52/J XXIII. GP

Eingelangt am 07.11.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavač,
Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
betreffend Importverbot für Enten- und Gänsestopfleber

Mit dem „Martinigansl" hat auch die Stopfleber wieder Saison. Dieses mit extremen Tierqualen
verbundene Produkt findet sich leider auch auf österreichischen Tellern. Da das „Ganslstopfen" in
Österreich auf Grund § 5 Abs. 2 Z 12 Tierschutzgesetz ausdrücklich verboten ist, wird die in
Österreich in Verkehr gebrachte Stopfleber zu 100 % importiert. Die Stopfleberproduktion wird in
der EU traditionell von Frankreich dominiert, wo jährlich ca. 10.000 Tonnen produziert werden.

Mit zunehmender Industrialisierung in der Landwirtschaft haben sich auch die Stopfmethoden
selbst geändert. Die Vögel werden heute nicht mehr von Hand zwangsgefüttert, sondern der
Futterbrei wird mit Pumpen in die Speiseröhre gepresst.

Um die Leber auf das bis zu zehnfache Gewicht anwachsen zu lassen, müssen die Tiere zunächst
für die Zwangsmast vorbereitet werden. In dieser Zeit wird die Futtermenge allmählich erhöht, um
die Speiseröhre zu dehnen. In der Stopfperiode werden die Enten täglich mit zwei Mahlzeiten eines
mit Fett angereicherten Maisbreis zwangsgefüttert. Die Menge wird gesteigert und liegt am
vierzehnten und letzten Masttag bei mehr als dem Doppelten als zu Beginn. Gänse haben einen
ähnlichen Leidensweg, sie werden allerdings bis zu 21 Tage gestopft und erhalten entsprechend
ihrer Größe mehr Maisbrei - meist auf drei Mahlzeiten verteilt.

Die Prozedur des Stopfens sowie die Form der Haltung während dieser Zeit sind mit extremen
Qualen für die Tiere verbunden. Die meisten Enten werden einzeln in viel zu kleinen Käfigen
gehalten. Umdrehen, Flügelschlagen, Gefiederpflege etc. sind in solch einem Käfig nicht möglich.
Bei dieser Haltungsform können doppelt so viele Enten gestopft werden wie bei der Stallhaltung.
Während der Stopfzeit werden viele Tiere in nahezu vollständiger Dunkelheit gehalten.

Beim Hinabstoßen des Metallrohres in den Schlund kommt es meist zu Verletzungen der
Speiseröhre. Zudem empfinden die Tiere dabei einen quälenden Würgereflex. Viele Tiere leiden an
Verdauungsstörungen und Verletzungen im Bein- und Brustbereich. Durch das Anschwellen der
Leber werden die Tiere so schwer, dass sie kaum mehr in der Lage sind zu gehen. Die
Sterblichkeitsrate der Tiere in der Stopfzeit liegt zwischen 2,5 und 4,2 % - verglichen mit 0,2 % bei
normal gefütterten Tieren. Wird die Mastperiode nur um wenige Tage verlängert, steigt die
Todesrate dramatisch.


Neben tierschutzrechtlichen Bedenken bestehen aber auch Bedenken für die Gesundheit von
Menschen beim Verzehr, zumal es sich bei einer verfetteten Leber (Steatosis hepatis) um ein
krankhaft verändertes Organ handelt, und die Vögel geschlachtet werden, bevor sie an den
irreversiblen Folgen des Stopfens sterben. Die Gänsestopfleber ist folglich ein extrem geschädigtes
Organ, wird aber als Lebensmittel angeboten. Dies ist rechtlich nur deshalb möglich, da die der
Fleischuntersuchungsverordnung 2006 (BGBl.
II Nr. 109/2006) zu Grunde liegende EU-
Verordnung Nr. 854/2004 betreffend besondere Verfahrensvorschriften für die amtliche
Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs in
Artikel
V Ausnahmebestimmungen für Geflügel, das zur Stopflebererzeugung gehalten wird,
vorsieht.

Angesichts dieser Besorgnis erregenden Fakten erscheint ein Importverbot von Stopfleber mehr als
notwendig! Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Gesundheit
und Frauen nachstehende

Anfrage:

1.                           Sind Ihnen die oben geschilderten Details hinsichtlich des durch die Produktion von Gänse-
und Entenstopfleber verursachten Tierleids bekannt und wie beurteilen Sie diese?

2.                           Welche rechtlichen Möglichkeiten stehen Ihnen grundsätzlich zu, den Import bzw. das
Inverkehrbringen von Enten- und Gänsestopfleber in Österreich zu verbieten?

3.       Werden Sie diese in Punkt 2. genannten Möglichkeiten ergreifen?
3.a.   Falls ja, wann und welche?

3.b.   Falls nein, warum nicht bzw. welche sonstigen Maßnahmen im Bereich der Information und
Bewusstseinsbildung mit dem Ziel, auf den Konsum von Stopfleber-Produkten zu verzichten,
werden Sie initiieren?

4.       Werden Sie sich auf Ebene der Europäischen Union dafür einsetzen, dass auch andere Länder
die Erzeugung von Stopfleber im eigenen Land generell verbieten?