562/J XXIII. GP

Eingelangt am 23.03.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend rätselhaftes Bienensterben in den USA und Europa

Ein rätselhaftes Phänomen mit der Bezeichnung Colony Collapse Disorder" (CCD) sucht
derzeit die Bienenv
ölker in den USA heim. An der amerikanischen Westküste sind fast 60
Prozent der Bienen kollabiert, an der Ostk
üste und in Texas sind es mehr als 70 Prozent.
Mehr als die H
älfte aller Bundesstaaten sowie Teile Kanadas sind betroffen. Erste Berichte
gibt es auch aus Spanien, Polen und Deutschland (sh. Süddeutsche Zeitung vom
13.3.2007).

Die Symptome stellen sich wie folgt dar: In den betroffenen Bienenvölkern fehlen alle
erwachsenen Bienen und es liegen auch, wie normalerweise
üblich, keine toten Bienen in
der N
ähe. Die Bienen fliegen fort und sterben irgendwo unterwegs. Normalerweise werden
die Waben eines Volkes, das an Krankheiten stirbt oder im Winter verhungert, sofort von
anderen Bienen ausgeplündert oder von Wachsmotten befallen. Bei der CCD dauert es
mindestens zwei Wochen, bis die Pl
ünderer kommen. In den USA wird bereits von Bienen-
AIDS" gesprochen, weil es sich um eine unerklärliche Immunschwäche der Bienen zu
handeln scheint.

Neben den belastenden Chemikalien droht den Bienen durch den Einsatz der Gentechnik
eine neue und unerforschte Belastung. Wie sich die gentechnisch ver
änderten Pollen auf die
Bienen auswirken, ist weitestgehend unerforscht. Bekannt wurde lediglich die Untersuchung
von Prof. Kaatz 2001 - 2004 an der Universität Halle/Jena: Auswirkungen von Bt-
Maispollen auf die Honigbiene", wo im Ergebnis eine Wechselwirkung von Toxin und
Pathogen auf die Epithelzellen des Darms der Honigbiene festgestellt wurde. Es ist daher
nicht auszuschlie
ßen, dass das Toxin an die Epithelzellen im Darm der Bienen andockt, zu
wirken beginnt und dadurch die Biene so stark geschw
ächt wird, dass sie dem Parasiten
schutzlos ausgeliefert ist. Sollte diese Hypothese zutreffen, dann k
önnten Bt-Pflanzen für die
dramatische Entwicklung in den USA mit verantwortlich sein. Was beim Bt-Maispollen
m
öglich ist, könnte auch für die Bt-Baumwolle zutreffend sein.

Sehr deutlich zeichnen sich schon jetzt die wirtschaftlichen Auswirkungen im
Zusammenhang mit der laufenden Zulassung von gentechnisch ver
änderten Organismen
(GVO) f
ür die Imker ab. Zum einen müssen sie nachweisen, dass ihr Honig frei von GVO ist.
Diese Analysen müssen bezahlt werden. Zum anderen kommen sie in Schwierigkeiten,
wenn es um Haftungsfragen geht. Die Bienen k
önnen den Gen-Pollen auf gentechnikfreie
Felder
übertragen und die Saat verunreinigen. Ein Bienenvolk sammelt Nektar, Pollen und
Kitt-Harz (Propolis) in einem Gebiet von 30 bis 160 Quadratkilometern. Die Bienen machen
dabei keinen Unterschied zwischen Agro-Gentechnik, konventioneller Landwirtschaft und
dem Biolandbau. Sperrpflanzungen, Abstandspflanzungen u.
ä. sind nutzlos! Bienen und
Bienenprodukte sind daher in besonderer Weise von den Anwendungen der Gentechnik in
der Landwirtschaft betroffen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE:

1.              Sind auch österreichische Bienenvölker vom Phänomen Colony Collapse Disorder"
betroffen? Wenn ja, in welchem Ausmaß und was werden Sie dagegen
unternehmen? Wenn nein, welche Vorsorgema
ßnahmen werden sie treffen?

2.              Sind an Österreich grenzende Länder von der CCD betroffen? Wenn ja, welche, in
welchen Gebieten und in welcher Weise?

3.              Sind Ihnen - außer dem genannten Projekt an der Universität Jena -
Forschungsprojekte bekannt, die sich mit den Auswirkungen von gentechnisch
veränderten Pflanzen auf Bienen beschäftigen? Wenn ja, welche?

4.              Sind Ihnen Forschungsergebnisse bekannt, wonach ein Zusammenhang zwischen
dem Auftreten der CCD und dem Einsatz der gentechnisch ver
änderten Pflanzen in
der Landwirtschaft besteht?

5.              Stimmt es, dass auf EU-Ebene hinsichtlich der Gentechnik-Koexistenz-Leitlinien
vollkommen auf die Bienen vergessen wurde?

6.              Stimmt es, dass es bei gentechnisch veränderten Pflanzen bisher weder Vorschriften
noch anerkannte Methoden gibt, mit denen ihre Verträglichkeit für Bienen geprüft
wird? Wenn ja, was werden Sie unternehmen, damit dieser Aspekt in die
Risikobewertung der EFSA einflie
ßt?

7.              Stimmt es, dass die Untersuchungen bei bereits zugelassenen Bt-GV-Pflanzen in
ihrem Effekt auf die erwachsenen Bienen nur durch 30-Tage-Tests erfolgte?

8.              Werden Sie urgieren, dass bei der EFSA und anderen Zulassungsbehörden
(Notifiers) eine Neubewertung der Bienengef
ährlichkeit von Bt-Pflanzen durchgeführt
wird? Wenn nein, warum nicht?

9.              In welchen Fällen ist der Honig kennzeichnungspflichtig? In welchen Fällen und mit
welcher Begr
ündung müssen Imkereibetriebe für die Untersuchungen von Honig auf
GVO aufkommen? In welchem Kostenrahmen beläuft sich eine Analyse?

 

10.          Wurden in den letzten drei Jahren in Österreich Honigproben auf GVO getestet?
Wenn ja, wie viele Proben wurden gezogen und was war das Ergebnis der
Untersuchungen?

11.          Können ImkerInnen haftbar gemacht werden, wenn ihre Bienen Gen-Pollen auf
gentechnikfreie Felder übertragen und die Saat verunreinigen? Inwiefern ist im
österreichischen Gentechnikgesetz dafür Vorsorge getroffen, dass an
Imkereibetriebe keine Haftungsanspr
üche gestellt werden können?

12.          Laut Grünen Bericht 2006 konnte auch im Jahr 2005 der langjährige Trend, dass
immer mehr Betriebe mit der Imkerei aufh
ören und insgesamt weniger Bienenvölker
gehalten werden, nicht gestoppt werden. Welche Maßnahmen ergreifen Sie gegen
diesen bedauerlichen Trend?

13.          Inwiefern berücksichtigen Sie die ökologischen Leistungen der ImkerInnen im neuen
Programm Ländliche Entwicklung 2007 - 2013?


14.  Die Imkerei gilt als einziger Teil der Landwirtschaft, der ohne Eigengrund auskommt.
Warum wurden im neuen Programm l
ändliche Entwicklung (ÖPUL) im Bereich
Biologische Wirtschaftsweise die Mehrheit der BioimkerInnen von einer wichtigen
F
örderung ausgeschlossen, indem auf das Vorhandensein der Bewirtschaftung von 2
Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche Wert gelegt wurde (der geringste Teil der ca.
140
österreichischen BioimkerInnen können auf diesen Grundbesitz zurückgreifen)?

15.       Wie viele Mittel wurden in den letzten drei Jahren für Schulung und Ausbildung der
ImkerInnen zur Bekämpfung der Varroamilbe eingesetzt?

16.       Was werden Sie unternehmen, damit die Zusammenarbeit zwischen Imkerei und
Landwirtschaft verbessert wird?

 

17.           Bienenhaltung und Bienenforschung hat in Österreich eine lange Tradition (erste
europ
äische Imkerschule durch Maria Theresia, Arbeiten von Karl v. Frisch der mit
dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde und die Arbeit der Brüder Ruttner und
Nachfolger am Bieneninstitut in Lunz. Stimmt es, dass das Bieneninstitut in Lunz
mehr oder weniger zugesperrt wurde, statt es neu zu organisieren und mit
F
örderaufträgen zu versorgen? Was haben Sie in den letzten Jahren zum
Weiterbestand und zur Weiterentwicklung des Bieneninstitutes in Lunz
unternommen?

18.           Stimmt es, dass das Bieneninstitut in der AGES seine Bienen verkauft hat und sich
bei Bedarf Bienenvölker von ImkerInnen ausborgen muss?

19.           Durch welche Mittel wird die Bienenforschung in Österreich unterstützt (bitte um
einen Überblick über die letzten fünf Jahre)?

20.           Haben Sie in den letzten fünf Jahren Projekte für Bienenforschung in Österreich
unterstützt? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?