19/PET XXIII. GP

Eingebracht am 10.07.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

Dr.in Eva Glawischnig-Piesczek                                                                       REPUBLIK ÖSTERREICH

Nationalrat

Die Dritte Präsidentin

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Im Hause

Montag, 09. Juli 2007

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

In der Anlage übermittele ich die Parlamentarische Petition betreffend Erhaltung des
jüdischen Friedhofs Währing mit dem Ersuchen um geschäftsordnungsmäßige Behandlung.

Mit freundlichen Grüßen

 

Eva Glawischnig-Piesczek

Parlament, A-1017 Wien. Tel. +43 1 401 10-2203, Fax +43 1 401 10-2308, eva.glawischnig-piesczek@parlament.gv.at


PETITION

betreffend Erhaltung des jüdischen Friedhofe Währing

Die Unterzeichnenden ersuchen die Abgeordneten des Nationalrats, des Bundesrats und alle auf Bundesebene zuständigen Stellen Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Zerstörungen am jüdischen Friedhof Währing zu verhindern und geeignete Schritte zu setzen, die Erhaltung dieses einzigartigen Kulturdenkmals nachhaltig und fachkundig sicherzustellen.

Darüber hinaus ersuchen wir um Erfüllung der Verpflichtungen, die die Republik Österreich im Washingtoner Abkommen 2001 bezüglich aller bekannten und unbekannten jüdischen Friedhöfe übernommen hat.

Begründung

Der Währinger jüdische Friedhof stellt ein einzigartiges Zeugnis dar, den zerstörten und vielfach unbekannten jüdischen Anteil an Wiens, Österreichs und Mitteleuropas Vergangenheit heute noch umfassend sichtbar zu machen. Er stellt damit eine bedeutende Quelle der österreichischen Geschichte, mit seinen bemerkenswerten Details aber auch ein Zeugnis der rasanten Veränderungen der gesamten Epoche in der Habsburgermonarchie dar. So lässt er sich durchaus als Museum unter freiem Himmel bezeichnen.

Der jüdische Friedhof Währing ist neben dem Friedhof St. Marx der einzige erhaltene Biedermeier-Friedhof Wiens. Er ist seit seiner Gründung 1784 ein bedeutendes kulturhistorisches Areal, das in den letzten Jahren zunehmend verfällt und damit unwiederbringlich verloren geht. Grabmäler und -steine, darunter in Mitteleuropa einzigartige Grabmonumente von Sepharden, Gräber der Gründungsväter der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, sowie Gräber historisch wichtiger Personen aus der Zeit der Industriellen Revolution, werden durch Wildwuchs und überalteten Baumbestand zerstört und gefährdet. Herbabfallende Äste stellen ebenso eine Gefahrenquelle dar, wie Wurzelwerk, das Grabsteine aushebelt und umfallen lässt.

Grundeigentümerin des Friedhofes ist die Israelitische Kultusgemeinde Wien. Laut jüdischem Religionsgesetz gehören Gräber aber den Toten. Daher haben Jüdinnen und Juden Wiens an die jüdische Beerdigungs-Bruderschaft (Chevra Kadischa) Beiträge einbezahlt. Diese sorgte für das Begräbnis und die Pflege des Grabes. 1938 wurde das Vermögen dieser Vereine enteignet.

Während der NS-Diktatur wurde der Jüdische Friedhof enteignet und 1942 der Gemeinde Wien zwangsverkauft. Ein wesentlicher Teil des Friedhofes mit rund 2.000 Gräbern wurde bei Aushubarbeiten für einen Löschwasserteich gezielt zerstört. Im älteren Teil des Areals ließ das NS-Regime im Namen seiner Rassekunde" die Gebeine von rund 200 Familien zu pseudowissenschaftlichen Untersuchungen exhumieren.

1955 wurde das Areal an die Israelitische Kultusgemeinde zurückerstattet. Der zerstörte Teil des Friedhofs verblieb nach dem Restitutionsvergleich bei der Stadt, die darauf bereits Ende der 50-er Jahre den Gemeindebau Arthur Schnitzler-Hof" erbaute. Die Zerstörungen der Nazizeit wurden bis heute nicht beseitigt. Der Friedhof verfiel zunehmend - bis heute.