4759/J XXIII. GP
Eingelangt am
09.07.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend „Investments in Kroatien: Korruption und Betrug - EU-Beitritt?"
Während auf
diplomatischer Ebene die EU-Mitgliedsstaaten gute Stimmung für den
Beitritt
Kroatiens zur EU machen und öffentlich betonen, dass die
EU-Beitrittsverhandlungen mit
Kroatien gut vorangehen und im Herbst 2009 abgeschlossen werden könnten,
werden aus
Kroatien zunehmend Probleme u.a. auch von österreichischen Investoren
bekannt, die bei
Investitionen betrogen werden. In vielen
Fällen wird das Versagen der Justiz, der Polizei und
der zuständigen Verwaltungsbehörden mehr als deutlich. Einige
der öffentlich
bekanntgewordenen Beispiele:
So wurde die
Uttendorfer Firmengruppe Altenberger (Salzburger) Opfer eines
Millionenbetrügers:
„ Mit einem
Partner war der Bau von drei Hotels und 300 Ferienbungalows in Kroatien
geplant. Doch der „Partner"
steckte 2,5 Millionen Euro ein und ergaunerte durch gefälschte
Papiere auch das Grundstück im Wert von 15 Millionen Euro".
(Kronenzeitung 26.03.2008)
Noch ärger die
Situation für die Tochter der Steirischen Landes-Hypobank. Seit dem
Auffliegen der Leasing-Betrügereien im Jahr 2006 fühlt sich die Bank
in Kroatien und
Bosnien stark bedroht fühlt. Mitarbeiter fürchten um ihr Leben, bis
heute können sie nur mit
Leibwächtern ausfahren. Durch diesen planmäßigen Betrug musste
die Hypobank 122 Mio.
Euro abschreiben. Die Hypobank beauftragte
daher einen Sicherheitsbericht bei einer privaten
Sicherheitsfirma:
„Die Security-Firma „Bachler und Partners", an der
auch Ex-Innenminister Karl Schlögl
und der
frühere Kärntner Landeshauptmann Christoph Zernatto beteiligt sind,
lieferte
daraufhin in der Grazer Hypo-Zentrale eine
rund 150 Seiten starke „Netzwerkanalyse " ab.
Durchleuchtet wurden Geschäftspartner, Vermittler, Anwälte und
Hypo-Mitarbeiter.
Kroatien hat am 21.
Februar d.J. den Beitrittsantrag zur EU gestellt. Es ist richtig, dass
Kroatien zur Erlangung der Beitrittsreife in vielen Bereichen zusätzliche
Acquisanpassung
vornehmen und zur Erfüllung aller politischen und wirtschaftlichen
Kriterien von
Kopenhagen noch weitere substantielle
Reformen durchführen muss. Grundsätzlich ist aber
festzustellen, dass auch Kroatien, wie alle bisherigen
Beitrittskandidatenländer, die
politischen Kriterien erst mit Verhandlungsbeginn, und die wirtschaftlichen
Kriterien erst
mit positivem Verhandlungsende
erfüllen müsste.
Der bis dahin noch bestehende
Reformbedarf ist zum Teil im Rahmen des mit der EU
unterzeichneten Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens erfasst. Obwohl
dieses
Abkommen noch nicht in Kraft getreten ist,
hat Kroatien bereits jetzt an die 60 % von dessen
Bestimmungen umgesetzt. Weitere Schritte zu Heranführung an die EU
hat die Europäische
Kommission im Rahmen eines am 27. März d. J. präsentierten
Fortschrittsberichtes zum
Stand Kroatiens im Stabilisierungs- und
Assoziierungsprozess dargelegt. Kroatien seinerseits
begegnet diesen Forderungen aktiv mittels eines im November 2002
verabschiedeten
Nationalen Progammes für die Erlangung
der EU-Mitgliedschaft, in welchem Kroatien einen
Aktionsplan zur Erfüllung der Beitrittskriterien aufgestellt hat. "
Wie die
jüngsten Erfahrungen aus Rumänien und Bulgarien zeigen, genügt
es nicht - als
Voraussetzung
für einen EU-Beitritt - formal den europäischen Rechtsbestand zu
übernehmen. Entscheidend für das Funktionieren eines Rechtsstaates
ist neben der
innerstaatlichen Umsetzung europäischer Rechtsnormen, die innerstaatliche
Justizorganisation, die Unabhängigkeit
der Justiz sowie die Bekämpfung der Korruption
durch eine Antikorruptionsbehörde. All dies trifft aber zurzeit auf Kroatien
nicht zu. So
verwies selbst der EU-Erweiterungskommissar Olli Rehm Anfang Juni 2008
auf diese
Probleme:
„Kroatien
muss mehr Anstrengungen für ein funktionierendes Justizsystem machen, im
Kampf
gegen Korruption und für eine bessere Verwaltung. "
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für
Justiz
nachstehende
Anfrage:
1.
Sind Ihnen die im Einleitungstext zit. Fälle bekannt?
Wie
beurteilen Sie diese Fälle?
2. Wenn nein, was werden Sie aufgrund dieser Informationen unternehmen?
3.
Wenn ja, was haben Sie in diesen zit. Fällen gegenüber
Kroatien zum Schutz der
österreichischen
Investoren bereits unternommen? Was haben Sie bisher erreicht?
4.
Sind Ihnen weitere derartige oder ähnliche Problemfälle
österreichischer bzw.
europäischer
Investoren in Kroatien bekannt?
5.
Wenn ja, welche? Was haben Sie bereits dagegen unternommen?
Was haben Sie
erreicht?
Was haben andere EU-Staaten dazu bereits unternommen?
6.
Wie ist der Stand dieser österreichischen Interventionen zum Schutz
österreichischer
Investoren bzw.
Investitionen in Kroatien?
7.
Wie beurteilen Sie in Anbetracht dieser bekannten Problemfälle
generell die
Rechtssicherheit
für österreichische (europäische Investoren) in Kroatien?
8.
Entspricht in Anbetracht der vielen bekannten Problemfalle aus Sicht
des Ressorts das
kroatische Justizwesen und Rechtssystem sowie insbesondere die bekannt
gewordenen
Vorgangsweisen der
kroatischen Justiz, der Polizei und der Verwaltung den
EU-Rechtsnormen und Standards?
9. Wenn nein, warum nicht?
10. Wie soll in Kroatien eine gesicherte und bessere Verwendung der
EU-Finanzmittel
sichergestellt werden?
Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, um weiteren Missbrauch zu verhindern?
11. Sind aus Sicht des
Ressorts weitere substantielle Reformen in der Justiz und Polizei noch
notwendig?
Wenn ja, welche?
12.
Welche konkreten Änderungen muss Kroatien also Voraussetzung
für einen EU-Beitritt
im Justizwesen noch vornehmen?
13.
Wie viele Fälle von sogenannten „Quasi-Enteignungen"
sind Ihnen seit 2000 in Kroatien
bereits
bekannt geworden?
14.
Welche Tipps geben Sie österreichischen Investoren, um vor
sogenannten
„Quasi-Enteignungen“
geschützt zu sein?