625/J XXIII. GP

Eingelangt am 30.03.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

Die Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und Neubauer

und weitere Abgeordnete

an die Frau Bundesministerin für Justiz

betreffend Drogenhandel und- konsum in österreichischen Justizanstalten : Fall Justizanstalt

Garsten

Vom Bundesministerium für Justiz wurde aufgrund internationaler Erfahrungen und Modelle
1997 auch in Österreich das Projekt „Drogenfreie Abteilung" in der Justizanstalt Hirtenberg
gestartet. Wurde mit 20 freiwilligen Insassen in dieser Anstalt begonnen, so entwickelte sich
dieses Projekt zu einer österreichweiten „Serienreife", mit mittlerweile ca. 600 freiwilligen
Insassen in gesamt Österreich. Sei dem Frühjahr 2001 gibt es auch in der Justizanstalt Garsten
eine substanzfreie Abteilung, diese bietet 33 Insassen Platz.
Die damals festgelegten Ziele der „Drogenfreien Abteilungen" :

-Bessere Kontrolle, vor allem bei der Identifizierung drogenkonsumierender
Gefangener

-Schutz der nicht-süchtigen Gefangenen vor drogeninduzierten kriminellen
Subkulturen

-Angebote für noch nicht chronisch Süchtige, um ihnen die Möglichkeit zu bieten aus
ihrer Sucht auszusteigen und alternative Lebensformen zu finden

Diese sind heute aktueller denn je; die Maßnahmen zu deren Erreichung sind aber
augenscheinlich leider nicht ausreichend gewesen. Süchtige können sich durch
Vertragsunterzeichnung freiwillig in solche Abteilungen überstellen lassen und es wird dann
versucht, sie durch stichprobenartige Drogentests, vermehrte Personenvisitierungen, sowie
verpflichtende therapeutische Programme, gewisse Vergünstigungen und etwaige
Substitution, von Drogen zu befreien. Wie aus Ihrer Anfragebeantwortung 58/AB XXIII. GP zu
entnehmen ist, sind die gesetzten Maßnahmen alles andere als erfolgreich; nur ein süchtiger
Gefangener beantragte eine Überstellung in die Anstalt für entwöhnungsbedürftige
Rechtsbrecher, und dies bei ca. 80 manifest süchtigen Insassen in der JVA Garsten. Wie die
Longitudinalanalyse einer therapeutischen Gemeinschaft der Jahre 1978 bis 1998 im
Österaker-Gefängnis in Schweden zur Legalbewährung Drogenabhängiger nach
abstinenzorientierten Programmen im Gefängnis bzw. nach Intervention zeigt, liegen
Erfolgsquoten von 46% bis ins Jahr 1981 und bis 1996 sogar 66,6% der therapierten Insassen
ohne Rückfall, durchaus im Bereich des Möglichen. Dies sollte unser Vorbild sein! Das
schwedische Konzept basiert zum einen auf Elementen kognitiver Verhaltenstherapie mit
individuellen Therapieplänen und täglichen Urintests, zum anderen auf
Rehabilitationsprozessen von 8-10 Monaten bis zum erfolgreichen Abschluß und weiteren 6-
10 Monaten in institutionellen Gemeinschaften. Die Effektivität des schwedischen Konzepts
wird aber durch die Zwangstherapie gewährleistet. Süchtige Insassen haben keine
Möglichkeit, sich einen Entzug auszusuchen - wer süchtiger Gefängnisinsasse ist, wird auf
Entzug gesetzt.

Der tragische Fall in der JVA Garsten zeigt auf, dass in österreichischen Gefängnissen
dringend Handlungs- und Reformbedarf herrscht.
In der Anfragebeantwortung zur Zahl 64/J-NR/2006 blieben Sie einige Antworten schuldig.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Frau
Bundesministerin für Justiz folgende

 


1.  Wann war der genaue Todeszeitpunkt des Sascha A.?

2.             Gibt es mittlerweile einen Obduktionsbericht? Wenn ja, wie lautet die genaue
Todesursache?

3.             Gab es zum Fall Sascha A. eine Untersuchung in der Justizanstalt Garsten?

4.             Wenn ja, was hatte sie zum Inhalt und

5.             Wenn ja, welche Ergebnisse brachte sie?

6.             Wenn nein, warum nicht?

7.             Entspricht es den Tatsachen, dass die Zahl der illegalen Drogenfälle in der
Justizanstalt Garsten nicht höher liegt, als in anderen österreichischen Justizanstalten?

8.             Gab es eine Untersuchung in der Justizanstalt Garsten zu dem
Wertkartenhandyschmuggel zweier Untersuchungshäftlinge, die in nur zwei Monaten
mehr als 5700 Telefonate führen konnten.

9.             Wenn ja, was hatte sie zum Inhalt

10.      Wenn ja welche Ergebnisse brachte sie?

11.      Wenn nein, warum nicht?

12.      Welche Konsequenzen hat es für Haftinsassen, wenn sie in der Haft „bloße"
Ordnungswidrigkeiten begehen?

13.      In welchen Abständen wurden in der JVA Garsten Razzien in den Jahren 2005 - 2006
durchgeführt?

14.      Die Entzugserfolgsquote bei süchtigen Häftlingen in österreichischen Gefängnissen
liegt zwischen 1% und 5%. Welche Reformen gedenken Sie zu setzen, um diese Quote
zu erhöhen?

15.      Sind Reformen geplant, die bei Haftantritt und Haftentlassug, alle Insassen zwingend
auf Drogen testen?

16.      Wenn nein, warum nicht?

17.      Wenn ja, wann werden diese umgesetzt?

18.      Sind Reformen geplant, die eine regelmäßige Urinkontrolle für alle Inhaftierten,
während ihrer gesamten Haftzeit, vorsieht?

19.      Wenn ja, wann schätzen Sie werden diese umgesetzt?

20.  Wenn nein, warum nicht?

21.      Was spricht, neben der Schaffung neuer gesetzlicher Bestimmungen, gegen einen
Zwangsentzug aller süchtigen Häftlinge in österreichischen Gefängnissen?

22.  Wie sind Sie mit dem derzeitigen Drogenentzugskonzept in österreichischen
Gefängnissen zufrieden?

23.  Sehen Sie beim derzeitigen Drogenentzugskonzept in österreichischen Gefängnissen
Handlungsbedarf?

24.  Wie hoch ist die Zahl der drogenabhängigen Insassen in allen anderen österreichischen
Haftanstalten, aufgelistet nach Bundesländern und Anstalten?

25.  Warum werden Haftanstalts-Besucher nicht nach den modernsten Kontrollstandards
(vgl. Flughafenkontrolle) auch auf Drogen überprüft?

26.  Ist eine Investition in Prävention nicht auf lange Zeit gesehen, die günstigere Variante
auch für den Steuerzahler?

27.  Mit welchen zusätzlichen Maßnahmen werden Sie den massiven Drogenschmuggel in
österreichischen Haftanstalten reduzieren?