1091
Wien, Spitalgasse 31 / 3, Postfach 85 Tel. 01 / 404
14 – 400, 01 / 402 03 69, Fax: 01 / 404 14-414, e-mail:info@vaaoe.at
VERBAND ANGESTELLTER
APOTHEKER ÖSTERREICHS
B
e r u f l i c h
e I n t e r e s
s e n v e r t r e
t u n g
Bundesministerium für Wien, am 21. Mai 2007
Wirtschaft und Arbeit Zl.0198ema/ro
Sektion Arbeitsrecht und Arbeitsinspektion III-StellN.2007-Änderung AZG+ARG
Abteilung III/7 MMag.Ullmer, Mag.Mayer, Dr.Moczarski
Stubenring 1
1011 Wien
eMail: post@III7.bmwa.gv.at
Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden;
GZ: BMWA-462.301/0021-III/7/2007
Sehr geehrte Damen und Herren,
als kollektivvertragsfähige Interessenvertretung von Arbeitnehmern in öffentlichen Apotheken und Krankenhaus-Apotheken - einer Branche mit hauptsächlich klein-betrieblicher Struktur, einer langen Tradition und entsprechenden Erfahrungswerten im Bereich der Teilzeitbeschäftigung (85% Frauenanteil; 95 % bei Teildienst) und bei praktisch völligem Fehlen von Betriebsräten - halten wir die vorliegende Novelle aus Arbeitnehmersicht für äußerst problematisch und für unsere Branche aus mehreren Gründen nicht passend bzw sogar kontraproduktiv.
Da unsere Organisation nicht in die Verhandlungen zu der dem Entwurf zugrunde liegenden Sozialpartnervereinbarung eingebunden war (wir sind nicht Teil des ÖGB!), konnten wir unsere Erfahrungswerte bisher nicht in die Diskussion einbringen, halten diese für eine praxistaugliche Regelung aber unverzichtbar
Die Pharmazie hat Betriebe mit fast identer Struktur (gesetzlich verpflichtende Öffnungs- und Sperrzeiten, Aufgaben und Personal nach dem Apothekengesetz) und keinen (umsatz-/auftragsbedingten) Bedarf an Flexibilisierung mit Überschreitung der Normalarbeitszeit, weil im turnusmäßigen, von vornherein fixierten Bereitschaftsdienst der Apotheken die einzige Zusatzarbeit angestellter ApothekerInnen liegt, die im neuen § 19a AZG in der Novelle 1999 neu geregelt wurde. Zusätzlich besteht im Gehaltskassengesetz 2002 (Bundesgesetz über die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich, BGBl. I Nr. 154) eine Regelung für die Besoldung der wöchentlichen Normalarbeitszeit der ang. ApothekerInnen und eine besondere Meldepflicht an die Gehaltskasse (zur Vorschreibung von Umlagen und Mitgliedsbeiträgen) zur Bezahlung der Mehrarbeit Teilzeitbeschäftigter im Monatsgehalt, die auch in unserem KollV eine begleitende Regelung hat. Ebenso sind Bestimmungen über Bereitschaftsdienste und allfällige Überstunden angestellter ApothekerInnen in öffentlichen Apotheken in Anpassung an das Gehaltskassengesetz geregelt.
Die Arbeitszeit der Krankenhausapotheker ist im Arbeitszeitrecht des KA-AZG 1997 geregelt. Angestellte, nichtpragmatisierte Krankenhaus-ApothekerInnen werden ebenfalls über die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich besoldet und unterliegen hinsichtlich der Entlohnung dem KollV für pharmazeutische Fachkräfte.
Wir sprechen uns namens der angestellten Apothekerinnen und Apotheker, die durch das Gehaltskassengesetz erfasst und durch die Gehaltskasse zu besolden sind, ausdrücklich gegen die Verschiebung der kollektivvertraglichen Kompetenzen auf die Ebene der Apothekenbetriebe aus.
Wir beantragen, einige Bestimmungen für diese Apothekerinnen und Apotheker in öffentlichen Apotheken, die durch die Gehaltskasse besoldet sind, und deren Arbeitszeit dem § 19a AZG unterliegt, nicht in Kraft zu setzen, und ersuchen, zur Klärung, welche Bestimmungen dafür in Frage kommen, um einen entsprechenden Gesprächstermin.
Unsere Stellungnahme zu den neuen Bestimmungen:
Die auf industrielle und großgewerbliche Betriebe ausgerichtete Novelle ersetzt in wichtigen Bereichen die öffentlich-rechtlichen Schutznormen mit Strafsanktion durch zum Teil bis zur einzelvertraglichen Regelung hinunter gehende dispositive Bestimmungen mit Benachteiligungsverbot für Arbeitnehmer, die aus welchen Gründen auch immer zur Leistung von Mehrarbeit nicht bereit sind.
In Apotheken gibt es durchwegs keine Betriebsräte, sodass der Einzelvertrag - wegen Ausfallens von KV und BV - letztlich allein die Regelungskompetenz hat. Damit ist aber insbesondere in Kleinbetrieben und noch mehr in solchen ohne Betriebsrat der Arbeitnehmer weitestgehend jedem Druck durch den Arbeitgeber – entgegen der am Beginn festgelegten Diensteinteilung (Ausmaß und Lage) - ausgeliefert und die im Vertragsrecht geforderte Ausgewogenheit der Partner, die im kollektiven Regelungsbereich leichter herzustellen ist, nicht gewährleistet.
Diesen Paradigmenwechsel der Schutzfunktion des Arbeitszeitrechts lehnen wir ab!.
Im übrigen dient ein Großteil der vorgeschlagenen Neuregelungen nicht im eigentlichen Sinn der Flexibilisierung der Arbeitszeit (Gestaltung der Mehrarbeit, ihrer Lage und ihres Ausmaßes), sondern enthält hauptsächlich gehaltswirksame Regelungen zu Lasten der Dienstnehmer. Daran ändert auch die Einführung des 25%igen Mehrarbeitszuschlages – nur für den Fall der Barzahlung, die für die Entlohnung der Normalarbeitszeit, also auch für die Mehrarbeit ja zwingend ist - nichts, weil sowohl dieser „Barzuschlag“ durch den Kollektivvertrag abbedungen, als auch die „Bargrundentlohnung“ durch entsprechende Disposition – mangels echter Kontrolle - allein durch den Dienstgeber - mittels “dringlich“ vorgeschlagenen Zeitausgleiches vermieden werden kann.
Dass Teilzeitbeschäftigte diesen Mehrverdienst in Bar zum Leben brauchen und gerade deswegen diese Mehrarbeit leisten, brauchen wir nicht näher zu erläutern. Ein Zeitausgleich mit dem Effekt der gleich bleibenden niedrigeren Entlohnung der Teilzeitbeschäftigten macht weder für die Normalentlohnung noch den Zuschlag Sinn.
Diese Novelle ändert in diesem Fall das herrschende Prinzip der zwingenden Barentlohnung von Vollzeitbeschäftigten für den Fall der Mehrarbeit Teilzeitbeschäftigter und schafft damit eine Ungleichbehandlung zu Vollzeitbeschäftigten, deren Vollzeit-Gehalt auch nicht teilweise in Zeitausgleich geleistet werden darf. Wie das “Barentlohnungsprinzip“ bei vereinbarter Anhebung der ursprünglich vereinbarten Teilarbeitszeit wegen Mehrarbeit zu behandeln ist, lässt das Gesetz leider offen.
Zu den einzelnen Punkten der Novelle halten wir fest:
zu § 1a AZG
Die grundsätzliche Weitergabe der kollektivvertraglichen Ermächtigungen an die Betriebsvereinbarung ist nur dort im Sinne des Arbeitnehmerschutzes vertretbar, wo der Betriebsrat dem Arbeitgeber tatsächlich – und nicht nur rechtlich normiert – als gleichwertiger, gleich starker Verhandlungspartner gegenübersteht. Dies ist vor allem in Kleinbetrieben regelmäßig nicht der Fall. Die vorgeschlagenen Regelungen gehen u.M.n. von den Verhältnissen in großen Betrieben aus und sind für die Kleinbetriebe nicht geeignet.
Wir halten daher die Ausnahme der Kleinbetriebe für sachgerecht und notwendig.
zu § 4 AZG
Die Erläuterungen zu Abs 3 gehen von einer Möglichkeit zu Vereinbarung eines Einarbeitungszeitraumes bei Ausfall von Arbeitszeit in Verbindung mit Feiertagen durch Einzelvereinbarung aus, was sich u.E.n. aus dem vorliegenden Gesetzestext nicht ableiten lässt. Dies wäre aus den zu Abs 8 (s.u.) genannten Gründen auch abzulehnen.
Der Kollektivvertrag muss weiterhin die Option haben, den Einarbeitungszeitraum zu verkürzen, um die Schuldstunden rasch ableisten zu können (Drucksituation für Arbeitnehmer!). Es muss normiert werden, dass bereits bei Vereinbarung des Einarbeitens die Lage der einzuarbeitenden Stunden festgelegt wird.
Für öff. Apotheken ist wegen der Betriebspflicht diese Bestimmung nicht wirklich nutzbar. Daher könnte man die Apotheken mit verpflichtenden Öffnungs- und Sperrzeiten und ihre ArbeitnehmerInnen aus dem Geltungsbereich herausnehmen.
Abs 8: Die Zulassung der 4-Tage-Woche mit 10-stündiger Normalarbeitszeit mittels Einzelvereinbarung wird der Arbeitgeber unseren Erfahrungen nach wegen der Angst der Arbeitnehmer um ihren Arbeitsplatz kostengünstig – Entfall der Zuschläge - (auch gegen den Willen des betroffenen Arbeitnehmers) durchsetzen können! Der Schutz der Arbeitnehmer ist hier nicht mehr gegeben.
Völlig unklar bleibt in der Regelung die mögliche Rolle des Kollektivvertrages, insbesondere aber auch das Verhältnis zu ähnlichen Bestimmungen in bestehenden Kollektivverträgen. Der Kollektivvertrag für Pharmazeutische Fachkräfte sieht wegen der in Zehntel der Wochenarbeitszeit der Gehaltskasse zu meldenden Mehrarbeit Teildienstleistender beispielsweise Blockarbeitszeiten von jeweils 4 Stunden vor (pro Arbeitstag zwei Blöcke á 4 Stunden) und gibt einen Anspruch auf eine mindestens zweistündige Mittagspause, von der eine Stunden zwischen 12 und 14 Uhr liegen muss. Daher sollten auch die ang. Apotheker in öff. Apotheken davon ausgenommen werden, um den Druck auf die Arbeitnehmer zu vermeiden.
In Betrieben ohne Betriebsrat muss daher die Einräumung der 4-Tage-Woche unter Entfall der Überstundenzuschläge weiter dem Kollektivvertrag vorbehalten bleiben. Der 2. Satz des Abs. 8 hat zu entfallen.
zu § 4a Abs 4 AZG
Die in den Erläuterungen angeführte Definition für Schichtarbeit ist u.E.n. so nicht tragbar, weil sie auch auf „Jobsharing“, wie es in Apotheken mit Teilzeitbeschäftigten (mindestens 8 Stunden/Wo) üblich ist, zuträfe, was weder sinnvoll erscheint, noch von uns erwünscht ist.
zu § 7 AZG
Abs 4 und 4a: Bereits in der dzt. bestehenden Regelung ist nicht ganz klar, wer über das Vorliegen der Voraussetzungen
– vorübergehend auftretender besonderer Arbeitsbedarf
– Verhinderung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils
– Unzumutbarkeit anderer Maßnahmen
befindet.
Im Bereich von Großbetrieben mit starken Betriebsräten, die Einblick in die wirtschaftlichen Gegebenheiten haben, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass der Betriebsrat diese Prüfung vornehmen und gegebenenfalls das Zustandekommen einer Betriebsvereinbarung vom Ergebnis dieser Prüfung abhängig machen kann.
Der Entwurf sieht zwar die Übermittlung einer entsprechenden Betriebsvereinbarung an die KollV-Partner und das Arbeitsinspektorat vor, allerdings ist dies nur als Informationspflicht formuliert und nicht zur Prüfung, ob es sich um eine den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechende Ausdehnung der Überstunden handelt.
Es wäre daher diese reine Informationspflicht auf eine Zustimmungspflicht zu erweitern. Dies würde den Arbeitgeber zu einer nachvollziehbaren Darlegung des Vorliegens der gesetzlich verlangten Voraussetzungen zwingen, anderenfalls eine rechtzeitige Zustimmung der Kollektivvertragspartner nicht erfolgen wird.
In Kleinbetrieben und insbesondere bei Einzelvereinbarung in betriebsratslosen Betrieben ist sonst davon auszugehen, dass die Prüfung unterbleibt und dadurch die in § 9 AZG geregelten Höchstarbeitszeitgrenzen in der Praxis obsolet werden!
Dies ist mit dem Arbeitnehmerschutz unvereinbar.
Im übrigen stellt auch diese Bestimmung hauptsächlich auf Produktionsbetriebe ab und ist für Apotheken nicht geeignet, da deren Mehrarbeitserfordernisse im Bereich der Bereitschaftsdienste liegen, die in § 19a AZG geregelt sind. Deswegen sind die dem § 19a AZG unterliegenden und durch die Gehaltskasse zu besoldenden Arbeitnehmer – so wie die Apothekerr, deren Arbeitszeit dem Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz unterliegt – von der Geltung des § 7 AZG auszunehmen.
Das Erfordernis der Schriftlichkeit und die arbeitsmedizinische Unbedenklichkeitserklärung können die Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Die arbeitsmedizinische Beurteilung kann die Mehrarbeit nur dort zulassen, wo die Prüfung der Voraussetzungen positiv abgeschlossen ist.
Anderenfalls sind Arbeitgeber in der Folge nicht mehr gefordert, in geeigneter Weise Personalreserven einzuplanen, z.B. für Urlaube und Krankenstände, sie können bei jedem Personalengpass ungeprüft fast das halbe Jahr entsprechende Überstunden verlangen.
Abs 6: Die Vereinbarung der Arbeitszeitverlängerung auf 12 Stunden durch Einzelvereinbarung in betriebsratslosen Betrieben wird von uns abgelehnt, da die Arbeitnehmer hier vor dem Druck durch den Arbeitgeber nicht mehr geschützt sind (s. auch Anmerkungen zu § 4 Abs 8 AZG).
Abs 6a: Es versteht sich von selbst, dass die vorgesehene Bestimmung eines Benachteiligungsverbotes in der Praxis über einen frommen Wunsch des Gesetzgebers nicht hinausgeht und die durch massive Strafsanktionen geschützten Höchstarbeitszeitgrenzen keinesfalls ersetzen kann. Jedenfalls wäre aber das Benachteiligungsverbot durch einen ausdrücklichen Motivkündigungsschutz zu ergänzen, weil der Arbeitnehmer ja Ansprüche durchsetzen können muss.
Im Übrigen ergibt sich bei Ausschöpfung des die vollen 24 Wochen pro Jahr umfassenden zulässigen Zeitraumes für eine 60–Stundenwoche eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 49,23 Stunden, womit die durch die EU Richtlinie normierte wöchentliche Höchstarbeitszeit überschritten wird.
zu § 19d AZG
Abs 2: Der Umstand, dass die Unterscheidung zwischen zuschlagspflichtiger Mehrarbeit Teilzeitbeschäftigter und einer Änderung des Arbeitszeitausmaßes von der Schriftlichkeit abhängig gemacht wird, kann dazu führen, dass auch bei vorübergehender - zuschlagspflichtiger – Mehrarbeit durch ein schriftliches Festlegen derselben eine zuschlagsfreie Änderung des Arbeitszeitausmaßes fingiert wird.
Es müsste zumindest eine Änderung des Arbeitszeitausmaßes auf unbestimmte Zeit (jedenfalls für länger, als der unmittelbare Anlassfall erforderlich macht) gegeben sein, um eine Umgehung der Zuschlagspflicht zu vermeiden/verhindern.
Das Schriftlichkeitsgebot muss sinnvollerweise (Dienstzettel) auch die Vereinbarung über eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit erfassen. Die ungleichmäßige Verteilung auf Wochen lehnen wir ausdrücklich ab, da dadurch auf einzelvertraglicher Basis ein eigener Durchrechnungszeitraum entsteht.
Textvorschlag:
„Eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit auf einzelne Tage kann im Vorhinein, aber nur schriftlich, vereinbart werden.“
Die Regelungen der Abs 3b bis 3f werden in der Praxis dazu führen, dass der Mehrarbeitszuschlag nur auf dem Papier steht, aber nicht zur Anwendung gelangt, weil die Barentlohnung nicht vorgeschrieben wird. Ja es wird sogar der Vorrang der Bezahlung in Geld gegenüber der Vereinbarung von Zeitausgleich in Frage gestellt (Die Anwendung von § 10 Abs 2 AZG wird erst in Abs 3e geregelt).
Das auch durch den OGH wiederholt bestätigte Normallohnprinzip, nach dem die Bezahlung in Geld den Vorrang hat, muss jedenfalls erhalten bleiben. Es ist durchaus gerechtfertigt, dass der Arbeitgeber einem ansonsten Teilzeitbeschäftigten bei Mehrarbeit einen Zuschlag zahlen muss, und zwar primär in Geld und sekundär – nur auf Wunsch des Arbeitnehmers - in Zeit mit voraus fixierten Terminen. Dem erklärten Ziel der Flexibilität ist dadurch Genüge für beide Vertragspartner getan. Außerdem erspart sich der Arbeitgeber ja die durchgehende Beschäftigung von Vollzeitkräften mit Personalreserve für den Betrieb, das Grundübel der nicht möglichen Flexibilisierung.
Es muss klargestellt werden, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf Barentlohnung hat und es dem Arbeitnehmer jedenfalls freigestellt bleibt, sich für die – wenn auch zuschlagsfreie – Bezahlung der Mehrarbeit im Leistungsmonat zu entscheiden! Anderenfalls wäre ja auch die Fälligkeit der Entlohnung vom Leistungsmonat auf bis zu drei Monate in die Zukunft (kreditiv) verschoben!
Die von uns vorgeschlagene Regelung wäre in der Praxis leicht umzusetzen, während die Regelungen des Entwurfes unübersichtlich und kompliziert sind.
Nach unseren Erfahrungen besteht die Personalpolitik in Apotheken seit einigen Jahren hauptsächlich darin, nur das für den Normalfall (keine Urlaube und Krankenstände, keine Grippewelle) erforderliche Personal – vorzugsweise im Teildienst – einzustellen, verbunden mit der Forderung, keine andere Stelle zusätzlich anzunehmen, um bei erhöhtem Bedarf einspringen zu können. Der vorliegende Entwurf unterstützt diese abzulehnende Personalpolitik, statt Teilzeitbeschäftigte (Mütter) vor unerwünschter Mehrarbeit einerseits zu schützen und andererseits das Erzielen eines für den Lebensunterhalt notwendigen höheren Gehalts (Vollzeitlohnes; notwendigenfalls durch mehrere Dienstverhältnisse) zu unterstützen.
Unserer Meinung nach hat der Verweis in Abs 3a auf die „Mehrarbeitsstunden gem. Abs 3“ zu entfallen, da diese Bestimmung nur die verpflichtend geleisteten Mehrstunden erfasst. Aus der Begründung in den Erläuterungen zu Abs 8 kann zwar abgeleitet werden, dass die Bezahlung für freiwillig erbrachte Mehrstunden nicht schlechter sein darf als für die gem. Abs 3 geleisteten, das gleiche Ergebnis könnte aber klarer und einfacher erzielt werden, indem der Verweis auf Abs 3 entfällt.
Völlig unklar ist, wie und durch wen der „andere festgelegte Zeitraum von drei Monaten“ des Abs 3b bestimmt wird. Es ist nicht ersichtlich, welcher Zeitraum das sein könnte, der einen Sinn für die Bezahlung ergibt. Doch wohl nicht je drei Monate ab dem Tag der Leistung der Mehrarbeit.
Die Regelung der Zuschlagsfreiheit der Mehrstunden bei gegenüber den 40 Stunden des AZG kollektivvertraglich verkürzter Normalarbeitszeit in Abs 3c lässt jede mathematische Proportionalität vermissen: Das Verhältnis von zwei zuschlagsfreien Mehrstunden bei 38:40 entspricht nicht der Relation 20:22. Richtig wäre vielmehr z.B. 19:20, sodass bei der halben Arbeitszeit auch nur die Hälfte der zwei Stunden, also nur eine Stunde – also die Verhältniszahl, betroffen ist.
Das Verhältnis von Abs 3e und Abs 3b ist u.E.n. völlig unklar: Wie ist der Verweis zu verstehen, dass Abs 3b „auch auf die Abgeltung von Zeitaugleich anzuwenden ist“, wenn diese Bestimmung ja genau eine Sonderregelung für Zeitausgleich unter bestimmten Bedingungen enthält?
Der Verdacht liegt nahe, dass es sich bei dem Zuschlag nur um eine vordergründig gut zu „verkaufende“ Verbesserung für die Arbeitnehmer handelt, von der bei näherem Hinsehen in der Praxis (grundsätzlich vorgelegter Zeitausgleich ohne fixierte Freistellungstermine für Arbeitnehmer bei rechtlich geltendem Prinzip vereinbarter Diensteinteilung) nicht mehr viel übrig bleibt.
zu § 19f AZG
Die Einschränkung der Geltung in Abs 1 auf Durchrechnungszeiträume von über 26 Wochen lässt die Fälle von einer Durchrechnung unter 26 Wochen in nicht wünschenswerter Wese ungeregelt, wodurch es wieder zu viele Fälle geben wird, für die die rechtspolitischen Ziele der Bestimmung nicht erreicht werden und die durch die Novelle schlechter gestellt sind als bisher.
Unklar bleibt auch, was in diesem Bereich aus bereits bestehenden kollektivvertraglichen Regelungen nach den bisher geltenden Durchrechnungszeiträumen wird.
Der Wegfall der 30-Stunden Bestimmung in Abs 2 ist jedenfalls aus Gründen der praktischen Handhabung zu begrüßen. Es ist aber doch zu wenig Schutz des nach seiner Leistung, seine Bezahlung erwartenden Arbeitnehmers.
Auch die Neufassung des Abs 3 kommt der praktischen Anwendbarkeit zu Gute.
zu § 26 AZG
Die Hemmung der Verfallsfristen in Abs 8 ist zwar begrüßenswert, nur sollte sie nicht von weiteren Voraussetzungen (Feststellbarkeit der geleisteten Arbeitszeit unmöglich oder unzumutbar) abhängig gemacht werden. Die Wichtigkeit der Arbeitszeitaufzeichnungen für den Gesundheitsschutz lassen es gerechtfertigt erscheinen, dass der Arbeitgeber bei Verletzung dieser Pflicht die rechtliche Wirksamkeit der Verfallsfristen verliert. Auch ist die Beurteilung in der Praxis, ob der Verfall nun vorliegt oder nicht dadurch ganz klar möglich, während zur Klärung der zitierten Unzumutbarkeit wieder ein arbeitsgerichtliches Verfahren notwendig wird.
§ 28 AZG
Eine Überarbeitung der Strafbestimmungen scheint wünschenswert, auch eine Erhöhung des Strafrahmens für die Verletzung von insbesondere dem Gesundheitsschutz dienenden Vorschriften begrüßen wir, ebenso wie die Neuregelung in Abs 8.
Diese Stellungnahme geht mit gleicher Post an das Präsidium des Nationalrates.
Mit freundlichen Grüßen
![]() |
|||
![]() |
|||
Mag.pharm.Mag.iur. Albert Ullmer Mag.iur. Norbert Valecka
Präsident gf. Direktor