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Wirtschaft und Arbeit

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462.207/0025-III/8/2007       MagDj/Fr                  469/262          100262       16.11.2007

 

 

 

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden

 

 

Der Österreichische Gewerkschaftsbund dankt für die Übermittlung des oben angeführten Entwurfes und nimmt hierzu wie folgt Stellung:

 

Der vorliegende Gesetzesentwurf beinhaltet im Wesentlichen die Umsetzung der Richtlinie 2004/113/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen und Änderungen, die die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes verbessern sollen. Ausdrücklich begrüßt wird vom ÖGB die geplante Anhebung des Mindestschadenersatzanspruches bei der Belästigung von derzeit 400 Euro auf zukünftig 720 Euro und die gesetzliche Klarstellung, dass der Diskriminierungsschutz bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses auch bei der Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses bzw. bei der Beendigung in der Probezeit gilt. Die geplante Schaffung einer Stellvertretung des/der jeweiligen Vorsitzenden der Senate der Gleichbehandlungskommission und die Verpflichtung die Ergebnisse spätestens binnen drei Monaten nach der Beschlussfassung auszufertigen werden vom ÖGB ebenfalls als positiv erachtet.

 

Zu bedauern ist jedoch, dass im vorliegenden Gesetzesentwurf keinerlei Maßnahmen vorgesehen sind, um die Einkommensverteilung zwischen Männern und Frauen in den Betrieben transparenter zu gestalten. Österreich gehört in den Ländern der Europäischen Union zu jenen mit den höchsten Einkommensunterschieden zwischen Männern und Frauen. In der Praxis sind die ArbeitnehmerInnen häufig nicht informiert, wie viel ihre Kollegen verdienen. Dies macht es in der Praxis fast unmöglich zu wissen, ob man beim Entgelt diskriminiert wird. Der ÖGB tritt daher dafür ein, dass die durchschnittlich bezahlten Einkommen – und somit anonymisiert – von Frauen und Männern gegliedert nach den jeweiligen Verwendungsgruppen von den Unternehmen einmal im Jahr den ArbeitnehmerInnen und den Betriebsräten bekannt gegeben werden. Teilzeitlöhne bzw. -gehälter sollten bei der Erstellung diesen Statistiken auf Vollzeitäquivalente umgerechnet werden.

 

Leider sind im vorliegenden Gesetzesentwurf auch keinerlei Maßnahmen auf betrieblicher Ebene vorgesehen, um allfälligen Diskriminierungen im Unternehmen in Hinkunft verstärkt vorzubeugen. Nach der derzeitigen Rechtslage sind Frauenförderpläne lediglich freiwillige Betriebsvereinbarungen. Der ÖGB fordert, dass Frauenförderpläne zu erzwingbaren Betriebsvereinbarungen werden. Des Weiteren tritt der ÖGB dafür ein, dass ein Betriebsvereinbarungstatbestand zum Thema Antidiskriminierung geschaffen wird.

 

Zu den Bestimmungen Im Einzelnen:

 

Zu § 12 Abs. 7

 

Wie bereits eingangs ausgeführt, begrüßt der ÖGB die geplante gesetzliche Klarstellung, dass der Diskriminierungsschutz bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses auch bei der Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses bzw. bei der Beendigung in der Probezeit gilt. Festzuhalten ist jedoch, dass die Rechtsfolgen im Falle einer Beendigung des Dienstverhältnisses aus diskriminierenden Gründen nach wie vor nicht europarechtskonform gestaltet sind. Die Antidiskriminierungsrichtlinien sehen vor, dass die Sanktionen wirksam, angemessen und abschreckend sein müssen. Das geltende Gleichbehandlungsgesetz sieht vor, dass eine Beendigung des Dienstverhältnisses aus diskriminierenden Gründen angefochten werden kann. Im Falle eines positiven Ausganges des Rechtsverfahren wird der/die Arbeitnehmer/in somit so gestellt, als wäre die Diskriminierung nicht erfolgt. Eine derartige Rechtsfolge kann jedoch nicht als abschreckend bezeichnet werden. Im Gegensatz zu allen anderen Sanktionen im Gleichbehandlungsgesetz ist bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Ersatz des immateriellen Schaden vorgesehen. Eine sachliche Rechtfertigung, warum gerade in diesen Fällen kein Ersatz der persönlichen Beeinträchtigung erfolgen soll, gibt es nicht. Der ÖGB regt daher an, dass die geplante Novelle zum Anlass genommen wird, als Sanktion bei der Beendigung des Dienstverhältnisses neben der Möglichkeit der Anfechtung bzw. der Klage auf Feststellung des Weiterbestehens des Arbeitsverhältnisses auch den Ersatz des immateriellen Schaden vorzusehen.

 

Nach der derzeitigen Rechtslage des Gleichbehandlungsgesetzes kann man im Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses aus diskriminierenden Gründen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses lediglich anfechten. Diese Sanktion berücksichtigt nicht, dass Arbeitsverhältnisse durch die vorangegangenen Konflikte – wie beispielsweise im Falle einer sexuellen Belästigung – bereits schwerwiegend zerrüttet sind und ArbeitnehmerInnen dazu zwingt, sich grundsätzlich zur Rückkehr an den Arbeitsplatz bereit zu erklären. Der ÖGB regt daher an, dass im Falle einer Beendigung des Dienstverhältnisses im Gleichbehandlungsgesetz ein Wahlrecht der KlägerIn zwischen Anfechtung bzw. Feststellung des Weiterbestehens des Dienstverhältnisses und pauschalierten Schadenersatz in Höhe von sechs Monatsentgelten für den Verlust des Arbeitsverhältnisses verankert werden sollte.

 

Zu § 12 Abs. 11

 

Wie bereits eingangs ausgeführt, begrüßt der ÖGB die geplante Anhebung des Mindestschadenersatzanspruches bei Belästigung von derzeit 400 Euro auf zukünftig 720 Euro. Aus Sicht des ÖGB sollte jedoch auch der Mindestschadenersatzbetrag bei sexueller Belästigung von derzeit 720 Euro auf zumindest 1.500 Euro angehoben werden, um zu signalisieren, dass dieser Eingriff in die intimste Sphäre einer Person häufig zu besonders gravierenden Beeinträchtigungen der Betroffenen führt.

 

Zu § 12 Abs.13

 

Die geplante Regelung, wonach ausdrücklich klargestellt werden soll, dass bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung auf eine allfällige Mehrfachdiskriminierung Bedacht zu nehmen ist, wird vom ÖGB als positiv erachtet .

 

Zu § 15 Abs. 1

 

Laut dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll die Möglichkeit, in Kollektivverträgen die für einige Diskriminierungstatbestände geltende dreijährige Verjährungsfrist zu verkürzen, gestrichen werden. Dieser Vorschlag wird vom ÖGB befürwortet.

 

Nach dem geltenden Gleichbehandlungsgesetz kann die Beendigung eines Dienstverhältnisses innerhalb von 14 Tagen angefochten werden. Aus den Erfahrungen in der Praxis wissen wir, dass diese Frist häufig zu kurz ist und auch versäumt wird. Der ÖGB tritt  daher dafür ein, dass der Zeitraum die Beendigung des Dienstverhältnisses anfechten zu können zumindest auf vier Wochen verlängert wird.

 

Zu § 35 Abs. 5 und 6

 

Nach der geltender Rechtslage ist eine Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung bei der Einleitung eines Verfahrens vor der Gleichbehandlungskommission nur für die Senate 1 und 2 vorgesehen. Laut dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll es in Zukunft auch während eines Verfahrens vor dem Senat drei zu einer Fristenhemmung kommen. Diese Neuerung ist aus Sicht des ÖGB positiv.

 

Zu § 36

 

Gemäß dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll auch das Benachteiligungsverbot, das nach der geltenden Rechtslage nur für den Bereich der Arbeitswelt vorgesehen ist, hinsichtlich Diskriminierungen auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen ausgedehnt werden. Auch diese geplante Änderung wird vom ÖGB begrüßt.

 

 

 

Zu Artikel II (Änderung des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft)

 

§ 1 Abs. 2 Z 3

 

Gemäß dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll die Vollziehung des neuen Gleichbehandlungsgebotes auf Grund des Geschlechtes beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen dem bestehenden Senat III übertragen werden. Der ÖGB tritt dafür ein, dass für diesen Bereich ein eigener Senat IV geschaffen wird. Bereits derzeit dauern die Verfahren vor dem Senat III lange. Die Übertragung zusätzlicher Agenden würde dieses Problem noch weiter verschärfen.

 

Die Nichtregierungsorganisationen, die sich mit der Bekämpfung von Rassismus beschäftigen, verfügen über besondere Kompetenzen und Kenntnisse. Der ÖGB tritt daher dafür ein, dass zumindest ein Vertreter einer entsprechenden Nichtregierungsorganisationen Mitglied im Senat III wird.

 

Laut dem Europarecht müssen die Mitgliedstaaten den Dialog mit den Nichtregierungsorganisationen fördern. Aus Sicht des ÖGB wird diese Verpflichtung zur Zeit nicht erfüllt. Der ÖGB schlägt deshalb vor, das ein Antidiskriminierungs-Beirat errichtet wird. Im Bereich der Familien- und Behindertenpolitik gibt es bereits entsprechende Gremien, die regelmäßig einberufen werden und die  bei der Konzeption eines Antidiskriminierungs-Beirates als Vorbild genommen werden könnten.

 

Zu § 2 Abs. 6

 

Wie bereits eingangs festgehalten, begrüßt der ÖGB die geplante Verpflichtung zur Bestellung einer Stellvertretung des/der jeweiligen Vorsitzenden des Senates der Gleichbehandlungskommission.

 

Zu § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1

 

Laut dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll die Gleichbehandlungsanwaltschaft für Antirassismus auch für das neue Gleichbehandlungsgebot auf Grund des Geschlechtes beim Zugang zu und bei der  Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen zuständig sein. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Gleichbehandlungsanwaltschaft für Antirassismus mit 1 ½ Personen besetzt ist. Auf Grund dieser geringen personellen Ausstattung lehnt der ÖGB die Übertragung weiterer Aufgaben an die Gleichbehandlungsanwältinnen für Antirassismus ab. Der ÖGB schlägt daher vor, dass ein/e eigene/r Gleichbehandlungsanwalt/anwältin für den Gender-Bereich außerhalb der Arbeitswelt geschaffen wird.

 


Zu § 11 Abs. 3

 

Wie bereits einleitend ausgeführt, begrüßt der ÖGB die geplante Verpflichtung die Ergebnisse der Senate der Gleichbehandlungskommission spätestens binnen drei Monaten nach der Beschlussfassung auszufertigen.

 

 

Der ÖGB ersucht um Berücksichtigung seiner Stellungnahme.

 

 

 

 

 

Rudolf Hundstorfer                                                                        Mag. Clemens Schneider

Präsident                                                                                       Leitender Sekretär