944/J XXIII. GP

Eingelangt am 06.06.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst

betreffend „Variete- und Revueveranstaltungen - GoGo-Bar o.a. - Frauenhandel und

Zwangsprostitution"

Seit 2002 versucht der Fragesteller durch regelmäßige Parlamentarische Anfragen die massiven
Probleme um sogenannte „Variete- und Revueveranstaltungen", die unterschiedliche
Genehmigungspraxis in den Bundesländern, sowie die soziale und rechtliche Situationen der
sogenannten „KünstlerInnen" in der Öffentlichkeit - insbesondere gegenüber dem Innenressort -
aufzuzeigen und Lösungen einzufordern. Schlepperei und Frauenhandel sowie Zwangsprostitution
spielen in diesem Zusammenhang eine große Rolle. Bislang leider ohne Erfolg, defacto hat sich
an der Situation in den letzten Jahren nichts geändert.

Presseberichten und der ILO zufolge verdient das organisierte Verbrechen weiterhin ohne
besondere Beeinträchtigung weltweit Unsummen am Frauen- und Menschenhandel: Skrupellose
Schlepper- und Menschenhändlerringe zwingen Frauen - auch Minderjährige - mit Schlägen und
durch Vergewaltigungen zur Prostitution. Dies trifft auch auf jene jungen Frauen zu, die in ihren
Heimatländern (z.B. Rumänien, Bulgarien, Litauen, Ukraine etc.) als Models oder TänzerInnen
angeworben und in andere Länder (z.B. nach Österreich) „verkauft" werden und dort in Bars bei
sogenannten Variete- und Revueveranstaltungen oder direkt in Bordellen zwangsweise tätig sein
müssen.

„Variete- und Revueveranstaltungen" werden meist in Form von „Table-Dancing", als
"Go-Go-Bar-Betrieb" oder ähnlichem geführt. Oft handelt es sich dabei auch um versteckte
bordellartige Betriebe (mit Tanzauftritten der KünstlerInnen), wobei nach Presseberichten die
Frauen durch Zuhälter und/oder den Veranstalter mit brutaler Gewalt zur Prostitution gezwungen
werden (z.B. Nötigung, Vergewaltigung und Körperverletzung).

Medienberichten zufolge, gab es im Dezember 2005 diesbezügliche erfolgreiche Ermittlungen
durch die Polizei gegen derartige Veranstalter in Kärnten. „Nach einer Reihe von Erfolgen ist
Kärntner Ermittlern erneut ein Schlag gegen die Rotlichtszene gelungen: Fünf mutmaßliche
Drahtzieher der Szene wurden verhaftet. Ihnen wird Menschenhandel, Nötigung und


Vergewaltigung vorgeworfen. Vier Bars in Klagenfurt, Villach, Maria Elend und Treibach-
Althofen waren von den Kriminalbeamten durchsucht worden, ebenso die Wohnungen der fünf
Hauptverdächtigen. Für die Aktion „ Schneerose " waren insgesamt 85 Beamte im Einsatz, es gab
13 Hausdurchsuchungen in Kärnten und eine in Salzburg." (SN 14.12.2005).

Ansuchen auf Genehmigung nach dem jeweiligen Veranstaltungsgesetz werden in den
österreichischen Bundesländern mitunter dann gestellt, wenn eine offizielle Bordellgenehmigung
durch die zuständigen Behörden versagt wird. Diese Ansuchen werden immer häufiger von
Nichtösterreichern gestellt.

Diese Entwicklung ist nicht nur kriminalpolitisch, sondern auch gesundheitspolitisch äußerst
bedenklich. So finden in Betrieben mit derartigen Veranstaltungen beispielsweise regelmäßige
Untersuchungen auf Geschlechtskrankheiten bzw. die Durchführung eines regelmäßigen Aids-
Tests nicht statt. Dies führt zu nicht unterschätzenden Risiken für die Frauen und deren Kunden.
Insbesondere dann, wenn die Frauen dort auch noch gezwungen werden, ohne Kondome zu
arbeiten. Erschwert wird diese Situation dadurch, dass dort viele Frauen (insbes. aus Drittstaaten)
nach Ansicht des BMWA als sogenannte „Selbständige" tätig sind und damit bestimmte
Behördenkontrollen generell ausgeschlossen sind.

An die 25 Milliarden Euro verdient das organisierte Verbrechen am Menschenhandel. Der Schutz
dieser Opfer ist in der EU nach Ansicht der OSZE Sonderbeauftragten Helga Konrad weiterhin
äußerst mangelhaft. So gibt es trotz Visaskandal im Bundesministerium für nationale und
europäische Angelegenheiten noch keine klare Regelung für die Visavergabe an Frauen, die als
KünstlerInnen (z.B. TänzerInnen) in der EU arbeiten wollen. Bedauerlich auch die
unterschiedliche Rechtsauffassung verschiedener österreichischen Bundesministerien, ob es sich
dabei um eine selbständige oder unselbständige Tätigkeit handelt.

Aus sozialrechtlicher Sicht lautet daher eine der zentralen Fragen, ob diese Frauen bei
derartigen Veranstaltungen „selbständig" oder „unselbständig" tätig sind. Besonders Bedeutung
hat diese Rechtsstellung für Frauen aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten und Drittstaaten, die in
Österreich als KünstlerInnen bei derartigen Veranstaltungen tätig sind.

Mit der AB 3759/XXII.GP vom 17.03.2006 wurden die Fragen letztmalig durch das
Bundesministerium für Inneres beantwortet. Bedauerlicherweise konnten damals verschiedene
Fragen noch immer nicht beantwortet werden (z.B. Frage 1).


Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Frauen, Medien und
öffentlicher Dienst nachstehende

Anfrage:

1.  Wie viele von derartigen genehmigten „Veranstaltungen" gab es nach Informationen Ihres des
Frauenressorts mit Stichtag 01.01.2007 in Österreich (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

2.         Werden Sie - wenn dies nicht bekannt ist - eine Übersicht über die Anzahl der von den
Bundesländern genehmigten „Veranstaltungen" in denen Frauen „künstlerisch" (z.B. als
TänzerInnen) tätig sind, in Auftrag geben?

3.         Werden Sie in diesem Sinne gegenüber den Bundesländern darauf drängen, eine derartige
Übersicht zu veranlassen und diese ständig am laufenden zu halten (z.B. über die
Verbindungsstelle der Bundesländer)?

4.         Welche Kriminalitäts- und/oder Sicherheitsprobleme (insbesondere Probleme nach dem
StGB, SMG, Fremdengesetz, Niederlassungsgesetz, Asylgesetz etc.) sind dem Frauenressort
in den letzten Jahren bei derartigen Veranstaltungen bzw. in Betrieben mit Veranstaltungen
dieser Art bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

5.         Welche Probleme der dort (oft zwangs-) beschäftigten Frauen sind dem Frauenressort bekannt
geworden?

6.         Ist dem Frauenressort bekannt, wie viele der dort beschäftigten Frauen in den letzten vier
Jahren als „Illegale" festgenommen, in Schubhaft genommen und abgeschoben wurden
(Aufschlüsselung auf Jahre)?

7.         Ist dem Frauenressort bekannt, wie viele dieser Frauen in den letzten Jahren als
„Zwangsprostituierte" in Betrieben mit derartigen Veranstaltungen tätig sein mussten?

8.         Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass in derartigen Betrieben „TänzerInnen" bzw.
„KünstlerInnen" in Wirklichkeit - ohne entsprechende Schutzmaßnahmen und
Gesundheitskontrollen - u.a. auch der Prostitution nachgehen bzw. zu dieser gezwungen
werden?

9.  Werden Sie dafür eintreten, dass Frauen - die beispielsweise durch die Polizei aus der
Zwangsprostitution befreit werden - zumindest ein befristetes Aufenthaltsrecht bekommen
und nicht sofort abgeschoben werden? Wenn nein, warum nicht?

10.       Wie beurteilen Sie die Entwicklung von derartigen „Veranstaltungen" in den österreichischen

Bundesländern, gerade in Anbetracht des nun erfolgten Beitritts weiterer Staaten zur EU
(Bulgarien und Rumänien) und Visaerleichterungen gegenüber einigen Drittstaaten?

11.                        Wie beurteilen Sie aus kriminal- und gesundheitspolizeilichen Überlegungen die höchst
unterschiedliche Genehmigungspraxis derartiger Veranstaltungen durch die zuständigen
Landesbehörden?

12.                        Werden aus Ihrer Sicht die unterschiedlich geführten Genehmigungsverfahren den in der
Einleitung dieser Anfrage dargestellten Problemstellungen gerecht? Wenn nein, was werden
Sie als Frauenministerin vorschlagen?

13.                        Sehen Sie in Anbetracht dieser Problemstellungen einen legislativen Handlungsbedarf auf
Länder- oder Bundesebene (z.B. in Form eines Art 15 a BVG-Vereinbarung)? Wenn nein,
warum nicht? Wenn ja, was soll geregelt werden?

14.                        Sind diese „Künstlerinnen" bei derartigen Veranstaltungen aus Sicht des Frauenressorts
„selbständig" oder „unselbständig" tätig?

15.                        Welche Auswirkungen sehen Sie in der Entscheidung des Arbeits- und Sozialgerichtes
Linz, in der diese Tätigkeit als normales Arbeitsverhältnis - nämlich als
Arbeitskräfteüberlassung - qualifiziert wurde?

16.                        Werden Sie zur Klarstellung dieser Fragen mit dem BMWA Kontakt aufnehmen?