Eingelangt am 15.07.2008
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr Gabriela Moser,
Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Verkehr,
Innovation und Technologie
betreffend 37 Fragen zur S37
Abseits jeden verkehrs-, klima-
und regionalpolitischen Weitblicks treibt die ASFINAG – bisher mit
Rückendeckung des Verkehrsministers - den Bau einer weiteren
Transitschneise durch die Alpen voran: Die S37 zwischen dem steirischen Murtal
und Klagenfurt, ein zusammen mit dem anschließenden Neubauabschnitt der
S36 von Judenburg bis Scheifling in der Steiermark (noch ohne Finanzierungskosten)
weit über 1 Mrd Euro teures Großprojekt.
In
bewährter Manier wird seitens der Projektbetreiber ohne Rücksicht auf
sachliche Verrenkungen und Widersprüche versucht, das Projekt kritischen
Bürgerinnen und Bürgern als Verkehrssicherheits-, Anrainerschutz- und
gar als wirtschaftliches Entwicklungsprojekt darzustellen, obwohl das Projekt
zu den erfolgreichen, auf Bewahrung und nachhaltige Nutzung der Natur- und
Kulturschätze orientierten Regionalentwicklungsprozessen in der Region in
einem unübersehbaren scharfen Spannungsverhältnis steht.
Interessanterweise wird das
Projekt vom Projektwerber ASFINAG selbst als regionales Projekt dargestellt:
„Die S37 soll jedoch eindeutig eine regionale Funktion
erfüllen“, war etwa – begleitet von einem Konterfei des
zuständigen ASFINAG-Managers DI Alexander Walcher und von ihm
persönlich gezeichnet – in der Ausgabe 15/2008 (4. Juli 2008) im
„St. Veiter“ zu lesen. Zugleich wird betont, dass es sich um
„keine Transitroute“ handle.
Wie diese und ähnliche Aussagen
mit den rechtlichen Gegebenheiten und den konkreten Zahlen, Daten und Fakten
aus dem Bereich des Projektwerbers in Deckung zu bringen sein sollen, ist nicht
nur vielen lokal und regional Betroffenen rätselhaft.
Es ist dringend zu fordern, dass
seitens des Eigentümervertreters des Bundes gegenüber der ASFINAG
klargestellt wird, dass offenkundig falsche oder verschleiernde
„Informationen“ – die noch dazu mit Unsummen an
Autofahrer-Geldern bezahlt werden – nicht erwünscht und zugunsten
einer ehrlichen Auseinandersetzung mit den Betroffenen mit offenem Ausgang
einzustellen sind.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
- Teilen Sie die
Einschätzung, dass die S37 „eindeutig eine regionale
Funktion“ hat?
- Wenn ja, was hat ein
Straßenbauprojekt mit „eindeutig regionaler Funktion“ im
hochrangigen Bundesstraßennetz verloren?
- Wenn nein, welche andere
Funktion hat die S37 dann?
- Besteht gesetzlich eine
Bestimmung, wonach Schnellstraßen „eindeutig regionale
Funktion“ haben?
- Welche „Verordnungen
für verkehrslenkende Maßnahmen“ im hochrangigen
Straßennetz sind auf TEN-Strecken nicht nationaler (oder
nachgeordneter) Gesetzgebung, sondern europäischer Gesetzgebung
unterworfen?
- Mittels welcher konkreter „entsprechender
Steuerungsmaßnahmen“ kann grundsätzlich durchgesetzt
werden, dass internationaler Verkehr nicht über eine Strecke des
hochrangigen Straßennetzes - wie zB die geplante S37 im Fall ihrer
Errichtung – fließt?
- Welchen Einfluss hat ein Tempolimit
von 100 km/h auf einer Strecke – im Gegensatz zu einem solchen von
130 km/h auf einer anderen Strecke - auf die Routenwahl eines Lkw im
überregionalen Verkehr?
- Mittels welcher konkreter
„entsprechender Steuerungsmaßnahmen“ kann zwingend
durchgesetzt werden, dass internationaler Verkehr statt über eine
Strecke des hochrangigen Straßennetzes über eine andere,
deutlich längere und mit größeren Höhenunterschieden
versehene Strecke mit denselben Anfangs- und Endpunkten fließt?
- Ist es so, dass eine Strecke,
die Bestandteil des Transeuropäischen Netzes (TEN) ist, eine
Transitroute ist, eine Strecke, die kein Bestandteil des
Transeuropäischen Netzes (TEN) ist, hingegen keine Transitroute ist?
- Wäre die S37 im Fall ihrer
Realisierung eine neue Transitroute?
- Wenn ja warum, wenn nein, warum
nicht?
- Ist eine Strecke, die 2025
einen durchschnittlichen täglichen Transitverkehr von 250 Lkw
aufweisen wird, eine Transitroute?
- Wenn ja warum, wenn nein, warum
nicht?
- Ist eine Versechzehnfachung des
täglichen Lkw-Transitverkehrs auf einer Straßenverbindung bzw.
in einem Korridor ein Beleg für eine neue Transitroute?
- Wenn ja warum, wenn nein, warum
nicht?
- Ist es zutreffend, dass im
nachgeordneten Straßennetz – zB auf Landesstraßen B
– verkehrslenkende und verkehrsbeschränkende Maßnahmen
rechtlich durchsetzbar sind, die im hochrangigen Straßennetz nicht
durchsetzbar sind?
- Werden Sie im Fall der
Realisierung der S37 auf dieser ein LKW-Fahrverbot über 3,5 oder
über 7,5 Tonnen ausgenommen Ziel- und Quellverkehr verordnen?
- Wenn nein, warum nicht?
- Werden Sie im Fall der
Realisierung der S37 auf dieser ein LKW-Nachtfahrverbot über 3,5 oder
über 7,5 Tonnen verordnen?
- Wenn nein, warum nicht?
- Die ASFINAG gibt für
denselben Prognosehorizont (2025) „mit S37“ eine zum Teil mehr
als dreimal so hohe Verkehrszunahme wie „ohne S37“ an (zB
Querschnitt Perchau: +111% gegenüber +33%, Querschnitt Friesach:
+100% gegenüber +30%). Zugleich spricht die ASFINAG vom
„steigend vorwiegend regionalen Verkehr“. Wie soll zB eine
Mehr-als-Verdopplung im Bereich des kleinen Ortes Perchau um 10.000 Kfz
täglich aus „vorwiegend regionalem Verkehr“ zustande
kommen, umsomehr angesichts der Öl- und Treibstoffpreisentwicklung?
- Wie kommt es, dass derselbe
„vorwiegend regionale Verkehr“ ohne Bau der S37 plötzlich
massivst geringer ausfällt?
- Ist Verkehr, der mindestens die
Distanz zwischen Klagenfurt und Wiener Neustadt zurücklegt,
„regionaler Verkehr“?
- Rechtfertigt ein Anteil von 40%
aller Verkehrsarten (Lokal-, Regional-, Transitverkehr u.dgl.) bis auf
eine und ein Anteil von 60% dieser einen verbleibenden Verkehrsart am
gesamten Verkehrszuwachs einer Strecke die Aussage, dass eine der in den
40% zusammengefassten Verkehrsarten die „vorwiegende“ ist?
- Welche zwingende rechtliche
Vorgabe ist Grundlage der Angaben von Kärntner Landespolitikern und
des Projektwerbers ASFINAG, wonach eine Einhausung der bestehenden S37 im
Bereich Zollfeld/Herzogstuhl/Maria Saal nicht möglich sei, eine
Einhausung mit gleichzeitigem Ausbau auf Vollautobahn-Querschnitt hingegen
schon?
- Falls es keine derartige
zwingende rechtliche Vorgabe gibt – wie erklären Sie derartige
Aussagen?
- Was bedeutet die im
Zusammenhang mit der S37 getätigte Aussage „Alle
Planungsschritte werden in Abstimmung mit den Gemeinden
durchgeführt“ im einzelnen? Welche konkreten Rechte – zB
konkrete Möglichkeiten, einen Abbruch zu erzwingen - haben Gemeinden
in den einzelnen Schritten des Planungsprozesses für ein
Großprojekt wie die S37 jeweils?
- Wie beurteilen Sie das Projekt
S37 generell vor dem Hintergrund des Verkehrsprotokolls der
Alpenkonvention, das in Österreich direkt anwendbares Recht
darstellt?
- Wie beurteilen Sie das Projekt
S37 konkret insbesondere hinsichtlich Art. 1, Art. 8 Abs 1, sowie Art. 11
Abs 1 des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention?
- Wie seriös können
angesichts der 2008 geltenden Rahmenbedingungen zB bei Öl- und
Treibstoffpreisen incl der hier absehbaren weiteren Entwicklung - Experten
halten für den Errichtungszeitraum der S37 einen dauerhaften Anstieg
der Ölpreise von derzeit gut 140 auf 300 bis 400 Dollar je Barrel
für nicht unwahrscheinlich, das würde Treibstoffpreise in der
Größenordnung von etwa 3 Euro je Liter bedeuten -
Straßenbauprojekte wie die S37 noch mit 1999 veröffentlichten,
in den Jahren zuvor erarbeiteten Studien begründet werden?
- Wie hoch werden die Kosten der
S37 sein?
- Wie hoch werden zusätzlich
die anteiligen Finanzierungskosten sein?
- Wie wurde in der offiziellen
Verkehrsuntersuchung zur S37 das Planungsgebiet im einzelnen abgegrenzt?
- Wie stellen sich nach der
offiziellen Verkehrsuntersuchung zur S37 die Entwicklungen folgender
Parameter in den Abschnitten Scheifling/Dürnstein, Friesach/St.Veit,
Friesach/Klagenfurt in den Kategorien „ohne S37“ und
„mit S37“ für das Jahr vor der geplanten Fertigstellung,
das Jahr nach der geplanten Fertigstellung und 2025 zahlenmäßig
jeweils dar: Quell/Ziel/Binnenverkehr, regional durch das
Straßenbauprojekt generierter Verkehr, Durchgangsverkehr,
Transitverkehr (bitte auch um Angabe der diesen Parametern zugrundegelegten
Definitionen)?
- Wie hoch wird das Defizit sein,
das die ASFINAG infolge „negativer Rentabilität“ auf der
S37 nach Fertigstellung Jahr für Jahr einfahren wird? Bitte um Angabe
je Kilometer und insgesamt.
- Ist für Sie im Verlauf der
heutigen B317 zwischen Unzmarkt und Friesach der Bau und Betrieb von
Ortsumfahrungen ohne Autobahn- oder Schnellstraßenquerschnitt durch
die ASFINAG vorstellbar, wenn nein warum nicht?
- Welche konkreten Investitionen
in a) Schieneninfrastruktur, b) zusätzliche Zugsangebote sehen der
aktuelle ÖBB-Infrastrukturrahmenplan und die Planungen Ihres Ressorts
(zB im Bereich Förderung zusätzlicher Angebote nach
ÖPNRV-Gesetz) in der Region zwischen Judenburg und Klagenfurt vor?