4857/J XXIII. GP

Eingelangt am 15.07.2008
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Schatz, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit

 

betreffend Maßnahmen für faire Praktika

 

In den letzten Jahren kam es zu einer massiven Zunahme von als „Praktikum“ deklarierten Tätigkeiten. Zu begründen ist dies zum einen durch neue Studienpläne der Universitäten und der Fachhochschulen, die Pflichtpraktika in ihren Curricula vorsehen, zum anderen aber auch durch eine Zunahme der missbräuchlichen Nutzung und Zweckentfremdung des Beschäftigungstitels „Praktikum“ durch die ArbeitgeberInnen.

 

Zunehmend werden reguläre Arbeitsplätze durch Scheinpraktika ohne jeglichen Ausbildungscharakter ersetzt, um Unternehmen und auch dem Öffentlichen Sektor Personalkosten zu ersparen. Unter dem Deckmantel „Praxiserwerb“ findet so immer häufiger eine Ausbeutung hochqualifizierter und hoch motivierter junger Menschen statt. In vielen Fällen gibt es zu solchen Arbeitsverhältnissen nicht einmal schriftliche Vereinbarungen auf die sich PraktikantInnen im Streitfall berufen könnten. Sogar gesetzliche Auflagen wie jene über Arbeitszeiten werden häufig übergangen, sonstige ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen greifen zu wenig. Sogar das Fehlen jeglicher finanzieller Entschädigung für Vollzeitarbeit ist bei PraktikantInnen keine Seltenheit.

 

Es wird höchste Zeit, angesichts der gestiegenen Bedeutung von Praktika, diese arbeits- und sozialrechtlich klarer und besser zu definieren und abzusichern, um die prekäre Lage vieler PraktikantInnen und ScheinpraktikantInnen zu beenden. Zudem ist eine bessere Förderung und Begleitung des Berufseinsieges für AkademikerInnen dringend notwendig, um „Arbeitslosenpraktika“ zu verhindern. Nicht zuletzt ist die  Erstellung weiterer Studien zur Situation von PraktikantInnen in Österreich zum effektiven Entwurf politischer Maßnahmen dringend erforderlich.

 

Bis dato vermissen wir diesbezüglich Maßnahmen und Stellungnahmen seitens Ihres Ministeriums, der Bundesregierung und der Sozialpartner. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.           Planen Sie angesichts der unsicheren und sich zuspitzenden Lage im PraktikantInnenbereich konkrete Maßnahmen und Initiativen gegen die Ausbeutung von PraktikantInnen? Falls ja, welche, und bis wann? Falls nein, warum nicht?

 

 

2.     Wie bewerten sie folgende Probleme und welche Konsequenzen zieht das BMWA daraus?

 

a)     Das Ausnutzen rechtlicher Grauzonen zwischen Ausbildungs- und Arbeitsverhältnis (Scheinpraktika) durch ArbeitgeberInnen?

 

b)     Die mangelnde soziale Absicherung vieler PraktikantInnen?

 

c)      Das Fehlen von schriftlichen Vereinbarungen in vielen Fällen?

 

d)     Die Gefahr, dass Unternehmen und der Öffentliche Sektor die Notlagen und den Druck vieler junger Menschen, die Pflichtpraktika brauchen oder aufgrund drohender Arbeitslosigkeit bereit sind
(Schein-)Praktika zu absolvieren, für ihre finanziellen Interessen ausnutzen?

 

 

3.     Verfügen Sie bereits über Vorschläge einer Verbesserung der Rechtssicherheit für PraktikantInnen? Wie stehen Sie zur Forderung eines eigenen PraktikantInnengesetzes? Welche Rechtsinstrumente (Arbeitsrecht, Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung, freiwillige Vereinbarung) scheinen Ihnen aus welchen Gründen zur Regelung von Praktika geeignet? Und welche aus welchen Gründen ungeeignet?

 

 

4.     Ist Ihrer Meinung nach ein Freier Dienstvertrag oder ein Werkvertrag  mit dem im Arbeitsrecht definierten Ausbildungszweck eines Praktikums vereinbar?

 

 

5.            Wie sieht Ihre Position zur Vergütung und Dauer von Praktika aus? Finden Sie 40-Wochenstunden-Praktika akzeptabel? Wie stehen Sie zu einer zeitlichen Begrenzung (z.B. 3 Monate) bzw. einer Mindestvergütung von Praktika? Wie könnten diese aussehen? Soll es diesbezüglich Unterschiede zwischen Pflichtpraktika, freiwilligen Praktika von in Ausbildung befindlichen Personen und AbsolventInnenpraktika geben?

 

 

6.     Wie stehen Sie zum Vorschlag, dass die öffentliche Hand in Studienplänen vorgesehen Pflichtpraktika im NGO und NPO Bereich finanziell - z.B. in Form von Stipendien - fördert, um eine bessere soziale Absicherung und angemessene Entschädigung von PraktikantInnen zu gewährleisten?

 

7.            Bitte führen Sie die Anzahl der PraktikantInnen, die Beschäftigungsdauer, die Art des Dienstvertrages und das Entgelt jeder/ jedes einzelnen Praktikantin/ Praktikanten an, die in Ihrem Ministerium in den Jahren 2005, 2006 und 2007 beschäftigt wurden. Wie viele dieser PraktikantInnen wurden nach dem absolvierten Praktikum in eine reguläre Anstellung, wie viele in Werkverträge und wie viele in freie Dienstverträge im Ministerium übernommen?

 

 

8.            Wie viele der in Frage 7 angefragten PraktikantInnen absolvierten ein Pflichtpraktikum? Wie viele machten freiwillig ein Praktikum? Und wie viele verfügten bereits über einen Universitäts- oder  Fachhochschulabschluss? Wie viele PraktikantInnen haben wie oft wiederholt Praktika bei Ihnen absolviert?

 

 

9.     Ist in den letzten 10 Jahren die Anzahl der PraktikantInnen in Ihrem Ministerium auffällig gewachsen? Wenn ja warum? Wenn nein warum nicht?

 

 

10.    Worin besteht die vorwiegende Motivation zur Anstellung von PraktikantInnen seitens des Ministeriums? In welchen Abteilungen und Bereichen sind diese eingesetzt worden? Zu welchen Tätigkeiten werden diese herangezogen? Wie legen Sie die Definition der PraktikantInnentätigkeit im Arbeitsrecht („praktische Tätigkeiten kennenlernen“) konkret bei der Ausbildung ihrer PraktikantInnen aus? Was verstehen Sie darunter?

 

 

11.    Wie bewerten sie das Vorhaben der Kommission der Europäischen Union im Jahr 2008 eine „Initiative für eine europäische Qualitätscharta für Praktika“ vorzulegen und welche Konsequenzen ziehen sie daraus?

 

 

12.       Wie stehen Sie zu folgenden, in der Mitteilung der Kommission „zur Förderung der umfassenden Beteiligung junger Menschen an Bildung, Beschäftigung und Gesellschaft“ (KOM (2007) 498) gestellten Forderungen an die Mitgliedsstaaten? Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

 

a)     Die Vermeidung von Praktika mit geringem oder ohne Entgelt und begrenztem Weiterbildungswert?

 

b)      Praktika mit einer engen Verbindung zu Berufsbildungs- oder Studiencurricula zu fördern und einen passenden Rahmen dafür festzulegen?

 

c)       Eine angemessene Definition von Praktika?