631/J XXIII. GP
Eingelangt am 03.04.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend „Sicherheit von Reisepässen - Biometrische Merkmale -
Schutz vor Klonen und (Ver-)Fälschungen"
Mit
der AB 4153/XXII.GP wurden die entsprechenden Fragen für das Jahr 2005
beantwortet.
Leider konnten nicht
alle Fragen beantworten werden. Aus systematischen Gründen werden
ähnliche bzw. dieselbe Fragen wieder gestellt um einerseits die Zahlen
für 2006 sowie
andererseits Antworten zur aktuellen europäischen Diskussion zu erhalten,
da neue
Sicherheitsfragen wie „Datenklonen" aufgetaucht sind und von einigen
Staaten zusätzliche
Anwendungsbereiche für biometrische
Daten gefordert werden.
„Die derzeitige
ePass-Architektur ist ein einziger Hirnschaden", echauffiert sich Lukas
Grunwald gegenüber
dem Online-Magazin Wired News. „Aus meiner Sicht sind
RFID-Pässe
eine riesige Geldverschwendung, da sie in keinerlei Hinsicht die
Sicherheit erhöhen ", erklärt der
Geschäftsführer
der Hildesheimer DN-Systems, ein auf IT-Sicherheitsprodukte und-
Dienstleistungen spezialisiertes Beratungsunternehmen. Grunwald benötigte
eigenen Angaben
zufolge lediglich zwei Wochen, um herauszufinden, wie sich die elektronischen
Daten eines
RFID-Passes auslesen, klonen und auf einen
anderen Chip übertragen lassen - auch auf
Smartcards, die dann für
Zutrittsberechtigungen genutzt werden könnten................
Laut Grunwald erhält man so
ein Dokument, das elektronische Pass-Lesegeräte nicht vom
Original unterscheiden können. Lediglich Änderungen der Daten (etwa
Name oder
Geburtsdatum) fallen auf, da diese über Kryptoschlüssel
zusätzlich gesichert sind. Straftäter
könnten derart manipulierte Pässe
aber durchaus nutzen, um an automatisierten Grenzkontrollen
eine elektronische Fahndungsabfrage zur eigenen Person zu umgehen.
Auffallen würde der
Eingriff allerdings, wenn ein Grenzbeamter das Lichtbild und die gedruckten
Passdaten mit den
auf dem Chip abgelegten digitalen Daten vergleicht. Ziel der Einführung
von elektronischen
Reisepässen ist aber nicht zuletzt, den Personalaufwand für
Kontrollen im Grenzverkehr künftig
deutlich einzuschränken". (news
03.08.2006).
So ist es einem Sicherheitsexperten
gelungen, in weniger als 48 Stunden Daten aus den neuen
britischen RFID-Chip-Reisepässen auszulesen. Auch das Klonen eines Chips
sei kein Problem,
sagen Spezialisten. Dies gelang einem deutschen Experten: Er konnte den Chip
mit einem
einfachen Lesegerät auslesen und die Daten auf einen anderen Chip zu
kopieren.
Anders Meinung und Auffassung von
Unternehmen und Behörden: Diese haben die neuen
elektronischen Reisepässen, bei denen Daten auf RFID-Chips
gespeichert werden, als
absolut sicher bezeichnet!
Die vom BMI
aufgrund des im Nationalrat einstimmig beschlossenen EA „Moratorium
für die
Einführung biometrischer Merkmale in Pässen" (598/A(E), XII.GP)
beauftragte Studie sprach
diese Probleme nicht
an.
Der Deutsche
Bundesrat hat sich nun in einer Plenarsitzung am 16.02.2007 für eine
Speicherung
von Gesichtsbildern und Fingerabdrücken aus biometrischen
Ausweisdokumenten bei der Polizei
sowie einen automatisierten Vergleich der höchstpersönlichen Daten
mit Fahndungsdatenbanken
ausgesprochen (zentrale Referenzdatenbanken). Gefordert wird somit ein
automatischer Abgleich
von Lichtbild und
Fingerabdruck mit zentralen Referenzdatenbanken. Dies ist gegenwärtig im
europäischen Recht nicht vorgesehen!
Im Einzelnen drängen u.a. die
deutschen Bundesländer darauf, dass die Polizeivollzugsbehörden
die bei der Passkontrolle erhobenen Daten zur Überprüfung der
Identität des Passinhabers auch
"für einen automatisierten Abgleich mit erkennungsdienstlichen
Dateien" wie dem beim
Bundeskriminalamt geführten automatischen
Fingerabdruck-Identifizierungssystem (AFIS)
verwenden dürfen. Dies ist von
Österreich und anderen EU-Mitgliedsstaaten in den letzten Jahren
bewusst abgelehnt worden und würde einen Paradigmenwechsel in der
Sicherheitspolitik und
Datenschutzpolitik darstellen.
In Österreich fehlt weiterhin
das Vier-Augen-Prinzip bei der Passausstellung - Ein
Passbediensteter kann ohne weitere
Kontrolle für Jedermann/Jederfrau einen Hochsicherheitspass
ausstellen lassen. Der Ausstellungsvorgang unterliegt keiner besonderen
Kontrolle.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres nachstehende
Anfrage:
1.
Wie wird zur Zeit das Sicherheitsniveau von Reisepässen (z.B.
Fälschungssicherheit), die zur
Zeit in anderen
Mitgliedsstaaten der EU ausgestellt werden, durch das BMI beurteilt? Mit
welchen Ländern gab es im Jahr 2006 die größten Probleme?
2.
Wie wird Sicherheitsniveau von Reisepässen (z.B.
Fälschungssicherheit), die in Drittstaaten
ausgestellt werden,
durch das BMI beurteilt? Mit welchen Drittstaaten gab es im Jahr 2006
die größten Probleme?
3.
Welche Pässe von anderen EU-Mitgliedsstaaten und von Drittstaaten
lassen sich aus Sicht des
Ressorts besonders
leicht falschen? Wie viele und welche Fälle sind dem Ressort 2006
bekannt geworden?
4.
Wie viele Fälle von (Ver)Fälschungen österreichischer
Pässe (inkl. der gefälschten Pässe)
sind dem Innenressort
2006 im In- oder aus dem Ausland bekannt geworden?
5.
In welchen Ländern wurden Verfälschungen von
österreichischen Reisepässen oder
gefälschte
österreichische Pässe im Jahr entdeckt?
6.
Wie oft wurden 2006 in Österreich bei fremdenbehördlichen
oder sicherheitsbehördlichen
Kontrollen Menschen mit einem gefälschten oder verfälschten
nichtösterreichischen Pass
(z.B. Griechischer
Pass) aufgegriffen (Aufschlüsselung auf Passherkunftsländer)?
7.
Wie viele Straftaten nach dem StGB wurden unter Verwendung eines
verfälschten oder
gefälschten
Passes 2006 begangen? Welche Delikte betraf dies (Aufschlüsselung der
Anzahl auf Delikte und Passherkunft)?
8.
Wie viele Verstöße nach dem Passgesetz gab es 2006 in
Österreich? Um welche
Verstöße
handelte es sich dabei (Aufschlüsselung der Anzahl der
Verstöße9?
9.
Wie viele Fälle von Urkundenfälschung (z.B. Reisepass) sind
Ihnen in den letzten 5 Jahren
bekannt geworden und
zur Anzeige gebracht worden (Aufschlüsselung auf Jahre und
Herkunft der Täter)? Wie viele davon
im Jahr 2006?
10.
Welche technischen Spezifikationen wurden auf EU-Ebene (bzw. ICAO)
für die Abnahme
bzw. Aufnahme von
Fingerabdrücken in Reisepässen festgelegt? Wann wurden diese
festgelegt?
11.
Falls noch keine diesbezüglichen technischen Spezifikationen
festgelegt wurden: Wann wird
voraussichtlich eine
Entscheidung darüber getroffen werden?
12.
Welche (elektronischen) biometrischen Erkennungssysteme
(Erkennungsverfahren) kommen
zur Zeit in den
EU-Mitgliedsstaaten zur Anwendung (Aufschlüsselung auf EU-
Mitgliedsstaaten)?
13.
In welchen EU-Mitgliedsstaaten wird (bzw. soll) nach Einführung
von biometrischen
Passdaten im Rahmen
von Grenzkontrollen das auf dem Chip gespeicherte Passbild
analysiert und mit dem aktuellen Kamerabild verglichen werden?
14.
Wie werden in
den anderen EU-Mitgliedsstaaten im Rahmen von Passkontrollen die
biometrischen Passdaten verwendet? Wie
erfolgen die behördlichen Kontrollen, was wird
ausgelesen?
15. In welchen EU-Mitgliedsstaaten
erfolgt die Grenzkontrolle durch den Vergleich des
gedruckten Bildes mit dem im Chip gespeicherten Bild und der vor dem Grenzorgan
stehenden Person?
16. Werden Sie auf EU-Ebene dafür eintreten, dass
europaweit die biometrischen Merkmale
(Daten) ausschließlich von den
für die Passkontrollen zuständigen Behörden für hoheitliche
Zwecke genutzt werden?
Wenn nein, warum nicht?
17. Werden Sie in der EU dafür eintreten, dass der
Zugriff für Private (z.B. Banken,
Sicherheitsunternehmen) auf biometrische Passdaten generell ausgeschlossen
wird?
Wenn nein, warum nicht?
18. Werden Sie in der EU dafür eintreten, dass biometrische Daten, die auf der Grundlage
gesetzlicher
Verpflichtungen zu öffentlichen Zwecken (siehe Passgesetz) gespeichert
werden,
und solchen, die mit
ausdrücklicher Einwilligung von Personen zu Vertragszwecken
gesammelt und gespeichert werden, strikt getrennt bleiben?
Wenn nein, warum nicht?
19.
Werden Sie in der EU dafür eintreten, dass die in Ausweisen gespeicherten
Daten mit
biometrischen Merkmalen nicht als Referenzdaten genutzt werden, um Daten aus
unterschiedlichen Systemen und Kontexten
zusammenzuführen? Wenn nein, warum nicht?
20. Werden Sie in der EU weiterhin dafür eintreten,
dass keine zentralen oder vernetzten
Biometriedatenbanken geschaffen werden und
die biometrischen Identifizierungsdaten
ausschließlich nur auf dem jeweiligen Ausweisdokument gespeichert
werden dürfen?
Wenn nein, warum nicht?
21. Werden
Sie in der EU weiterhin dafür eintreten, dass keine Europäische
Passdatei mit den
biometrischen Daten der EU-BürgerInnen angelegt wird?
Wenn nein, warum nicht?
22. Werden Sie in der EU dafür eintreten, dass die
Verwendung biometrischer Merkmale in
Pässen auf den Zweck der Identifizierung durch Vergleich der Daten des
Dokuments mit
Daten des Dokumentinhabers im Moment der
Dokumentvorlage technisch beschränkt wird?
Wenn nein, warum nicht?
23. Werden Sie in der EU
dafür eintreten, dass die maschinelle Auslesung von biometrischen
Merkmalen auf Pässen nur bei den Passbehörden sowie an den
Grenzkontrollstellen und
Flughäfen erfolgt?
Wenn nein, warum nicht?
24. Werden Sie in der EU dafür eintreten, dass
die für die Ausstellung und das Auslesen von
biometrischen Merkmalen verwendete
Lesegeräte nach internationalen Standards von einer
unabhängigen Stelle zertifiziert und diese in regelmäßigen
zeitlichen Intervallen durch eine
zentrale Einrichtung authentisiert werden?
Wenn nein, warum nicht?
25. Werden Sie in der EU dafür eintreten, dass
harmonisierte Verfahren in der EU festgelegt
werden, die einen Datenmissbrauch beim
Auslesen von biometrischen Daten verhindern und
diese Verfahrensfestlegung durch eine unabhängige Stelle
regelmäßig evaluiert wird?
Wenn nein, warum nicht?
26. Werden Sie in der EU dafür eintreten, dass durch
international festzulegende Standards
sowie Vorschriften und Vereinbarungen
sichergestellt wird, dass die bei den Passkontrollen
erhobenen biometrischen Merkmalen (Ausweisdaten) weltweit nur
gemäß eines noch
festzulegenden einheitlichen hohen Datenschutz- und IT-Sicherheitsstandards
verarbeitet
werden dürfen?
Wenn nein, warum nicht?
27. Werden Sie in der
EU dafür eintreten, dass Passlesegeräte bei den nationalen
Ausgabestellen
(Passbehörden) kostenfrei aufgestellt werden, damit jeder
Bürger überprüfen kann, welche
Daten auf seinem Pass-Chip gespeichert sind?
Wenn nein, warum nicht?
28. Werden
Sie in der EU dafür eintreten, dass innerhalb der EU Amtshaftungs- bzw.
Schadenersatzregelungen für den Fall
der Nichtidentifikation oder Nichtverifikation
(Biometrie funktioniert nicht) bzw. einer Falschidentifikation festgelegt
werden, wenn davon
betroffene Personen dadurch einen Schaden erleiden?
Wenn nein, warum nicht?
29. Werden Sie
im EU-Ministerrat dafür eintreten, dass abschreckende Strafbestimmungen
für
das illegale Auslesen, Verarbeiten, Verwenden oder für die rechtswidrige
Übermittlung und
Verwertung von biometrischen Daten EU-weit normiert werden (Umgehung der
IT-
Sicherheitstechnik bzw. der Verschlüsselung)?
Wenn nein, warum nicht?
30.
In wie weit hat die Arbeit der österreichischen Dokumentenberater
zu deutlichen Erfolgen
im Kampf (insb. gegen
illegale Migration) auf dem Luftweg geführt? Welche Erfolge
können 2006 konkret nachgewiesen werden?
31.
Welche
internationalen Vereinbarungen und Datenschutzregelungen mit Drittstaaten zum
Schutz vor dem Auslesen von RFID-Chips
(Biometrische Daten) und der Speicherung dieser
Daten gibt es?
32.
Welche Probleme sind dem Ressort mit den österreichischen
Hochsicherheitspässen bislang
bekannt geworden? Welche Probleme sind dem Ressort mit
Hochsicherheitspässen anderer
Mitgliedsstaaten
bekannt geworden?
33.
Können auch österreichische Sicherheitspässe mit
biometrischen Kennzeichen wie im
Einleitungstext beschrieben ausgelesen, geklont und die Daten auf einen anderen
Chip
übertragen
werden? Wenn nein, warum nicht?
34. Warum kostet der Kinderpass ohne Chip 26 Euro und der Kinderpass mit Chip 69 Euro?
35. Warum gibt es keinen Kinder-Personalausweis - dieser kostet für alle Personen 56 Euro?
36.
Sollen auch aus Sicht des Ressorts auch biometrische Merkmale auf dem
Personalausweis
gespeichert werden?
37.
Wie viele Hochsicherheitspässe, die von der Staatsdruckerei
weggeschickt wurden, sind
bislang auf dem
Postweg verloren gegangen (RSb-Zustellung)?
Zu welchen Konsequenzen führte dies jeweils?
38.
Wie viele Personalausweise sind bislang auf dem Postweg verloren
gegangen (normale
Briefsendung)?
39.
Notpässe sind ohne Chip! Welche Staaten akzeptieren den neuen
„hellen Notpass" nicht für
die Einreise?
40.
Welche Länder akzeptieren den „hellen Notpass" nicht
für die Ausstellung eines Visums bei
der Einreise?