Stellungnahme des ÖAMTC

zur 11. FSG-Novelle

(GZ. BMVIT-170.706/0001-II/ST4/2007)

 

 

 

 

A) Allgemeines:

 

Der ÖAMTC dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum vorliegenden Entwurf.

Neben vielen kleineren, bürgerfreundlichen und verwaltungsvereinfachenden Nachjustierungen ist vor allem die Abstellung des Missstandes des „Führerscheintourismus“ als positiv hervorzuheben.

Vermisst wird im gegenständlichen Entwurf die vom Verkehrsminister bereits angekündigte Reformierung der Mopedausbildung, die aufgrund der alarmierenden Unfallzahlen junger MopedlenkerInnen derzeit sicherlich zu den Top-Prioritäten in der Verkehrssicherheitsarbeit zählt. Der ÖAMTC appelliert daher dringend, so bald als möglich eine Expertengruppe mit der Erarbeitung eines neuen Ausbildungskonzeptes für junge MopedlenkerInnen zu beauftragen. Dabei sollte auch auf die Vorgaben der 3. EU-Richtlinie über den Führerschein Rücksicht genommen werden, deren Umsetzung in Österreich nun bevorsteht.

Überhaupt verleiht der ÖAMTC seiner Hoffnung Ausdruck, dass das zuständige Ressort die Umsetzung der neuen Führerscheinbestimmungen unter Einbeziehung der betroffenen Kreise und Fachkräfte ehebaldigst in Angriff nimmt und so die Chance nutzt, ohne Zeitdruck und dennoch rechtzeitig von breitem Konsens getragene Umsetzungsvorschriften zu schaffen.

Im Hinblick auf die im Regierungsprogramm 2007 vorgesehene Evaluierung des FS-Vormerk-Systems erklärt der ÖAMTC bereits jetzt seine Bereitschaft, in gleicher Weise wie bei der Erarbeitung des bestehenden, auf seinen Konzeptvorschlägen beruhenden Systems mitarbeiten zu wollen. Dabei sollte nicht die Erweiterung des Deliktkataloges, sondern die Harmonisierung mit dem System der Entziehung der Lenkberechtigung im Vordergrund stehen. Auf den grundlegenden Artikel von Haupfleisch zur Verbesserung der Sanktionen im Verkehrsbereich (ZVR Jubiläumsheft 2006, 57 ) wollen wir ausdrücklich hinweisen.

Im Teil C dieser Stellungnahme weist der ÖAMTC neuerlich darauf hin, dass nach wie vor grund­legen­der Bedarf nach Überarbeitung des Gesetzes in Richtung eines modernen FS-Entziehungssystems und nach dem Ausräumen von Systembrüchen des Vormerksystems besteht. Wir dürfen diesbezüglich auch auf unsere ausführlichen Vorschläge im Zuge der Beratungen zur 7. FSG-Nov verweisen.

Der ÖAMTC wiederholt abschließend seinen Wunsch und den Hinweis auf die Notwendig­keit, dass der bewährte Kraftfahrbeirat – etwa als neu zu schaffender „Führerscheinbeirat“ künftig wieder ver­stärkt zur sachverständigen Beratung des Bundesministers - in Führerschein­angelegen­heiten - herangezogen wird.

 

 

 

 

B) Besonderer Teil:

 

Zu Z 4: § 8 Abs. 1 – Aufhebung der Sprengelbindung der sachverständigen Ärzte

Die Aufhebung der örtlichen Bindung an den Arzt im Gebiet der zuständigen Behörde wird ausdrücklich begrüßt.

 

Zu Z 8: § 13 Abs. 1, letzter Satz – Ausstellung eines Feststellungsbescheides:

Die Formulierung scheint nicht den gemäß den Erläuterungen beabsichtigten Inhalt zum Ausdruck zu bringen sondern erweckt den Eindruck, die Behörde werde zur Bescheiderlassung binnen 14 Tagen verpflichtet.

 

 

Zu Z 9: § 15 Abs. 5 – Entfall der Meldepflicht von Namens- oder Wohnsitzwechsel

Diese Bestimmung wird begrüßt.

 

 

Zu Z 17: § 30 Abs. 3 und 4 – Verhinderung des Phänomens „Führerscheintourismus“

Der ÖAMTC begrüßt ausdrücklich diese wichtige und längst überfällige Maßnahme zum Ausschluss ungeeigneter Fahrzeuglenker von der Verkehrsteilnahme, die durch die lückenhafte Umsetzung der Führerscheinrichtlinie in einigen Mitgliedstaaten untergraben worden war.

 

 

C) Ergänzende Vorschläge

 

§ 5 Abs. 1 –Einbringung von Führerscheinanträgen, ermächtigte Institutionen

Aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen mit der Ausstellung von Dokumenten im behördlichen Auftrag (Mopedausweise, Internationaler Führerschein, elektronische Fahrerkarten) und der bereits gegebenen Anbindung an das Führerscheinregister sollten auch Vereine von Kraftfahrzeug­besitzern zur Entgegennahme der Anträge ermächtigt werden. Dies hätte einen weiteren Entlastungseffekt.

Zusätzliches Potential liegt in der Ausdehnung der Ermächtigung auch auf die Entgegen­nahme und Erfassung von anderen Anträgen wie z. B. auf Ausstellung eines Duplikates, die Eintragung des Code 111, die Verlängerung befristeter Führerscheine (insbes C und D), den Verzicht auf die Lenkberechtigung und die Umschreibung von Heeresführerscheinen.

 

 

Umfassender Novellierungsbedarf:

Der ÖAMTC hat aus Anlass der Begutachtung der 7. FSG Novelle auf weitere Themen hingewiesen, die anlässlich der 8. FSG-Novelle einer Lösung zugeführt werden sollten. Weiterhin aktuell ist insbesondere die Anregung, die praktische Fahrprüfung neu zu regeln und damit im Zusammenhang auch die gesamte Fahrausbildung zu reformieren. Auch die Forderung, die 0,5-Promille-Bestimmung (§ 14 Abs 8 bzw 37a) aus dem FSG zu eliminieren und – vor allem im Interesse der Rechtssicherheit – in die Straßenverkehrsordnung zu transferieren bleibt ebenfalls aufrecht.

 

 

Vormerkdelikt „Verletzung der Kindersicherungspflicht“:

Die ersten Erfahrungen mit dem „Vormerksystem“ zeigen, dass die Bedenken des ÖAMTC aus Anlass der Begutachtung der 7. FSG Novelle berechtigt waren. Dies zeigt sich vor allem beim Vormerkdelikt der Verletzung der Kindersicherungspflicht. Es bestand im Zuge der Gesetzgebung grundlegender Konsens darüber, dass nur schwere, die Verkehrssicherheit gefährdende Verstöße zu einer Vormerkung bzw Maßnahme führen sollten.

 

Bedauerlicher Weise zeigen die oben erwähnten ersten Erfahrungen, dass offenkundig nicht nur der Entfall der Kindersicherung oder der völlig falsche Gebrauch des Sicherheitsgurtes sondern auch Fehlbedienungen vorhandener Kindersicherungssysteme in gleicher Weise sanktioniert werden. Einer derartigen überzogenen Vollziehung sollte das Gesetz durch klare Vorgaben der Grenzen einen Riegel vorschieben. Dies gilt umso mehr, als auch die vorgesehene Maßnahme (der um die Aspekte der Kindersicherung erweiterte Fahrsicherheitskurs) niemals alle Details der richtigen Verwendung eines Kinderrückhaltesystems zeigen sondern nur Bewusstsein für die verantwortungsvolle Sicherung von Kindern vermitteln kann. Mit anderen Worten: Die Maßnahme ist nicht geeignet, die fehlerhafte oder nicht in Einklang mit Bedienungsanleitungen erfolgende Verwendung von Kindersicherungen zu korrigieren.

 

 

Möglichkeit der Verkürzung der Entziehungszeit durch freiwillige Maßnahmen:

Derzeit ist im „Vormerksystem“ nach der dritten Übertretung innerhalb von zwei Jahren (nur) die Entziehung der Lenkberechtigung für (mindestens) drei Monate vorgesehen. Der ÖAMTC hat schon am Beginn der Diskussionen vorgeschlagen, statt einer schematischen Entziehung auch die Absolvierung von einschlägigen Kursen zu ermöglichen und damit die Entziehungszeit verkürzen zu können (vergleichbar einer "bedingten Strafnachsicht"!).

Betrachtet man die Tatsache, dass der Gesetzgeber offenbar bei der dritten Übertretung davon ausgeht, dass die fehlende Verkehrszuverlässigkeit nach drei Monaten automatisch wieder erlangt wird, aber bei der zweiten Übertretung im Falle der Säumnis mit der Absolvierung der Maßnahme die unbefristete Entziehung der Lenkberechtigung vorgesehen ist, werden durchaus noch Möglichkeiten zur Nachjustierung sichtbar.

Der ÖAMTC kann sich daher vorstellen, dass das System auch nach der dritten Übertretung Maßnahmen vorsieht, eine solche Maßnahme allerdings einen Teil der Entziehungsdauer ersetzt. Denn für den ÖAMTC steht das Vormerksystem unter dem durchaus konstruktiven Titel „Erziehen statt Entziehen“. Sinngemäß ähnliche Maßnahmen wie beim Vormerksystem könnten aber auch bei Entziehungen wegen „normaler“ Verkehrsunzuverlässigkeit  angeordnet bzw ermöglicht werden und somit dem Lenker ermöglichen, den „sozialkonstruktiven“ Weg zu beschreiten.

 

Diese Betrachtungen zeigen auch deutlich, welche Richtung der Gesetzgeber einschlagen sollte, wenn er die Systembrüche zwischen dem traditionellen Entziehungs­system und dem durchaus moderneren Vormerksystem ausräumen möchte. Einer der Vorschläge, die hierzu bereits vorgelegt wurden, wäre etwa, bei bestimmten Delikten aus dem bisherigen „Entziehungskatalog“ bereits mit der Maßnahme-Stufe zu beginnen, sodass ein einheitliches System transparent und überschaubar wird.      Andererseits bleibt weiterhin zu hinterfragen, ob und warum nach Setzung eines „Entziehungsdeliktes“ alle bisherigen Vormerkungen gelöscht werden sollen. 

Der ÖAMTC verlangt in diesem Sinne eine konsequente Evaluierung des Systems nach mehreren Jahren, um die „Rückfallquote“ und die Zahl der auch durch das Vormerksystem „unbelehrbaren“ Kraftfahrer zu erheben. Auf Basis dieser Erkenntnisse sollte das System im Sinne der oben dargestellten Systembrüche weiter entwickelt werden.        

Beirat für Führerscheinfragen:

Die Erfahrung – nicht zuletzt auch im Zuge der Beratungen zur 7. und 8. FSG Novelle – zeigt, dass mit vom BMVIT einberufenen Besprechungen mit Experten bzw Interessensvertretern der Erarbeitung von gemeinsamen Lösungen eher gedient ist, als dies durch die bloße Einbeziehung in schriftliche Begutachtungsver­fahren geschehen kann. Insbesondere die höchst konstruktiven und erfolgreichen „informellen“ Arbeits­gruppengespräche im Zuge der Umsetzung der 7. FSG Novelle („Maßnahmen“) belegen die Zweckmäßigkeit der Forderung -  vergleichbar dem viele Jahre lang bewährten Kraftfahrbeirat - künftig wieder ein spezielles Expertengremium als "FSG-Beirat" zur sachverständigen Beratung des Bundesministers in Führerschein­angelegenheiten heranzuziehen.

 

 

Maga. Ursula Zelenka

ÖAMTC-Rechtsdienste

Wien, im Juli 2007