736/J XXIII. GP
Eingelangt am 26.04.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der
Abgeordneten Ing. Westenthaler, Dolinschek, Haubner
und
Kollegen
an die
Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend
betreffend
Gesundheits- und Familienpolitik
In den vergangenen Jahrzehnten ging die Zahl der Geburten in Österreich
laufend zurück.
Wurden
Anfang der 90er Jahre noch jährlich 95.000 Kinder geboren, waren es
1998 nur
mehr 81.000
Neugeborene. Im Jahr 2001 kamen nur 75.500 Kinder auf die Welt.
Unter der ÖVP/BZÖ-Bundesregierung
gelang endlich ein Trendumkehr: Im Jahr 2002 stieg
die Zahl der Geburten
erstmals um 3,6 Prozent (um 2.941 auf 78.399). Verantwortlich dafür
sind die guten Instrumentarien der österreichischen
Familienpolitik und insbesondere das
neue
Kinderbetreuungsgeld.
Österreich liegt mit einer Geburtenrate von 1,42 Kindern
pro Frau aber immer noch
bedenklich
niedrig. Dass es noch besser geht belegt das Beispiel Frankreich: Erstmals seit
dreißig Jahren gibt
es dort wieder mehr als zwei Geburten pro Frau, womit die
Bevölkerungszahl
gehalten werden kann. Als Gründe dafür werden die
Einstellung zum
Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die kulturellen Unterschiede
zwischen den
beiden
Ländern, aber
auch bessere Betreuungsmöglichkeiten und finanzielle Anreize für
Großfamilien genannt. Die stärksten Förderungen setzen in Frankreich erst beim
dritten Kind
ein: 90 Prozent der 3-Kind-Familien zahlen z.B. keine Steuern.
Um den Österreicherinnen und Österreichern
mehr Chancen zu geben, den nach allen
Umfragen
bei den jungen Menschen vorhandenen Wunsch nach mehr Kindern auch
tatsächlich zu
leben sollte man sich daher das Beispiel Frankreich zum Vorbild nehmen.
Neben
einer Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen und der
Betreuungsmöglichkeiten
heißt das vor allem: Kinder müssen wieder
selbstverständlich zum
Leben
gehören und als Bereicherung statt als Negativfaktor gesehen
werden. Zu diesem
Umdenken
muss auch und gerade die Politik ihren Beitrag leisten, wenn der positive
Geburtentrend
stabilisiert und verstärkt werden soll. Wenn also ausgerechnet die
neue
Familienministerin
Dr. Andrea Kdolsky in einem vor kurzem erschienen Buch („Kinderlos, na
und? Kein Baby an Bord", Orac-Verlag) die „politische Verklärung der Mutterschaft" kritisiert
und eine Höherbewertung der
Erziehungsleistungen von Familien in Relation zu Kinderlosen
ablehnt ist dies mehr als bedenklich. Dass
in der Wertigkeit ein ungestörtes Essen im
Nobellokal
für die neue
Familienministerin wichtiger ist als Familienfreundlichkeit und sie
selbst
die Vorteile des Lebens als Tante preist („weil man die
Kinder irgendwann wieder
zurückgeben kann") und bezweifelt, dass sie mit Kindern
ein ebenso schönes Leben hätte
rundet
das Bild im Negativen ab.
Nicht nur im Familienbereich hat sich aber die neue
Bundesministerin buchstäblich ins
Fettnäpfchen
gesetzt: Sie outet sich darüber hinaus als Genussmensch,
Gelegenheitsraucherin
und leidenschaftliche Schweinsbraten-Esserin und bekennt sich
dabei
zum „Wohlfühlgewicht". Nicht nur der
Internist Siegfried Meryn weist in einem
Streitgespräch in NEWS auf die Problematik dieser
Bekenntnisse hin („Die größte Epidemie
des 21. Jahrhunderts wird das Übergewicht.
Gerade in Österreich wird dieses Thema und
seine
gesundheitsschädigenden Folgen die Themen Nikotin
und Alkohol ablösen.").
Die ÖVP/BZÖ-Regierung bemühte sich durch
etliche Maßnahmen und Kampagnen
(Stichworte
„Fit für Österreich",
„Schweinehund",
„Grünes
Rezept", „SVA
Gesundheitshunderter), der Bevölkerung die Bedeutung der Prävention im
Gesundheitsbereich
näher zu
bringen und die beachtlichen Einsparungschancen eines
gesundheitsfreundlicheren
Lebensstils zu nutzen. Auch durch diese Maßnahmen gelang es,
eine Beitragserhöhung im Bereich der
Krankenversicherung zu vermeiden.
Wenn nun die neue Gesundheitsministerin so „mit gutem
Beispiel vorangeht" ist es nur
logisch,
dass die neue Bundesregierung trotz gegenteiliger Wahlversprechen neue
Belastungen für die Versicherten durch eine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge im
Ausmaß von zumindest 150 Mio. Euro
vorsieht.
Statt Beitragserhöhungen zu Lasten der Versicherten sind
strukturelle und ausgabenseitige
Einsparungen
notwendig. IHS, Rechnungshof und maßgebliche
Gesundheitsexperten sehen
dafür ein Volumen
von bis zu 3 Mrd. Euro - ohne dass die hochqualitativen Leistungen des
Gesundheitswesens
geschmälert werden müssten. Dazu kommen langfristige
Einsparungspotentiale
durch die Gesundheitsprävention, die das IHS mit rund 1,7 Prozent
des BIP oder 3,6 Mrd.
Euro pro Jahr berechnet hat.
Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten an die
Frau Bundesministerin für
Gesundheit, Familie
und Jugend folgende
Anfrage:
1. Durch
die
Gesundheitsreform
2004
wurden bereits
wichtige
Finanzierungsmaßnahmen des
Gesundheitssystems sowohl für den Bund als auch
für die Länder gesetzt
und bis 2010 bereits Einsparungen von 400 Mio. Euro
vereinbart.
Wie werden Sie diese finanziellen Maßnahmen im Gesundheitsbereich sicherstellen?
2. Wie wollen Sie die
im SPÖ/ÖVP-Regierungsprogramm geplanten
Einsparungen im
Gesundheitsbereich in
den nächsten Jahren umsetzen?
Welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen?
3.
Wie hoch war
die Summe der
im Kalenderjahr 2006
eingehobenen
Krankenversicherungsbeiträge für das 13. und 14. Monatsgehalt?
4.
Werden Sie für die Streichung des
Krankenversicherungsbeitrages für das 13. und
14.
Monatsgehalt eintreten, zumal jeder Krankenversicherte nur 12 Monate im Jahr
krank
werden kann?
Wenn nein, warum nicht?
5.
Wie weit könnten die Krankenversicherungsbeiträge in etwa
gesenkt werden, wenn
vermeidbare
„Zivilisationskrankheiten",
die durch Übergewicht, Bewegungsarmut,
falsche
Ernährung und Rauchen
bedingt sind, durch präventive
Maßnahmen
bestmöglich verringert würden?
6.
Sind Sie für die grundsätzliche Einführung eines
Bonus-Malus-Systems in der
Krankenversicherung
insbesondere für Suchtabhängige
(Alkohol, Nikotin, etc.)?
a) Wenn ja, wie könnte eine derartiger Bonus bzw. Malus aussehen?
b)
Wenn nein,
warum lehnen Sie es ab, auch durch finanzielle Anreize die Menschen
zu einem gesundheitsbewussteren Lebensstil zu bewegen?
7. Halten Sie es
insbesondere für gerechtfertigt, dass von Personen, die erhöhtes
Körpergewicht
bzw. Adipositas aufweisen und/oder rauchen in Anbetracht der
dadurch
verursachten
steigenden Gesundheitsausgaben
erhöhte
Krankenversicherungsbeiträge eingehoben werden?
a) Wenn ja, welche Änderungen können Sie sich vorstellen?
b)
Wenn nein, welche anderen Maßnahmen zur Verringerung
zivilisationsbedingten
Erkrankungen
wollen
Sie im
Sinne
einer Eindämmung
der
Krankenbehandlungskosten
setzen?
8. Werden Sie präventiv
handelnde Bürger und Bürgerinnen durch eine Verringerung
des
Krankenversicherungsbeitrages fördern?
Wenn nein, warum nicht?
9. Erhöhtes Körpergewicht
und Adipositas der Österreicherinnen und Österreicher
haben innerhalb von
10 Jahren um 7 Prozent zugenommen.
Welche konkreten Maßnahmen
werden Sie ergreifen, um die
Zunahme von
Adipositas der Österreicherinnen und Österreicher zu verhindern?
10.
Werden Sie betreffend der steigenden Zahl von Adipositas bei vor allem
jungen
Menschen
auf Bundesministerin Dr. Schmied einwirken, damit vermehrt Sport im
Unterricht
angeboten wird?
11.
Glauben Sie nicht, dass Ihre Aussagen über „Wohlfühlgewicht"
und „Verklärung der
Mutterschaft"
aus gesundheitspolitischer Sicht der Prävention gegen
Adipositas und
aus
familienpolitischer Sicht einer weiteren Verbesserung der demographischen
Entwicklung
in Österreich entgegenwirken?
12.
Welche konkreten Maßnahmen
werden Sie setzen, um
die unter BZÖ-
Familienministern
gelungene Trendwende der demographischen Entwicklung in
Österreich zu stabilisieren und
noch zu verstärken?
13.
Wie werden Sie sich für einen Mentalitätswandel nach
französischem Vorbild, bei
dem
Vereinbarkeit von Familie und Beruf weder aus gesellschaftlichen noch aus
finanziellen
Gründen ein
Problem darstellt, in Österreich einsetzen? Welche Schritte
werden Sie in diese
Richtung setzen?
14.
Welche
finanziellen Erleichterungen bzw. Anreize, so wie sie in Frankreich existieren,
wollen Sie Großfamilien in Österreich zur Verfügung stellen?
15.
Sind Sie der Ansicht, dass die Kindererziehungszeiten für die Pension
ausreichend
berücksichtigt
sind?
16.
Können Sie sich die
Einführung eines
Bonus-Malus-Systems hinsichtlich der
Sozialversicherungsbeiträge abhängig von der
Zahl der Kinder vorstellen? Wenn
nicht, mit welcher
Begründung und was schlagen Sie als
Alternative vor?
17.
Welche konkreten Maßnahmen beabsichtigen Sie zu
setzen, um die bisherige
erfolgreiche
Familienpolitik, vor allem im Bereich Kinderbetreuungsgeld, fortzuführen
und
auszubauen?
18.
Sind Sie für
oder gegen die
Abschaffung der
Zuverdienstgrenze beim
Kinderbetreuungsgeld
und mit welcher Begründung?
19.
Wie
wollen Sie das
Kinderbetreuungsangebot in Österreich
verbessern und
erweitern?
20. Vertreten
Sie die Ansicht, dass
sich Familien mit Kindern
zu Recht als
Modernisierungsverlierer
fühlen?
a. Wenn ja, was denken Sie dagegen zu tun?
b. Wenn nein, wie begründen Sie dies?
21. Werden Sie als zuständige
Ministerin eine kämpferische Rolle für Kinder und
Eltern in
der Gesellschaft
wahrnehmen?