5002/J XXIII. GP

Eingelangt am 24.09.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend „Organhandel und organisierte Kriminalität (Menschenhandel) - Falcone

Report - Konsequenzen"

Mit der AB 2094/XXII.GP vom 09.11.2004 wurden die Fragen der Abg. Mag. Maier und
GenossInnen zur Anfrage „Internationaler Organhandel und organisierte Kriminalität"
beantwortet. Es wurde dabei u.a. hingewiesen, dass mittlerweile der Straftatbestand des
Menschenhandels (§ 104a StGB) durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2004 (StRÄG 2004),
BGBl. I Nr. 15, in Kraft getreten am 1. Mai 2004, - den UNO-Vorgaben entsprechend - auf
Ausbeutung zum Zwecke der Organentnahme ausgedehnt wurde.

Nach § 104a Abs. 1 StGB ist eine Grundstrafdrohung von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe
vorgesehen, wenn eine minderjährige oder - unter Einsatz bestimmter, in Abs. 2 definierter
„ unlauterer" Mittel - eine volljährige Person unter anderem mit dem Vorsatz, dass sie durch
Organentnahme ausgebeutet werde, angeworben, beherbergt oder sonst aufgenommen,
befördert oder einem anderen angeboten oder weitergegeben wird. Eine Strafdrohung von
sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe ist beim Einsatz von Gewalt oder
gefährlicher Drohung gegenüber Betroffenen jeden Alters vorgesehen (Abs. 3). Abs. 4
wiederum droht eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren an, wenn die Tat gegen
eine unmündige Person, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, unter Anwendung
schwerer Gewalt oder so begangen wird, dass durch die Tat das Leben der Person
vorsätzlich oder grob fahrlässig gefährdet wird oder die Tat einen besonders schweren
Nachteil für die Person zur Folge hat.

Eine solche Ausbeutung durch Organentnahme wäre jedenfalls dann gegeben, wenn an einer
lebenden Person eine fremdnützige Organentnahme erfolgen soll, die nicht im Sinne des § 90
gerechtfertigt wäre und daher - würde sie entsprechend der Absicht des Menschenhändlers
durchgeführt - nach österreichischem Recht als Körperverletzung im Sinne der §§ 83 ff zu
verfolgen wäre.


Nach dem Plan des Täters müsste also entweder eine rechtlich wirksame Einwilligung des
Opfers in die beabsichtigte Organentnahme fehlen - etwa wenn dieses über die beabsichtigte
Operation gar nicht informiert oder seine Einwilligung durch Gewalt, Drohung oder List
erlangt werden soll; andererseits könnte die mangelnde Rechtfertigung
- unabhängig von
einer allenfalls wirksam erteilten Einwilligung - auch in einer Sittenwidrigkeit der
beabsichtigten Verletzung liegen (vgl. Burgstaller in WrK, § 90, Rz 119 bis 130). Bei einer
Organentnahme zu Heilzwecken - etwa beim Empfänger eines Spenderorgans oder zur
medizinisch indizierten Entfernung eines z.B. tumorbefallenen Organs
- würde es bereits am
Element der Ausbeutung des Körpers der betroffenen Person fehlen, weshalb ein solcher Fall
nicht unter die im Sinne der Bestimmung gegen Menschenhandel problematischen
Organentnahmen zu subsumieren wäre ".

Aus systematischen Gründen werden auch in der XXIV.GP ähnliche Fragen gestellt, um die
aktuellen Zahlen und Informationen für die Jahre 2005 - 2008 zu erhalten.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten an die Bundesministerin für Justiz nachstehende

Anfrage:

1.    Liegt nun dem Ressort die vollständige „FALCONE-Studie" (Internationaler Organhandel
und organisierte Kriminalität) in endgültiger Form bereits vor?

Wenn nein, wann wird sie vorliegen?

2.    Zu welchen konkreten Ergebnissen kamen die unabhängigen Experten in der FALCONE-
Studie aus Sicht des Ressorts?

Wie lauten die konkreten Ergebnisse bzw. die Zusammenfassung?

Welche Vorschläge (Schlussfolgerungen) wurden der Europäischen Kommission bzw.

den Mitgliedsstaaten unterbreitet?

3.    Gibt es zu diesen Vorschlägen (Schlussfolgerungen) dieser unabhängigen Experten bereits
eine Stellungnahme der Europäischen Kommission?

Wenn ja, wie lautet diese?


4.              Sieht die FALCONE-Studie im Ergebnis den illegalen Handel mit menschlichen Organen
(organisierte Kriminalität) als ein wichtiges Problem, das einer europaweiten oder
weltweiten (Vereinten Nationen) Lösung bedarf?

5.              Wie sollte aus Sicht des Ressorts eine europaweite oder weltweite Bekämpfung des
illegalen Organhandels und der organisierten Kriminalität in diesem Bereich aussehen?

6.              Wie wird seitens der EU das Phänomen des Handels mit menschlichen Organen beurteilt?

7.              Gibt es bereits detaillierte Studien über kriminelle Aktivitäten oder Praktiken im
Zusammenhang mit der Transplantation von menschlichen Organen in Europa?
Wenn ja, welche Erkenntnisse liegen dazu vor?

8.              Wie viele Fälle vom illegalen Organhandel sind seit 2004 in Österreich bekannt
geworden?

9.              Sind Ihnen seit 2004 in Österreich Beweise für einen Zusammenhang zwischen den
Handel mit menschlichen Organen und der organisierten Kriminalität bekanntgeworden?

10.       Soll es zur Harmonisierung nationaler Bestimmungen über Organhandel in der EU aus
Sicht des Ressorts kommen?

11.       Wenn ja, wie ist der Diskussionsstand zur Schaffung eines EU-Rahmenbeschlusses zur
Verhinderung und Bekämpfung des Handels mit menschlichen Organen?

12.       Welche Haltung wird im Österreichbericht zu den in der Studie aufgeworfenen Fragen
eingenommen?

Liegen bereits konkrete Vorschläge für eine Novellierung der österreichischen Rechtslage
vor?

13.  Sehen Sie einen Reformbedarf in der Österreichischen Rechtslage?
Wenn ja, worin besteht dieser?



14.      Erachten Sie die gesetzlichen Regelungen über Organhandel und Organtransplantationen,
- insbes. die Regelung hinsichtlich Lebendspende - in Österreich weiterhin für
ausreichend?

15.      Halten Sie generell die strafgesetzlichen Regelungen in Österreich über Organhandel und
Organtransplantationen als ausreichend?

16.      Würden Sie unter Berücksichtigung der Ergebnisse der FALCONE Studie eine
(straf-)rechtliche Regelung für Organhandel in Österreich als notwendig erachten?

17.      Wie sollte mit solchen Fällen umgegangen werden, in denen sich Personen zur
Verbesserung Ihres Gesundheitszustandes im Ausland - außerhalb der EU - Organe
kaufen und einpflanzen lassen?

Sollte dies unter Berücksichtigung der Ergebnisse der FALCONE Studie unterbunden
werden?

18.      Wie viele Ermittlungen wurden in den Jahren 2005, 2006, 2007 und 2008 (30.09.2008) im
Zusammenhang mit § 104 a StGB durch die Sicherheitsbehörden oder die Justiz
veranlasst und geführt (Aufschlüsselung auf Jahre)?

19.      Wie viele Strafanzeigen nach § 104 a StGB wurden in den Jahren 2005, 2006, 2007 und
2008 (30.09.2008) erstattet (Aufschlüsselung auf Jahre)?

20.  Wie viele Strafanzeigen wurden in diesen Jahren im Zusammenhang mit § 64 Abs. 1 Z 4
StGB (Auslandstaat) erstattet (Aufschlüsselung auf Jahre)?

21.      Wie wurden jeweils diese Strafanzeigen bei Gericht erledigt (Aufschlüsselung auf Jahre)?


22.  Was ist dem Ressort über Verschleppung, Mord und illegalen Organhandel in der Zeit des
Jugoslawischen Bürgerkrieges (z.B. Bosnien) und den Folgejahren bekannt geworden?

23.  Zu welchen Schlussfolgerungen kam zu diesen Vorwürfen die UNO?