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Wirtschaft und Arbeit

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ZAHL

DATUM

CHIEMSEEHOF

2001-BG-47/10-2007

28.2.2007

* POSTFACH 527, 5010 SALZBURG

 

 

landeslegistik@salzburg.gv.at

 

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2164

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Herr Mag. Feichtenschlager

 

BETREFF

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 geändert wird; Stellungnahme

Bezug: Zl BMWA-33.500/0004-I/7/2007

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zu dem im Gegenstand bezeichneten Gesetzentwurf gibt das Amt der Salzburger Landesregierung folgende Stellungnahme bekannt:

 

1. Allgemeines:

Den Erläuterungen folgend dient das geplante Vorhaben der Umsetzung des Regierungsprogramms für die XXIII. Gesetzgebungsperiode. Ziele dieses Vorhabens sind vor dem Hintergrund des Befundes, dass „die derzeit geltenden Ladenöffnungszeiten zum Teil nicht den wirtschaftlichen Erfordernissen entsprechen“ und „immer noch zu restriktiv (sind)“, die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich, die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Steigerung der Attraktivität Österreichs als Tourismusland, die Schaffung konsumentenfreundlicher Regelungen und die Verhinderung von Kaufkraftabflüssen in das Ausland. Die Ursache des Problems – der Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsmöglichkeiten und des Fehlens eines Angebots an entsprechenden Einkaufs- und Beschäftigungsmöglichkeiten durch die geltenden Regelungen – wird offenbar darin gesehen, dass „die bisherigen Ermächtigungen der Landeshauptmänner nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend ausgeschöpft (wurden)“.

Diese Sicht verkennt jedoch, dass gemäß dem geltenden § 4 Abs 2 des Öffnungszeitengesetzes 2003 die Landeshauptmänner bei der Festlegung der Offenhaltezeiten auf die Einkaufsbedürfnisse der Bevölkerung und der Touristen sowie auf die besonderen regionalen und örtlichen Gegebenheiten Bedacht zu nehmen haben. Die in der Salzburger Öffnungszeitenverordnung 2003, LGBl Nr 61/2003 (im Folgenden als „Öffnungszeitenverordnung 2003“ bezeichnet), festgelegten Offenhaltezeiten sind jedenfalls das Ergebnis von umfangreichen, gesetzlich geforderten Erhebungen und Feststellungen.

Im Zusammenhang mit dem Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen wären flankierende (gesetzliche) Maßnahmen, wie die Festlegung von durchgehenden Arbeitszeiten zur Eindämmung der Möglichkeit, Dienstnehmer zur Dienstleistung auf Abruf heranzuziehen, und zur Reduzierung atypischer Beschäftigungsverhältnisse wünschenswert.           

 

2. Zu § 4 Abs 1 (Allgemeine Offenhaltezeiten an Werktagen):

Gemäß dem geltenden § 4 Abs 2 des Öffnungszeitengesetzes 2003 kann der Landeshauptmann mit Verordnung im Rahmen der im Abs 1 vorgegebenen allgemeinen Rahmenoffenhaltezeit an Werktagen die jeweiligen Offenhaltezeiten festlegen. Von dieser Verordnungsermächtigung hat der Landeshauptmann von Salzburg im § 2 Abs 1 und 2 der Öffnungszeitenverordnung 2003 Gebrauch gemacht und die allgemeinen Offenhaltezeiten für einen Großteil der Verkaufsstellen an Werktagen von Montag bis Freitag von 06:00 bis 19:30 Uhr und an Samstagen von 05.30 bzw 06:00 bis 17:00 Uhr festgelegt.

Die im § 4 Abs 3 des Öffnungszeitengesetzes 2003 festgelegten Rahmenoffenhaltezeiten von 05:00 bis 21:00 Uhr an Montagen bis Freitagen und von 05:00 bis 18:00 Uhr an Samstagen gilt nur, wenn der Landeshauptmann keine Festlegung der Offenhaltezeiten durch Verordnung getroffen hat; diese Bestimmung ist daher im Bundesland Salzburg nicht anzuwenden. 

Im geplanten § 4 entfällt die im geltenden § 4 Abs 2 enthaltene Verordnungsermächtigung; die allgemeinen Offenhaltezeiten an Werktagen werden im geplanten Abs 1 gesetzlich festgelegt und entsprechen im Wesentlichen dem geltenden, aber dispositiven § 4 Abs 3 des Öffnungszeitengesetzes 2003. Die auf den § 4 Abs 2 des Öffnungszeitengesetzes 2003 gestützten Bestimmungen der Öffnungszeitenverordnung 2003 verlieren im Fall einer Realisierung des geplanten Vorhabens ihre Rechtsgrundlage und invalidieren.

Im Fall der Realisierung des geplanten Vorhabens ist davon auszugehen, dass auch solche Handelsbetriebe von der neuen Möglichkeit des Offenhaltens bis 21:00 Uhr an bestimmten Werktagen Gebrauch machen werden, die den anlagenrechtlichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 oder dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz unterliegen und für die im jeweiligen Genehmigungsbescheid kürzere Betriebs- bzw Offenhaltezeiten festgelegt wurden. Diese Betriebe können sich auf die neuen Offenhaltezeiten jedoch nicht gleichsam automatisch, sondern erst nach einer diesbezüglichen Abänderung des Genehmigungsbescheides in einem Verfahren gemäß § 81 GewO 1994 berufen. Zur Zulässigkeit einer Änderung von im Genehmigungsbescheid festgelegten Betriebszeiten hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. September 1995, Zl 93/04/0104, zum gleichlautenden § 81 GewO 1973 ausgesprochen, dass diese Bestimmung „nicht ermächtigt, die erteilte Genehmigung abzuändern oder zu beheben und insofern die bestehende bescheidmäßige Regelung einer Reform zu unterziehen, sondern lediglich die bisher bescheidmäßig nicht geregelte Sache – nämlich die nach § 81 GewO 1973 genehmigungspflichtige Änderung – einer solchen Regelung (erstmals) zu unterziehen (vgl die hg Erkenntnisse vom 23. April 1991, Zl 88/04/0029, und vom 24. Jänner 1995, Zl 93/04/0171). Die in einem früheren Genehmigungsbescheid auf Grund der dem Bescheid als Grundlage dienenden Betriebsbeschreibung festgesetzte Betriebszeit kann somit nicht mit einem allein auf Beseitigung oder Änderung derselben gestützten Antrag nach § 81 GewO 1973 erfolgreich beseitigt oder abgeändert werden.“

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum § 81

GewO 1994 im Zusammenhang mit der Änderung von im Genehmigungsbescheid festgelegten Betriebs- bzw Offenhaltezeiten und zur Vermeidung eines entsprechenden (Verfahrens-)Aufwandes bei den Behörden und den Betrieben wird daher vorgeschlagen, durch flankierende Bestimmungen in der Gewerbeordnung 1994 den Betrieben einen vereinfachten Zugang zur Ausweitung der Betriebs- bzw Offenhaltezeiten bis 21:00 Uhr zu eröffnen.

 

3. Zu § 4 Abs 3 und 4 (Offenhaltezeiten für Verkaufsstellen von bestimmten Waren):

Die Verordnungsermächtigung des § 4 Abs 4 bezieht sich ausschließlich auf Verkaufsstellen von Bäckereibetrieben und auf Verkaufsstellen für Naturblumen, Süßwaren oder Obst. Es wird bezweifelt, dass tatsächlich ein Bedürfnis nach einer Einschränkung des Warenangebotes für die 72 Stunden übersteigende wöchentliche Offenhaltezeit besteht.

Sollten sich die im geplanten § 4 Abs 4 enthaltene Verordnungsermächtigung auch auf besonders wichtige Tourismusorte oder auf touristisch besonders wichtige Teile von Orten beziehen (vgl dazu den geltenden § 2 Abs 5 des Öffnungszeitengesetzes 2003), sollte diese Bestimmung systematisch an das Ende des § 4 (als dessen Abs 5) gestellte werden und auch im Text den Abs 4 (neu) anführen. 

 

4. Zu § 4 Abs 5 („Tourismusregelung“):

4.1. Das geplante Vorhaben verfolgt unter anderem auch das Ziel, die Attraktivität Österreichs als Tourismusland zu steigern. Der geplante Entfall der Verordnungsermächtigung des geltenden § 4 Abs 2 des Öffnungszeitengesetzes 2003 und die geplante Bestimmung des § 4 Abs 5 erweisen sich zur Erreichung dieses Ziels aber als nicht geeignet und bedeuten im Ergebnis für das Tourismusland Salzburg vor dem Hintergrund einzelner Bestimmungen der Öffnungszeitenverordnung 2003, die im Fall einer Realisierung des geplanten Vorhabens nicht mehr auf das Öffnungszeitengesetz 2003 gestützt werden können, einen gravierenden Rückschritt (Pkt 1.1 und 1.2). Der geplante Abs 5 negiert auch vollständig die Bedeutung des Bundeslandes Salzburg gerade für den Wintertourismus (Pkt 2).

4.1.1. Gemäß § 2a der Öffnungszeitenverordnung 2003 dürfen aus Anlass von Orts(teil)- oder Straßenfesten sowie von Orts(teil)- oder Stadtteilmarketingveranstaltungen, die in näher definierten historischen Orts- oder Stadtkernen (Abs 2) stattfinden und von Gemeinden, Tourismusverbänden oder von bestimmten Vereinigungen von Gewerbetreibenden durchgeführt werden, die im Gebiet der Veranstaltung gelegenen Verkaufsstellen an höchstens 12 Werktagen im Kalenderjahr, ausgenommen Samstage, und innerhalb einer Kalenderwoche an höchstens zwei aufeinander folgenden Werktagen bis 23:00 Uhr offen gehalten werden.

Hintergrund für diese Bestimmung war, den vorwiegend im Monat Jänner den Wintersportort Saalbach-Hinterglemm besuchenden russischen Touristen lange Einkaufsabende zu ermöglichen und den Besuchern und Bewohnern der Stadt Hallein in den Monaten Mai bis September in Vollmondnächten das in eine Gesamtveranstaltung eingebettete „Moonlight-Shopping“ als besonderes Einkaufserlebnis anbieten zu können. Im Fall einer Realisierung des geplanten Vorhabens können diese beiden, nur beispielhaft erwähnten Vorhaben nicht mehr durchgeführt werden: So ist die Gemeinde Saalbach-Hinterglemm zwar zweifellos ein „besonders wichtiger Tourismusort“, allerdings nur in den Wintermonaten. Die Altstadt von Hallein dagegen ist kein „touristisch besonders wichtiger Teil des Ortes“; am Anfang des „Moonlight-Shopping“ stand daher auch schlichtweg die Überlegung, diesen historisch wertvollen, aber wenig frequentierten Ortsteil vorzustellen und zu beleben.

4.1.2. Gemäß § 8 der Öffnungszeitenverordnung 2003 dürfen in der Stadt Salzburg diejenigen Verkaufsstellen, die im Gebiet der Schutzzonen I und II nach dem Salzburger Altstadterhaltungsgesetz 1980 oder an der äußeren Seite der den Grenzverlauf der Schutzzonen I und II bildenden Straßen gelegen sind, an einem Werktag in der Kalenderwoche, ausgenommen Samstag, bis 22:00 Uhr offen gehalten werden. Im Fall einer Realisierung des geplanten Vorhabens entfällt das durch diese Bestimmung ermöglichte längere Offenhalten von Verkaufsstellen in der Salzburger Altstadt während der touristisch besonders bedeutsamen Winterzeit, vor allem im Advent und zu Silvester.

4.2. Vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgebotes des Art 18 Abs 1 B-VG ist die Verordnungsermächtigung des Abs 5 unbestimmt und daher verfassungsrechtlich bedenklich. Eine exakte Bestimmung der Inhalte der im Abs 5 verwendeten Begriffe „besonders wichtige Tourismusorte“ bzw „touristisch besonders wichtige Teile von Orten“ ist nicht möglich und letztlich eine Frage, die sich geradezu beliebig – abhängig von der Wahl eines solchen Ortes oder Ortsteiles, von dessen touristischer Bedeutung ausgehend die besondere Wichtigkeit eines anderen Ortes oder Ortsteiles beurteilt wird – beantworten lässt. Die weitere Einschränkung der Verordnungsermächtigung auf den Zeitraum „während der Sommerzeit“ bevorzugt im Ergebnis Orte mit einem starken Sommertourismus und vernachlässigt gänzlich die Wintersportorte. Diese Einschränkung erweist sich daher als sachlich nicht gerechtfertigt. 

Unklar ist die Bedeutung der Wortfolge „in denen bedeutende örtliche Veranstaltungen stattfinden“: Ist diese weitere Einschränkung im Sinn von „aus Anlass einer bedeutenden örtlichen Veranstaltung“ zu verstehen oder genügt auch die Abhaltung einer bedeutenden örtlichen Veranstaltung außerhalb der Sommerzeit, um während der Sommerzeit ein längeres Offenhalten zu ermöglichen?

4.3. Bereits vor dem Hintergrund der negativen Auswirkungen des geplanten § 4 Abs 5 kann dieser Bestimmung nicht zugestimmt werden.

Es wird gefordert, die Verordnungsermächtigung so zu formulieren, dass

a) Regelungen in geltenden Verordnungen – beispielshaft sind hier die §§ 2a und 8 der Öffnungszeitenverordnung 2003 zu erwähnen –, die zur Erreichung der formulierten Ziele weitaus besser geeignet sind als jene, die auf Grund des geplanten § 4 des Öffnungszeitengesetzes 2003 erlassen werden können, nicht invalidieren, und

b)        auch die Einkaufsbedürfnisse der Bevölkerung in Ort- und Stadtkernen und in Gemeinden ohne besondere touristische Bedeutung bei der Festlegung besonderer Offenhaltezeiten zu berücksichtigen sind. 

 

                   

Gleichschriften dieser Stellungnahme ergehen ue an die Verbindungsstelle der Bundesländer, an die übrigen Ämter der Landesregierungen, an das Präsidium des Nationalrates und an das Präsidium des Bundesrates.

 

Mit freundlichen Grüßen

Für die Landesregierung:

Dr. Heinrich Christian Marckhgott         (eh)

Landesamtsdirektor

 

 

Ergeht nachrichtlich an:

1. – 8.    E-Mail an: Alle Ämter der Landesregierungen

9.           E-Mail an: Verbindungsstelle der Bundesländer vst@vst.gv.at

10.         E-Mail an: Präsidium des Nationalrates services@parlament.gv.at

11.         E-Mail an: Präsidium des Bundesrates peter.michels@parlament.gv.at

12.         E-Mail an: Bundeskanzleramt vpost@bka.gv.at

13.         E-Mail an: Institut für Föderalismus institut@foederalismus.at

14.         E-Mail an: Parlament begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at

15.         E-Mail an: Abteilung 2 zu do Zl 20204-GB-852/76-2007

16.         E-Mail an: Abteilung 5 zu do Zl 20501-39/122-2007

 

zur gefl Kenntnis.