493/J XXIII. GP

Eingelangt am 07.03.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Bettina Stadlbauer

und GenossInnen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend „Aufhebung des Transsexuellen-Erlasses 1996 durch den VfGH"

Im Juni 2006 hat der Verfassungsgerichtshof den Transsexuellen Erlass von 1996
aufgehoben. Die Vorgeschichte: Ein Mann mit Familie (Ehefrau und zwei Kinder) aus der
Steiermark hat sich 2004 einer geschlechtsanpassenden Operation (von Mann zu Frau)
unterzogen. Seither lebe sie als Frau (Sandra H.) mit ihrer Ehegattin in gleichgeschlechtlicher
Ehe.

Frau Sandra H. wurde die Personenstandsänderung aufgrund ihrer aufrechten Ehe verweigert,
die darauf hin sich mit einer Beschwerde an den Österreichischen Verfassungsgerichtshof
wandte. Der VfGH gab der Beschwerde von Sandra H. recht und hob den Transsexuellen-
Erlass aus zweierlei Gründen auf:

Zum einen fand der VfGH war der Erlass gesetzeswidrig, weil er nicht gehörig im
Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde. Zum anderen teilte der VfGH die Meinung der
Beschwerdeführerin, wonach der Erlass hinsichtlich des Scheidungszwanges der gesetzlichen
Grundlage entbehrte, weil das Geschlecht bereits durch die Operation geändert werde, auch
wenn die Person verheiratet ist. Das Geburtenbuch sei daher in diesem Sinne richtigzustellen,
denn es geben keines Gesetzesstelle, die das bei aufrechter Ehe verbiete (VfGH, 8.6.2006,
V
4/06).

Unberührt von der Aufhebung des Transsexuellen-Erlasses ist nach § 16 Personenstandgesetz
der Geschlechtsantrag im Geburtenbuch zu ändern, wenn er unrichtig geworden ist. Damit
entscheiden zunächst Standesämter, in folge die Landeshauptleute und das
Bundesministerium für Inneres. Mittlerweile wurden bei mehreren verheirateten
Transsexuellen Personenstandsänderungen vorgenommen, die Entscheidungen dauerten
unterschiedlich lang.

Es stellt sich die Frage, wie das Bundesministerium für Inneres in Hinkunft mit den Anliegen

von transsexuellen Menschen umgeht und ob Änderungen bezüglich Namensänderungen und

dem in einigen europäischen Staaten längst überholten Operationszwang für

Personenstandsänderungen vorgesehen sind.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres

nachstehende


Anfrage

1.  Wie sieht die konkrete gesetzliche Lage für die betroffenen Personen nach der
Aufhebung des Transsexuellen-Erlasses 1996 durch den VfGH aus?

2.              Planen Sie gesetzliche Änderungen für diesen Bereich?

3.              Wenn ja, welche werden dies sein und wann sollen die Änderungen umgesetzt
werden?

4.              Wie wurde/wird im oben geschilderten Fall von Sandra H. letztendlich entschieden?

5.              Wie wird in Hinkunft mit derartigen Fällen, wie dem in der Präambel geschilderten
vorgegangen?

6.              Laut betroffene Personen, sind die Entscheidungen Ihres Ministeriums bezüglich
Personenstandsänderungen in gleichgelagerten Fällen von sehr unterschiedlicher
Dauer Wie erklären Sie diesen Umstand?

7.              Bei verheirateten transsexuellen Personen wurden nach der VfGH-Entscheidung zwar
Personenstandsänderungen durchgeführt und Geburtsurkunden neu ausgestellt, jedoch
keine ordnungsgemäßen Heiratsurkunden mit der Bezeichnung Frau/Frau. Ist Ihnen
dies bekannt? Wie lautet Ihre diesbezügliche rechtliche Beurteilung?

8.              Auch nach Kippen des Transsexuellenerlasses sind für eine Personenstandsänderung
genitalanpassende Operationen gefordert. In anderen europäischen Ländern ist eine
Personenstandsänderung ohne Operationszwang möglich. Planen Sie hier
Änderungen?

9.              Wenn ja, wann und wie lauten diese?

10.       Wenn nein, weshalb lehnen Sie dies ab?

11.       Wie lautet Ihre rechtliche Beurteilung des Operationszwanges bei
Personenstandsänderung im Hinblick auf Art 3 der Europäischen Charta für
Menschenrechte, wonach jeder Mensch ein Recht Unversehrtheit hat?