4770/J XXIII. GP

Eingelangt am 10.07.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Inneres

Betreffend das Auftauchen neuer Anhaltspunkte, die die Involvierung weiterer Personen in den Briefbombenterror wahrscheinlich erscheinen lassen

Nachdem Franz Fuchs im Jahr 1997 verhaftet, im Jahr 1999 schuldig gesprochen worden war und schließlich ein Jahr danach Selbstmord begangen hatte, kam es zu keinen weiteren Ermittlungen. Die Leitung der SOKO Briefbomben war damals zu dem Ergebnis gelangt, dass Fuchs die Bombenattentate zwischen 1993 und 1996 alleine, ohne Hilfe von Mittätern verübt hatte, obwohl es jedoch bereits zum damaligen Zeitpunkt deutliche Anhaltspunkte dafür gegeben hat, die dafür sprachen, dass Fuchs weder technisch noch historisch-literarisch in der Lage gewesen wäre, Briefbomben und Bekennerbriefe alleine zu versenden.

Kürzlich wurden jedoch in den Medien (profil 26/08 v 23.6.2008) Berichte veröffentlicht, die geeignet sind, die Einzeltäterthese zu erschüttern. Nach Angaben eines ehemaligen Mitglieds der SOKO hätten bereits damals umfangreiche Hinweise bestanden, die bis heute nicht gerichtlich geprüft und nicht entkräftet worden seien und bestünden nunmehr weitere deutliche Hinweise darauf, dass ein mittlerweile 77jähriger Wiener Historiker, der lange Zeit in der NDP aktiv war und danach eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes, aus der er trotz mehrerer weiterer Vorstrafen (ua wg Einbruchsdiebstahl, Brandstiftung, Straftaten nach dem Verbotsgesetz, Waffengesetz und Pressegesetz) vorzeitig entlassen wurde, zu verbüßen hatte, zumindest (Mit-)Verfasser von Bekennerschreiben der Bajuwarischen Befreiungsarmee bzw der Salzburger Eidgenossenschaft gewesen sein könnte. Entsprechende Anzeichen hierfür bestehen jedenfalls, so ist es unter anderem zu einer bemerkenswerten Häufung zeitlicher und örtlicher Naheverhältnisse des nunmehr Verdächtigten zu den Anschlägen gekommen.

Das Mitglied der SOKO war jedoch bereits unmittelbar nach der Verhaftung von Franz Fuchs von weiteren Ermittlungen abgehalten und deshalb sogar mit dem Ausschluss aus der SOKO bedroht worden. Inzwischen soll der Antrag des ehemaligen SOKO-Mitgliedes auf Genehmigung eines Interviews mit dem ORF abgewiesen worden sein.

Daraus ergeben sich folgende Fragen

1)    Trifft   es   zu,   dass   dem   betreffenden   Beamten   nicht   genehmigt   wurde,   seine Wahrnehmungen publik zu machen?

2) Wenn ja, weshalb wurde dies als notwendig erachtet und von wem wurde dies angeordnet?

3)      Wurden dem damals  ermittelnden Beamten und anderen     Mitgliedern der SOKO disziplinäre oder strafrechtliche Konsequenzen angedroht?

4)      Sehen Sie als oberste Sicherheitsbehörde einen Anlass, die bereits damals bekannt gewesenen belastenden Indizien endlich einer Überprüfung durch eine objektive Kommission überprüfen zu lassen und damit auch den nunmehr publik gewordenen Anhaltspunkten nachzugehen?

 

5)  Gab es zwischen der Verhaftung von Franz Fuchs und dem Bekanntwerden der aktuellen Informationen Ermittlungen gegen den genannten Rechtsextremisten?

6)  Welche Ermittlungen (konkret: gegen wen und aus welchem Grund) führte die SOKO Briefbomben nach der Verhaftung von Franz Fuchs?

7)      Waren vor der Verhaftung des Franz Fuchs am 02.10.1997 andere Personen konkret verdächtig, in die Anschläge involviert zu sein und wurden über Auftrag der damals zuständigen Staatsanwaltschaft diesbezügliche Ermittlungen geführt?

8)  Wurde Franz Fuchs konkret zu diesen möglichen Mittätern befragt?

9)      Wie lange nach vor bzw nach der Verhaftung von Franz Fuchs wurden die Ermittlungen gegen diese Personen eingestellt?

10)   Gibt es allgemeine Richtlinien seitens der Ressortleitung, wie intern mit den neuen Informationen umzugehen ist?

11) Wurde der ehemalige Ermittler, der laut profil in zahlreichen Gesprächen mit dem Wiener

weitere Erkenntnisse in Erfahrung gebracht hat, die er allerdings aus ermittlungstaktischen

und   disziplinären   Gründen   nicht   publik   machen   konnte   und   wollte,   seitens   der

Ermittlungsbehörden jemals betreffend diese Erkenntnisse kontaktiert oder befragt?

Wenn nein, weshalb nicht und wie kann dann behauptet werden, die Erkenntnisse seien nicht

neu?

Wurde diesfalls gegen die zuständigen Organe wegen Untätigkeit Anzeige erstattet?

Wenn nein, weshalb nicht?

11)         Wurden Sachverhaltsdarstellungen über den Rechtsextremisten an die Staatsanwaltschaft Graz übermittelt, wenn ja, welche und wann?

12)         Aus welchen Gründen wurde nach Ihrem Wissensstand das Verfahren gegen den Rechtsextremisten von der Staatsanwaltschaft Graz eingestellt, ohne die Indizien einer gerichtlichen Beweiswürdigung zu unterziehen?

13)         Welche Erkenntnisse bestehen über Brief- und Buchbomben, die laut einem Bericht der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ im Juni 1995 von Österreich aus nach Rumänien an Angehörige gleicher Zielgruppen wie in Österreich versandt wurden?

Wurden  diesbezüglich  Erhebungen  durchgeführt  und  welche  Erkenntnisse  haben  sich ergeben?

14)               Warum  wurde  das  Ergebnis  der  angeblich bereits  im Jänner   1997  angestellten Isotopenuntersuchung des Restwassers aus dem Gipssockel der Bombe von Oberwart, das im Verfahren gegen Franz Fuchs als angeblich beweiskräftig für eine Herkunft aus den Regionen von 7 Bezirkshauptmannschaften der südlichen Steiermark dargestellt wurde, nicht publiziert, wenn doch der Täter durch das Täterprofil und die Rasterfahndung in die Enge getrieben werden sollte?

15)               Wurden auf der an den Arzt Dr. Chung gerichteten, nicht detonierten Briefbombe verwertbare Spuren gefunden? Wenn ja, wurden sie mit Franz Fuchs oder anderen Personen verglichen?