657/J XXIII. GP
Eingelangt am 16.04.2007
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ANFRAGE
der Abgeordneten Bettina Hradecsni, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend verbotenes Glückspiel in Niederösterreich
Das Landeskriminalamt Niederösterreich ermittelt gegen Glückspielbetreiber in Niederösterreich und hat der Staatsanwaltschaft St. Pölten eine umfangreiche Strafanzeige übermittelt. Im Raum stehen Betrugsvorwürfe und „illegales Glückspiel“. Die Grünen sehen sich in ihrer Kritik bestätigt: das sogenannte „kleine“ Glückspiel gibt es nicht. Die Objektivität einzelner gerichtlich beeideter Gutachter wird von der Polizei massiv in Zweifel gezogen. Sie erhielten Beraterverträge von der Firma NOVOMATIC.
Die Strafanzeige betrifft:
- Firma HTM Hotel und Tourismus Management GmbH
- Firma ADMIRAL Sportwetten GmbH
- Firma F.G.S. INTERCORPO Holding GmbH - WETTPUNKT Betriebs GmbH
Auszüge aus der Strafanzeige des Landeskriminalamtes Niederösterreich an die Staatsanwaltschaft St. Pölten. Die angezeigten Sachverhalte und Verdachtsmomente sind nun von den zuständigen Gerichten zu prüfen. Selbstverständlich gilt die Unschuldsvermutung.
„In diesem Zusammenhang wird bemerkt, dass durch die Fa HTM bzw durch die NOVOMATIC Gruppe offensichtlich massives Lobbying (Politik, Beamte, etc.) zugunsten dieser VNT [Glücksspielautomaten] betrieben wird und im Umfeld dieser Firmengruppe Sachverständige durch das Anbieten von gut honorierten Beraterverträgen für objektive Ermittlungen nicht mehr herangezogen werden können, bzw mit laufenden Arbeitsaufträgen aus dem NOVOMATIC Konzern, in ein Abhängigkeitsverhältnis geraten, wodurch deren Objektivität ebenfalls in Zweifel gezogen werden muss.
Die FA HTM hat sich durch diese, ihr genehmen Gutachten einen ‚Schutzwall’ aufgebaut, um sich gegen behördliche Verfolgung abzusichern.“ (S. 4)
Betrug mit Hunderennen?
„Zusammenfassend ergibt sich auch im Bezug auf die angef. Hunderennen der Fa. WETTPUNKT der Schluss, dass hier ebenso vorsätzlich ein Spiel (und KEINE Sportwette) gewerbsmäßig veranstaltet wird, bei dem Gewinn oder Verlust ausschließlich vom Zufall abhängen und welches aufgrund der hohen Einsatz- bzw Gewinnmöglichkeiten auch verboten ist. (§ 168 StGB)
Zusätzlich werden die Wettlustigen von den Veranstaltern offensichtlich betrogen, indem ihnen vorgespielt wird, dass anhand der vorgegebenen Quoten Aussagen über etwaige Favoriten getroffen werden können. Sie werden dadurch getäuscht und zu Wetten verleitet, welche die Wettlustigen am Vermögen schädigen wodurch sich die Veranstalter unrechtmäßig u. gewerbsmäßig bereichern…“ (S. 10)
„D.h., bei der beschriebenen „Hundewette“ handelt es sich um keine Wette die in der Bewilligung des Amtes der NÖ Landesregierung umfasst ist, sondern um eine andere gewerbsmäßige Wette, welche illegales Glückspiel darstellt und daher verboten ist.“ (S. 26)
„Bei einem Wettlokal (Hunderennen Fa. WETTPUNKT) in NÖ/Horn wurden im Zuge einer entsprechenden Amtshandlung der BH Horn zwei PC mit welchen die dort gezeigten Hunderennen offensichtlich ausgestrahlt worden sind, sowie eine darin befindliche DVD sichergestellt und für Verfallen erklärt… (…)… Diese IP Adresse wurde ausgeforscht und wurde der Fa. FGS Inter-Corpo-Holding GmbH in 2320 Schwechat, Hauptplatz zugeordnet. Die angef. Fa. Ist Gesellschafter bei der Fa. Wettpunkt Betriebs GmbH welche ihren Sitz an der selben Adr in Schwechat hat.“ (S. 35)
Befangene Sachverständige?
„Hier wurde vorerst der als neutral geltende, allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige Peter L. für die Begutachtung der entsprechenden Automaten vorgeschlagen. Dieser SV wurde jedoch zum selben Zeitpunkt von der Fa. NOVOMATIC quasi „abgeworben“, indem im von der Fa. NOVOMATIC ein lukrativer Beratungsvertrag angeboten worden ist und Peter L. dieses Angebot auch angenommen hat…“ (S. 12)
„Der gerichtlich beeidete Sachverständige Ing. T ist lt K. [Geschäftsführer der Firma HTM Anm R.L.] seit ca 2-3 Jahren als Gutachter für die Fa AGI/NOVOMATIC tätig.“ (S. 38)
„Kleines“ Glückspiel doch nur „normales“ Glückspiel?
„Lt. SV Ing M. handelt es sich hiebei eindeutig um Glückspiel, welches die Einsatzhöhe von 0,50 € und den Höchstgewinn von 20 € übersteigt, somit nicht vom Bescheid der NÖ Landesregierung umfasst ist und den Tatbestand des § 168 StGB erfüllt.“ (S. 13)
Verflechtungen in die Politik – Einschüchterung von KritikerInnen?
„Zusätzlich sind im Bereich der Firmengruppe NOVOMATIC AG zahlreiche Verflechtungen zu Politikern etc bekannt, und wird von dieser Firmengruppe massives Lobbying zugunsten des Glückspiels betrieben, bzw werden Kritiker mittels zivilrechtlicher Klagen ‚aus dem Verkehr’ gezogen.
Z.B.
Klagen gegen die ehemalige NÖ Landesrätin Christa KRANZL
Klage gegen einen öffentlich aufgetretenen Spieler, welcher die Fa NOVOMATIC AG in der ORF-Sendung am Schauplatz Manipulationen an Glückspielautomaten vorgeworfen hatte…
Durch diese Vorgangsweise werden etwaige Zeugen und Auskunftspersonen dermaßen eingeschüchtert, dass bis dato niemand bereit war offiziell auszusagen.“ (S.40)
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Ist Ihnen die Anzeige des Landeskriminalamtes Niederösterreich gegen Glückspiel- und Wettanbieter in Niederösterreich bekannt?
2. Sind Ihnen die die angezeigten Missstände bekannt und wie beurteilen Sie diese?
3. Liegen Verstöße gegen das Glückspielgesetz vor?
4. Wie beurteilen Sie die in der Anzeige angeführten Wetten auf Hunderennen, die nur als Aufzeichnung in den Lokalen abgespielt werden?
5. Welche Maßnahmen wurden von den Finanzbehörden bereits gesetzt und was wird noch veranlasst?
6. Wie viele Glückspielautomaten sind in Niederösterreich aufgestellt?
7. Welche Kontrollkompetenzen liegen beim Bund, um die Einhaltung der Wertgrenzen für das sogenannte „kleine“ Glücksspiel zu überprüfen?
8. Welche Möglichkeiten bestehen für den Bund technische Einrichtungen vorzuschreiben, damit die Grenzen des sogenannten „kleinen“ Automatenglücksspiels durch die Betreiber nicht überschritten werden können und damit Eingriffe in des Glückspielmonopol hintanzuhalten?
9. Halten Sie es im Sinne einer effizienten Kontrolle für sinnvoll, die Kompetenzen im Glückspielwesen zwischen Bund und Ländern aufzuteilen?
10. Erachten Sie die Kontrollen des Glücksspiels der Behörden in NÖ für ausreichend und effektiv?
11. Bei den konzessionierten
Spielbanken besteht ein System mit strengen Zugangskontrollen,
Zugangsbeschränkungen und Sperrmöglichkeiten zum Schutz der
SpielerInnen und zur Spielsuchtprävention.
Welche Präventionsmaßnahmen bestehen bei den Ihrer Aufsicht
unterliegenden Spielbanken?
Bestehen derartige Systeme auch bei den AnbieterInnen von Sportwetten und
BetreiberInnen vom „kleinen“ Glücksielautomaten? Worin
liegen die Unterschiede?
12. Erachten Sie im Sinne eines umfassenden Schutzes von SpielerInnen ein einheitliches Schutzsystem, zum Beispiel mit anbieterübergreifender Zugangserfassung und Sperrmöglichkeiten für sinnvoll? Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen seitens des Bundes?
13. Wie beurteilen Sie die Einschränkung des SpielerInnenschutzes nach § 25 Abs. 3 Glückspielgesetz auf „Inländer“?