5008/J XXIII. GP
Eingelangt am
24.09.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend „Sicherheitspolizeigesetz“ - Auskunftsverlangen gemäß § 53 Abs. 3a und 53 Abs. 3b SPG sowie nach § 98 TKG“
Die
Novelle zum SPG vom Dezember 2007 regelte das Auskunftsverlangen nach § 53
Abs 3a (Telefonanschlussdaten
und IP-Daten) und § 53 Abs 3b SPG (Standortdaten)neu. Diese Beschlussfassung
und die Änderungen im SPG führten auch zu öffentlicher Kritik. Insbesondere
wurde die Verfassungskonformität dieser Regelungen in Frage gestellt, da gegenüber
den Auskunftsrechten der Polizei kein adäquater Rechtsschutz geschaffen
und keine richterliche Kontrolle vorgesehen wurde. Weiters wird die Auffassung
vertreten, dass IP-Daten dem Kommunikationsgeheimnis und Standortdaten dem
Recht auf Privatheit unterliegen, weswegen ein Eingriff in diese Grundrechte
nur aufgrund eines richterlichen Befehles
möglich ist.
Beschwerden wurden von betroffenen Unternehmen beim VfGH eingebracht.
Unbestritten ist, dass sich mit dieser Novelle weitere schwierige Auslegungs- und Anwendungsproblemen ergeben haben.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Inneres nachstehende
Anfrage:
1. Wann
wird bei einem Auskunftsverlangen der Sicherheitsbehörden bzw. der Kriminalpolizei
nach dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG), wann nach der Strafprozessordnung
(StPO) vorgegangen?
Gibt es dafür einen Erlass oder
interne Kriterien? Wer entscheidet konkret darüber?
2. Wie können die Betreiber von öffentlichen Telekommunikationsdiensten bzw. sonstigen Dienstanbietern unterscheiden, ob es sich um ein Auskunftsverlangen nach SPG oder StPO handelt?
Wie können diese erkennen, ob ein richterlicher Befahl nach § 135 StPO notwendig ist?
3.
Welche
Dienststellen sind im BMI für die Umsetzung der mit 1. Jänner 2008 in
Kraft getretenen neuen Bestimmungen des SPG
zur Auskunftsverpflichtung verantwortlich?
Welche Dienststellen können Auskunftsverlangen nach § 53 Abs. 3a und
§ 53 Abs. 3b SPG stellen?
4. Ist es richtig, dass nicht jeder Polizeibeamte ein Auskunftsverlangen nach dem SPG stellen darf? Wenn nein, wer dann?
5. Wer sind aus Sicht des Ressorts die „anfrageberechtigten Stellen“? Sind auch die Landeskriminalämter des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) oder Büro für interne Angelegenheiten (BIA) dafür berechtigt, obwohl diese keine Sicherheitsbehörde sind?
6. Wie wurden bzw. werden die damit betrauten Beamten des BMI zu dem Auskunftsverlangen nach § 53 SPG konkret eingeschult?
7. Welche internen Erlässe oder Anweisungen gibt es zum Vollzug dieser Bestimmungen des SPG (Ersuche um Übermittlung derselben)?
8. Warum wurde vorerst der aktuelle Erlass des BMI zum SPG den von den Auskunftspflichten betroffenen Unternehmen, deren Interessensvertretungen sowie der Öffentlichkeit nicht bekannt gegeben?
9. Warum wird im Formular des Erlasses des BMI zu den Auskunftsverlangen nach § 53 SPG auf die Angabe der konkreten Begründung für das jeweilige Auskunftsverlangen verzichtet? Warum muss das Auskunftsverlangen laut Formular nicht begründet werden?
10. Ergibt sich die Notwendigkeit einer Begründung des Auskunftsverlangens nach dem SPG nicht schon aufgrund des Gesetzestextes?
Wenn nein, warum nicht?
11. Wie werden Auskunftsverlangen nach dem SPG durch die
Sicherheitsbehörde (Dienststelle bzw. durch das BMI) an den
Rechtsschutzbeauftragten weiter geleitet?
Wer hat konkret diese Informationen weiter
zu leiten? Wie sieht dafür der Dienstweg aus? Welche Informationen
werden weitergeleitet?
11. Wann bzw. zu welchem Zeitpunkt werden Berichte Auskunftsverlangen nach dem SPG an den Rechtsschutzbeauftragten weitergeleitet?
Wie viele Tage nach einem gestellten Auskunftsverlangen erfolgt diese Weiterleitung? Gibt es dafür eine Frist?
12. Wem gegenüber ist der Rechtsschutzbeauftragte des BMI über alle erteilen Auskünfte nach dem SPG (§ 53 SPG) berichtspflichtig?
13. Innerhalb welchen Zeitraumes muss der Rechtsschutzbeauftragte nach § 53 Abs 3a und § 53 Abs 3b SPG von einem Auskunftsverlangen informiert werden?
14. Kann eine von einem Auskunftsverlangen betroffene Person oder Unternehmen den Rechtsschutzbeauftragten kontaktieren, um die Rechtsmäßigkeit eines Auskunftsverlangens und der ermittelten Daten zu prüfen? Wenn nein, warum nicht?
15. Ist es richtig, dass die Betreiber von öffentlichen Telekommunikationsdiensten und sonstige Betreiber freiwillig betroffene Personen jederzeit über ein Auskunftsverlangen informieren können? Wenn nein, warum nicht?
16. Wie und von wem werden die nach dem SPG verlangten Auskunftsdaten nach § 53 Abs 3a und § 53 Abs 3b SPG im BMI gespeichert? Welche technischen Standards werden verwendet?
Wie werden diese Daten vor möglichen Missbrauch geschützt?
17. Wann werden diese Auskunftsdaten gelöscht?
Wie werden diese Auskunftsdaten gelöscht? Wie wird dies protokolliert?
18. Wie und wo kann eine von Auskunftsverlangen betroffene Person in die sie betreffenden - aus einem Auskunftsverlangen nach dem SGP stammenden - Daten einsehen?
Wie
und wann kann eine betroffene Person fehlerhafte Daten korrigieren lassen?
Wie und wann kann eine
betroffene Person diese Daten löschen lassen?
19. Wie viele Auskunftsverlangen nach § 53 Abs 3a SPG alt wurden 2006 und 2007 gestellt (Aufschlüsselung auf Jahre)?
Wie viele Auskunftsverlangen jeweils vonl. Jänner bis 30. September 2006 sowie 1. Jänner bis 30. September 2007 (Aufschlüsselung auf Monate und Jahre)?
20. Wie viele Auskunftsverlangen nach § 53 Abs 3a SPG neu wurden von 1. Jänner bis 30. September 2008 gestellt (Aufschlüsselung auf Monate und nach § 53 Abs. 3a Z1, § 53 Abs. 3a Z2, § 53 Abs. 3a Z3)?
21. Aus welchen konkreten Gründen wurden diese Auskunftsverlangen (Frage 19) jeweils gestellt (Ersuche um Aufschlüsselung der Gründe)?
22. Wie viele Auskunftsverlangen zur Mobilfunkortung wurden 2006 und 2007 gestellt und genehmigt (Aufschlüsselung auf Jahre)?
Wie viele Auskunfts verlangen jeweils von 1. Jänner bis 30. September 2006 sowie vom 1. Jänner bis 30. September 2007 (Aufschlüsselung auf Monate und Jahre)?
23. Wie viele Auskunftsverlangen zur Mobilfunkortung wurden nach § 53 Abs 3b SPG neu wurden von 1. Jänner bis 30. September 2008 gestellt (Aufschlüsselung auf Monate)?
24. Aus welchen konkreten Gründen wurden diese Auskunftsverlangen (Frage 22) jeweils gestellt (Ersuche um Anführung der Gründe)?
25. Wie viele verirrte oder verletzte Wanderer, Touren,- und Lawinenopfer, etc. wurden bis 30. September 2008 mittels Handyortung ausgeforscht und konnten damit gerettet
werden?
26. Wie viele suizidgefährdete Personen wurden bis 30. September 2008 mittels Handyortung ausgeforscht und konnten damit gerettet werden?
27.
Wie viele Auskunftsverlangen stützten sich 2006 und 2007 auf §
98 TKG 2003?
Wie viele in den Monaten 1. Jänner bis 30. September 2006 und 1.
Jänner bis 30. September 2007 (Aufschlüsselung jeweils auf Monate
und Jahre)?
28. Wie viele Anfragen auf Auskunftsverlangen nach § 98 TKG 2003 gab es von 1. Jänner bis 30. September 2008 (Aufschlüsselung auf Monate?)
29. Aus welchen konkreten Gründen wurden diese Auskunftsverlangen (Frage 27) jeweils gestellt (Ersuche um Aufschlüsselung der Gründe)?
30. Welcher Kostenersatz wurde 2006 und 2007 für Auskunftsverlangen nach dem SPG alt an die auskunftspflichtigen Unternehmen geleistet?
Welche Beträge wurden als Kostenersatz an die Auskunftspflichtigen gezahlt? (Aufschlüsselung auf die beiden Jahre)?
31. Welcher Betrag ist im Budget des BMI für Auskunftsverlangen nach dem SPG neu als Kostenersatz an die auskunftspflichtigen Unternehmen für das Jahr 2008 vorgesehen?
32. Wie wird generell der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei allen Auskunftsverlangen nach § 53 SPG sichergestellt?
33. In welchem „Zeitraum“ können rückwirkend Auskunftsverlangen nach § 53 Abs. 3a und § 53 Abs. 3b SPG von den Sicherheitsbehörden aus Sicht des BMI verlangt werden?
34. Wie ist ein Auskunftsverlangen über Daten vom August 2007 (als Auskunftsverlangen erst im Jänner 2008 aufgrund der neuen Rechtslage gestellt) zu beurteilen?
Wird bei einem derartigen Zeitraum dem Auskunftsverpflichteten nicht eine (Telekommunikationsgesetz-) rechtswidrige Speicherung von Daten unterstellt?
35. Warum werden seitens des BMI Auskunftsverlangen nicht auf Sachverhalte beschränkt, die nicht länger als 48 Stunden zurückliegen?
Wie kann dies datenschutzrechtlich begründet werden?
36. Wie wird sichergestellt, dass durch das SGP auskunftsverpflichtete Unternehmen nicht zur (nach dem Telekommunikationsgesetz) rechtswidrigen Speicherung von Daten gedrängt werden?
37. Worin unterscheidet sich aus Sicht des BMI die Formulierungen „konkreter Zeitpunkt“ und „möglichst genauer Zeitpunkt“ (§ 53 Abs. 3a Satz2 SPG)?
38. Warum ist im Formblatt des BMI die vom Gesetz als Bedingung vorgesehene „konkrete Gefahrensituation“ nicht schriftlich als Begründung anzugeben?
39. Wie wird der Begriff die „konkrete Gefahrensituation“ nach § 53 Abs. 3a SPG seitens des BMI interpretiert? Was ist darunter zu verstehen?
40. Wie wird der Begriff „Nachricht“ nach § 53 Abs. 3a Satz 1 SPG vom BMI interpretiert? Was ist darunter zu verstehen?
41. Wie wird seitens des BMI das Tatbestandsmerkmal „unverzüglich“ nach § 53 Abs 3a SPG interpretiert? Was ist darunter zu verstehen?
42. Wie wird vom BMI die Antwort von auskunftsverpflichteten Unternehmen, dass keine Daten aufgezeichnet sind, beurteilt?
Wird dies akzeptiert?
Wenn nein, warum nicht?
43. Wie wird vom BMI die Antwort von Auskunftsverpflichteten, dass geforderte Daten wegen fehlender Technik und fehlender Mitarbeiterkompetenz und Fachwissen innerbetrieblich nicht vorhanden sind, beurteilt?
Wird dies akzeptiert?
Wenn nein, warum nicht?
44. Welche Sanktionen sind für die Nichtbeauskunftung gegenüber auskunftsverpflichteten Unternehmen vorgesehen?
Wie viele und welche Sanktionen wurden in diesen Fällen bereits vorgenommen (Stichtag 30.September 2008)?
45. Wie oft wurde seit 1. Jänner 2008 eine Auskunft zu einem Auskunftsverlangen nach § 53 Abs. 3a SPG verweigert? Wie wurde dies jeweils begründet?
46. Wie oft wurde seit 1. Jänner 2008 eine Auskunft zu einem Auskunftsverlangen nach § 53 Abs. 3b SPG verweigert? Wie wurde dies jeweils begründet?
47. Haben die auskunftsverpflichteten Unternehmen die rechtliche Zulässigkeit von Auskunftsbegehren vorher (ex ante) zu überprüfen?
Wenn nein, wer dann?
48. Können in diesem Fall Schadenersatzansprüche betroffener Personen gegenüber den auskunftsverpflichteten Unternehmen verbindlich ausgeschlossen werden?
Wenn nein, warum nicht?
49. Wie wird sicher gestellt, dass Wirtschaftstreibende nicht durch zahlreiche Anfragen (Auskunftsverlagen) nach dem SPG und TKG in ihrer Erwerbsausübung d.h. wirtschaftlich beeinträchtigt werden?
50. Dürfen aus Sicht des BMI beim Einsatz von IMSI-Catchern Bewegungsprofile des Handynutzers erstellt oder Handytelefondaten gespeichert werden? Wenn ja, unter welchen Vorraussetzungen?
Wenn nein, mit welchen Sanktionen ist dies verbunden?
51. Wie viele Beschwerden wurden durch betroffene Unternehmen (d.h. Betreiber öffentlicher Telekommunikationsdienste und sonstige Diensteanbieter) seit 1. Jänner 2008 nach einem Auskunftsverlangen nach § 53 Abs 3a an einen UVS herangetragen?
Wie wurden diese Beschwerden jeweils erledigt?
52. Wie viele Beschwerden wurden durch betroffene Unternehmen seit 1. Jänner 2008 nach einen Auskunftsverlangen nach § 53 Abs 3b SPG (Standortübermittlung) an den UVS herangetragen?
Wie wurden diese Beschwerden jeweils erledigt?
53. Halten Sie die bestehenden Beschwerdemöglichkeiten wegen einem Auskunftsverlangen nach § 53 Abs. 3a und § 53 Abs. 3b SPG im Hinblick auf eine wirksame Beschwerde (nach Art. 13 MRK) für verfassungskonform?
54. Wie beurteilt das BMI den Rechtsschutz nach dem SPG - im Vergleich zum strafprozessrechtlichen Rechtsschutz? Welche Defizite sehen Sie?
55. Welche (rechtlichen) Konsequenzen hat die Verletzung von Rechten von betroffenen Personen durch ein Auskunftsverlangen nach § 53 Abs. 3a und Abs. 3b SPG?
56. Warum unterliegen aus Sicht des BMI „Standortdaten“ (§ 53 Abs. 3b SPG) nicht dem Kommunikationsgeheimnis?
57. Sehen Sie im Erlass des BMI einen Widerspruch zum Erlass des BMJ vom 4. April 2008 zur Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung und Überwachung von Nachrichten und zur Notwendigkeit der Übermittlung einer gesonderten Anordnung an Anbieter im Sinne des § 138 Abs. 2 StPO? Wie erklären Sie sich die Unterschiede?
58. Sehen Sie die fehlende Kostenersatzregelung im SPG als - insbesondere verfassungsrechtliches - Problem? Wenn nein, warum nicht?
59. Welche Probleme sehen Sie zur Zeit bei der Vollziehung des § 53 SPG? Sind es verfassungsrechtliche Probleme oder klassische Vollziehungsprobleme?
60. Obliegt den auskunftsverpflichtenten Unternehmen die Pflicht, die einzelnen Auskunftsverlangen der Polizei auf Plausibilität zu prüfen, d.h. nachzuvollziehen, ob ein bestimmter angegebener Sachverhalt dem Anschein nach tatsächlich unter einen der Fälle des § 53 Abs 3a SPG zu subsumieren ist oder nicht ein Fall für eine gerichtliche Genehmigung vorliegt?
61. Wenn ja, welche konkreten Informationen sind für eine Plausibilitätsprüfung notwendig?