannt?
Wie beurteilen Sie diese Fälle?

2.               Wenn nein, was werden Sie aufgrund dieser Informationen unternehmen?

3.               Wenn ja, was haben Sie in diesen zit. Fällen gegenüber Kroatien zum Schutz der
österreichischen Investoren bereits unternommen? Was haben Sie bisher erreicht?

4.       Sind Ihnen weitere derartige oder ähnliche Problemfälle österreichischer bzw. europäischer
Investoren in Kroatien bekannt?

5.               Wenn ja, welche? Was haben Sie bereits dagegen unternommen?
Was haben Sie erreicht?

Was haben andere EU-Staaten dazu bereits unternommen?

6.               Wie ist der Stand dieser österreichischen Interventionen zum Schutz österreichischer
Investoren bzw. Investitionen in Kroatien?

7.               Wie beurteilen Sie in Anbetracht dieser bekannten Problemfälle generell die Rechtssicherheit
für österreichische (europäische Investoren) in Kroatien?

8.               Entspricht in Anbetracht der vielen bekannten Problemfälle aus Sicht des Ressorts das
kroatische Justizwesen und Rechtssystem sowie insbesondere die bekannt gewordenen
Vorgangsweisen der kroatischen Justiz, der Polizei und der Verwaltung den
EU-Rechtsnormen und Standards?

9.               Wenn nein, warum nicht?

10.   Wie soll in Kroatien eine gesicherte und bessere Verwendung der EU-Finanzmittel
sichergestellt werden?
Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, um weiteren Missbrauch zu verhindern?

11.   Sind aus Sicht des Ressorts weitere substantielle Reformen in der Justiz und Polizei noch
notwendig?
Wenn ja, welche?

12.   Welche konkreten Änderungen muss Kroatien also Voraussetzung für einen EU-Beitritt im
Justizwesen noch vornehmen?

13.   Wie viele Fälle von sogenannten „Quasi-Enteignungen" sind Ihnen seit 2000 in Kroatien
bereits bekannt geworden?

14.   Welche Tipps geben Sie österreichischen Investoren, um vor sogenannten
„Quasi-Enteignungen" geschützt zu sein?