4818/J XXIII. GP
Eingelangt am 11.07.2008
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ANFRAGE
des Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend
betreffend psychotherapeutische Versorgung der österreichischen Bevölkerung
Die WHO rechnet bis zum Jahr 2020 mit einem enormen Zuwachs an Kosten aufgrund psychischer Erkrankung, der vor allem durch eine Steigerung der Behandlungskosten aber auch durch erhöhte Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bedingt sein wird.
Auch in Österreich haben die registrierten Krankenstandsfälle aufgrund psychischer Erkrankung in den letzten 10 Jahren deutlich zugenommen während im selben Zeitraum die Krankenstände allgemein gesunken sind. Im langjährigen Vergleich nehmen auch Pensionierungen aufgrund von Invalidität wegen psychischer Krankheiten stark zu.
Nach aktuellen epidemiologischen Studien leiden 25 % einer 25 bis 45-jährigen Großstadtbevölkerung und rund 10 % einer ländlichen Bevölkerung über 15 Jahre an einer behandlungsbedürftigen psychischen Störung mit Krankheitswert. Die Häufigkeit psychischer Störungen liegt in allgemein-medizinischen Praxen bei 20 bis 30 %, in Akutspitälern sogar bei 30 bis 40 %.
Psychische Erkrankungen werden jedoch oft falsch diagnostiziert, was ebenfalls hohe Kosten verursacht: ein Großteil schwerer psychischer Störungen wird während durchschnittlich 7 Jahren als körperlich verursacht fehlbehandelt.
Es wird davon ausgegangen, dass nur 35 % der Personen, die eine Psychotherapie brauchen, für eine solche auch motivierbar sind. Daraus abgeleitete Schätzungen zum „tatsächlichen“ Psychotherapiebedarf gehen davon aus, dass 2,1 bis 5 % der Gesamtbevölkerung psychotherapiebedürftig und –willig sind.
Derzeit ist der Zugang zu Psychotherapie jedoch limitiert. Es gibt eine unbefriedigende Zuschusslösung. Psychotherapeutische Leistungen müssen zum Großteil aus eigener Tasche bezahlt werden.
Im Jahr 2001 wurde ein Metaanalyse zu allen bis 1995 vorliegenden Kosten-Nutzen-Studien auf dem Gebiet der Psychotherapie durchgeführt. Die Studien zeigen, dass Psychotherapie im Vergleich zu routinemäßig eingesetzten medizinischen Behandlungsmaßnahmen nicht nur wirksamer, sondern auch kostengünstiger ist. Die zu erzielenden medizinischen und volkswirtschaftlichen Einsparungen übersteigen die Kosten für einen vermehrten Einsatz von Psychotherapie bei weitem.
Seit 1.1.1991 ist in Österreich ein Psychotherapiegesetz in Kraft. Seit 1.1.1992 ist Psychotherapie als Pflichtleistung der sozialen Krankenversicherung im ASVG verankert. Die Beiträge der Versicherten wurden unter diesem Titel erhöht. Doch bis heute steht Psychotherapie auf Krankenschein bei weitem nicht flächendeckend zur Verfügung. Seitens der jeweiligen Gebietskrankenkassen wurden Landesverträge mit privaten Gesellschaften und Vereinen abgeschlossenen, die eine gedeckelte Anzahl von „Psychotherapie auf Krankenschein“ bereitstellen, der den Bedarf aber bei weitem nicht deckt. Für viele psychisch kranke Menschen, darunter viele Kinder/Jugendliche, MigrantInnen und Menschen aus sozialen Randgruppen, bedeutet das eine unüberwindbare Hürde, lange Wartezeiten und die Verschlechterung ihrer Beschwerden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wie viele Personen waren in der beim Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend geführten Liste der anerkannten PsychotherapeutInnen eingetragen?
• Auflistung nach Bezirken und Bundesländern
• Auflistung pro 10.000 EinwohnerInnen
• Auflistung für die Jahre 1997, 2002, 2005, 2007
2. Wie viele KlientInnen wurden von diesen PsychotherapeutInnen versorgt?
• Auflistung nach Bezirken und Bundesländern
• Auflistung in zwei Gruppen: nach KlientInnen, die der sogenannten Zuschussregelung unterliegen (d.h. pro Therapiestunde/Einheit wird ein definierter Satz von der Kasse an die KlientIn überwiesen, der Rest des Honorars ist privat zu bezahlen) und KlientInnen die einen Kassen-Therapieplatz haben (und somit keine privaten Zuzahlungen leisten müssen)?
• Auflistung für die Jahre 1997, 2002, 2005, 2007
3. Wie hoch war das Kontingent an voll bezahlten Psychotherapie-Stunden/Einheiten (Kassentherapie-Platz), die von den jeweiligen Gesetzlichen Krankenkassen gewährt werden?
• Auflistung nach Bezirken und Bundesländern
• Auflistung pro 10.000 EinwohnerInnen
• Auflistung nach den Anteilen der jeweiligen privaten Gesellschaft bzw. Verein bzw. Ambulatorium der GKK (als Leistungserbringer)
• Auflistung für die Jahre 1997, 2002, 2005, 2007
4. Gab es für den Bereich „Zuschusses auf Psychotherapie“ in den jeweiligen GKK bestimmte Höchstkontingente? Wenn ja, wie hoch waren diese?
• Auflistung nach Bezirken und Bundesländern
• Auflistung pro 10.000 EinwohnerInnen
• Auflistung für die Jahre 1997, 2002, 2005, 2007
5. Wie viele Psychotherapie-Stunden/Einheiten mit Zuschussregelung wurden von den jeweiligen GKK gewährt?
• Auflistung nach Bezirken und Bundesländern
• Auflistung für die Jahre 1997, 2002, 2005, 2007
6. Wie hoch war der Zuschuss, der von den einzelnen GKK pro Psychotherapie-Stunde/Einheit bezahlt wurde?
• Auflistung nach Bezirken und Bundesländern
• Auflistung nach der jeweiligen privaten Gesellschaft bzw. Verein
• Auflistung für die Jahre 1997, 2002, 2005, 2007
7. Wie hoch war der Betrag, der von den einzelnen GKK pro Kassen-Psychotherapie-Stunde/Einheit bezahlt wurde?
• Auflistung nach Bezirken und Bundesländern
• Auflistung nach der jeweiligen privaten Gesellschaft bzw. Verein
• Auflistung für die Jahre 1997, 2002, 2005, 2007
8. Wie hoch schlug sich der Betrag pro Jahr zu Buche, den die einzelnen GKK, für die Kassen-Psychotherapie-Stunden bzw. für die Psychotherapiestunden mit Zuschussregelung bezahlt haben?
• Auflistung nach Bezirken und Bundesländern
• Auflistung nach der jeweiligen privaten Gesellschaft bzw. Verein
• Auflistung für die Jahre 1997, 2002, 2005, 2007
9. Gab es Wartelisten auf einen Kassentherapieplatz? Wie hoch war die durchschnittliche Wartezeit?
• Auflistung nach Bezirken und Bundesländern
• Auflistung nach der jeweiligen privaten Gesellschaft bzw. Verein bzw. Ambulatorium der GKK
• Auflistung für die Jahre 1997, 2002, 2005, 2007
10. Wie viele Anträge auf Gewährung eines Zuschusses zur Psychotherapie wurden von den jeweiligen GKK abgelehnt (Angabe in Prozent)?
• Auflistung nach der jeweiligen GKK
• Auflistung für die Jahre 1997, 2002, 2005, 2007
11. Wie hoch war/ist die maximale Anzahl an Psychotherapie-Stunden/Einheiten, die von der jeweiligen GKK pro KlientIn auf einem Kassentherapieplatz gewährt wurde/wird?
• Auflistung nach Bezirken und Bundesländern
• Auflistung nach der jeweiligen privaten Gesellschaft bzw. Verein bzw. Ambulatorium der GKK
• Auflistung für die Jahre 1997, 2002, 2005, 2007, 2008
12. Wie hoch war/ist die maximale Anzahl an Psychotherapie-Stunden/Einheiten pro KlientIn, die von der jeweiligen GKK bezuschusst wurden/werden?
• Auflistung nach Bezirken und Bundesländern
• Auflistung nach der jeweiligen privaten Gesellschaft bzw. Verein bzw. Ambulatorium der GKK
• Auflistung für die Jahre 1997, 2002, 2005, 2007, 2008
13. Die Vergabe von Kassen-Therapieplätzen bedeutet im Großen und Ganzen die Verwaltung von Mangel. Gab es bestimmte Kriterien (soziale, ökonomische, medizinische, psychotherapeutische), welche KlientInnen einen Kassentherapie-Platz erhalten?
• Auflistung nach Bezirken und Bundesländern
• Auflistung nach der jeweiligen GKK
• Auflistung nach der jeweiligen privaten Gesellschaft bzw. Verein bzw. GKK
• Auflistung für die Jahre 1997, 2002, 2005, 2007
14. Die Verankerung von Psychotherapie als Pflichtleistung der sozialen Krankenversicherung ging mit einer Erhöhung der Beiträge der Versicherten einher. Wie hoch war der Betrag, der aufgrund dieser Beitragserhöhung der gesetzlichen Krankenversicherung zufiel?
• Auflistung nach der jeweiligen GKK
• Auflistung für die Jahre 1997, 2002, 2005, 2007
15. Bei welchen Gruppen von psychisch erkrankten Personen besteht die gravierenste Unterversorgung mit psychotherapeutischen Leistungen auf Krankenkassenkosten und was werden Sie dagegen unternehmen?
16. Wurden zur Feststellung der konkreten Unterversorgung spezielle Regionalanalysen durchgeführt, um zu einer durch Daten abgesicherten Regional-Bedarfs-Planung zu kommen?
17. Gibt es im Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend Bestrebungen/Initiativen die zum Ziel haben, zwischen den Vertragspartnern einen Gesamtvertrag für Psychotherapie zu erreichen?