Bundesministerium für

Soziales und Konsumentenschutz

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BMSK-40101/0013-IV/9/2008      Mag. Hi                           479                             14.5.2008

 

 

 

Der Österreichische Gewerkschaftsbund dankt für die Übermittlung des Entwurfes einer Vereinbarung gemäß Art. 15 a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung und nimmt wie folgt dazu Stellung:

 

Die Einführung einer bundeseinheitlichen Leistung zum Zweck der Armutsvermeidung in Österreich wird vom ÖGB als besonders wichtige und notwendige Maßnahme zur Armutsbekämpfung erachtet und ausdrücklich befürwortet. Diese stellt einen essentiellen Schritt dar, um eines der wesentlichen Ziele des Regierungsprogramms - die Senkung der Anzahl armutsgefährdeter Menschen in Österreich - zu verfolgen.

 

Laut der aktuellen Studie der Statistik Austria zu EU-SILC 2006 „Einkommen, Armut und Lebensbedingungen in Österreich“ liegt die Zahl der armutsgefährdeten Personen in Österreich bei über einer Million Menschen bzw. rund 13 % der Bevölkerung. Als armutsgefährdet gelten Personen mit niedrigem Haushaltseinkommen. Die Schwelle zur Armutsgefährdung liegt nach europäischer Definition bei 60 % des Medianeinkommens und beträgt nach EU-SILC 2006 € 893 netto in Österreich im Monat für Alleinstehende. Rund 459.000 Menschen in Österreich leben in manifester Armut.

 

Das Risiko in Österreich arm zu werden ist gestiegen, auch erwerbstätige Personen sind vermehrt von Armutsgefährdung betroffen. Laut Bericht der österreichischen Armutskonferenz sind 253.000 Personen in Österreich trotz Arbeit armutsgefährdet, davon sogar 91.000 manifest arm. Diesem neuen Phänomen der Armut trotz Beschäftigung gilt es vehement entgegen zu treten und es bedarf hier einer Kombination geeigneter Maßnahmen, damit Einkommen aus Erwerbstätigkeit Existenz sichernd ist.

Als einen wichtigen Schritt in diese Richtung haben die Sozialpartner im Juli vergangenen Jahres eine Grundsatzvereinbarung zum Mindestlohn von € 1.000,-- unterzeichnet und sich zusätzlich dazu verpflichtet, auch außerhalb ihres unmittelbaren Wirkungsbereiches für eine universelle Geltung des Mindestlohns/-gehalts bis 2009 einzutreten.

 

Auch angesichts der Tatsache, dass Österreich eines der reichsten Länder der Welt ist, bedarf es angemessener und effizienter Mittel um Armut in Österreich wirksam zu bekämpfen. Der ÖGB sieht in der Einführung einer Bedarfsorientierten Mindestsicherung einen wesentlichen Schritt, Menschen in Österreich gegen Armut abzusichern und die Reintegration von bisherigen SozialhilfeempfängerInnen in den Arbeitsmarkt zu forcieren.

 

Die bedarfsorientierte Mindestsicherung soll dem Ziel der stärkeren Armutsbekämpfung in Österreich im Sinne des Regierungsübereinkommens dienen. Der Zugang zum letzten Netz der sozialen Sicherheit soll erleichtert werden, die Hemmschwellen zur Inanspruchnahme abgebaut und durch die Verschränkung mit dem AMS die raschere und nachhaltigere Wiedereingliederung in das Arbeitsleben gefördert werden sowie das österreichische Sozialsystem armutsfest gestaltet werden.

 

Vereinheitlichung des Mindeststandards

 

Als wichtig erachtet der ÖGB die Harmonisierung der bisher unterschiedlich geregelten Sozialhilfegesetzgebungen der Länder durch Gewährleistung eines bundesweit einheitlichen Mindeststandards in Form einer pauschalierten Geldleistung zur Sicherung des Bedarfs für den Lebensunterhalt. Somit gibt es österreichweit einen einheitlichen Mindeststandard, dies bedeutet ein höheres Maß an Rechtssicherheit und ein Mindestniveau an sozialer Absicherung. Die Erbringung weitergehender Leistungen oder die Einbringung günstigerer Bedingungen bleibt gemäß dem Entwurf den Vertragsparteien unbenommen. Dies erscheint aus Sicht des ÖGB sinnvoll.

 

Höhe der pauschalierten Geldleistung

 

Die bedarfsorientierte Mindestsicherung wird in der Höhe des für alleinstehende AusgleichszulagenbezieherInnen monatlich vorgesehenen Betrages abzüglich des davon einzubehaltenden Beitrages zur Krankenversicherung (2008: € 709,80 netto monatlich, 14 Mal jährlich) gewährt. Es ergibt sich somit ein Betrag von € 827,05 netto pro Monat unter aliquoter Berücksichtigung der Sonderzahlungen, der somit deutlich unter der österreichischen Armutsgefährdungsschwelle nach EU-SILC 2006 von € 893 netto pro Monat liegt. Für das Jahr 2008 erscheint dieser Betrag daher noch weniger ausreichend.

 

Aus Sicht des ÖGB ist es im Hinblick auf den Zweck der Armutsbekämpfung erforderlich, sich hinsichtlich der Höhe der Bedarfsorientierten Mindestsicherung am Niveau der Armutsgefährdungsschwelle zu orientieren (60 % des Medianeinkommens) statt an der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes.

Rechtsanspruch

 

Zu befürworten ist aus Sicht des ÖGB, dass bei Erfüllung der notwendigen Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf die bedarfsorientierte Mindestsicherung besteht.

 

Mit dieser pauschalierten Geldleistung soll der Lebensunterhalt abgedeckt werden. Falls damit jedoch nicht der angemessene Unterkunftsbedarf vollständig abgedeckt werden kann, können die Länder - wie schon bisher - zusätzliche Leistungen zur Deckung des Unterkunftsbedarfs gewähren. Für einen im Einzelfall darüber hinausgehenden erforderlichen Zusatzbedarf (z.B. eine neue Therme), der durch die pauschalierte Geldleistung nicht abgedeckt ist, können die Länder somit zusätzliche Geld- oder Sachleistungen vorsehen. Ob dieser Zusatzbedarf im Rahmen von Rechtsansprüchen oder auf der Grundlage des Privatrechts abgedeckt wird, bleibt den Ländern überlassen. Dies ist aus Sicht des ÖGB vertretbar, weil es sich um zusätzliche Leistungen außerhalb des Mindeststandards handelt.

 

Kein arbeitsloses Grundeinkommen

 

Wesentlicher Grundsatz der Vereinbarung ist, dass Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung bei arbeitsfähigen Personen von der Bereitschaft zum Einsatz ihrer Arbeitskraft abhängig gemacht werden, ansonsten besteht die Möglichkeit, diese um maximal 50 % zu kürzen. Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung stellt somit kein arbeitsloses Grundeinkommen dar, was vom ÖGB befürwortet wird.

 

AMS als „One-Stop-shop“

 

Zur (Re-)Integration von arbeitsfähigen LeistungsbezieherInnen in den Arbeitsmarkt soll das AMS als Erstanlaufstelle für alle arbeitsfähigen LeistungsbezieherInnen fungieren. Dies erfolgt laut dem vorliegenden Entwurf dadurch, dass Anträge zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung vom AMS entgegen genommen sowie auch Informationen hinsichtlich ihrer Geltendmachung angeboten werden.

 

Die Anträge für die Bedarfsorientierte Mindestsicherung werden beim AMS für die arbeitsfähigen LeistungsbezieherInnen entgegen genommen und nach Prüfung ihrer Vollständigkeit an die Landesbehörden weitergeleitet, die dann das Verfahren nach den landesrechtlichen Vorschriften durchzuführen haben. Diese Konstruktion stellt somit lediglich eine Kompromissvariante zum „One-Stop-shop“- Prinzip dar, da das Verfahren und die Auszahlung weiterhin bei den Ländern angesiedelt ist.

 

Positiv zu bewerten ist, dass durch diese Regelung die zuvor stigmatisierende Zugangsbarriere der Antragstellung bei den Sozialbehörden zumindest abgemildert wird. Aus Sicht des ÖGB ist jedoch zu kritisieren, dass das Verfahren weiterhin bei den Sozialbehörden verbleibt und es kann somit - wie bisher - zu Vorladungen der Betroffenen kommen, was vor allem im ländlichen Raum in der Regel stigmatisierend ist.

Laut den Erläuterungen ist das Ziel die bessere und nachhaltigere (Re-)Integration von bisherigen SozialhilfebezieherInnen in den Arbeitsmarkt sowie die Erhöhung ihrer Vermittlungschancen. Hierzu bedarf es gezielter Weiterbildungsangebote und Fördermaßnahmen durch das AMS.

 

Aus Sicht des ÖGB darf dies nicht bloß eine reine „Zielformulierung“ bleiben, sondern es sind geeignete Maßnahmenkonzepte unbedingt entsprechend umzusetzen. Angesichts der Tatsache, dass es sich zum Teil um bisher relativ arbeitsmarktferne Personen handelt, sind für gezielte und effiziente Wiedereingliederungsmaßnahmen entsprechende zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen für die aktive Arbeitsmarktpolitik bereitzustellen. Wenn keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden, besteht die Gefahr, dass dies entweder zu einer Benachteiligung von langzeitarbeitslosen Personen, die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen oder zu einer bloßen Verwaltung von Armut für LeistungsbezieherInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, führen kann.

 

Einsatz der Arbeitskraft

 

Wesentlicher Grundsatz der Vereinbarung ist, dass Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung bei arbeitsfähigen Personen von der Bereitschaft zum Einsatz ihrer Arbeitskraft abhängig gemacht werden. Dies wird vom ÖGB – wie schon oben erwähnt – befürwortet.

 

Hinsichtlich der Voraussetzungen zur Arbeitsfähigkeit und Zumutbarkeit einer Beschäftigung wird gemäß dem vorliegenden Entwurf einerseits auf die Kriterien bei der Notstandshilfe verwiesen, andererseits gibt es hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit noch demonstrativ genannte zusätzliche Kriterien. Wenn Personen gleichzeitig Arbeitslosengeld und zur Aufstockung Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung beziehen, kommt es zum rechtlichen Ergebnis, dass unterschiedliche Zumutbarkeitskriterien zur Anwendung kommen. So gilt für den Bereich der Arbeitslosenversicherung in den ersten hundert Tagen der Arbeitslosigkeit Berufsschutz und für die restlichen Tage des Arbeitslosengeldbezuges ein Entgeltschutz, was bedeutet, dass ein/e Arbeitslose/r am Anfang seiner/ihrer Arbeitslosigkeit nur in einen qualifizierten Beruf vermittelt werden darf. Bei einem Bezug  von Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gelten jedoch die Kriterien der Zumutbarkeit für die Notstandshilfe, das heißt die Bereitschaft zur Aufnahme jeglicher nach Kollektivvertrag bezahlten HilfsarbeiterInnentätigkeit.

 

Daher wäre es sinnvoll, klar zu stellen, dass für diesen Personenkreis der „Aufstocker“ die Zumutbarkeitsbestimmungen aus dem Arbeitslosenversicherungsrecht anzuwenden wären, um die Inanspruchnahme der ihnen zustehenden Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht zu vereiteln.

 

 

 

Kürzung der Leistungen

 

Wenn keine Bereitschaft zu einem zumutbaren Einsatz der Arbeitskraft trotz schriftlicher Ermahnung besteht, gibt es die Möglichkeit der Kürzung der Leistungen um maximal 50 %. Eine weitergehende Kürzung oder ein gänzlicher Entfall ist nur in besonderen Fällen ausnahmsweise zulässig.

 

Diese Regelung wird vom ÖGB grundsätzlich befürwortet. Allerdings ergeben sich auch hier insofern rechtliche Unklarheiten, wenn es sich um den oben beschriebenen Personenkreis der „Aufstocker“ handelt, die bereits Notstandshilfe beziehen. Der § 10 AlVG sieht als Sanktion bei Arbeitsunwilligkeit einen gänzlichen Leistungswegfall vor. Da bei diesem Personenkreis aber die Voraussetzungen zum Bezug von Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gegeben sind, also insbesondere eine Notlage vorliegt, wäre es aus Sicht des ÖGB im Sinne der Armutsbekämpfung sinnvoll, für den Gesamtbetrag (Notstandshilfe und BMS) bloß eine Leistungskürzung von 50 % vorzusehen.

 

Begrüßenswert ist aus Sicht des ÖGB, dass die Deckung des Bedarfs der gegenüber dem arbeitsunwilligen unterhaltsberechtigten oder in Lebensgemeinschaft lebenden Personen dadurch nicht beeinträchtigt werden darf.

 

Ausbau der mindestsichernden Elemente in der Arbeitslosenversicherung

 

Nach Ansicht des ÖGB ist der geplante Ausbau der mindestsichernden Elemente in der Arbeitslosenversicherung als Verbesserung grundsätzlich zu begrüßen. So soll das Ausmaß der Notstandshilfe für Personen, deren Arbeitslosengeldbezug unter dem täglichen Wert des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende liegt, durch entsprechende Abbildung der Nettoersatzrate auf 60 % des vorherigen Einkommens (bei Anspruch auf Familienzuschläge auf bis zu 80 %) angehoben werden.

 

Allerdings ist aus Sicht des ÖGB generell zu kritisieren, dass die der Notstandshilfe zugrunde liegende Nettoersatzrate des Arbeitslosengeldes mit derzeit 55 % zu niedrig bemessen ist. Der ÖGB fordert schon seit längerem eine angemessene Nettoersatzrate von 70 %.

 

Bezüglich der Einkommensanrechnung bei der Notstandshilfe ist grundsätzlich anzumerken, dass sich diese ganz überwiegend zum Nachteil von Frauen auswirkt. Laut dem vorliegenden Entwurf wird bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ein emanzipatorischer Ansatz verfolgt. In diesem Sinne wäre der Entfall der Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe ein weiterer wichtiger Schritt, um die ökonomisch unabhängige Existenz von Frauen zu gewährleisten.

 

Haushalts- oder Wohngemeinschaft

 

Der ÖGB begrüßt besonders, dass es im vorliegenden Entwurf ein selbstständiges Antragsrecht für jede erwachsene Person in einer Bedarfsgemeinschaft gibt. Dies stellt eine wesentliche Verbesserung zum bisherigen Konzept von Haupt- und Mitunterstützten in der Sozialhilfegesetzgebung dar. Dieses Antragsrecht fördert im Ergebnis die ökonomische Unabhängigkeit insbesondere von Frauen. Lediglich dort, wo die Bedarfsorientierte Mindestsicherung nur als Zusatzleistung zu einer an eine bestimmte Person geknüpfte Grundleistung (z.B. Familienzuschlag zum Arbeitslosengeld) beansprucht werden kann, kommt dies nicht in Betracht.

 

Freibetrag aus Erwerbstätigkeit

 

Um Erwerbsanreize zu schaffen, ist für Personen, die während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nach einer längeren Erwerbslosigkeit oder erstmalig eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, aus dem daraus erzielten Einkommen ein Freibetrag zu gewähren. Der laut Entwurf vorgesehene Freibetrag ist zu begrüßen, da ansonsten bei Kürzung der Mindestsicherung in vollem Ausmaß eine Hemmschwelle zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit  gegeben wäre.

 

Einbindung aller in die Krankenversicherung

 

Alle BezieherInnen der bedarfsorientierten Mindestsicherung, die nicht bereits von einer Pflichtversicherung erfasst sind, sollen in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen werden. Auch Angehörige von LeistungsbezieherInnen sind vom Krankenversicherungsschutz umfasst. Dies ist eine positive Änderung, da Menschen in finanziellen Notlagen ebenfalls ein uneingeschränkter Zugang zur Gesundheitsversorgung offen stehen muss.

 

Zugang zu den Leistungen und Verfahren

 

Alle nicht arbeitsfähigen Arbeitsuchenden müssen auch weiterhin die Anträge bei den Sozialbehörden der Länder einbringen. Gemäß dem Entwurf soll aber eine Erleichterung des Zugangs dadurch geschaffen werden, dass die Antragseinbringung auch bei Stellen zugelassen werden soll, die dafür geeignet erscheinen (wie z.B. Sozialberatungsstellen oder Sozialzentren). Aus Sicht des ÖGB ist dies insofern zu befürworten, da auf diesem Weg stigmatisierende Zugangsbarrieren vor den Sozialbehörden zumindest etwas abgeschwächt werden könnten.

 

Besonders positiv zu bewerten ist aus Sicht des ÖGB, die Verpflichtung der Länder zu verbesserten Verfahrensbedingungen, indem etwa die Entscheidung in der ersten Instanz innerhalb von maximal drei Monaten erfolgen muss, grundsätzlich auch in erster Instanz in Bescheidform zu entscheiden ist (außer z.B. bei Bagatellleistungen oder wenn dem Antrag ohnehin vollinhaltlich entsprochen wird), sowie der Ausschluss der Möglichkeit eines Berufungsverzichtes vorgesehen wird.

 

Weiters sollen zur Prüfung der Arbeitsfähigkeit Clearingstellen geschaffen werden, um ein funktionierendes Zusammenwirken zwischen AMS und Landesstellen zu gewährleisten. Diese Überprüfung in Form von Gutachten dient laut dem Entwurf der einheitlichen Feststellung und Beurteilung der Arbeitsfähigkeit gemäß § 8 AlVG für Personen, die Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung geltend machen.

 

Aus Sicht des ÖGB sind einheitliche ärztliche Gutachten zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit wesentlich, denn in der  Praxis ist feststellbar, dass die Gutachten zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit zum Teil je nach begutachtender Stelle voneinander abweichen, was für die Betroffenen schwer nachvollziehbar ist. Zur Verbesserung der derzeitigen Situation wurde in der Unterarbeitsgruppe „Schnittstelle“ des Projektes „Invalidität im Wandel“ die Einrichtung einer „Gesundheitsstraße“ diskutiert, die eine einheitliche Begutachtung über die allgemeine Arbeitsfähigkeit mit allgemeiner Verbindlichkeit für AMS und PVA bezweckt.

 

Nach Ansicht des ÖGB wäre es ebenso für die Bedarfsorientierte Mindestsicherung sinnvoll und zweckmäßig, dass auch die Länder an die Gutachten der  „Gesundheitsstraße“ gebunden sind, anstatt es – wie im Entwurf vorgesehen - den Vertragsparteien zu überlassen „alle erforderlichen Vorkehrungen für eine einheitliche Feststellung und Beurteilung der Arbeitsfähigkeit von Personen, die Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung geltend machen“ zu treffen. Es wäre in höchstem Ausmaß unpraktisch und unzweckmäßig neben der Einrichtung der „Gesundheitsstraße“ noch zusätzliche Clearingstellen zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit von AntragstellerInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zu schaffen.

 

Regress

 

Als bundesweiter Mindeststandard ist der Entfall der Ersatzpflicht von (ehemaligen) LeistungsbezieherInnen vorgesehen, die wieder eine Erwerbstätigkeit aufgenommen haben. Das ist besonders positiv zu bewerten, denn damit fällt eine zuvor bestandene Hemmschwelle weg, einerseits Leistungen überhaupt in Anspruch zu nehmen bzw. andererseits für LeistungsbezieherInnen wieder in das Erwerbsleben einzusteigen, weil daraus erzieltes Einkommen in der Regel bisher sofort dem Regress unterlag.

 

Auch die Regressmöglichkeiten von Angehörigen sollen eingeschränkt werden, was positiv zu bewerten ist. Die derzeitigen Regressmöglichkeiten stellen eine Hemmschwelle dar, dringend benötigte Unterstützung zu beanspruchen. All diese Neuerungen sind nach Meinung des ÖGB sinnvolle Maßnahmen, um Erwerbsanreize zu schaffen und finanzielle Notlagen durch den Abbau zuvor bestehender Hindernisse rechtzeitig aufzufangen.

 

Freibetragsgrenze für die Verwertung eigenen Vermögens

 

Bei der Verwertung von eigenem Vermögen gibt es gemäß dem vorliegenden Entwurf eine Freibetragsgrenze in der Höhe von € 3.549,--. Das bedeutet, um Anspruch auf Mindestsicherung zu haben, ist eigenes Vermögen bis auf € 3.549,- zu verwerten.

 

Damit Armut überwunden und nicht verfestigt wird, wäre es sinnvoll eine höhere Grenze für die Vermögensverwertung anzusetzen, da Vermögen in dieser Höhe in Notsituationen schnell verbraucht sein kann. Bei der 24-Stundenbetreuung ist eine Vermögensgrenze der betreuungsbedürftigen Person von EUR 5.000,-- vorgesehen, an diese Regelung könnte man auch hier sinnvoller Weise anknüpfen.

 

Geltungsdauer der Vereinbarung

 

Laut den Schlussbestimmungen des vorliegenden Entwurfs ist die Geltungsdauer dieser Vereinbarung zunächst bis Ende 2010 begrenzt, nur wenn die Deckelung nach Art. 21 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfs nicht überschritten wird (die Nettozusatzkosten der Länder werden für die Jahre 2009 und 2010 mit jeweils 50 Millionen Euro gedeckelt), dann verlängert sich die Geltungsdauer der Vereinbarung automatisch um ein Jahr.

 

Hierzu ist kritisch anzumerken, dass der Zeitraum der Geltung der vorliegenden Vereinbarung ohne Bedingungen bis Ende 2010 im Zusammenhang mit der voraussichtlichen Zeitverschiebung ihres Inkrafttretens (statt 1.1.2009 entweder der 1.7.2009 oder 1.1.2010) etwas knapp bemessen ist. Im Hinblick auf die gering einzuschätzende Deckelung der Zusatzkosten der Länder ist zu befürchten, dass diese Vereinbarung nach einem Evaluierungszeitraum von einem bis eineinhalb Jahren zwischen Bund und Ländern neu verhandelt werden muss. Auf Grund der ursprünglich knapp bemessenen Mittel von 50 Millionen Euro wird primär über Leistungskürzungen statt über erforderliche Verbesserungen diskutiert werden.

 

Arbeitskreis

 

Die Einrichtung eines Arbeitskreises zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung wird begrüßt, da ein so wichtiges sozialpolitisches Reformhaben sinnvoller Weise von einem ExpertenInnenkreis in Bezug auf Optimierungsmöglichkeiten unterstützt werden soll. Allerdings ist hier besonders kritisch anzumerken, dass in diesem Arbeitskreis die Sozialpartner nicht einbezogen werden, obwohl es sich um eine sozialpolitisch relevante Materie handelt und gerade hier die Sozialpartner über entsprechende Kompetenz und Expertise verfügen.

 

 

Der ÖGB ersucht um Berücksichtigung seiner Stellungnahme.

 

 

 

 

 

 

 

 

Rudolf Hundstorfer                                                              Mag. Bernhard Achitz

Präsident                                                                             Leitender Sekretär