4922/J XXIII. GP

Eingelangt am 18.07.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Bucher, Dolinschek Kollegin und Kollegen

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Beratungsvertrag des ehemaligen ÖBB-Chefs Huber

Drohende Verluste aus Spekulationsgeschäften in der Höhe von 612,9 Mio. Euro haben letzt- lich zum Abgang von Finanzchef Erich Söllinger geführt. Zudem ist es auch zu einer vorzeiti- gen Auflösung des Vertrages bei ÖBB-Chef Huber gekommen. Dazu haben vor allem die Vorwürfe um die Immobiliengeschäfte seiner Frau beigetragen. Denn der Kauf einer Liegen- schaft am Schillerplatz von der Telekom Austria und der anschließende Verkauf mit Millio- nengewinn an den Immobilienpartner der ÖBB hat ein schlechtes Licht geworfen. In einem vertraulichen, den Medien vorliegenden Gutachten der Wirtschaftsprüfer Günther Robol und der Deloitte GmbH wird von einem schwerwiegenden Verstoß gegen das Spekulationsverbot und einer Verletzung des Vier-Augen-Prinzips gesprochen. Eine aktienrechtliche Verfehlung bei diesem Immobiliendeal wurde aber vom Aufsichtsrat der ÖBB-Holding dennoch nicht gesehen.

Hubers Vertrag wäre erst im Oktober 2009 ausgelaufen. Dennoch wurde ein vorzeitiger Ab- gang Hubers ausgehandelt. Als Begründung führte Huber an, dass die öffentliche Diskussion über die ÖBB und das Management seine Arbeit belastet hätten. „Darüber hinaus decken sich meine Vorstellungen zur weiteren Umsetzung des Restrukturierungsprozesses nicht mit der aktuellen Linie des Aufsichtsrats - insbesondere in den Bereichen Organisation und Perso- nalmanagement“, berichtete die Tageszeitung „Salzburger Nachrichten“ am 22. April 2008.

Völlig unverständlich ist, warum ein Spitzenmanager wie Huber nach besagten Vorfällen zwar gehen muss, aber dann zusätzlich einen gut dotierten Konsulentenvertrag erhält. Wieviel Huber für seinen rund eineinhalb Jahre verfrühten Abgang bekommt, ist noch unklar. Kolpor- tiert wird, dass die vorzeitige Ablöse des ehemaligen Bahn-Chefs Huber dem Steuerzahler 1,1 Mio. Euro kostet. Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker sagte, dass es eine geringere Ablösesumme sei. Zahlen wollte er jedoch keine nennen.


Laut Pöchhacker soll Huber im Zuge des Konsulentenvertrages bei Struktur- und Integrations- fragen beratend tätig werden. Wie das zu Hubers Begründung für den Rücktritt passt, dass sich seine Vorstellungen der Restrukturierung im Bereich Organisation nicht mit der des Auf- sichtsrates deckten, bleibt völlig offen. Doch SP-Verkehrsminister Faymann verteidigte die Abfertigung und den Beratervertrag des ehemaligen Bahn-Chefs Huber und teilte mit, dass er den ÖBB-Aufsichtsrat in seiner Personalentscheidung unterstütze.

Zudem ist bekannt, dass Huber bereits einen anderen Job in der Immobilienbranche hat, der ihn laut Aussage seines Rechtsvertreters oft ins Ausland führt, weshalb er auch bis Anfang

Dezember 2008 den Ladungen des Rechnungshofausschusses nicht nachkommen wollte. Die Bevölkerung kann nicht nachvollziehen, warum der oberste Eigentümervertreter der ÖBB, Verkehrsminister Faymann, der in dieser Position die Letztentscheidung über die Personalän- derungen an der Konzernspitze trägt, die unter Kritik geratenen „Golden Handshakes“ aus Steuergeldern finanziert.

Doch dies dürfte bei BM Faymann als Eigentümervertreter der ÖBB schon zur Gewohnheit werden. Denn auch das aus dem ÖBB-Konzern ausgeschiedene Vorstandsmitglied Wilhelmi- ne Goldmann hat einen Konsulentenvertrag erhalten. Auch der Personenverkehrs-Vorstand Wehinger hat trotz vorzeitiger Dienstauflösung mit März 2008 eine Beratungstätigkeit über- nommen, die der Aufsichtsratchef Pöchhacker rechtfertigte in einem Profil-Artikel am 21. März 2008 so rechtfertigte: „Er wird dem Aufsichtsrat für den Abschluss laufender Projekte zur Verfügung stehen.“ Zudem wird auch in einer APA-Meldung vom 26. Mai 2008 berichtet: Auch der für den Absatz zuständige ÖBB-Holding-Vorstand Gustav Poschalko wird voraus- sichtlich im Herbst gehen, aber über einen Konsulentenvertrag weiter für die ÖBB tätig blei- ben.“

Diese Vorgangsweise unter SPÖ-Verkehrsminister Faymann ist nicht länger tragbar. Denn auch die Tageszeitung „Die Presse“ vom 10. Mai 2008 berichtete: „Statt bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit arbeiten zu müssen, werden sie Konsulent und bekommen das Geld gleich: Samt Erfolgsprämien für nicht eingetretene Erfolge. Allein Infrastrukturminister Wer- ner Faymann (SPÖ) hat in den von ihm zu verantworteten Unternehmen ASFINAG und ÖBB zehn Top-Manager auszahlen lassen.“

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachfolgende

Anfrage:

1.   Warum wurde der bis Oktober 2009 geschlossene Vertrag mit dem ehemaligen ÖBB- Generaldirektor Martin Huber vorzeitig gelöst, obwohl der Aufsichtsrat der ÖBB- Holding keine aktienrechtlichen Verfehlungen festgestellt hatte?

2.                          Warum haben Sie die Auflösung des Vertrages von Martin Huber unterstützt bzw. ver- teidigt?

3.                          Von wem wurde die Auflösung dieses Vertrages angestrebt?

4.                          Wann und von wem haben Sie von der geplanten Auflösung des Vertrages erfahren?

5.                          Sind Sie als Eigentümervertreter der ÖBB tätig geworden?

6.                          Waren Sie in die laufenden Verhandlungen der Vertragsauflösung eingebunden bzw. davon informiert? Von wem wurden Sie jeweils wovon informiert?

7.                          Wann und von wem wurde die Auflösung des Vertrages von Bahn-Chef Huber ausge- handelt?

8.                          Haben Sie den Verhandlern Vorschläge bzw. Bedingungen zur Vertragsauflösung ge- nannt? Wenn nein, warum nicht?

9.                         Welche finanziellen Gesamtverpflichtungen entstehen den ÖBB durch die vorzeitige Auflösung des Vertrages von ÖBB-Generaldirektor Huber (bitte um Aufgliederung in einzelne Bestandteile nach Vertragsgrundlage und Angabe einer Relation zum Einkom- men aus dem noch aufrechten Vertrag als Generaldirektor und einer Relation der Ge- samtverpflichtungen durch das Ausscheiden zu den Gesamtverpflichtungen bei ver- tragsgemäßem Auslaufen)?

10.                  Im Rechnungshofausschuss erklärte Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker, dass er zu den Inhalten des Konsulentenvertrages keine konkreten Auskünfte geben könne, weil er erst mit Huber über dessen „Inhalt und Umfang“ sprechen müsse. Waren Sie darüber in- formiert, dass die Bedingungen des Konsulentenvertrages bei dessen Vereinbarung noch nicht endgültig definiert waren? Wenn nein, hätten Sie Ihrer Meinung nach darüber in Kenntnis gesetzt werden müssen? Wenn ja, warum haben Sie eine derartige Vorgangs- weise geduldet?

11.                  Wie wurde die Dotierung des Vertrages berechnet, wenn der Inhalt noch nicht feststand?

12.                  Wie argumentieren Sie die Gültigkeit und Seriosität eines Vertrages, bei dem die Dotie- rung, aber nicht die Gegenleistung definiert wurde?

13.                  Ist die Gegenleistung Hubers mittlerweile definiert und wie lautet diese Definition im Konsulentenvertrag?

14.                  Sie erklärten, dass ein vierköpfiges Gremium den Abgang von Huber ausverhandelt ha- be, das an den Vertrag des damaligen Verkehrsministers mit Huber gebunden war. Wur- de dieser Vertrag nicht durch die Spekulationsgeschäfte von Huber verletzt? Wenn nein, auf welchen Sachverhalt und welche rechtlichen Überlegungen stützten Sie diesen Standpunkt im einzelnen?

15.                  Können   Sie   sicherstellen,   dass   durch   die   Tätigkeit   des   ehemaligen   ÖBB- Generaldirektors Huber als ÖBB-Konsulent keine Unvereinbarkeiten mit seiner Funkti- on als Immobilienunternehmer entstehen?

16.                  Welche Konkurrenzklauseln wurden im Konsulentenvertrag von Ex-Generaldirektor Huber vereinbart?

17.                  Im April kündigten Sie an, dass der neue ÖBB-Chef um 20 Prozent weniger Gehalt be- kommen werde. Inwieweit ist dieses Ziel bereits umgesetzt?

18.                  Wann werden Sie die vom Rechnungshof empfohlene Nachvollziehbarkeit der vom Vorstand eingeführten Nebenbezugspauschale prüfen, um die drohenden Mehrkosten von 1,2 Mrd. Euro für den Bund abwehren zu können?

19.                  In welchen Fällen wurden in Ihrem Wirkungsbereich als Eigentümervertreter und in Ihrer Amtszeit bisher Verträge im Managementbereich zwar aufgelöst, aber mit densel- ben Personen Konsulentenverträge vereinbart?

a.       Um welche Personen handelt es sich?

b.      Aus welcher Funktion sind sie jeweils aus welchen Gründen ausgeschieden?

c.       Welche Leistungen sollen sie für welchen Zeitraum nach dem Konsulentenvertrag erbringen?

d.       Wie ist die Relation zwischen ihrem Einkommen vor ihrem Ausscheiden und da- nach (bitte um Aufgliederung der Bestandteile nach Vertragsgrundlagen, Angabe einer Relation zum Einkommen aus dem noch aufrechten Vertrag und einer Rela- tion der Gesamtverpflichtungen durch das Ausscheiden zu den Gesamtverpflich- tungen bei vertragsgemäßem Auslaufen)?

e.       Wie hoch ist insgesamt die Summe der in allen diesen Fällen durch die Vertrags- beendigung und allfällige Konsulentenverträge oder andere Zusatzvereinbarungen entstandenen bzw. künftig noch entstehenden Kosten? Wie hoch wäre im Ver- gleich insgesamt die Summe der für denselben Zeitraum weiterlaufenden ur- sprünglichen Kosten durch das aufrechte Vertrags Verhältnis?

20.    Können Sie ausschließen, dass es weiterhin zu vorzeitigen Vertragsauflösungen bei den ÖBB und anderen in Ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden Wirtschaftskörpern kommt und in der Folge mit Ihrer Zustimmung teure Konsulentenverträge mit zweifelhafter Gegenleistung abgeschlossen werden?