5055/J XXIII. GP
Eingelangt am 25.09.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Parnigoni
und GenossInnen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend „Moltererbrief" mit angeblichen Steuergutschriften
Vizekanzler und Finanzminister Mag. Wilhelm Molterer, hat Mitte September an ca. 800.000 unselbständige Personen persönliche Briefe gerichtet, in welchen Finanzminister W. Molterer jeder angeschriebenen Person eine konkret errechnete Steuergutschrift bekannt gibt. So beispielsweise an eine Frau Silvia P., welcher er eine Steuergutschrift von 110,- Euro oder Frau Barbara Ö., der er eine Gutschrift von 168,42 Euro verspricht. In Wirklichkeit bekam Barbara Ö. nur 29,02.
Zur Berechnung dieser Steuergutschriften benötigte Vizekanzler Mag. W. Molterer allerdings
auch z.T. sensible Daten.
Dazu gehört der Familienstand (verheiratet, in Partnerschaft lebend, ledig, verwitwet,
geschieden oder dauernd getrennt lebend); die konkreten Bruttobezüge (Lohn, Gehalt und
Pensionen); Arbeitslosenunterstützung, Notstandshilfe etc.; Anzahl der Kinder (alles Daten
aus der Seite 1 Arbeitnehmerveranlagung).
Sollten auch Daten aus den Seiten 2 und 3 herangezogen werden, kommt noch eine Reihe von
sensiblen Daten dazu wie Beiträge an Kirchen und Religionsgesellschaften,
Betriebsratsumlagen, Krankheitskosten, Begräbniskosten, Behinderungen etc.
Aus dem Brief lässt sich entnehmen, dass die Berechnung durch das zuständige Finanzamt vorgenommen wurde. Jeder Beamte unterliegt dem strengen österreichischen Steuergeheimnis (§ 48a BAO iVm §§ 251 und 252 Finanzstrafgesetz).
Das DSG sieht bei Datenschutzverletzungen (z.B. Datenmissbrauch) Strafbestimmungen vor, einerseits die gerichtliche Strafbarkeit gem. § 51 DSG und andererseits die Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 DSG.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten an den Bundesminister für Finanzen nachstehende
Anfrage:
1. Woher haben Sie bzw. das Bundesministerium für Finanzen die konkrete Wohnadresse von 800.000 BürgerInnen, denen Sie einen derartigen Brief mit einer Steuergutschrift geschickt haben?
2. Stammen diese personenbezogenen Daten aus dem Bereich der Finanzverwaltung (Wohnsitzfinanzämter)? Stammen Daten aus dem Zentralen Melderegister? Wenn Nein, woher dann?
3. Welche konkrete Rechtsgrundlage wurde für die Übermittlung der Adressdaten von ca. 800.000 BürgerInnen an Bundesminister Mag. W. Molterer zugrunde gelegt, damit dieser diese Briefe mit Steuergutschriften verschicken konnte?
4. Nach welchen Kriterien wurden diese ca. 800.000 BürgerInnen ausgewählt? Wer hat sie ausgewählt?
5. Welche konkreten Daten wurden für diese Selektion benötigt? (Ersuche um Aufschlüsselung nach Datenarten)
6. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage haben Sie in diese personenbezogenen Daten eingesehen, um die Berechnung für eine Steuergutschrift vornehmen zu können?
7. Welchen Rechtscharakter hat dieser gegenständliche Brief, den Sie an ca. 800.000 Personen gerichtet haben?
Hat dieser Bescheidcharakter?
8. Ist das nun zuständige Wohnsitzfinanzamt verpflichtet, die von Ihnen in diesem Brief genannte und errechnete Summe ohne weitere Überprüfung auszuzahlen?
9. Welche Rechtsmeinung gilt, sollte das zuständige Finanzamt aufgrund einer erneuten Berechnung eine geringere Steuergutschrift vorsehen?
10. Was ist, wenn das zuständige Finanzamt eine höhere Steuergutschrift errechnet? Kann das Wohnsitzfinanzamt die Berechnung von Ihnen derogieren?
11. Gibt es eine Rechtsgrundlage für die Übermittlung dieser Daten durch die zuständigen Wohnsitzfinanzämter an Sie bzw. an das Bundesministerium für Finanzen?
12. Wenn nein, kann davon ausgegangen werden, dass mit diesem Brief und der Errechnung von Steuergutschriften das Steuergeheimnis verletzt wurde?
13. Da alle Finanzämter diese Berechnungen für BM Mag. W. Molterer vorgenommen haben, kann davon ausgegangen werden, dass sie mit Weisung dazu verpflichtet wurden.
Wer hat diese Weisung erteilt? Waren Sie es selbst, war es das Ministerbüro oder waren andere Beamte des BMF dafür verantwortlich?
14. Wie stehen Sie zur Forderung der Arbeiterkammer Salzburg, dass alle ArbeitnehmerInnen -die ihr Geld mehr als ein Jahr nicht abholen- eine automatische Mitteilung über ihr Steuerguthaben durch das Finanzministerium bekommen?