Entwurf

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes

Das Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 147/2006, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 40 Abs. 4d wird folgender Abs. 4e eingefügt:

„(4e) In den Unternehmen im Sinne des VIII. Teiles ist nach Maßgabe des VIII. Teiles ein besonderes Verhandlungsgremium oder ein besonderes Entsendungsgremium einzusetzen.“

2. In § 113 Abs. 2 Z 11 werden der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 12 angefügt:

       „12. Entsendung von Arbeitnehmervertretern in das besondere Verhandlungsgremium (§ 261 iVm §§ 217, 218) oder in das besondere Entsendungsgremium (§ 262 iVm §§ 217, 218) und in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft (§ 261 bzw. § 262 iVm § 247).“

3. In § 113 Abs. 4 Z 10 werden der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 11 angefügt:

       „11. Entsendung von Arbeitnehmervertretern in das besondere Verhandlungsgremium (§ 261 iVm §§ 217, 218) oder in das besondere Entsendungsgremium (§ 262 iVm §§ 217, 218) und in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft (§ 261 bzw. § 262 iVm § 247).“

4. In § 113 Abs. 5 Z 10 werden der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 11 angefügt:

       „11. Entsendung von Arbeitnehmervertretern in das besondere Verhandlungsgremium (§ 261 iVm §§ 217, 218) oder in das besondere Entsendungsgremium (§ 262 iVm §§ 217, 218) und in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft (§ 261 bzw. § 262 iVm § 247).“

5. In § 134 Abs. 1 erhält die bisherige Z 4 die Bezeichnung „Z 3“.

6. In § 230 Abs. 2 Z 2 wird die Wortfolge „das Verfahren, nach denen“ durch die Wortfolge „das Verfahren, nach dem“ ersetzt.

7. Nach § 257 wird folgender VIII. Teil eingefügt:

„VIII. Teil

Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften

Geltungsbereich

§ 258. (1) Die Bestimmungen des VIII. Teiles gelten für Unternehmen, die unter den II. Teil fallen, aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften hervorgehen oder hervorgehen sollen und ihren Sitz im Inland haben oder haben werden, wenn

           1. in den sechs Monaten vor der Veröffentlichung des Verschmelzungsplanes mindestens eine der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften durchschnittlich mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt und in dieser Gesellschaft ein System der Mitbestimmung im Sinne des § 212 Abs. 4 besteht, oder

           2. das österreichische Recht für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft nicht mindestens den gleichen Umfang an Mitbestimmungsrechten der Arbeitnehmer vorsieht, wie er in den jeweiligen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften bestanden hat, oder

           3. das österreichische Recht für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft für Arbeitnehmer in Betrieben dieser Gesellschaft, die sich in anderen Mitgliedstaaten befinden, nicht den gleichen Anspruch auf Mitbestimmung der Arbeitnehmer vorsieht, wie er den Arbeitnehmern in Österreich gewährt wird.

(2) Der Umfang der Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer im Sinne des Abs. 1 Z 2 bemisst sich nach dem Anteil der Arbeitnehmervertreter im Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan oder seiner Ausschüsse oder des Leitungsgremiums, das für die Ergebniseinheiten einer Gesellschaft zuständig ist.

(3) Im Fall einer grenzüberschreitenden Verschmelzung durch Aufnahme gelten die Bestimmungen des VI. Teiles, sofern an der Verschmelzung eine Europäische Gesellschaft als aufnehmende Gesellschaft beteiligt ist. In allen übrigen von Abs. 1 Z 1 bis 3 nicht erfassten Fällen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung bleibt § 110 von den Bestimmungen des VIII. Teiles unberührt.

Begriffsbestimmungen

§ 259. (1) Unter beteiligten Gesellschaften im Sinne des VIII. Teiles sind die an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Kapitalgesellschaften zu verstehen.

(2) Unter Tochtergesellschaft einer beteiligten Gesellschaft im Sinne des VIII. Teiles ist ein Unternehmen zu verstehen, auf das die betreffende Gesellschaft einen beherrschenden Einfluss im Sinne des § 176 ausübt.

(3) Unter betroffener Tochtergesellschaft ist eine Tochtergesellschaft einer beteiligten Gesellschaft zu verstehen, die zur Tochtergesellschaft der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft werden soll.

(4) Unter betroffenem Betrieb ist ein Betrieb einer beteiligten Gesellschaft zu verstehen, der zum Betrieb der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft werden soll.

Organe der Arbeitnehmerschaft

§ 260. In den Unternehmen, die die Voraussetzungen des § 258 Abs. 1 erfüllen, ist nach Maßgabe der Bestimmungen des VIII. Teiles ein besonderes Verhandlungsgremium oder ein besonderes Entsendungsgremium einzusetzen.

Anwendbarkeit der Bestimmungen über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gesellschaft

§ 261. (1) Im Übrigen gelten für Unternehmen im Sinne des § 258 die Bestimmungen des VI. Teiles über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gesellschaft, soweit sich diese auf das Recht auf Mitbestimmung beziehen, mit der Maßgabe, dass in jenen Fällen, in denen in diesen Bestimmungen nach der Art der Gründung der Europäischen Gesellschaft unterschieden wird, die für den Fall der Gründung durch Verschmelzung geltende Rechtsvorschrift anzuwenden ist.

(2) Wenn innerhalb des gemäß § 226 für die Verhandlungen bestimmten Zeitraumes keine Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer zustande gekommen ist, sind die §§ 246 und 247 mit der Maßgabe anzuwenden, dass das besondere Verhandlungsgremium an die Stelle des SE-Betriebsrates tritt.

(3) Wenn das besondere Verhandlungsgremium einen Beschluss gemäß § 227 Abs. 1 fasst, so sind auf die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft die Bestimmungen des VI. Teiles anzuwenden, sofern es sich um eine Verschmelzung durch Aufnahme handelt und an der Verschmelzung eine Europäische Gesellschaft als aufnehmende Gesellschaft beteiligt ist. In allen übrigen Fällen ist auf die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft § 110 anzuwenden. § 227 Abs. 3 und 4 sind nicht anzuwenden.

(4) § 244 Abs. 2 Z 2 gilt mit der Maßgabe, dass an die Stelle des in dieser Bestimmung festgelegten Anteiles von mindestens 25% der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften der Anteil von mindestens einem Drittel der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften tritt.

Anwendung der Bestimmungen über die Mitbestimmung kraft Gesetzes ohne Verhandlungen

§ 262. (1) Die zuständigen Leitungs- und Verwaltungsorgane der beteiligten Gesellschaften können beschließen, keine Verhandlungen gemäß § 261 in Verbindung mit den Bestimmungen des 2. Hauptstückes des VI. Teiles zu führen. Wird ein solcher Beschluss gefasst, so gelten in der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft die Bestimmungen über die Mitbestimmung kraft Gesetzes gemäß dem 3. Abschnitt des 3. Hauptstückes des VI. Teiles mit Ausnahme des § 244.

(2) Die zuständigen Leitungs- und Verwaltungsorgane haben die Arbeitnehmervertreter oder die Arbeitnehmer ‑ nach Maßgabe des anzuwendenden Rechtes ‑ der beteiligten Gesellschaften von einem Beschluss nach Abs. 1 erster Satz unverzüglich zu informieren und auf das Erfordernis der Errichtung eines besonderen Entsendungsgremiums hinzuweisen. Im Übrigen gilt § 215 Abs. 3 Z 2 bis 5 sowie Abs. 4 und 5 sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle des besonderen Verhandlungsgremiums das besondere Entsendungsgremium tritt.

(3) Das besondere Entsendungsgremium ist unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen über das besondere Verhandlungsgremium (§ 216 Abs. 1) zu errichten. Die Entsendung der österreichischen Mitglieder in das besondere Entsendungsgremium erfolgt gemäß § 217.

(4) Das besondere Entsendungsgremium hat die Aufgabe, über die Verteilung der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsrat der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft auf die Arbeitnehmervertreter aus verschiedenen Mitgliedstaaten der in den einzelnenen Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer dieser Gesellschaft, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe gemäß § 246 zu entscheiden. Die Entsendung der österreichischen Arbeitnehmervertreter erfolgt gemäß § 247. Soweit über die Besetzung der anderen Mitgliedstaaten gemäß dem ersten Satz zugewiesenen Sitze in diesen Mitgliedstaaten keine Regelung getroffen ist, bestimmt das besondere Entsendungsgremium die Entsendung der Arbeitnehmervertreter.

(5) Tritt in der Struktur oder der Arbeitnehmerzahl der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft eine solche Änderung ein, dass diese gegenüber der ersten Beschlussfassung gemäß Abs. 4 eine andere Verteilung der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsrat oder gegebenenfalls eine andere Entsendung der österreichischen Arbeitnehmervertreter bedingt hätte, so hat das besondere Entsendungsgremium über die Verteilung der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsrat gemäß § 246 und gegebenenfalls über die Entsendung der österreichischen Arbeitnehmervertreter gemäß § 247 unter Berücksichtigung der eingetretenen Änderung neu zu entscheiden.

(6) Für das besondere Entsendungsgremium gelten im Übrigen die Bestimmungen der §§ 219 Abs. 1 und 2, 220 Abs. 2, 221 Abs. 1, 224, 250 und 251 Abs. 1.

Weitere Anwendbarkeit bestehender Systeme der Mitbestimmung im Fall nachfolgender innerstaatlicher Verschmelzungen

§ 263. Wenn die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft in der Folge mit einer Gesellschaft mit Sitz in Österreich verschmolzen wird, gilt, sofern es sich nicht um einen Fall des § 258 Abs. 3 erster Satz handelt, für die aus dieser Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft § 110, es sei denn, dass dessen Anwendung zu einer Minderung der Mitbestimmungsrechte gemäß § 221 Abs. 4 führen würde. In diesem Fall gelten für eine Dauer von drei Jahren nach Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung die bisher für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft maßgeblichen Mitbestimmungsregelungen für die aus der nachfolgenden innerstaatlichen Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft weiter.“

8. Der bisherige VIII. Teil erhält die Bezeichnung „IX. Teil“.

9. Der bisherige § 258 erhält die Bezeichnung „§ 264“.

10. Der bisherige § 259 erhält die Bezeichnung „§ 265“; ihm wird nach Abs. 18 folgender Abs. 19 angefügt:

„(19) § 40 Abs. 4e, § 113 Abs. 2 Z 12, Abs. 4 Z 11, Abs. 5 Z 11, 134 Abs. 1 Z 3, 230 Abs. 2 Z 2 sowie die Bestimmungen des VIII. Teiles in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/XXX treten mit 15. Dezember 2007 in Kraft.“

Artikel II

Änderung des Bundesgesetzes über die Post-Betriebsverfassung

Das Post-Betriebsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 326/1996, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 104/2006, wird wie folgt geändert:

1. § 76 Abs. 4 lautet:

„(4) Die Bestimmungen des V., VI., VII. und VIII. Teiles des ArbVG gelten für Unternehmen, die diesem Bundesgesetz unterliegen, mit der Maßgabe, dass die den Organen nach dem ArbVG zukommenden Aufgaben von den nach diesem Bundesgesetz errichteten Organen wahrzunehmen sind.“

2. Nach § 81 Abs. 9 wird folgender Abs. 10 angefügt:

„(10) § 76 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/XXX tritt mit 15. Dezember 2007 in Kraft.“

Artikel III

Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes

Das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 104/2006, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 5d wird folgender § 5e eingefügt:

§ 5e. (1) Für Rechtsstreitigkeiten, die sich auf das besondere Verhandlungsgremium oder das besondere Entsendungsgremium sowie auf die Mitbestimmung gemäß den Bestimmungen des VIII. Teiles des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974, oder auf gleichartige österreichische Rechtsvorschriften beziehen, ist nur das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz hat oder haben soll. Für Rechtsstreitigkeiten, die sich auf § 260 in Verbindung mit § 209 ArbVG beziehen, ist nur das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel die beteiligte Gesellschaft ihren Sitz hat oder hatte.

(2) Die inländische Gerichtsbarkeit für die im Abs. 1 genannten Rechtsstreitigkeiten ist nur dann gegeben, wenn

           1. die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz im Inland hat oder haben soll oder

           2. es sich um Angelegenheiten handelt, für die die Bestimmungen des VIII. Teiles des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974, gemäß § 260 in Verbindung mit § 209 ArbVG auch dann gelten, wenn der Sitz der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft nicht im Inland liegt oder liegen wird.“

2. § 50 Abs. 2 lautet:

„(2) Ferner sind Arbeitsrechtssachen Streitigkeiten über Rechte oder Rechtsverhältnisse, die sich aus dem II., V., VI., VII. oder VIII. Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974 (betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten), oder aus gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften ergeben.“

3. Nach § 98 Abs. 14 wird folgender Abs. 15 angefügt:

„(15) § 5e und § 50 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/XXX treten mit dem 15. Dezember 2007 in Kraft.“