Entwurf über ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzprokuraturgesetz neu erlassen wird

Inhaltsverzeichnis

I. Allgemeine Bestimmung

§ 1.

II. Aufgaben

§ 2.    Befugnisse

§ 3.    Einschreitungsbefugnis für Mandanten

§ 4.    Auftragsverhältnis

§ 5.    Grundsätze bei der Auftragserfüllung

§ 6.    Vollmacht und Substitution

§ 7.    Haftung

§ 8.    Kosten- und Barauslagenersatz

§ 9.    Kollision

III. Aufbau der Finanzprokuratur

§ 10.

IV. Besondere Bestimmungen für den Anwaltsdienst

§ 11.  Prokuratursanwalt

§ 12.  Leitender Prokuratursanwalt

§ 13.  Ausbildung

§ 14.  Prokuratursprüfung

§ 15.  Rechtsanwaltsprüfung

V. Dienst- und besoldungsrechtliche Bestimmungen

§ 16.  Allgemeines

§ 17.  Dienst- und Fachaufsicht

§ 18.  Aus- und Weiterbildung

§ 19.  Konkurrenzklausel

§ 20.  Heim- und Telearbeit

VI. Schluss- und Übergangsbestimmungen

§ 21.  Verweisungen auf andere Rechtsvorschriften

§ 22.  Personenbezogene Bezeichnungen

§ 23.  Übergangsbestimmungen

§ 24.  Vollzugsklausel

§ 25.  In-Kraft-Treten

I. Allgemeine Bestimmung

§ 1. Die Finanzprokuratur ist eine Einrichtung des Bundes mit Sitz in Wien und ist nach Maßgabe dieses Gesetzes zur umfassenden rechtlichen Beratung und Rechtsvertretung im Interesse des Staates berufen.

II. Aufgaben

Befugnisse

§ 2. (1) Der Finanzprokuratur kommt insbesondere die Befugnis zu,

           1. Rechtsträger als Parteien oder sonst Beteiligte vor allen Gerichten und Verwaltungsbehörden zu vertreten,

           2. zwischen zwei oder mehreren Rechtsträgern eine außergerichtliche Einigung herbeizuführen (Mediation) bzw. bei Streitigkeiten innerhalb eines Rechtsträgers zu vermitteln,

           3. Schiedsgutachten zu erstatten,

           4. bei Gesetzes- und Verordnungsvorhaben zu beraten,

           5. Gesetzes- und Verordnungsentwürfe zu begutachten,

           6. ihre Mandanten in Rechtsangelegenheiten zu beraten, beispielsweise durch Erstattung von Rechtsgutachten, durch Mitwirkung beim Abschluss von Rechtsgeschäften und bei der Abfassung von Rechtsurkunden,

           7. ihren Mandanten generelle Rechtsinformationen anzubieten,

           8. in den gesetzlich vorgesehenen Fällen als Amtspartei einzuschreiten sowie

           9. in zivilrechtlichen Angelegenheiten an den Bund zu richtende Anspruchschreiben auch ohne Vorliegen eines konkreten Auftragsverhältnisses entgegenzunehmen und auf Gefahr des Aufforderers an die zuständige Stelle weiterzuleiten. Sonderregelungen bezüglich Aufforderungsverfahren in anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(2) Der Finanzprokuratur kommen bei der Vertretung und Beratung ihrer Mandanten jedenfalls die Rechte eines Rechtsanwaltes zu, sofern im vorliegenden Gesetz nichts Abweichendes geregelt ist.

(3) Alle öffentlichen Dienststellen einschließlich der Gerichte sind verpflichtet, die Finanzprokuratur in Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen und ihr auf Ersuchen die gewünschten Akten zur Einsicht und Abschriftnahme zu übermitteln oder die Einsichtnahme auf elektronischem Weg zu ermöglichen. Die Finanzprokuratur ist berechtigt, für ihre Zwecke die Übermittlung von amtlichen Veröffentlichungen zu begehren und die Büchereien und Archive der öffentlichen Dienststellen zu benützen.

Einschreitungsbefugnis für Mandanten

§ 3. (1) Der Bund und die Republik Österreich werden von der Finanzprokuratur vor allen ordentlichen Gerichten und in Streitigkeiten wegen vermögensrechtlicher Ansprüche, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind, obligatorisch vertreten. Zustellungen können nur an die Finanzprokuratur rechtswirksam erfolgen. Ferner sind der Bund und die Republik Österreich von der Finanzprokuratur obligatorisch zu beraten.

(2) Nachstehende Mandanten können sich im Einvernehmen mit der Finanzprokuratur vor allen nationalen und internationalen Gerichten sowie Sondergerichten des privaten und des öffentlichen Rechts und Verwaltungsbehörden vertreten und in sämtlichen Rechtsangelegenheiten von dieser beraten lassen.

           1. Rechtsträger, an denen der Bund mehrheitlich direkt oder indirekt beteiligt ist (Grundsatz der Beteiligung);

           2. Rechtsträger, für deren Gebarungsabgang der Bund aufzukommen hat;

           3. Rechtsträger, die von Bundesorganen oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hiezu von Organen des Bundes oder von Rechtsträgern nach Z 1 bestellt sind (Grundsatz der Beherrschung);

           4. Länder, Gemeinden und alle anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts;

           5. Stiftungen und Fonds nach dem Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz, BGBl. Nr. 11/1975, – sofern sie nicht ohnedies unter Ziffer 2 fallen – soweit es sich um die Konstituierung oder die Einbringung des zugewidmeten Vermögens zum Zwecke der Konstituierung handelt.

(3) Die Finanzprokuratur ist ferner berufen, zum Schutz öffentlicher Interessen auch dann einzuschreiten und alle in Betracht kommenden Anträge und Rechtsmittel zu ergreifen, wenn die Dringlichkeit des Falles ihr sofortiges Einschreiten erfordert oder sich keine Behörde für zuständig erachtet. Dies gilt insbesondere für die Sicherung und Einbringung von frommen (gemeinnützigen) Zuwendungen von Todes wegen.

Auftragsverhältnis

§ 4. (1) Die Finanzprokuratur hat für ihre Mandanten auf Grund eines Auftrages einzuschreiten.

(2) Bei Gefahr im Verzug hat die Finanzprokuratur vorerst auch ohne konkreten Auftrag tätig zu werden, sofern sie dies für notwendig erachtet, um von einem Mandanten nach § 3 Abs. 1 drohenden Schaden abzuwenden. Ein derartiges Einschreiten hat sie unverzüglich ihrem Mandanten bekannt zu geben.

(3) Erteilt ein Mandant, für den die Finanzprokuratur obligatorisch einzuschreiten hat, der Finanzprokuratur einen Auftrag, so ist diese verpflichtet, diesem Verlangen zu entsprechen, es sei denn, dass der Auftrag nach ihrer Ansicht zu den Bestimmungen, die von der Finanzprokuratur auf die Auftragserteilung und -erfüllung anzuwenden sind, in Widerspruch steht. In diesem Fall hat sie ihre Bedenken dem Auftraggeber unverzüglich mitzuteilen und falls keine Einigung zustande kommt, den jeweils zuständigen obersten Organen über den Fall zu berichten.

(4) Nach Auftragserteilung durch einen Mandanten ist diesem ehest möglich mitzuteilen, ob dem Auftrag entsprochen wird.

(5) Jeder Auftraggeber hat die Finanzprokuratur über den Sachverhalt umfassend zu informieren und mit ihr den konkreten Umfang des Auftrages festzulegen. Wird die Herausgabe von Informationen, die das Auftragsverhältnis betreffen, von der Finanzprokuratur begehrt, so kann sich diese unter Verweis auf den Auftraggeber auf Vertraulichkeit berufen.

(6) Die Auftragsannahme verpflichtet die Finanzprokuratur, im Einvernehmen mit dem Mandanten alle nach dem Gesetz zulässigen und im Interesse des Mandanten gelegenen Maßnahmen zu ergreifen. Insbesondere hat sie Rechtsmittel wie etwa Berufung, Revision, Rekurs, Wiedereinsetzungsantrag, Wider-, Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklagen und dergleichen zu erheben und die sorgfaltsgemäß gebotenen Sicherstellungen, einstweiligen Verfügungen und dergleichen zu beantragen, soweit sich die betreffende Vorgangsweise nicht bereits im Vorhinein als aussichtslos oder wirtschaftlich unvertretbar darstellt.

(7) Vor rechtswirksamer Verfügung über einen Anspruch oder eine Verbindlichkeit des Mandanten hat die Finanzprokuratur das Einvernehmen mit diesem herzustellen, es sei denn, dass ihr Vorhaben für den Vertretenen zweifellos vorteilhaft wäre oder es sich um Sachen von untergeordneter Bedeutung handelt. In Verlassenschaftsabhandlungen ist die Finanzprokuratur ermächtigt, Passivposten bis zur Höhe von 20 000 Euro auch ohne vorherige Zustimmung des Mandanten anzuerkennen, wenn sie nach sorgfältiger Prüfung zur Auffassung gelangt, dass die Forderung zu Recht besteht.

(8) Ohne nachweisliche Zustimmung der Finanzprokuratur ist es dem Auftraggeber nicht gestattet, ihre schriftlichen Erledigungen in laufenden Verfahren an Dritte weiterzugeben.

Grundsätze bei der Auftragserfüllung

§ 5. Die Finanzprokuratur ist in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben zur Wahrung der Interessen des Staates in rechtlichen Belangen berufen. Sie ist dabei zur umfassenden Interessenwahrung verpflichtet und hat mit der erforderlichen Sorgfalt und Umsicht vorzugehen.

Vollmacht und Substitution

§ 6. (1) Im Außenverhältnis ist die Einschreitungsbefugnis der Finanzprokuratur unbeschränkt.

(2) Die Berufung der Finanzprokuratur auf ihre Bevollmächtigung ersetzt in allen Verfahren vor Gerichten oder Behörden deren urkundlichen Nachweis.

(3) Jeder mit einer Amtslegitimation versehene Mitarbeiter der Finanzprokuratur ist zum Einschreiten für diese ermächtigt, und zwar auch dann, wenn nach den jeweiligen Verfahrensvorschriften die Vertretung durch einen Rechtsanwalt geboten ist.

(4) Sofern ein Auftraggeber nicht ausdrücklich einer Substitution widerspricht, kann die Finanzprokuratur mit ihrer Vertretung auch einen Rechtsanwalt und in den Fällen, in denen sich Parteien sonst nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen (§ 27 Zivilprozessordnung [ZPO], RGBl. Nr. 113/1895; § 10 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 [AVG], BGBl. Nr. 51 ua.), auch einen Bediensteten einer anderen öffentlichen Dienststelle betrauen. Die Betrauung durch die Finanzprokuratur ist durch Vorlage einer Legitimation nachzuweisen.

(5) Soweit keine Anwaltspflicht besteht, sind die Finanz- und Zollämter ermächtigt, zur Sicherung und Einbringung von Steuern, Gebühren, Zöllen und sonstigen öffentlichen Abgaben in Vertretung der Finanzprokuratur bei den Gerichten einzuschreiten. Ungeachtet dessen kann die Finanzprokuratur die Vertretung jederzeit für sich in Anspruch nehmen.

Haftung

§ 7. (1) Der Bund haftet für Schäden, die in Erfüllung eines Auftrags durch rechtswidriges und schuldhaftes Fehlverhalten einer der Finanzprokuratur zuzurechnenden Person verursacht werden, bis zur Höhe der Mindestversicherungssumme nach § 21a Abs. 4 Rechtsanwaltsordnung (RAO), RGBl. Nr. 96/1868.

(2) Der Dienstnehmer, der den Schaden verursacht hat, haftet Dritten nicht unmittelbar. Eine Haftung gegenüber dem Bund besteht nur in jenen Fällen, in denen der Dienstnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig den Schaden herbeigeführt hat und der Bund nach Abs. 1 dieser Bestimmung zur Ersatzleistung herangezogen wurde oder selbst unmittelbar Geschädigter ist.

Kosten- und Barauslagenersatz

§ 8. (1) Der Finanzprokuratur gebührt der Zuspruch der Kosten gleich einem Rechtsanwalt, und zwar auch dann, wenn sie sich durch einen Bediensteten einer anderen Dienststelle vertreten lässt oder diese für sie nach § 6 Abs. 4 oder 5 einschreitet.

(2) Die von der Finanzprokuratur vertretenen Rechtsträger sind verpflichtet, ihr die gesamten durch die Vertretung entstandenen Barauslagen zu ersetzen, sofern diese Auslagen nicht ohne erheblichen Aufwand von der Gegenpartei hereingebracht werden können. Dessen ungeachtet kann die Finanzprokuratur einen angemessenen Vorschuss auf die Barauslagen begehren.

(3) Die Finanzprokuratur hat von ihren vom Bund verschiedenen Mandanten für ihre Tätigkeit zusätzlich zum Barauslagenersatz ein angemessenes Entgelt gemäß §§ 49 und 49a Bundeshaushaltsgesetz (BHG), BGBl. Nr. 213/1986, zu fordern.

Kollision

§ 9. (1) Wird die Finanzprokuratur in derselben Sache von zwei Mandanten beauftragt, deren Interessen einander widerstreiten, so hat sie,

           1. wenn sie den einen von ihnen obligatorisch, den anderen nur im Einvernehmen zu vertreten oder zu beraten hätte, nur für den erstgenannten Mandanten einzuschreiten;

           2. im Fall der Beratung und Vertretung im Einvernehmen, wenn beide Mandanten dem in § 3 Abs. 3 umschriebenen Personenkreis angehören, nur einen zu beraten und zu vertreten;

(2) Unbeschadet dessen kann die Finanzprokuratur auf Verlangen zweier oder mehrerer Mandanten an einer einvernehmlichen Lösung mitwirken (Mediation) oder ein Schiedsgutachten erstatten.

III. Aufbau der Finanzprokuratur

§ 10. (1) Die Finanzprokuratur wird von ihrem Präsidenten geleitet, der zumindest jene Voraussetzungen zu erfüllen hat, die für die Bestellung zum Prokuratursanwalt erforderlich sind.

(2) Im Fall seiner Verhinderung obliegt die Vertretung dem an Lebensjahren ältesten Leitenden Prokuratursanwalt.

(3) Die Organisation der Finanzprokuratur hat jedenfalls ein Präsidium, die notwendige Anzahl von nach sachlichen Kriterien gegliederten Geschäftsfeldern, denen jeweils ein Leitender Prokuratursanwalt vorsteht, eine für das Rechnungswesen verantwortliche Organisationseinheit sowie einen entsprechenden Sekretariats- und Hilfsdienst vorzusehen, wobei die nähere innere Organisation in einer Geschäftsverteilung durch den Präsidenten festzulegen ist.

(4) Die Prokuratursanwälte sind vom Präsidenten den Geschäftsfeldern und dem Präsidium zuzuteilen.

(5) Die Zuteilung der Prokuratursanwälte zu den einzelnen Geschäftsfeldern ist vom Leiter der Finanzprokuratur so vorzunehmen, dass eine möglichst gleichmäßige Auslastung aller Prokuratursanwälte erreicht werden kann.

(6) Der Zuteilung eines Prokuratursanwaltes zum Präsidium hat eine Ausschreibung unter sinngemäßer Anwendung des Ausschreibungsgesetzes 1989 (AusG), BGBl. Nr. 85, voranzugehen. Neben den Aufgaben eines Prokuratursanwaltes hat er zudem den Präsidenten bei allgemeinen, die Dienststelle betreffenden Angelegenheiten umfassend zu unterstützen. Ein dem Präsidium zugeteilter Prokuratursanwalt trägt die Funktionsbezeichnung Präsidialanwalt.

(7) Die einlangenden Geschäftsfälle sind auf die einzelnen Geschäftsfelder entsprechend der vom Präsidenten zu erlassenden Geschäftsverteilung aufzuteilen.

IV. Besondere Bestimmungen für den Anwaltsdienst

Prokuratursanwalt

§ 11. (1) Die im Anwaltsdienst der Finanzprokuratur tätigen Dienstnehmer haben unbeschadet der allgemeinen Anstellungserfordernisse, binnen fünf Jahren vom Zeitpunkt des Eintritts in den Anwaltsdienst der Finanzprokuratur die erfolgreiche Ablegung der Rechtsanwalts- und der Prokuratursprüfung nachzuweisen, anderenfalls das Dienstverhältnis endet.

(2) Nach erfolgreicher Ablegung der Rechtsanwalts- und der Prokuratursprüfung sowie nach Ablauf einer daran anschließenden Praxiszeit von drei Jahren in der Finanzprokuratur ist der Mitarbeiter im Anwaltsdienst zum Prokuratursanwalt zu bestellen. Die Bestellung zum Prokuratursanwalt unterliegt nicht dem AusG. In besonders begründeten Fällen kann die erforderliche Praxiszeit vom Präsidenten um die Hälfte verkürzt oder bis auf das Zweifache verlängert werden.

(3) Mit der Bestellung ist der Prokuratursanwalt einem Geschäftsfeld oder dem Präsidium zuzuteilen und hat die ihm obliegenden Aufgaben innerhalb des Geschäftsfeldes selbständig und eigenverantwortlich wahrzunehmen. Daneben kann der Prokuratursanwalt mit der geschäftsfeldübergreifenden umfassenden Betreuung von Mandanten bertraut werden (Kundenbetreuer).

Leitender Prokuratursanwalt

§ 12. (1) Jedem Geschäftsfeld steht ein Leitender Prokuratursanwalt vor. Ihm obliegt die unmittelbare Dienst- und Fachaufsicht über die im jeweiligen Geschäftsfeld tätigen Mitarbeiter, insbesondere

           1. die Führung der jährlichen Mitarbeitergespräche und Teamarbeitsgespräche im Sinne des Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG), BGBl. Nr. 333,

           2. die Festlegung konkreter Leistungsziele unter Einbeziehung der Mitarbeiter des Geschäftsfeldes und die anschließende Verhandlung der Zielvereinbarung mit dem Leiter der Finanzprokuratur,

           3. die Koordination der Aufgabenerfüllung im Geschäftsfeld,

           4. die Erstellung und regelmäßige Anpassung von Grundsätzen für die Verteilung der Geschäftsfälle im Zusammenwirken mit den im Geschäftsfeld tätigen Prokuratursanwälten,

           5. die Ausbildung der Mitarbeiter, die noch nicht die Grundausbildung beendet haben, im Zusammenwirken mit den Prokuratursanwälten des Geschäftsfeldes,

           6. die Erstellung eines jährlichen Konzepts über die Weiterbildung der Mitarbeiter des Geschäftsfeldes,

           7. die Umsetzung des vom Präsidenten erstellten Fortbildungsprogramms.

(2) Der Leitende Prokuratursanwalt kann vom Präsidenten durch Bescheid bzw. durch schriftliche Erklärung von seiner Funktion abberufen werden, wenn er die Aufgaben nach Abs. 1 nachhaltig mangelhaft wahrnimmt oder schwerwiegend verletzt. Mit der Abberufung von dieser Funktion ist der Verlust der besonderen Leiterzulage verbunden; unbeschadet dessen bleibt er Prokuratursanwalt.

(3) Die Funktion des Leitenden Prokuratursanwaltes ist auszuschreiben. Die Bestimmungen des AusG sind sinngemäß anzuwenden. Der Leitende Prokuratursanwalt hat jedenfalls die Voraussetzungen für die Bestellung zum Prokuratursanwalt zu erfüllen.

Ausbildung

§ 13. (1) Die Grundausbildung soll die für den anwaltlichen Dienst bei der Finanzprokuratur erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnisse und Fähigkeiten, insbesondere auf den Gebieten der Rechtsvertretung und Rechtsberatung, vermitteln, erweitern und vertiefen.

(2) Der Auszubildende ist tunlichst in verschiedenen Geschäftsfeldern zu verwenden.

(3) Gegenstände der Grundausbildung sind

           1. Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Wirtschaftsrecht (Unternehmens- und Wertpapierrecht, Immaterialgüterrecht, gewerblicher Rechtsschutz, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsrecht), einschließlich des zivilgerichtlichen Verfahrensrechtes, sowie Grundzüge des Internationalen Privatrechtes und des Europarechtes;

           2. Verfassungsrecht, Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit, Grundzüge des Verwaltungsrechtes und des Verwaltungsverfahrensrechtes;

           3. Grundzüge des Abgabenrechtes;

           4. Rechte und Pflichten der Bundesbediensteten und

           5. für den anwaltlichen Dienst bei der Finanzprokuratur in besonderem Maße bedeutsame Rechtsvorschriften.

(4) Die Grundausbildung kann in Form der Schulung am Arbeitsplatz, der praktischen Verwendung, des Selbststudiums und des Besuches von Seminaren und Lehrgängen (einschließlich elektronischer Medien) erfolgen.

(5) Auf die Grundausbildung sind der Besuch von Übungskursen zur Ausbildung von Richteramtsanwärtern gemäß § 14 Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG), BGBl. Nr. 305/1961, sowie der Besuch von Ausbildungsveranstaltungen für Rechtsanwaltsanwärter gemäß der nach § 37 Z 3 RAO erlassenen Ausbildungsrichtlinie anzurechnen.

Prokuratursprüfung

§ 14. (1) Die Prüfung für den Finanzprokuratursdienst besteht aus einem schriftlichen und mündlichen Teil.

(2) Die schriftliche Prüfung ist als Klausurarbeit abzuhalten und darf nicht länger als acht Stunden dauern. Mit der schriftlichen Prüfung hat der auszubildende Dienstnehmer nachzuweisen, dass er in der Lage ist, eine eingehende rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes aus dem Gebiet der unter § 13 Abs. 3 Z 1 oder Z 2 angeführten Gegenstände der Grundausbildung vorzunehmen.

(3) Die mündliche Prüfung ist vor einem Prüfungssenat abzulegen und umfasst die Gegenstände der Grundausbildung.

(4) Über die erfolgreiche Absolvierung der schriftlichen und mündlichen Prüfung entscheidet der Prüfungssenat mit Stimmenmehrheit. Stellt der Prüfungssenat darüber hinaus fest, dass der Prüfungserfolg in bestimmten Gegenständen als ausgezeichnet zu bewerten ist, so sind der Angabe des Prüfungserfolges die Worte „mit Auszeichnung aus …“ anzufügen. Über die bestandene Prüfung ist ein Zeugnis auszustellen.

(5) Eine nicht bestandene Gesamtprüfung kann zweimal wiederholt werden.

(6) Der Prüfungssenat besteht aus einem Vorsitzenden und vier weiteren Mitgliedern.

(7) Vorsitzender des Prüfungssenates ist der Präsident oder ein Leitender Prokuratursanwalt; er hat zumindest einen Gegenstand der mündlichen Prüfung zu prüfen. Der Präsident bestimmt die Mitglieder des Prüfungssenates, dabei sind jedenfalls ein Richter oder ein Bediensteter des Bundesministeriums für Justiz und ein weiterer Bediensteter der Finanzprokuratur vorzusehen.

Rechtsanwaltsprüfung

§ 15. Die Rechtsanwaltsprüfung ist entsprechend den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1985, mit dem Bestimmungen über die Rechtsanwaltsprüfung und über sonstige Erfordernisse zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft getroffen werden (Rechtsanwaltsprüfungsgesetz - RAPG), BGBl. Nr. 556/1985, abzulegen.

V. Dienst- und besoldungsrechtliche Bestimmungen

Allgemeines

§ 16. Für die Finanzprokuratur gelten die dienstrechtlichen und besoldungsrechtlichen Bestimmungen für die Dienstnehmer des Bundes (insbesondere BDG, GehG, VBG) insoweit, als dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

Dienst- und Fachaufsicht

§ 17. (1) Die Finanzprokuratur ist Dienstbehörde erster Instanz und Personalstelle im Sinne des Vertragsbedienstetengesetzes.

(2) Dem Präsidenten kommt die Dienst- und Fachaufsicht über alle Bediensteten zu, dem Leitenden Prokuratursanwalt über jene Bediensteten, die seinem Geschäftsfeld zugeteilt sind. Außerhalb der einzelnen Geschäftsfelder können Leiter von Organisationseinheiten vom Präsidenten der Finanzprokuratur mit der Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht betraut werden.

(3) Die Dienstaufsicht und die Fachaufsicht in Personal- und Disziplinarangelegenheiten über die Finanzprokuratur obliegt dem Bundesminister für Finanzen.

Aus- und Weiterbildung

§ 18. (1) Unter Beachtung der besonderen Anstellungserfordernisse sind alle Bediensteten der Finanzprokuratur verpflichtet, die nach §§ 26 ff BDG, § 67 Vertragsbedienstetengesetz 1948 (VBG), BGBl. Nr. 86, sowie nach diesem Bundesgesetz vorgesehene Grundausbildung zu absolvieren und die Dienstprüfungen erfolgreich abzulegen.

(2) Neben der Verpflichtung zum erfolgreichen Abschluss der Grundausbildung haben sich alle Bediensteten der Finanzprokuratur gemäß einem vom Präsidenten zu erstellenden Fortbildungsprogrammes weiterzubilden. Bei dessen Erstellung ist auf die allgemeinen dienstlichen Erfordernisse und die Anforderungen des Arbeitsplatzes Rücksicht zu nehmen. Die Weiterbildung ist nachzuweisen.

(3) Für den Fall der Auflösung des Dienstverhältnisses sind die Kosten der Ausbildung entsprechend § 20 Abs. 4 BDG bzw. § 30 Abs. 5 VBG rückzuerstatten. Gleiches gilt für die vom Dienstgeber getragenen Aufwendungen für Weiterbildungsmaßnahmen. Von der Rückersatzverpflichtungen kann in begründeten Fällen durch den Leiter der Finanzprokuratur abgesehen werden.

Konkurrenzklausel

§ 19. Einem aus dem Prokuratursdienst ausgeschiedenen Prokuratursanwalt ist es nicht gestattet, innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nach seinem Ausscheiden einen Mandanten der Finanzprokuratur, für den er Kundenbetreuer war, rechtlich zu beraten oder zu vertreten.

Heim- und Telearbeit

§ 20. (1) Für die Finanzprokuratur gelten die Dienstzeitbestimmungen der §§ 47a bis 51 BDG. In der Geschäftsverteilung sind hiezu nähere Regelungen im Sinne des § 48 Abs 3 BDG zu erlassen.

(2) Soweit nicht dienstliche oder sonstige öffentliche Interessen entgegenstehen, kann der Präsident Bediensteten der Finanzprokuratur gestatten, bestimmte Aufgaben außerhalb ihrer Dienststelle zu besorgen, wenn

           1. sich der Bedienstete hinsichtlich Arbeitserfolg, Einsatzbereitschaft und der Fähigkeit zu selbständigem Arbeiten bewährt hat,

           2. die Erreichung des vom Bediensteten zu erwartenden Arbeitserfolges durch ergebnisorientierte Kontrollen festgestellt werden kann,

           3. für den Dienstgeber durch diese Art der Dienstverrichtung kein erheblicher Mehraufwand entsteht.

(3) Die Mitarbeiter haben die für die Wahrung der Amtsverschwiegenheit und anderer Geheimhaltungspflichten erforderlichen Vorkehrungen zu treffen und ihre telefonische Erreichbarkeit an diesen Tagen sicherzustellen.

(4) Macht der Präsident von dieser Möglichkeit Gebrauch, so hat er mit Dienstanweisung die Voraussetzungen für die Besorgung von Aufgaben außerhalb der Dienststelle zu regeln. Insbesondere sind zur Erreichung der Ziele und zur Erhaltung des ordentlichen Dienstbetriebes

           1. die erforderlichen Anwesenheitspflichten an der Dienststelle und

           2. der Ablauf dieser Art der Dienstverrichtung festzulegen.

(5) Der Bedienstete hat keinen Rechtsanspruch auf den Ersatz von Kosten, die ihm durch die Ausübung von Tele- oder Heimarbeit entstehen.

VI. Schluss- und Übergangsbestimmungen

Verweisungen auf andere Rechtsvorschriften

§ 21. Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, beziehen sich diese Verweise auf deren jeweils geltende Fassung.

Personenbezogene Bezeichnungen

§ 22. Die in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Ausdrücke umfassen Frauen und Männer gleichermaßen.

Übergangsbestimmungen

§ 23. (1) Sämtliche im Anwaltsdienst der Finanzprokuratur stehenden Bediensteten, die mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes sowohl die gesetzlich oder vertraglich vorgesehene Prokuraturs- als auch die Rechtsanwaltsprüfung erfolgreich absolviert haben, haben ab diesem Zeitpunkt die Stellung und Funktion eines Prokuratursanwaltes. Aus der Gesamtheit der Prokuratursanwälte ist die erforderliche Anzahl von Leitenden Prokuratursanwälten und ein dem Präsidium zuzuteilender Prokuratursanwalt zu bestellen. Dem bestellten Präsidenten kommt weiterhin diese Funktion zu.

(2) Soweit die Besetzung von Funktionen den Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes unterliegt, ist die Ausschreibung so zeitgerecht vorzunehmen, dass eine Besetzung jedenfalls zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes mit 1. Jänner 2009 erfolgen kann.

Vollzugsklausel

§ 24. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Finanzen betraut.

Verweisungen

§ 25. Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

In-Kraft-Treten

§ 26. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ausnahme des § 23 am 1. Jänner 2009 in Kraft.

(2) Mit diesem Zeitpunkt tritt das Prokuraturgesetz , StGBl. Nr. 172/1945, außer Kraft.