5003/J XXIII. GP
Eingelangt am 24.09.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Spindelberger, Keck
und GenossInnen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend „Personalwesen im Telekom Austria Konzern“
Der Fragesteller hat bereits im Jahr 2004 eine Parlamentarische Anfrage betreffend „Gesetzlichen Vollzug von Dienstrechtsmaterien durch die Telekom Austria AG (Vorstand)“ eingebracht, aber damals dazu allerdings auch rechtlich nicht haltbare Antworten von den einzelnen Bundesministern erhalten:
Gemäß § 17 Abs. 2 des Poststrukturgesetzes (PTSG) ist beim Vorstand der Telekom Austria AG eine Oberste Dienst- und Pensionsbehörde für die zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten eingerichtet. Nach § 17 Abs. 3 PTSG sind an den Standorten Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Salzburg und Wien, Personalämter als nachgeordnete Dienstbehörden eingerichtet.
Die Disziplinarkommissionen für die gemäß § 17 Abs. 9 PTSG zugewiesenen Beamten sind beim BMF eingerichtet.
Der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach, zuletzt mit Erkenntnis vom 12. Juni 2008, B 100/07, festgehalten, dass die im Bereich der Telekom Austria praktizierte Wahrnehmung von dienstbehördlichen Zuständigkeiten, das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt:
„Die durch §17 Abs. 4 PTSG angeordnete sinngemäße Anwendung des §2 DVG in der jeweils geltenden Fassung - die Verweisung des §17 Abs. 4 PTSG G ist nämlich als eine dynamische zu verstehen - bedeutet im Hinblick auf die Neufassung des §2 Abs. 2 DVG mit der Novelle BGBl I 119/2002, dass seither die Zuständigkeit des beim Vorstand der Telekom Austria AG eingerichteten Personalamtes in Dienstrechtsangelegenheiten in erster Instanz auf die der Zentralstelle angehörenden Beamten beschränkt ist und dass im Übrigen - und ohne dass es einer Verordnung iSd §2 Abs. 2 zweiter Satz DVG bedürfte - die nachgeordneten Personalämter im Hinblick auf §2 Abs1 DVG iVm §17 Abs. 3 PTSG nunmehr schon von Gesetzes wegen „innerhalb ihres [örtlichen und persönlichen] Wirkungsbereiches als Dienstbehörden erster Instanz zuständig“ sind.“
Der Vorstandsvorsitzende der Telekom Austria AG ist gemäß § 17a Abs. 2 PTSG (Verfassungsbestimmung) in der Vollziehung von dienst- und besoldungsrechtlichen Angelegenheiten völlig weisungsfrei bzw. nach § 17a Abs. 3 (Verfassungsbestimmung) PTSG zur Erlassung von Verordnungen zum Dienst- und Besoldungsrecht des Bundes ermächtigt. Dem Vorstandsvorsitzenden der Telekom Austria AG kommt damit in seiner Funktion als Leiter der obersten Dienstbehörde eine ministerähnliche Stellung zu. Ein Rechtsmittel an oberste Organe des Bundes ist ebenfalls ausgeschlossen. Eine verfassungsrechtliche Verantwortung (vergleichbar Art. 76 B-VG) besteht für den Vorstandsvorsitzenden der Telekom Austria AG in Wahrnehmung seiner Vollzugsaufgaben nicht.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. VwGH 28.4.2000, 99/12/0352) ändert dies jedoch nichts an der Diensthoheit des Bundes über die gemäß PTSG zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten. Die Ausgliederung durch das PTSG ist als Betriebsübergang nach der RL 77/187/EWG bzw. RL 2001/23/EG anzusehen. In § 17 Abs. 1 PTSG ist festgehalten, dass der Anwendungsbereich von Rechtsvorschriften des Bundes in ihrer jeweils gültigen Fassung auf die Rechtsverhältnisse der zugewiesenen Beamten weiter anzuwenden sind. Durch die Weitergeltung des bisherigen Dienst- und Besoldungsrechtes wird den Erfordernissen des Betriebsübergangs entsprochen. Soweit der Vorstandsvorsitzende und die ihm als funktionelle Bundesbehörden zugeordneten Personalämter, Aufgaben des Gesetzesvollzuges wahrzunehmen haben, kommen aus Sicht der Anfragesteller die parlamentarischen Kontrollrechte zum Tragen.
Auch das deutsche Bundesverwaltungsgericht hat Beamten, deren Posten nach Privatisierungen oder Einsparungen weggefallen waren, den Rücken gestärkt. Beamte müssten grundsätzlich „amtsangemessen“ beschäftigt werden, entschieden das Verwaltungsgericht in drei Urteilen. Weder dürften sie wie in Berlin in einen „Stellenpool“ abgeschoben werden noch sei ein Beamter der Deutschen Telekom verpflichtet, sich auf freie Stellen zu bewerben.
In zwei Berliner Fällen entschieden die Richter, die Versetzung in den so genannten Stellenpool sei verfassungswidrig. Beamten müsse ein ihrem Status entsprechendes Amt übertragen werden. Im „Stellenpool“ waren sie nach dem Wegfall ihrer bisherigen Posten jedoch „geparkt“ und zu verschiedenen Dienststellen abgeordnet oder - wenn es gar nichts für sie zu tun gab - umgeschult worden. Zudem waren die Mitbestimmungsrechte des Personalrats verletzt worden. (Az: BVerwG 2 C 3.07 und 2 C 8.07).
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen nachstehende Anfrage
Anfrage:
1. Bereits in der Anfragebeantwortung 1708/AB XXII. PG wurde seitens des damaligen Bundeskanzlers Dr. Schüssel daraufhingewiesen, dass eine Auflösung der nachgeordneten Dienstbehörden im Bereich der Telekom Austria nur nach einer Änderung des Poststrukturgesetzes in Betracht kommt. Welche Handhabe besteht Ihrer Meinung nach, die Telekom Austria zu einer rechtskonformen Vorgehensweise im Dienst- und Besoldungsrecht zu zwingen. Welche Überprüfungs-, Kontroll- oder Aufsichtsmechanismen gewähren Einblick in den Gesetzesvollzug durch die bei der Telekom Austria AG eingerichteten Dienstbehörden?
2. Welche Dienstbehörden (Personalämter) sind im Bereich der Telekom Austria tatsächlich organisiert und eingerichtet?
Wer leitet die jeweilige Dienstbehörde (das jeweilige Personalamt)?
3.
Ist es
zutreffend, dass die besondere verfassungsrechtliche Stellung des Vorstandsvorsitzenden
der Telekom Austria AG (!) nach dem PTSG keine der Ministerverantwortlichkeit ähnliche Verantwortung mit sich bringt
bzw. dieser den Kontrollrechten des Nationalrates und des Bundesrates
nicht ausgesetzt ist?
Worin ist diese Sonderstellung
begründet?
4. Warum werden Mitarbeiterinnen, die Beamte sind, abberufen ohne auf § 40 Abs. 1 BDG Rücksicht zu nehmen, wonach innerhalb von zwei Monaten eine gleichwertige Verwendung zuzuweisen ist?
Ist diese Vorgangsweise rechtskonform?
5. Wie der Tagespresse zu entnehmen ist, plant die Telekom Austria offenbar hunderte Beamte(Innen) von ihren bisherigen Arbeitsplätzen ohne Zuweisung einer neuen Verwendung ab zu berufen bzw. diese Mitarbeiter dienstfrei zu stellen. Welche Rechtsgrundlagen gibt es für diese „Suspendierungen“?
6. Wie sich aus den bereits angelaufenen Abbaumaßnahmen der Telekom ableiten lässt, sind in erster Linie Beamte über Fünfzig von Stellenstreichungen betroffen. Hier wird offensichtlich mit Frühpensionierungsmodellen spekuliert. Welche Zusagen gab es seitens des BMF in diesem Punkt an das Management des Telekom Konzerns?
7. Wie soll die bescheidmäßige Umsetzung der geplanten Versetzungen/Dienstfreistellungen der der Telekom Austria AG zugewiesenen Bundesbeamten erfolgen bzw. welche Dienstbehörde wird in erster Instanz mit welchem Geschäftsapparat diese Bescheide erlassen?
8. Welche Pläne hat das BMF hinsichtlich Ausstattung und Finanzierung und Organisationsform der Personalagentur für die nach dem PTSG zugewiesenen Beamten?
Nach welchen Kriterien werden Beamte in diese Personalagentur „verschoben"?
Steht diese Agentur auch für andere Beamte ausgegliederter Unternehmen „zur Verfügung“?
9. Welche
Einrichtungen und Behörden der Telekom Austria stehen für Beamte des Ruhestandes
zur Verfügung?
Befinden sich diese Standorte in ganz Österreich?
Wie viele Beamte des Ruhestandes werden von der Telekom Austria betreut?
10. Welche weiteren Privatisierungsschritte sind bezüglich der Telekom Austria seitens des BMF geplant?
11. Welche Maßnahmen (von Management, ÖIAG und der Bundesregierung) sind bei einem gänzlichen Verkauf (Privatisierung) der Telekom Austria für die ArbeitnehmerInnen vorgesehen, die in die Telekom Austria Personalmanagement Ges.m.b.H (TAP) verlagert (versetzt) worden sind?
12. Welche organisatorischen Maßnahmen wird die Unternehmensleitung bezüglich der Personalverwaltung der der Telekom Austria AG zugewiesenen Bundesbeamten ergreifen (insbesondere auch, um künftige Amtshaftungsverfahren zu Lasten der Republik hintanzuhalten)?
13.
Wird die Unternehmensleitung den zentrallastigen Umbau der
Personalverwaltung in Bezug auf die der Telekom Austria AG zugewiesenen
Bundesbeamten rückgängig machen?
Wenn nein, warum
nicht?
14. Werden die nachgeordneten (regionalen) Personalämter gem. § 17 Abs. 3 PTSG wieder entsprechend personell besetzt?
Wenn nein, warum nicht?
15. Erhalten die ihrer Funktion enthobenen (regionalen) Personalamtsleiter wieder ihre Leitungsfunktion zurück?