4896/J XXIII. GP

Eingelangt am 17.07.2008
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Schutz und Entwicklung der Natur und des Naturraums im Nationalpark Kalkalpen

 

 

Die österreichischen Nationalparks sind Meilensteine der Naturschutzgeschichte ebenso wie regionalwirtschaftliche und touristische Erfolgsgeschichten. Nicht zuletzt stehen sie auch für entscheidende demokratiepolitische Wendepunkte in Österreich, sind sie doch durchwegs das Ergebnis fundamentaler gesellschaftlicher Auseinandersetzungen – über Umweltpolitik, Energiepolitik, Tourismusentwicklung, Verkehrspolitik, Regionalentwicklung und die jeweils gebotenen Prioritäten- bzw. Akzentsetzungen unter diesen.

 

Aufgrund einiger Vorkommnisse und Mängel im Zusammenhang mit dem Nationalpark Kalkalpen und seinem Management wurden in den letzten Jahren mehrfach Prüfungen und externe Sachverständigen-Gutachten erforderlich und veranlasst. Unter anderem wurde bereits 2002 eine Prüfung durch den Landesrechnungshof veranlasst, die eine Reihe von Beanstandungen und Verbesserungsvorschlägen erbrachte. Diese waren 2003 Gegenstand einer Folgeprüfung.

 

Seitens der engagierten Umwelt- und Alpinorganisationen wurde das Zehnjahresjubiläum des Nationalparks 2007 zum Anlass einer Bilanz genommen, die zwiespältig ausfiel. Schwächen wurden insbesondere bei der unausgewogenen, nicht gerade naturschutz-, sondern eher infrastrukturlastigen Schwerpunktsetzung, bei einigen inhaltlichen Problemen (zB Waldmanagement), bei der Akzeptanz und Identifikation bei Bevölkerung, Umwelt- und Alpinverbänden sowie teilweise Politik vor Ort und last not least – vielfach mit der vorgenannten Punkten zusammenhängend - bei der Nationalparkverwaltung.

 

Wegen der nach wie vor unbefriedigenden Entwicklung wurde 2007 weiters der Schweizer Naturschutz-Fachmann Dr. Imboden beauftragt, als externer Sachverständiger die Erfüllung der Nationalpark-Aufgaben im Nationalpark Kalkalpen zu untersuchen.

 

Zusammenfassend zeigt sich folgender, aus Naturschutzsicht durchaus alarmierender Befund:

 

* Teile der Kernaufgaben des Naturraummanagements wurden wahrgenommen, andere nur in Ansätzen oder gar nicht begonnen.

* Der fehlende innere Zusammenhang der verschiedenen Aktivitäten steht der Wahrnehmung des Nationalparks als Einheit im Weg.

* Die Frage der Erweiterung des Nationalparks Kalkalpen ist offen.

* Die vielfältigen Aufgaben des Parks sind nach hierarchisch strukturierten Zielvorgaben auszurichten und umzusetzen, um Park und Schutzgüter zu sichern und zu entwickeln.

* Auch der Landes-RH hatte bereits angemerkt, dass der übergeordnete Rahmen für die Aufgaben des Nationalparks jedenfalls der Schutz der Natur zu sein hat. Da dies nicht (mehr) klar erkennbar ist, weil infrastrukturelle und touristische Aktivitäten dominieren, muss in Zukunft verstärkt besonderes Augenmerk darauf gelegt werden.

 

Einige dieser Befunde stehen in einem ziemlich deutlichen Spannungsverhältnis zu vielen sehr positiv gefärbten Statements Ihrerseits im Rahmen der Nationalpark- und Ministeriums-Öffentlichkeitsarbeit.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.      Wie bewerten Sie die budgetäre Situation und Schwerpunktsetzung im Nationalpark Kalkalpen - bei einem Jahreshaushalt von rund 6 Mio € stehen nur ungenügende 10-15% für aktives Naturraummanagement (vorwiegend Jagdmanagement) zur Verfügung, nur sehr geringe Mittel für konstitutive Arbeitsbereiche wie Monitoring, Naturrauminventur, Biotopkartierung, ein Vielfaches davon hingegen für Entschädigungszahlungen und Besuchermanagement - im einzelnen?

 

2.      Ist Ihnen bekannt, dass der Landes-RH schon 2002 kritisch anmerkte, dass Bildungs- und Besuchereinrichtungen Folgekosten verursachen werden, die ohne weitere Vorsorge die Erfüllung anderer gesetzlicher Aufgaben des Nationalparks gefährden? Was haben Sie bzw. Ihr Vorgänger und Ihre VertreterInnen im Vorstand des Nationalparks in Reaktion darauf eingebracht oder unternommen, um zur Verbesserung der bereits damals aufgezeigten und zum Teil heute noch immer bzw. erneut bestehenden Mängel beizutragen?

 

3.      Wie bewerten Sie die Situation bei Naturschutz-Umsetzungsmaßnahmen im Nationalpark Kalkalpen – es fehlt im Rahmen einer generell weitgehenden Absenz von Prioritätensetzungen und schlüssigen, stabilen Zeitschienen an Entwicklungsprojekten für Lebensräume sowie an umfassenden Artenhilfsprogrammen; weiters sind trotz zahlreicher Grundlagenarbeiten während der Planungsphase des Nationalparks maßgebliche Grundlagenerhebungen bis heute nicht abgeschlossen oder gar nicht begonnen; die Biotopkartierung wurde erst in Teilen der Nationalparkfläche vorgenommen, ohne dass Ergebnisse verfügbar wären; im Bereich der Tierökologie wurde der Erhebung jagdwirtschaftlich bedeutsamer Arten Vorrang vor der Erhebung wichtiger "Zeigerarten" eingeräumt, was mit den Vorgaben an den Nationalpark nicht in Deckung zu bringen ist; im Monitoring besteht eine nur teilweise projekt- und maßnahmenbezogene Vielfalt von Monitoring-Systemen - im einzelnen?

 

4.      Wie bewerten Sie die Situation bei Zielsetzungen und Planungsinstrumente im Nationalpark Kalkalpen - Dominanz von Zielen ohne messbare oder definierte Wirkung; Vermischung von Zielen und Maßnahmen; nicht erkennbare schlüssig nachvollziehbare Struktur; Vielfalt nicht abgestimmter Instrumente in der Planung (die auch durch den erneut unabgestimmt „drübergestülpten“ Unternehmens-Gesamtplan nicht behoben wurde) - im einzelnen?

 

5.      Wie bewerten Sie die Situation bei Personalplanung und -entwicklung im Nationalpark Kalkalpen - für die Kernaufgabe Natur(raum)management werden nicht einmal zehn Prozent des Personals eingesetzt, diese und andere Kernaufgaben des Nationalparks können mit der gegebenen Personalausstattung bzw. -zuordnung nicht erfüllt werden, auch bestehen Abstimmungsmängel zwischen Unternehmenskonzeption und Personalplanung.- im einzelnen?

 

6.      Wie bewerten Sie die Situation bei der Steuerung im Nationalpark Kalkalpen - der Mangel quantifizierbarer und nachvollziehbarer Zielvorgaben wird diesbezüglich besonders schlagend, zugleich fehlt damit zusammenhängend ein standardisiertes Controlling - im einzelnen?

 

7.      Wie bewerten Sie die Situation hinsichtlich der flächenmäßigen Erweiterung des Nationalparks Kalkalpen?

 

8.      Was haben Sie bzw. Ihre VertreterInnen im Vorstand des Nationalparks in Reaktion auf die zahlreichen kritischen Stimmen rund um das Zehn-Jahres-Jubiläum eingebracht oder unternommen, um zur Verbesserung der damals angesprochenen Mängel beizutragen?

 

9.      Welche Maßnahmen bzw. Empfehlungen werden Sie bzw. Ihre VertreterInnen zu den erwähnten Bereichen verfolgen (bitte um gesonderte Ausführung):

a)         budgetäre Situation und Schwerpunktsetzung,

b)         Naturschutz-Umsetzungsmaßnahmen,

c)          Zielsetzungen und Planungsinstrumente,

d)         Personalplanung und –entwicklung,

e)         Steuerung,

f)            Nationalpark-Erweiterung?

 

10. Welche budgetären Mittel werden Sie insbesondere wann für die Umsetzung der in den in Frage 9 a) bis f) erwähnten Bereichen nötigen Schritte vorsehen?

 

11. Setzen Sie bzw. Ihre VertreterInnen im Vorstand sich für die zügige Schaffung der nötigen Voraussetzungen für eine Nationalparkerweiterung ein, zB was die Managementkapazitäten und die Ressourcenfrage betrifft?