669/J XXIII. GP

Eingelangt am 23.04.2007
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Öllinger, Lunacek, Freundinnen und Freunde

 

an Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten

 

betreffend Diskriminierung und Rechtsbruch durch BAWAG /PSK – so einfach ist das nicht!

 

 

Die BAWAG - PSK hat Anfang April 2007 die Konten sämtlicher kubanischer Kunden in Österreich aufgelöst und vorher den rund hundert kubanischen StaatsbürgerInnen brieflich die Geschäftsverbindung aufgekündigt. Unter den gekündigten Kunden war zumindest eine Person, die schon seit Jahren österreichische Staatsbürgerin ist.

Dieser unglaubliche Schritt wurde von der BAWAG damit gerechtfertigt, dass er „nicht voreilig und aus freien Stücken“ (Der Standard, 17.4.07), sondern aufgrund von Vorschriften des Office of Foreign Assets Control (OFAC) erfolgt sei. BAWAG –Chef Nowotny: „So einfach ist das.“

Auch der ÖGB – Präsident Hundstorfer erklärte gegenüber dem Standard ( 18.4.07): „Es ist ganz einfach. Der Nationalrat hat uns beauftragt, die Bank zu hundert Prozent an den Meistbieter zu verkaufen – und das ist geschehen. Der Meistbieter war ein Amerikaner, und dessen Gesetze und Regeln gelten jetzt.“

Angesprochen auf den Umstand, dass die USA auch noch andere Länder bzw. Unternehmen und Personen mit wirtschaftlichen Sanktionen belegt haben und sich daraus für die BAWAG möglicherweise noch weitere Kontenschließungen ableiten ließen, antworteten ÖGB-Präsident und BAWAG – Generaldirektor ziemlich übereinstimmend, dass mit diesen anderen Ländern keine Beziehungen bestünden bzw. die Sanktionen aufgehoben seien.

 

Was bleibt, ist das unglaubliche Faktum, dass ausgerechnet der Präsident des Gewerkschaftsbundes und der Vorstand seiner ihm (noch) gehörenden Bank allen Personen kubanischer Herkunft, die ein Konto bei der Bank haben, darunter auch sicher etlichen Personen, die in Österreich als ArbeitnehmerInnen tätig sind, ein Konto zur Abwicklung ihrer täglichen Lebensführung verweigern und damit unter Berufung auf amerikanisches Recht mehrfach gegen europäisches und österreichisches Recht verstoßen.

 

I). Die BAWAG –PSK und der ÖGB als Eigentümer diskriminieren Personen aufgrund ihrer Nationalität

 

Österreichische Gesetze wie etwa das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen (EGVG) im Artikel IX Abs. 1 Z 3 stellen die Benachteiligung oder Hinderung von „Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung“ bei der Anspruchnahme von Dienstleistungen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind“, ebenso unter Strafandrohung wie das Gleichbehandlungsgesetz (z.B. § 31 Abs.1 Z 4) oder auf EU- Ebene die Antidiskriminierungs-Richtlinie 2000/43/ EG.

Die besondere und umfassende Diskriminierung durch BAWAG und ÖGB ergibt sich auch aus dem Umstand, dass Personen kubanischer Herkunft ausnahmslos diskriminiert werden, selbst wenn sie keine wirtschaftliche Beziehungen zu Kuba unterhalten bzw. die Personen gerade wegen ihrer politischen Gegnerschaft zum politischen Regime in Kuba hier in Österreich aufhältig sind.

 

II). BAWAG-PSK und ÖGB brechen Europäisches Recht

 

Die Sanktionen der USA gegenüber Kuba (und andere Länder) stützen sich auf eine Vielzahl von Gesetzen, z.B. den Trading with the Enemy Act, den Cuban Democracy Act, den Cuban Liberty and Democratic Solidarity Act usw.

Das letztere Gesetz ist auch als Helms - Burton Act bekannt, wurde 1996 beschlossen und von zahlreichen Staaten, der EU und der UNO als völkerrechtswidrig verurteilt..

Als Ausführungsbestimmungen wurden Verordnungen wie die Cuban Assets Control Regulations vom Schatzministerium beschlossen, durchführende Behörde ist das OFAC.

 

Als unmittelbare Reaktion auf den Helms-Burton –Act, die Cuban Assets Control Regulations und andere Gesetze (wie z.B. den D’Amato-Act) und Verordnungen mit ähnlicher Intention hat der Rat der Europäischen Union noch im Jahr 1996 vom scharfen Mittel einer Verordnung, also einem für die Mitgliedsländer unmittelbar wirksamen Rechtsakt, Gebrauch gemacht und die Verordnung Nr. 2271 / 96 „zum Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von einem Drittland erlassener Rechtsakte sowie von darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen“ angenommen.

 

In der Begründung für diesen Rechtsakt heißt es:

„Ein Drittland hat Gesetze, Verordnungen und andere Rechtsakte erlassen, mit denen die Tätigkeit von natürlichen und juristischen Personen geregelt werden soll, die der Gerichtsbarkeit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft unterstehen.

Diese Gesetze, Verordnungen und anderen Rechtsakte verletzten durch ihre extraterritoriale Anwendung das Völkerrecht....., beeinträchtigen die bestehende Rechtsordnung....,haben ferner nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Gemeinschaft und die Interessen natürlicher und juristischer Personen...“

 

Durch die Verordnung 2271/96 hat die Europäische Union eindeutig klargestellt, dass die Gesetze und Verordnungen eines Drittlands für juristische oder natürliche Personen, die in der Gemeinschaft ansässig sind, keine Geltung finden, sondern im Gegenteil die Rechtsordnung beeinträchtigen.

ÖGB und BAWAG –PSK haben nach unserer Ansicht eindeutig gegen die Verordnung 2271/96 verstoßen.

 

III). ÖGB und BAWAG-PSK verletzen auch Österreichisches Recht

 

Der Bundesgesetzgeber hat 1997 zur Umsetzung der Verordnung 2271/96 das „Bundesgesetz zur Festlegung von Sanktionen bei Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung (EG) Nr. 2271/96...“ beschlossen. Es sieht vor, dass Verstöße gegen Art. 2 oder 5 der Verordnung eine Verwaltungsübertretung darstellen und mit einer Geldstrafe bis zu einer Million Schilling zu bestrafen sind. Mit der Vollziehung wurde das Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten betraut.

In den Erläuterungen wird neuerlich die Verpflichtung nach der VO 2271/96 für natürliche oder juristische Personen festgehalten die Kommission binnen einer festgelegten Frist entsprechend zu unterrichten.

ÖGB und BAWAG-PSK haben auch gegen diese Verpflichtung verstoßen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1). Ist dem Bundesministerium die Problemlage rund um die Kündigung der Konten von kubanischen und österreichischen BürgerInnen mit kubanischer Herkunft bekannt?

 

2). Wann und durch wen wurde das BM zum ersten Mal mit der Materie befasst?

 

3). Wurden vom BM schon Ermittlungen in dieser Causa eingeleitet? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?

 

4). Gibt es eine Korrespondenz des BM mit der BAWAG-PSK bzw. deren Eigentümer, dem ÖGB in dieser Causa? Wenn ja, wie lautet diese?

 

5). Ist Ihnen eine Rechtsakte der USA bekannt, in der gefordert wird, dass Unternehmen, die in der EU bzw. in Österreich tätig sind, alle Geschäftsbeziehungen zu Personen, die kubanischer Herkunft oder Nationalität und in der EU bzw. in Österreich ansässig sind, einzustellen haben? Wenn ja, welche?

 

6). Ist Ihnen eine Rechtsakte der USA bekannt, die US-Unternehmen, die in der Europäischen Union bzw. in Österreich tätig sind, dazu auffordert, dass in Unternehmen, die von ihnen beherrscht werden, jegliche Geschäftsbeziehungen zu Personen, die kubanischer Herkunft oder Nationalität und in der EU ansässig sind, einzustellen sind? Wenn ja, welche?

 

7). Sind Ihnen Rechtsakte der USA bekannt, die US-Unternehmen, die in der EU bzw. in Österreich tätig sind, dazu auffordern oder verpflichten wollen, dass in Unternehmen, die von ihnen beherrscht werden, unter bestimmten Voraussetzungen Geschäftsbeziehungen von natürlichen oder juristischen Personen zur Republik Kuba verhindert bzw. eingestellt werden sollen? Wenn ja, welche?

 

8). Sind Ihnen Rechtsakte der USA bekannt, die US-Unternehmen oder Unternehmen Österreichs, die mit US-Unternehmen wirtschaftliche Beziehungen haben, verpflichten wollen, dass sie Beziehungen zu Staaten, Unternehmen oder Personen, die auf einer Sanktionsliste der USA stehen, einzustellen haben?

 

9). Sind Ihnen Maßnahmen bzw. Handlungen von österreichischen juristischen oder natürlichen Personen bekannt, die einer der in den Fragen 5 – 8 dargestellten Verpflichtungen durch US- Rechtsakte nachkommen? Wenn ja welche?

 

10). Welche Maßnahmen hat Ihr Bundesministerium diesbezüglich getroffen?

 

11). Welche Einheit Ihres Ministeriums ist mit dem Vollzug des Bundesgesetzes zur Festlegung von Sanktionen bei Zuwiderhandlung gegen die Verordnung (EG) Nr. 2271 (703 d.B./XX.GP) beauftragt?

 

12). Verfügt Ihr Ministerium über alle erforderlichen Voraussetzungen, um die Einhaltung bzw. den Vollzug dieses Bundesgesetzes gewährleisten zu können? Wenn nein, warum nicht?

 

13). War bzw. ist die Republik Österreich über Ihr Ministerium in einen Ausschuss zur Durchführung der Verordnung 2271/96 , Artikel 7 und 8 eingebunden? Wenn ja, welche Stellungnahme bzw. Position wurde von Ihrem Ministerium bei allfälligen Entscheidungen vertreten?

 

14). Artikel 9 der Verordnung 2271/96 bestimmt, dass Sanktionen für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen einschlägige Vorschriften dieser Verordnung wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen.

Sind die im Bundesgesetz (703 d B/XX.GP) festgelegten Sanktionen im Hinblick auf die Causa BAWAG-ÖGB- Kuba abschreckend genug?

Gab es von Seiten der EU Stellungnahmen zu dem vom Parlament beschlossenen Bundesgesetz (703 d B/XX.GP)? Wenn ja, wie lauten diese?

 

15). Hat es im Fall des Vorgehens der BAWAG – PSK eine Meldung des Vorstands der Bank bzw. des Eigentümers ÖGB an die EU – Kommission nach Artikel 2 der Verordnung 2271/96 gegeben?

 

16). Hat die Kommission der EU österreichische Behörden, im besonderen Ihr Ressort, darüber unterrichtet?

 

17). Hat es von österreichischen Behörden in dieser Causa eine Stellungnahme an die EU- Kommission gegeben? Wenn ja, durch welche Behörde(n)?

 

18). Liegt im Falle des Vorgehens der BAWAG –PSK gegenüber kubanischen Kunden eine Verletzung der EU – Verordnung 2271/96 vor? Wenn ja, wodurch? Wenn nein, warum nicht?

 

19). Gibt bzw. gab es in der Causa BAWAG – PSK eine Korrespondenz mit der Botschaft der USA und/ oder US-.Behörden? Wenn ja, wie lautete diese?

 

20), Gibt es von Seiten Ihres Ministeriums Bestrebungen, auf EU- Ebene wirksamer gegen Verstöße von US-Unternehmen vorzugehen, die gegenüber natürlichen oder juristischen Personen innerhalb der EU Rechtsakte der USA durchsetzen wollen?