Stellungnahme der Österreichischen HochschülerInnenschaft zur Novellierung des Studienförderungsgesetzes

 

BMWF-54.120/0026-I/8a/2007

 

 

Die Österreichische HochschülerInnenschaft nimmt zu dem genannten Entwurf wie folgt Stellung:

 

 

Der vorliegende Entwurf einer Novellierung des Studienförderungsgesetzes bringt einige Verbesserungen für Studierende mit sich. Trotzdem gibt es noch Verbesserungswünsche der ÖH, die im Folgenden aufgelistet sind.

 

Vorausschickend ist zu sagen, dass die Änderungen die für das StudFG getroffen werden nicht weit genug gehen um eine ausreichende soziale Absicherung der Studierenden zu gewährleisten. Die Studierenden Sozialerhebung 2006 zeigt deutlich, dass es für einen großen Teil der Studierenden aus finanziellen Gründen notwendig ist einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Das Studienförderungsgesetz verfolgt ursprünglich die Intention, dass für alle Studierenden ein Vollzeitstudium möglich ist. Diesem Anspruch wird es offensichtlich schon lange nicht mehr gerecht. Darum ist es aus Sicht der ÖH umso bedenklicher, dass von den geplanten 8,4 Millionen Euro 2 Millionen für die Erhöhung der Leistungs- und Förderungsstipendien veranschlagt werden. Diese 2 Millionen wären unbedingt notwendig um die soziale Ausgewogenheit des Stipendiensystems zu verbessern. Leistungsstipendien werden unabhängig von der sozialen Herkunft vergeben und sind tendenziell für Studierende mit Migrationshintergrund und erwerbstätige Studierende (die zum Großteil aus sozial schwächeren Schichten kommen) schwieriger zu erreichen als für andere. Ziel der Studienförderung sollte es aber sein, vor allem sozial schwächere Studierende zu fördern.

 

Ein weiteres Anliegen der ÖH wäre es die Anspruchsdauer für die Studienbeihilfe generell zu verlängern. Aufgrund von schlechten Studienbedingungen und dem Zwang zur Erwerbstätigkeit überschreiten viele Studierende unverschuldet die Anspruchsdauer und fallen somit aus dem System. Die Gefahr eines vorzeitigen Studienabbruchs ist in dieser Gruppe besonders hoch.

 

Es folgen Anmerkungen zu den geänderten Paragrafen.

 

§ 6

 

Die ÖH begrüßt die Tatsache, dass die Altersgrenzen für Studierende mit Kind(ern), Studierende mit Behinderung und Studierende im Masterstudium angehoben werden.

 

Weiterführend sollte die generelle Altersgrenze zumindest auf 40 Jahre angehoben und Zeiten der Kindererziehung als Zeiten des Selbsterhaltes (analog zu § 27 Abs 3) angerechnet werden.

 

§ 15

 

Die Verlängerung der Zeit, die zwischen Bachelor- und Masterstudium verstreichen kann, ohne dass der Anspruch auf Studienbeihilfe verloren geht, ist ein Schritt in die richtige Richtung.

 

Generell sollte diese Frist aus dem StudFG gestrichen werden, da es ohnehin definierte Altersgrenzen gibt. Selbiges gilt für Abs 4, der das Doktoratsstudium betrifft.

 

§ 17

 

Die Änderung in Abs 4 bedeutet die Verschriftlichung der gängigen Praxis und ist daher zu begrüßen.

 

Zur Studienwechselregelung ist zu sagen, dass eine Flexibilisierung der Wechsel in den ersten vier Semestern wünschenswert wäre. Es sollte unabhängig vom Zeitpunkt möglich sein innerhalb der ersten vier Semester zwei Mal das Studium zu wechseln.

 

Auch wenn innerhalb einer Studienrichtung (z.B. Bakk Biologie auf Bakk Molekularbiologie) gewechselt wird, gibt es häufig Probleme bei der Anrechnung der gesamten Vorstudienzeit. Somit wird häufig als Studienwechsel gewertet, was im Prinzip keiner ist. Um dieser Problematik entgegen zu wirken sollte Absatz 2 dahingehend umformuliert werden, dass wenn 80% der Vorstudienzeiten angerechnet werden, der Wechsel nicht als schädlich gilt.

 

 

§ 19

 

Die Erhöhung des Kindesalters für eine Verlängerung der Anspruchsdauer ist zu begrüßen, optimal wäre es jedoch für die Pflege und Erziehung eines Kindes drei Zusatzsemester zu gewähren.

 

Für Zivildiener soll sich die Anspruchsdauer um zwei Semester verlängern.

 

§ 28

 

Dass in Zukunft der Zuschlag für jedes Kind ausbezahlt wird ist äußerst begrüßenswert.

 

§ 31

 

Die Erhöhung der untersten Einkommensgrenze um 6,35% deckt bei weitem nicht die Inflation seit 1999 ab. Eine Abgeltung würde zumindest eine Erhöhung von 15% notwendig machen.

 

Die Angleichungen der Zuverdienstgrenzen sind aufgrund der hohen Anzahl an Scheinselbständigen unter den Studierenden zu begrüßen. Auch die Anhebung der Grenze ist positiv zu werten.

 

Die hinzugefügte Aliquotierung sollte jedoch wieder gestrichen werden. Sie trifft vor allem unselbständig Erwerbstätige, die keine Möglichkeit der Einkommensgestaltung haben.

 

§ 39 und § 41

 

Diese Änderungen sind zu begrüßen.

 

§ 50

 

Die Verlängerung der Anspruchsdauer um die Zeit der Antragsfrist des folgenden Semesters im Falle eines Abschlusses des Studienabschnittes ist begrüßenswert. Es wäre jedoch von Vorteil, wenn dieser Passus dahingehend umformuliert werden würde, dass der Anspruch dann besteht, wenn innerhalb der Antragsfrist nach dem Toleranzsemester ein günstiger Studienerfolg nachgewiesen wird.

 

Grundsätzlich wäre es wichtig generell die Anspruchsdauer pro Abschnitt um ein Semester, für Studien ohne Abschnittsgliederung um zwei Semester, zu verlängern.

 

§ 52b

 

Dass in Zukunft auch im Masterstudium ein Studienabschlusstipendium bezogen werden kann ist erfreulich.

 

StudienabschlussstipendienbezieherInnen sollte ebenfalls ein Studienzuschuss gewährt werden. Problematisch ist der Absatz 4, der kein Einkommen während des Bezuges zulässt. Die Praxis zeigt, dass viele potenzielle BezieherInnen von dem/der ArbeitgeberIn nur dann freigestellt werden, wenn eine geringfügige Beschäftigung aufrechterhalten bleibt. Daher sollte auch ein Zuverdienst in der Höhe der Geringfügigkeit zugelassen werden.

 

§ 52d

 

Die Refundierung von Studienbeiträgen im Gegenzug zu der Ableistung „sozialer Aktivitäten im Ausmaß von 60 Stunden“ hat keinen sozialen Förderungscharakter und passt somit zweckmäßig nicht ins Studienförderungsgesetz.

 

§ 58

 

Die Erhöhung der Leistungsstipendien stellt eine völlig verfehlte Prioritätensetzung dar. Das StudFG als solches ist ohnehin so reformbedürftig, dass die veranschlagten 8,4 Millionen Euro keineswegs ausreichend sind um eine wirklich ausreichende soziale Absicherung der Studierenden zu gewährleisten. Die geplante Erhöhung der Leistungsstipendien kostet 2 Millionen Euro die den Sozialstipendien weggenommen werden. Die Annahme, dass Leistungsstipendien allen Studierenden unabhängig von ihrer sozialen Herkunft zugute kommen ist falsch, vielmehr ist der Zugang dazu sozial selektiv. Studierende mit verstärkter Erwerbstätigkeit (laut Sozialerhebung 2006 betrifft dies vermehrt die niederen Schichten) und Studierende mit migrantischem Hintergrund haben einen massiven Startnachteil.

 

§ 64

 

Die Zusammenlegung von Förderungs- und Leistungsstipendien birgt die Gefahr in sich, dass Förderungsstipendien, die eher sozial bedürftigen Studierenden zu Gute kommen, zu Gunsten von Leistungsstipendien gekürzt werden.

 

 

 

 

Weitere Verbesserungsvorschläge

 

 

Zusätzliches Toleranzsemester für das Bachelorstudium

 

Analog zu den Durchführungsrichtlinien der Familienbeihilfe sollen für alle Bachelorstudien zwei Toleranzsemester gewährt werden, unabhängig davon, ob das Studium in Abschnitte gegliedert ist oder nicht.

 

Anspruch für Beihilfe im Masterstudium nach dem Bachelorstudium

 

Dass, wenn die Mindeststudiendauer des Bachelorstudiums um mehr als zwei Semester überschritten wurde kein Anspruch mehr auf eine Studienbeihilfe im Masterstudium besteht, ist nicht nachvollziehbar. Deshalb soll dieselbe Regelung wie für Abschnitte im Diplomstudium (2x + 1) gelten, mindestens erscheinen uns 6 +4 Semester notwendig.

 

 

Automatische Indexanpassung der Höchststudienbeihilfe

 

Durch die Inflation sinkt die Kaufkraft von StudienbeihilfenbezieherInnen jedes Jahr. Eine automatische Indexanpassung wäre unbedingt notwendig um die finanzielle Absicherung von StipendienbezieherInnen zu gewährleisten.

 

 

Anerkennung von Ergänzungsprüfungen beim Leistungsnachweis

 

                   Zusatzqualifikationen bzw. Ergänzungsprüfungen die nicht im Studienplan festgeschrieben sind (bspw. Latein) zählen nicht zum Leistungsnachweis im Sinne des StudFG und sollten für diesen anerkannt werden.

 

 

Abschaffung der Auswärtigkeit

 

Selbst wenn am Heimatort studiert wird, lassen es die elterlichen Wohnverhältnisse (Platzmangel) oft nicht zu, weiterhin im Elternhaushalt zu wohnen. Studierende müssen eine eigene Wohnung mieten, bekommen aber nur den geminderten Beihilfenbetrag (max. Stipendium 424 €/Monat inkl. Familienbeihilfe) oder keine Beihilfe. Für die Definition/Überprüfung der "Auswärtigkeit" wird die Fahrtzeit vom Wohnort zum Studienort berechnet. Hier wird nur die Fahrtzeit in den Studienort, nicht aber zur Universität herangezogen.

Beispiel Uni-Salzburg: Viele Studierende wohnen aufgrund der niedrigeren Mietpreise in Freilassing (Bayern) und pendeln nach Salzburg. Ein Wohnsitz im Ausland bedeutet jedoch, dass kein Anspruch auf Studienförderung besteht. Deshalb sollte die Studienbeihilfe für „nicht-auswärtige“ an die der als „auswärtig“ eingestuften Studierenden angeglichen werden.

 

 

Vorstudienzeiten von SelbsterhalterInnen

 

Oft haben SelbsterhalterInnen bereits kurz nach der Matura an der Universität inskribiert, dann abgebrochen und einen Beruf ausgeübt. Entscheiden sie sich schlussendlich zu einem späteren Zeitpunkt für ein Studium und wollen ein SelbsterhalterInnenstipendium beantragen, werden die "Vorstudienzeiten" in die Anspruchsdauer/Fristen für Leistungsnachweise eingerechnet. Deshalb sollten Vorstudienzeiten nicht berücksichtigt werden sofern keine Studienbeihilfe bezogen wurde.

 

 

Anpassung der Erbringung des Leistungsnachweises an die verlängerte Anspruchsdauer

 

Unter gewissen Voraussetzungen (Schwangerschaft, Krankheit,...) kann die Anspruchsdauer verlängert werden. Der Leistungsnachweis ist jedoch innerhalb der regulären Frist zu erbringen. Äquivalent zur Verlängerung der Anspruchsdauer soll für die Erbringung des Leistungsnachweises die verlängerte Frist gelten.

 

 

Transportsemester für Bachelor- und Masterstudium

 

Wurden aus dem Bachelorstudium Toleranzsemester nicht verbraucht wäre es günstig diese ins Masterstudium mitnehmen zu können.

 

 

Änderung der Berechnung der Studienbeihilfe

 

Wie schon in früheren Stellungnahmen der ÖH dargestellt ist für viele Studierende die vermeintlich 12%ige Erhöhung der Studienbeihilfe durch die Berechnungsmethode keine echte. Von der Höchststudienbeihilfe, die nicht erhöht wurde, werden die Zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern, Ehegattin bzw. Ehegatten, die Familienbeihilfe und die zumutbare Eigenleistung abgezogen. Danach kommt erst der 12%ige Zuschlag. Folgendes Rechenbeispiel verdeutlicht die Konsequenz daraus:

 

 

Studentin A:  Höchststudienbeihilfe   606 €

         Unterhaltsleisung          0 €

         Familienbeihilfe           0 €

         Eigenleistung                   0 €

         _____________________________

         606*1,12           678,72 €

 

Studentin B:  Höchststudienbeihilfe   606 €

         Unterhaltsleistung      300 €

         Familienbeihilfe           0 €

         Eigenleistung              0 €

         _____________________________

         306*1,12           342,72 €                          

 

Studentin A hat also insgesamt 678,72 € zur Verfügung. Studentin B hat, addiert man die ausbezahlte Studienbeihilfe mit der Unterhaltsleistung, 642,72 €, und somit um 36 € weniger als Studentin 1 zur Verfügung. Gerechter weise dürfte es zwischen den beiden Summen keine Differenz geben.

 

Dieser Unterschied würde nicht zustande kommen wenn die 12%ige Erhöhung in die Höchststudienbeihilfe eingerechnet würde.