77/J XXIII. GP
Eingelangt am 17.11.2006
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen
an die Frau Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
betreffend Ausgliederungen aus der Bundesverwaltung
Innerhalb der letzten sechs Jahre kam es zu zahlreichen Ausgliederungen aus der Bundesver- waltung mit der generellen Begründung, daß dadurch die Investitions- und Finanzplanung zu flexibilisieren und Entscheidungsprozesse entscheidend zu beschleunigen seien. Sofern aus- gegliederte bzw. außerbudgetäre Einheiten des öffentlichen Sektors tatsächlich zu höherer Kostentransparenz und Effizienz, zu mehr Bürgernähe und Serviceorientierung führen, ist gegen eine solche „Verschlankung“ der staatlichen Verwaltung nichts einzuwenden, im Ge- genteil.
Es treten aber auch Effekte zu Tage, die aus der öffentlichen Diskussion herausgehalten wer- den, wie etwa eine „graue Finanzschuld“ der öffentlichen Hand durch Haftung für Schulden der ausgegliederten Unternehmen, eine demokratiepolitisch bedenkliche Einschränkung der parlamentarischen Kontrolle und eine „Budgetkosmetik“, die dazu beiträgt, das tatsächliche Ausmaß der staatlichen Verschuldung zu verschleiern. Darüber hinaus legen Medienberichte den Verdacht nahe, daß ausgegliederte Unternehmen zusehends als „Versorgungsbecken“ für Politgünstlinge mißbraucht werden.
Um künftig der „Schönung“ der Budgetstatistik von Bund und Ländern deutlicher zu begeg- nen und die Kontrollfunktionen des Parlaments besser wahrnehmen zu können, ist eine klare Güterabwägung zwischen Vor- und Nachteilen der Ausgliederungen angezeigt. Diese scheint aber nur auf der Grundlage einer aktuellen und umfassenden Bestandsaufnahme möglich.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Frau Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage
1. Welche Bereiche der zu Ihrem Ministerium ressortierenden öffentlichen Verwaltung wur- den innerhalb der letzten sechs Jahre als „außerbudgetäre Einheiten“ ausgegliedert?
2. Wie begründen Sie die in Ihrem Ministerium vorgenommenen Ausgliederungen?
3. Wie sind die gegebenenfalls vorhandenen Vorteile dieser Ausgliederungen objektivierbar?
4. Welche Rechtsform haben die ausgegliederten Einheiten?
5. Welche Personalmaßnahmen wurden getroffen, konkret:
a) welche Personen sind wann, zu welchen Bedingungen und aufgrund welcher persönli- cher Eignungen zu Vorständen bzw. Geschäftsführern bestellt worden?
b) wie hoch ist der Personalstand in den jeweils ausgegliederten Unternehmen bzw. Ein- heiten?
6. Welche unternehmerischen Kennzahlen liegen seit Beginn der ausgegliederten Einheiten bis heute vor?
7. Ist infolge der vorgenommen Ausgliederungen
a) eine meßbare Effizienzsteigerung der übertragenen Agenden im Verhältnis zur vorher von der Verwaltung abgewickelten Leistung darstellbar?
Wenn ja, auf welche Weise und durch welche Zahlen?
Wenn nein, warum nicht?
b) eine Kosteneinsparung objektiv darstellbar?
Wenn ja, in welcher Form und durch welche Daten?
Wenn nein, warum nicht?
c) die Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Dienstleistungen, die ursprünglich flä- chendeckend von der Verwaltung erledigt wurden und nunmehr von ausgegliederten Ein- heiten zu erbringen sind, nachhaltig gesichert (Stichwort: Austro Control, Post)?
Wenn ja, durch welche Maßnahmen oder Bestimmungen (Stichwort: Universaldienstver- ordnung für den Postverkehr)?
Wenn nein, warum nicht?
8. Wie hoch ist der Eigentumsanteil der Republik an den ausgegliederten Einheiten?
9. Wie hoch ist das Ausmaß der „grauen Finanzschuld“, das heißt der Haftung der öffentli- chen Hand für Schulden dieser ausgegliederten Einheiten
a) in absoluten Zahlen?
b) im Verhältnis zu den Gesamtausgaben Ihres Ministeriums?
10. In welchem prozentuellen Verhältnis stehen die in den ausgegliederten Einheiten anfal- lenden Personalkosten zum regulären Personalbudget Ihres Ministeriums?
Wien, am 17. November 2006