815/J XXIII. GP

Eingelangt am 10.05.2007
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Hradecsni, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend verbotenes Glückspiel in Niederösterreich

 

 

Begründung:

 

Das Landeskriminalamt Niederösterreich ermittelt gegen GlückspielbetreiberInnen in Niederösterreich und hat der Staatsanwaltschaft St. Pölten eine umfangreiche Strafanzeige übermittelt. Im Raum stehen Betrugsvorwürfe und „illegales Glückspiel“. Die zuständigen Gerichte haben diese Vorwürfe jetzt zu prüfen. Selbstverständlich gilt die Unschuldsvermutung.

In der Praxis zeigen sich – unabhängig von den strafrechtlichen Vorwürfen - schwere Defizite bei der Abgrenzung des sogenannten „kleinen“ Glücksspiels in jenen Bundesländern, die dieses legalisiert haben, vom Glückspielmonopol des Bundes.

In dem  Zuständigkeitswirrwarr zwischen Bund und Ländern bestehen Grauzonen, die von den GlückspielbetreiberInnen  ausgenutzt werden. Sowohl  auf Grund der Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern, als auch auf Grund der zersplitterten Zuständigkeiten bestehen untragbare Kontrolldefizite. So sind auf Bundesebene nicht nur das Finanzministerium und die Finanzämter, sondern auch des Innenministeriums, die Sicherheitsbehörden, das Justizministerium und die Staatsanwaltschaften und die Strafgerichte zuständig. Auch auf Landesebene sind die Zuständigkeiten für das Glückspiel- und Wettwesen, den SpielerInnen- und Jugendschutz, das Steuer- und Abgabenwesen stark zersplittert.

Wegen dieser Kompetenzzersplitterung zeigt sich bei Eingriffen in das Glückspielmonopol des Bundes durch BetreiberInnen des „kleinen“ Glückspiels, dass eine effektive Kontrolle und Regulierung nicht bzw. nur zum Teil besteht.

Jeder Missachtung der (Wert)Grenzen beim „kleinen“ Automatenglückspiel ist ein Eingriff in das Bundesmonopol. Für die Einhaltung dieser Grenzen und die Anordnung effektiver technischer Vorrichtungen gegen mögliche Verletzungen des Monopols sind laut Beantwortung einer Dringlichen Anfrage im Bundesrat am 13. April 2007 nicht die Finanzbehörden, sondern die Landesbehörden bzw. –gesetzgebung sowie die Strafgerichte zuständig.

Die Grünen sehen sich in ihrer Kritik bestätigt: das sogenannte „kleine“ Glückspiel gibt es nicht. In der genannten Strafanzeige werden bekannte Missstände und Grauzonen im Bundesland Niederösterreich aufgezeigt. Hier besteht – völlig unabhängig von den strafrechtlichen Aspekten – dringender  Handlungsbedarf. Der maximal zulässige Einsatz von 50 Cent pro Spiel wird beim „kleinen“ Glückspiel systematisch umgangen. Es werden Wetten auf Hunderennen angeboten, deren Ergebnis den WettanbieterInnen bekannt ist, da diese bereits in der Vergangenheit stattgefunden haben. Dabei bestehen Hinweise, dass nicht Sportwetten, sondern nicht genehmigtes Glückspiel vorliegt. Die ermittelnden Behörden haben Schwierigkeiten in Österreich geeignete Sachverständige zu bestellen, da die BetreiberInnen an diese offensichtlich sehr lukrative Aufträge vergeben und die in Österreich ohnehin nicht zahlreichen Sachverständigen wegen Befangenheit von den Behörden nicht mehr beauftragt werden können.

In der Praxis erweisen sich Kontrollen zum Schutz der Jugend und suchtgefährdeter Menschen als völlig unzureichend.  So wird etwa in Niederösterreich entgegen dem Wortlaut landesgesetzlicher Bestimmungen eine generelle Ausweispflicht für BesucherInnen von Spielhallen nicht exekutiert, so ist keine flächendeckende Erfassung und effektive Kontrolle von SpielerInnen mit existenzgefährdenden Spieleinsätzen gewährleistet und die Möglichkeit, SpielerInnen zu sperren, hat sich als völlig ineffektiv herausgestellt.

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

1.      Wie ist das sogenannte „kleine“ Glücksspiel von Glücksspielen, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, abgegrenzt?

2.      Wie sind die Zuständigkeiten zwischen den verschiedenen Behörden und Gebietskörperschaften verteilt? Werden die Tätigkeiten der verschiedenen Stellen koordiniert? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

3.      Welche Möglichkeiten und Zuständigkeiten hat das BMF bzw. die Finanzbehörden bei Eingriffen in das Glückspielmonopol, insbesondere bei Missachtung der Wertgrenzen durch Anbieter des sogenannten „kleinen“ Automatenglückspiels?

4.      Was sind die finanzrechtlichen Folgen für Anbieter des „kleinen“ Automatenglücksspiels, wenn die Grenzen des „kleinen“ Glücksspiels überschritten werden?

5.      Ist Ihnen die zitierte Anzeige des Landeskriminalamtes Niederösterreich gegen Glückspiel- und Wettanbieter in Niederösterreich bekannt?

6.      Sind Ihnen die angezeigten Missstände bekannt und wie beurteilen Sie diese?

7.      Liegen Eingriffe in das Glückspielmonopol vor?

8.      Wie beurteilen Sie die in der Anzeige angeführten Wetten auf Hunderennen, die nur als Aufzeichnung in den Lokalen abgespielt werden? Wurden die zuständigen Behörden in Niederösterreich über die Bewertung dieser Wetten auf Hunderennen durch das  BMF informiert? Die Firma Novomatic hat öffentlich behauptet, es würde ein Bescheid der NÖ Landesregierung vorliegen, der die „Wetten“ auf Hunderennen genehmigt. Liegt ein solcher Bescheid vor? Wenn ja, wie beurteilen Sie diesen rechtlich, insbesondere kompetenzrechtlich? Haben Sie beim Land Niederösterreich Erkundigungen eingeholt? Wenn nein, warum nicht, wie wollen Sie Eingriffe in das Glückspielmonopol bewerten und wann werden Sie an die NÖ Behörden herantreten? Wenn ja, wie mit welchem Ergebnis?

9.      Welche Maßnahmen wurden von den Finanzbehörden bereits gesetzt und was wird noch veranlasst?

10.    Wie viele Glückspielautomaten sind in Niederösterreich, Wien, der Steiermark und in Kärnten aufgegliedert nach den unterschiedlichen Rechtsgrundlagen aufgestellt?

 

11.    Welche Kontrollkompetenzen liegen beim Bund, um die Einhaltung der Wertgrenzen für das sogenannte „kleine“ Glücksspiel zu überprüfen?

12.    Welche Möglichkeiten bestehen für den Bund technische Einrichtungen vorzuschreiben, damit die Grenzen des sogenannten „kleinen“ Automatenglücksspiels durch die Betreiber nicht überschritten werden können und damit  Eingriffe in das Glückspielmonopol hintanzuhalten?

13.    Welche Modelle für solche technische Einrichtungen gibt es in anderen Ländern? Welche haben Vorbildcharakter und wie sind diese ausgestaltet?

14.    Halten Sie es im Sinne einer effizienten Kontrolle für sinnvoll, die Kompetenzen im Glückspielwesen zwischen Bund und Ländern aufzuteilen?

15.    Erachten Sie die Kontrollen des Glücksspiels der Behörden in NÖ für ausreichend und effektiv?

16.    Bei den konzessionierten Spielbanken besteht ein System mit strengen Zugangskontrollen, Zugangsbeschränkungen und Sperrmöglichkeiten zum Schutz der SpielerInnen und zur Spielsuchtprävention.
Welche Präventionsmaßnahmen bestehen bei den Ihrer Aufsicht unterliegenden Spielbanken?
Bestehen derartige Systeme auch bei den AnbieterInnen von Sportwetten und BetreiberInnen vom „kleinen“ Glücksspielautomaten? Worin liegen die Unterschiede?

17.    Erachten Sie im Sinne eines umfassenden Schutzes von SpielerInnen ein einheitliches Schutzsystem, zum Beispiel mit anbieterübergreifender Zugangserfassung und Sperrmöglichkeiten für sinnvoll? Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen seitens des Bundes? Erachten Sie unterschiedliche Schutzbestimmungen in diesem Bereich für zweckmäßig? Wenn nein, was werden Sie zur Verbesserung eines einheitlichen SpielerInnenschutzes veranlassen?

18.    Werden Einnahmen des Bundes aus dem Glückspielmonopols für Zwecke des SpielerInnenschutzes eingesetzt?

19.    Wie beurteilen Sie die Einschränkung des SpielerInnenschutzes nach § 25 Abs. 3 Glückspielgesetz auf „Inländer“?

20.    Liegen Zahlen, Erhebungen bzw. Studien vor, welche Summen für Spieleinsätze  im Automatenglückspiel eingesetzt werden? Wenn ja, wie hoch sind diese?  Welche Unterschiede bestehen dabei zwischen Bundesländern, wo das „kleine“ Glückspiel erlaubt und jenen, wo es verboten ist?