14/PET XXIII. GP
Eingebracht am 06.06.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Petition

Mag.a Gisela Wurm
Abgeordnete zum Nationalrat Parlamentsfraktion
der Republik Österreich
Vorsitzende des Ausschusses für Petitionenn und Bürgerinitiativen
Tel. 40110/0
Fax 40130/3455
http://spoe.parlament.gv.at
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
im Hause
Wien, am 30. Mai 2007
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
In der Anlage übermittle ich die Parlamentarische
Petition betreffend einer „Erklärung der
österreichischen
Bürger- und Bürgerinnenkonferenz"
gemäß § 100 Abs. 1 Z1 GOG mit dem
Ersuchen um geschäftsordnungsmäßige Behandlung.
Mit freundlichen Grüßen
Mag.a Gisela Wurm
Anlage: „Erklärung der österreichischen Bürger- und Bürgerinnenkonferenz"
Die Sozialdemokratische Parlamentsfraktion
Klub der sozialdemokratischen Abgeordneten zum Nationalrat,
Bundesrat und Europäischen Parlament
Austria -1017 Wien, Parlament
DVR 0636746

Die Bürger- und Bürgerinnenerklärung aus Österreich
Präambel
Nach Ablauf eines Jahres muss die EU einen Rechenschaftsbericht vorgelegen, der die konkreten Schritte der Umsetzung der Visionen <und Forderungen der Bürger/Innen, die am Prozess der Bürgerkonferenzen in Österreich und allen Mitgliedsländern teilgenommen haben redaktionelle Anm.> definiert, ansonsten sehen wir die Zukunft der EU gefährdet.
1) ENERGIE UNO UMWELT
Wir wollen in einem Europa leben, das ...
unter dem Grundsatz der Nachhaltigkeit effizient mit seinen Ressourcen umgeht und Verantwortung für den eigenen Konsum übernimmt; das alternative Energien fördert und auf Atomkraftwerke verzichtet, um Kultur- und Naturgut zu schützen und für die nächsten Generationen gentechnikfrei zu erhalten sowie das Bewusstsein für Zusammenhänge zwischen Umwelt und Energie fördert und stärkt.
Die Rolle, die die EU spielen sollte:
1. Die EU sollte in Bezug auf die umweltbezogene Bewusstseinsbildung und die Entwicklung nachhaltiger Technologien eine fördernde Rolle spielen, weil Umwelt keine von Menschen gezogenen Grenzen kennt.
2. Die EU sollte im Bezug auf länderübergreifende Bedrohungspotentiale (AKW, Gentechnik) eine direktive Rolle spielen, weil Auswirkungen keine Grenzen kennen und Umweltpolitik global gesehen werden muss.
3. Die EU sollte in Bezug auf die Landwirtschaft Mittel, die für die industrialisierte Landwirtschaft ausgegeben werden, stattdessen für die Förderung umweltschonender und kleingliedriger Landwirtschaft heranziehen, weil es keinen Sinn macht strukturell bevorteilte Betriebe zu bevorzugen.
4. Die EU sollte in Bezug auf regionale Fragestellungen mit ausschließlich regionalen Auswirkungen keine direktive Rolle spielen, weil dadurch regionale Entwicklung (Kleingliedrigkeit), die regionale Identität, Bedürfnisse und Einzigartigkeit gewahrt bleiben.
2) FAMILIE UND SOZIALE ABSICHERUNG
Wir wollen in einem Europa leben, in dem ...
die Familie und familienadäquate Strukturen einen hohen Stellenwert haben, in dem jeder nach seinen Fähigkeiten, Talenten und Wünschen gefördert und ausgebildet wird und sich ohne Nachteile weiterbilden kann. Wir wollen in einem Europa leben, in dem es keine Armut mehr gibt, in dem das Recht auf Arbeit (nicht nur als Erwerbsarbeit sondern auch als Beitrag zur Gesellschaft verstanden - Kulturarbeit, Betreuungsarbeit, etc.) entsprechend den Fähigkeiten und Interessen jedes einzelnen mit gerechter Entlohnung gesichert und in dem würdevolle Gesundheits- und Altersversorgung für alle gewährleistet ist. Wir wollen in einem Europa leben, in dem die Mitbestimmungsrechte der Bürgerinnen und Bürger, Gleichberechtigung und Menschlichkeit als Prinzipien gelebt werden, eine effiziente und schlanke Verwaltung besteht und jegliche Art von Korruption eliminiert ist.
Die EU...
• muss in Bezug auf Familie und familienadäquate Strukturen ihre Aufgabe wahrnehmen, wobei sie lediglich Prinzipien vorgibt. Die Umsetzung liegt auf regionaler Ebene.
• muss in Bezug auf Aus- und Weiterbildung ihre Aufgabe wahrnehmen, wobei sie Prinzipien und einforderbare Standards vorgibt. Die Umsetzung liegt auf regionaler Ebene.
• muss in Bezug auf Armutsbeseitigung ihre Aufgabe wahrnehmen, weil sie in Form von Rahmenbedingungen für das Wohl ihrer Bürgerinnen und Bürger verantwortlich ist.
• muss in Bezug auf Recht auf Arbeit entsprechend den Fähigkeiten und Interessen jedes einzelnen ihre Aufgabe wahrnehmen, weil sie für die Gestaltung der Rahmenbedingungen für das Wohl ihrer Bürgerinnen und Bürger (und nicht nur für die Konzerne) verantwortlich ist.
• muss in Bezug auf würdevolle Gesundheits- und Altersversorgung ihre Aufgabe wahrnehmen, wobei sie lediglich Prinzipien vorgibt. Die Umsetzung liegt auf regionaler Ebene.
• muss in Bezug auf die Mitbestimmungsrechte der Bürger ihre Aufgabe in unserem Sinne wahrnehmen, weil wir, die Bürgerinnen und Bürger, die Basis der EU sind und ein konkretes Kontroll- und Entscheidungsrecht haben.
• wird in Bezug auf Gleichberechtigung keine Rolle mehr spielen, da 2025 Gleichberechtigung bereits gelebt wird.
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• muss in Bezug auf Menschlichkeit ihre Aufgabe wahrnehmen, weil Menschlichkeit über nationalen Interessen steht.
• muss in Bezug auf effiziente und schlanke Verwaltung und Korruptionsbeseitigung ihre Aufgabe wahrnehmen, weil sie ihren Bürgerinnen und Bürgern gegenüber für die Effizienz und Transparenz ihrer Strukturen verantwortlich ist.
3) GLOBALE ROLLE DER EU IMMIGRATION UND AUSSENGRENZEN
Wir wollen in einem Europa leben, das ...
einheitliche Richtlinien bietet, die schnelle, transparente und faire Asylverfahren ermöglichen und Einwanderung regeln; ein Europa der sozialen Sicherheit, das Recht auf Arbeit für Alle, freien Zugang zu Bildung und flächendeckende und leistbare Gesundheitsversorgung beinhaltet, ein Europa, das humane Grundrechte als Menschenrechte voraussetzt und schützt und einen einheitlichen Rechts- und Mobilitätsrahmen garantiert. Im Jahre 2020 soll die EU als friedensstiftende politische Union damit zu einer weltweit sozialen und humanen Entwicklung, zum Abbau von Nationalismen und zur Stärkung demokratischer Strukturen beitragen.
Zur Erreichung dieser Vision werden folgende konkrete Maßnahmen vorgeschlagen
1. 0,7 % des BIP jedes EU Mitgliedslandes werden als Aufstockung der bisherigen Entwicklungshilfe in einen europäischen Entwicklungshilfefonds verbindlich eingezahlt und von der europäischen Kommission verwaltet.
2. Im Bezug auf Asyl und Migration muss die EU einheitliche Regelungen und Rahmenbedingungen schaffen, um schnelle, transparente und faire Verfahren zu ermöglichen. Einwanderung ist nach den nationalen Gegebenheiten abzustimmen.
3. Die Rolle der EU im Bezug zu freiem Zugang zu Bildung und der Absicherung der Qualitätsstandards soll bekräftigt werden, jedoch länderspezifische Notwendigkeiten auch berücksichtigt werden.
4. Die Macht der EU in Bezug auf Sicherheits- und Außenpolitik basiert auf:
a) wirtschaftlicher Stärke
b) Nutzung der kulturellen Vielfalt
c) einer gemeinsamen Sicherheitspolitik, die die Optionen nichtmilitärischer und militärischer Mittel einschließt.
5. Ein Primat der Politik in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen sollte zur Absicherung humaner und sozialer Produktionsbedingungen führen, dazu zählen Maßnahmen wie Schutzzölle, Qualitätsstandards und internationale Handelsvereinbarungen.
Wichtige zusätzliche und abweichende Meinungen wird der abschließende Bericht (Langfassung) enthalten.
Die Bürger- und Bürgerinnen aus Österreich haben am 25.3.2007 im RadioKulturhaus in Wien nach zweitägigen Dialogen und Diskussionen die vorliegende Erklärung verabschiedet. Zunächst wurde an allen drei und in der Zusammenfassung dann hauptsächlich an einem der drei Themen der Europäischen Agenda der Bürgerkonferenzen gearbeitet. Es wurden zu jedem Thema Visionen erarbeitet und die Frage beantwortet, welche Rolle bei der Realisierung der Vision der Bürger/innen die Europäische Union spielen soll. Die Präambel - ein Vorschlag aus einer Dialogrunde - wurde von den Bürger/innen für die gesamte Bürgerfinnenerklärung mehrheitlich angenommen.
Der Prozess wurde vom Zentrum für Soziale Innovation begleitet.
Kontakt: www.zsi.at
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