4856/J XXIII. GP
Eingelangt am 15.07.2008
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ANFRAGE
der Abgeordneten Schatz, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Beschäftigung von PraktikantInnen
In den letzten Jahren kam es zu einer massiven Zunahme von als „Praktikum“ deklarierten Tätigkeiten. Zu begründen ist dies zum einen durch neue Studienpläne der Universitäten und der Fachhochschulen, die Pflichtpraktika in ihren Curricula vorsehen, zum anderen aber auch durch eine Zunahme der missbräuchlichen Nutzung und Zweckentfremdung des Beschäftigungstitels „Praktikum“.
Dieser starken Ausweitung der PraktikantInnenbeschäftigung steht eine mangelnde und nicht mehr zeitgemäße Regulierung und Normierung von Praktika gegenüber.
Diese Schieflage wird leider seitens der ArbeitgeberInnen oft ausgenutzt. Bedauerlicherweise scheint der öffentliche Sektor hier keine Ausnahme zu bilden. Darauf weisen zahlreiche Erfahrungsberichte Einzelner hin. Inhaltliche sowie arbeits- und sozialrechtliche Standards werden nieder gehalten oder gar umgangen und den PraktikantInnen weder Dienstvertrag noch Vergütung bzw. jegliche Entschädigung Ihrer Tätigkeit angeboten. Zunehmend werden auch reguläre Arbeitsplätze durch Scheinpraktika ohne jeglichen Ausbildungscharakter ersetzt, um den Unternehmen Personalkosten und dem öffentlichen Sektor Budgetkosten zu ersparen. Unter dem Deckmantel „Praxiserwerb“ findet so immer häufiger eine Ausbeutung hochqualifizierter und hoch motivierter junger Menschen statt. Gleichzeitig schafft diese bedenkliche Praxis eine soziale Vorselektion künftiger Eliten, da es sich keinesfalls alle leisten können, gratis – auch als PraktikantInnen – zu arbeiten.
Gerade im Beschäftigungsbereich internationaler Politik gelten mittlerweile ein oder mehrere Praktika als Voraussetzung für eine spätere reguläre Beschäftigung und berufliche Karriere. Unter welchen Bedingungen diese Praktika geleistet werden, ist jedoch in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Bitte führen Sie die Anzahl der PraktikantInnen (Internships, etc.), die Beschäftigungsdauer, die Art des Dienstvertrages und das Entgelt jeder/ jedes einzelnen Praktikanten/ Praktikantin an, die in Ihrem Ministerium in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2007 beschäftigt wurden. Ist die Anzahl der von Ihnen beschäftigten PraktikantInnen in den letzten 10 Jahren auffallend gewachsen? Wenn ja, worauf führen Sie das zurück?
2. Wie viele der in Frage 1 erwähnten PraktikantInnen absolvierten ein Pflichtpraktikum? Wie viele machten das Praktikum freiwillig während ihrer Ausbildung? Wieviele verfügten bereits über einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss?
3. Worin besteht die vorwiegende Motivation zur Anstellung von PraktikantInnen seitens Ihres Ministeriums? In welchen Abteilungen und Bereichen sind PraktikantInnen eingesetzt worden? Und zu welchen Tätigkeiten werden diese herangezogen? Wie sieht deren konkrete Aufgabenstellung aus?
4. Wie legen Sie die Definition der PraktikantInnentätigkeit im Arbeitsrecht („praktische Tätigkeiten kennenlernen“) konkret bei der Ausbildung ihrer PraktikantInnen aus? Was verstehen Sie darunter?
5. Wie viele PraktikantInnen arbeiten derzeit in den österreichischen Botschaften und Konsulaten im Ausland? Über welche Art von Dienstverträgen verfügen diese? Wie lange sind sie jeweils beschäftigt? Wie hoch ist deren Entgelt?
6. Zu welcher Art von Tätigkeiten werden die in Frage 5 erwähnten PraktikantInnen herangezogen?
7. Erhalten die im Bereich Ihres Ministeriums beschäftigten PraktikantInnen eine Aussicht auf weitere Beschäftigung nach dem Praktikum? Wie viele dieser PraktikantInnen wurden nach dem absolvierten Praktikum in eine reguläre Anstellung oder in Form von Werkverträgen und freien Dienstverträgen (bitte führen Sie die Anzahl pro Kategorie an) im Ministerium übernommen? Falls, ja warum? Und falls nein, warum nicht? Bitte geben Sie auch jene an, die nicht unmittelbar nach dem Praktikum sondern bis zu 3 Jahren nach der Absolvierung in ein Beschäftigungsverhältnis aufgenommen wurden an.
8. Wie bewerten sie das Vorhaben der Kommission der Europäischen Union, im Jahr 2008 eine „Initiative für eine europäische Qualitätscharta für Praktika“ vorzuschlagen und welche Konsequenzen ziehen sie daraus?
9. Wie bewerten Sie die Empfehlung der Kommission, Praktika mit geringem oder ohne Entgelt sowie mit begrenztem Weiterbildungswert zu vermeiden, und welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?