4891/J XXIII. GP

Eingelangt am 17.07.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend strafrechtlicher Relevanz des Vorgehens der Behörden im Fall der Familie F.

 

 

Anlässlich der parlamentarischen Enquete „Medienrecht und Opferschutz“ am 3. Juli 2008 erhob Eva Plaz, Anwältin von Elisabeth F., im Zusammenhang mit der Berichterstattung im Fall der Familie F. aus Amstetten schwere Vorwürfe. So wurden demnach sämtliche Details der Vernehmung von Elisabeth F. öffentlich preisgegeben. Der einzige Satz aus dem Vernehmungsprotokoll, der nicht an die Öffentlichkeit gelangte, wurde von Eva Plaz, mit Einverständnis von Elisabeth F. bei der Enquete vorgelesen: „Ich verlange, dass keine Daten oder Gesprächsinhalte an irgendwelche Medien weitergegeben werden.“

 

Das Gegenteil war der Fall:

 

In einer Meldung der APA vom 27.4. heißt es: „Elisabeth F. machte laut Polizei bei ihrer Befragung einen äußerst verstörten psychischen Eindruck und sei in schlechter körperlicher Verfassung gewesen. Erst nach einem längeren Gespräch und der Zusicherung, dass es zu keinem Kontakt mit dem Vater mehr kommt und auch für ihre Kinder gesorgt wird, war sie zu einer umfassenden Aussage bereit, in der sie den 73-Jährigen "massiver Verbrechen" beschuldigt hat.
Was die Frau angab, ist in der österreichischen Kriminalgeschichte einzigartig: Bereits ab dem elften Lebensjahr sei sie vom Vater wiederholt sexuell missbraucht worden. Am 28. August 1984 habe Josef F. seine Tochter in den Keller gelockt, betäubt und sie mit Handschellen gefesselt in einen Raum eingesperrt.
In der 24-jährigen Gefangenschaft ist sie ihrer Aussage zufolge "laufend von ihrem Vater missbraucht worden".“ (APA 0272/27.04). Berichterstatter: Oberst Franz Polzer, Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich (LKNÖ).

 

Am Abend des 27.4. führt der Bezirkshauptmann von Amstetten, Hans-Heinz Lenze, in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ aus: „(...)Sie können davon ausgehen die Mutter hat uns geschildert, dass sie bereits elfjährig die Mutter von jenen Kindern, die im Verlies waren, also bereits elfjährig von ihrem Vater missbraucht worden ist. Das war also bereits im Jahr 1977.

Und die aufliegenden Aufzeichnungen, die bei uns liegen, sagen ja aus, dass das Kind damals nicht einmal weggelaufen ist, sondern mehrmals weggelaufen ist. Das wollte offensichtlich diesen furchtbaren Zuständen in der Familie entfliehen und letzten Endes hat der Vater, als er vielleicht vermutet hat, dass das Kind einmal wo plaudern könnte dem Kind Handschellen angelegt, in das Verlies gestoßen und in diesem Verlies gibt es sogar noch eine Gummizelle, die geschlossen wird, damit also allfällig renitente Personen sich hier austoben können, unter Anführungszeichen. Es ist so schrecklich, dass man sich das gar nicht ausmalen kann, was in diesem Verlies durch Jahrzehnte geschehen ist.“

 

In der ORF-Sendung „Runder Tisch“ am 28.4. erklärt Bezirkshauptmann Lenze: „Also, ich glaube, mit den Ermittlungsergebnissen, die bisher vorliegen, kann aufgrund der Täterstruktur,  davon ausgehen, dass er, wie wir schon erwähnt haben, ein perfektes Doppelleben geführt hat (...) Man weiß aus Aussagen der Kinder, dass das was der Papa gesagt hat, ganz einfach gegolten hat, da wurde nicht nachgefragt. (...).“

 

In der ORF-Sendung „Niederösterreich heute“ am 29.4. antwortet Franz Polzer, Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich im Studio-Interview auf die Frage nach der Rolle der Frau des Täters – deren Name er in voller Länge im Interview mit der Zeitschrift „Österreich“ am selben Tag genannt hatte: „(...) Es ist auch sehr schwer vorstellbar, dass eine Frau, die mit einem Mann sieben Kinder hat, es dulden würde, dass dieser im Keller mit ihrer Tochter neuerlich sieben Kinder zeugt. Es ist unvorstellbar, dass sich so jemand so etwas gefallen lässt. (...)“

 

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft St. Pölten, Gerhard Sedlacek, hält die Veröffentlichung der Fotos des mutmaßlichen Täters und der Aufenthaltsorte im „Kellerverlies“ für zulässig (Der Standard, 3.5.2008).

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

  1. Wurde gegen den Bezirkshauptmann von  Amstetten Hans-Heinz Lenze ein Strafverfahren wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses (§ 310 StGB) im Fall der Familie F. aus Amstetten eingeleitet?

 

  1. Wenn ja wann?

 

  1. In welchem Verfahrensstadium befindet sich das Verfahren?

 

  1. Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Werden Sie die Einleitung eines Verfahrens bei der Staatsanwaltschaft anregen?

 

  1. Wurde gegen den Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich Franz Polzer ein Strafverfahren wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses (§ 310 StGB) im Fall der Familie F. aus Amstetten eingeleitet?

 

  1. Wenn ja wann?

 

  1. In welchem Verfahrensstadium befindet sich das Verfahren?

 

 

  1. Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Werden Sie die Einleitung eines Verfahrens bei der Staatsanwaltschaft anregen?

 

  1. Wurde gegen andere Vertreter der Polizei Strafverfahren wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses (§ 310 StGB) im Fall der Familie F. aus Amstetten eingeleitet?

 

  1. Wenn ja gegen wen?

 

  1. Haben Vertreter der Staatsanwaltschaft an Pressekonferenzen im Zusammenhang mit dem Fall der Familie F. aus Amstetten teil genommen?

 

  1. Wenn ja wer und wann?

 

  1. Wer hat noch an diesen Pressekonferenzen teilgenommen?

 

  1. Welche Informationen wurden im Rahmen dieser Pressekonferenzen durch die Staatsanwaltschaft an Medienvertreter weitergegeben?

 

  1. Haben Vertreter der Staatsanwaltschaft auf sonstige Art und Weise Informationen an Medienvertreter weitergegeben?

 

  1. Wenn ja, welche?

 

  1. Wie beurteilen Sie die zitierten Aussagen des Sprechers der Staatsanwaltschaft St. Pölten, Gerhard Sedlacek, wonach die Veröffentlichung der Fotos des mutmaßlichen Täters und der Aufenthaltsorte im „Kellerverlies“ zulässig gewesen seien?