868/J XXIII. GP
Eingelangt am 30.05.2007
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ANFRAGE
der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde
betreffend Wiener Zeitung - Wiener Journal
Die „Wiener Zeitung“, älteste Tageszeitung der Welt, im Eigentum der Republik Österreich, vertreten durch das Bundeskanzleramt, hat in den letzten Jahren mehrmals unter den Begehrlichkeiten der schwarzblauorangen Bundesregierung leiden müssen.
So wurde zunächst mit 1.4.2000, also kurz nach Amtsantritt von Schwarzblau, der alte Chefredakteur Heinz Fahnler abgelöst und durch seinen Stellvertreter Peter Bochskanl ersetzt.
Mit 1.Mai 2005 folgte diesem der frühere Chefredakteur der „Presse“, Andreas Unterberger, nach. Der Vertrag des neuen Chefredakteurs soll Konditionen enthalten, die ihm neben völliger Weisungsfreiheit auch faktische Unkündbarkeit sichern.
Uns interessiert aber noch ein anderer Vertrag, der schon im Herbst 2002 abgeschlossen wurde. Damals wurde das „Wiener Journal“, eine liberale Publikation, die ihren Ruf dem Gründer Jörg Mauthe zu verdanken hatte, von der ÖVP Wien, die nicht länger liberal sein bzw. das Defizit der Publikation tragen wollte, an die „Wiener Zeitung“ verkauft. Die Publikation erschien noch ein Jahr eigenständig und firmiert seit Mai 2004 nur mehr als Beilage für die Freitagausgabe der „Wiener Zeitung“. Man könnte die Sache auch so sehen: Die „Wiener Zeitung“ hat über ihren Eigentümer Republik bzw. das Bundeskanzleramt und einen ÖVP- Bundeskanzler die Wiener ÖVP von einer schweren Last, dem Defizit und dem liberalen Ruf des „Wiener Journal“, befreien und die Publikation zu Grabe tragen müssen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1). Zu welchen Konditionen (Übernahme der Beschäftigten, Weiterführung als eigenständige Publikation usw.) hat die „Wiener Zeitung“ 2002 das „Wiener Journal“ erworben (wir ersuchen um eine detaillierte Darstellung)?
2). Welchen Kaufpreis (bzw. Abdeckung von Verbindlichkeiten) hat die „Wiener Zeitung“ für das „Wiener Journal“ bezahlt?
3). Hat die Geschäftsführung der „Wiener Zeitung“ vor dem Erwerb eine Marktprognose vorgelegt? Wenn ja, wie lautete diese? Wenn nein, welche Gründe für den Erwerb wurden von der Geschäftsführung geltend gemacht?
4). Wie viele KäuferInnen (AbonnentInnen) hatte das „Wiener Journal“ zum Zeitpunkt der Übernahme?
5). Wie viele KäuferInnen (AbonnentInnen) hatte das „Wiener Journal“ zum Zeitpunkt der Einstellung als eigenständige Publikation?
6). Welche Kosten sind durch die Einstellung als eigenständige Publikation angefallen?
7). Welche Inserateneinnahmen hatte das „Wiener Journal“ zum Zeitpunkt der Übernahme 2002?
8). Welche Inserateneinnahmen hatte das „Wiener Journal“ zum Zeitpunkt der Einstellung als eigenständige Publikation?
9). Aus welchen Gründen hat der Eigentümer, die Republik Österreich, vertreten durch das Bundeskanzleramt, der Übernahme bzw. dem Kauf des „Wiener Journal“ zugestimmt?
10). Hat der Eigentümervertreter Bundeskanzleramt den Ankauf des „Wiener Journal“ durch irgendwelche Handlungen befördert?
11). Zu welchen Konditionen wurde 2005 der Vertrag mit dem neuen Chefredakteur der „Wiener Zeitung“, Andreas Unterberger, abgeschlossen (bitte um detaillierte Darstellung)?
12). Worin unterscheiden sich die Konditionen dieses Vertrags von denen seines Vorgängers Bochskanl?
13). Planen Sie Maßnahmen, um die Eigenständigkeit und Meinungsfreiheit der Redaktion der „Wiener Zeitung“ zu stärken?