886/J XXIII. GP

Eingelangt am 04.06.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abg. Mag. Peter Eisenschenk

und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend strafrechtliche Aspekte des Versickerns von Fördergeldern in

burgenländischen Firmenkomplexen

Der Burgenländische Rechnungshof hat in seinem Prüfungsbericht vom Mai 2004
„betreffend die Aktivitäten der WiBAG (Wirtschaftsservice Burgenland AG) bei der
Wirtschaftsengineering Burgenland GmbH - WEBU" die Tätigkeit dieser unter dem
(teilweise bestimmenden) Einfluss des Landes Burgenland stehenden Firmen
untersucht. Dabei musste er eine „wirtschaftlich nicht vertretbare Vorgangsweise"
feststellen und eine von der ebenfalls im Einflussbereich des Landes Burgenland
stehenden Wirtschaftspark Heiligenkreuz Service GmbH (WHS) bezahlte Rechnung
einer deutschen Firma über ATS 7,5 Millionen (!) wörtlich als „Scheinrechnung"
qualifizieren.

Die VA hat ein amtswegiges Prüfungsverfahren betreffend die strafrechtliche
Aufarbeitung dieser Causa eingeleitet, umfangreiche Ermittlungen angestellt und
das Bundesministerium für Justiz (BMJ) mehrfach zur Stellungnahme aufgefordert.
Ob die Zahlung der Scheinrechnung durch den Verfügungsbefugten der WHS als
Untreue im Sinne des § 153 Strafgesetzbuch (StGB) zu qualifizieren ist, hatte die
Staatsanwaltschaft Eisenstadt (StA) zu ermitteln. Inwieweit diese Ermittlungen
ausreichend waren, prüfte die VA.

Eine Strategie, die Zahlung zu rechtfertigen, war die Behauptung, der Rechnung
seien sehr wohl Leistungen der besagten deutschen Firma an die WHS
zugrundegelegen. Das Gutachten eines Buchsachverständigen ergab allerdings das
Gegenteil. Daraufhin änderten die Verdächtigten bzw. Beteiligten ihre
Rechtfertigungsstrategie und gaben an, die Leistungen seien anderen, mit der WHS
zusammenhängenden (d.h. ebenfalls im Einflussbereich des Landes Burgenland bzw.
der WiBAG stehenden) Firmen zugutegekommen. Ermittlungen, um zu überprüfen,
ob diese modifizierte Rechtfertigung zutrifft, hat die StA mit Billigung des BMJ
freilich unterlassen.

Der dritte Versuch, die Zahlung an besagte deutsche Firma zu rechtfertigen, bestand
in dem Verweis auf die Notwendigkeit, Anteil der WEBU von der deutschen Firma
an die WiBAG zu übertragen. Die WHS hätte durch die Zahlung somit letztlich
Interessen des Firmenkomplexes befördert, dem sie selbst angehörte. Selbst wenn
man, entgegen dem RH, von der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit der Transaktion der


WEBU-Anteile ausgehen sollte, konnte ein Zusammenhang zwischen der Zahlung
und der Übertragung der WEBU-Anteile an die WiBAG nicht nachvollziehbar
dargelegt werden: Abgesehen davon sind die WEBU-Anteile vorerst nicht an die
WiBAG abgetreten worden, sondern an eine private Wirtschaftstreuhandkanzlei und
von dieser ca. ein Jahr gehalten worden. In diesem Zeitraum hat sich der
Beratungsaufwand der WEBU um etwa das Dreißigfache (!) erhöht. Eine
nachvollziehbare Aufklärung dieser Umstände durch BMJ bzw. StA ist nicht erfolgt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Justiz
folgende

Anfrage:

1.             Warum hat die StA eine Prüfung der zweifach modifizierten Rechtfertigung
unterlassen?

2.             Gab es diesbezüglich eine Weisung des Bundesministeriums für Justiz bzw.
der OStA Wien?

3.             Wenn ja, aus welchen maßgebenden Gründen?

4.             Wie beurteilen Sie den Sachverhalt aus strafrechtlicher Sicht (§§ 146, 153
StGB)?

5.             Wie ist der Stand des Verfahrens?

6.             Im Falle einer Einstellung:

Werden Sie die Möglichkeit einer Wiederaufnahme prüfen?
Wenn nein, warum nicht?

7.   Gab es beim Bundesministerium für Justiz bzw. bei der OStA Wien bei den
Einstellungen Interventionen? Wenn ja, durch wem?