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BMJ-B4.000/0013-I 1/2008        Rp 670/08/AS/Va              4014                  29.05.2008

24. April 2008                     Dr. Artur Schuschnigg

 

 

Entwurf eines Lebenspartnerschaftsgesetzes, Stellungnahme

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

die Wirtschaftskammer Österreich bedankt sich für die Übermittlung des Entwurfs zur zivil- und strafrechtlichen Regelungen von Lebenspartnerschaften und nimmt zu diesem, wie folgt, Stellung:

 

Nach den Erläuternden Bemerkungen soll der vorliegende Entwurf einen justizrechtlichen Rahmen der wechselseitigen Rechte und Pflichten der in einem Vertrag auf Dauer verbundenen gleichgeschlechtlichen Personen abstecken. Damit solle in dieser sensiblen gesellschaftspolitischen Frage eine breite öffentliche Diskussion eröffnet werden.

 

Losgelöst von der grundsätzlichen Frage, ob überhaupt und wenn ja wie weitgehend es zu einer rechtlichen Gleichstellung gleichgeschlechtlich orientierter Paare in Form einer Lebenspartnerschaft zu Ehepaaren kommen solle oder nicht, ist schon einleitend festzuhalten, dass diese Diskussion jedenfalls nicht nur auf Basis des vorgelegten Entwurfs geführt werden kann.

 

Eine Ursache für diesen Umstand liegt in der Ankündigung in den Erläuternden Bemerkungen selbst, dass „auch die Änderung verschiedener eherechtlicher Regelungen zur Diskussion gestellt werden wird. Die notwendigen Harmonisierungen werden im weiteren Verlauf der Gesetzgebungsverfahren vorgenommen werden.“ Dies würde zudem zu einer – allenfalls auch nur kurzfristigen – Besserstellung der Lebenspartner gegenüber Eheleuten führen!

 

Andererseits bedarf es zu einer derartigen Diskussion auch des Offenlegens aller anderen sich aus einer allfälligen derartigen Gleichstellung ergebenden weiteren Konsequenzen: z.B. allgemein rechtliche Konsequenzen insb. auch im Verhältnis zu Dritten, arbeits- und sozialrechtliche Auswirkungen (inkl. Mitversicherung, Witwen/Witwer-Pensionen, Pflegeurlaub) u.ä.m..

 

Es müssten daher eine Reihe weiterer Gesetze angepasst werden. Letztlich wäre bei einer gesetzlich normierten Gleichstellung es schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich eine Differenzierung vorzunehmen, da diese - mit wenigen Ausnahmen - wohl einer sachlich nicht gerechtfertigten Diskriminierung gleichkommen würde.

 

Es ist daher evident, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz auch mit nicht unerheblichen finanziellen Begleiterscheinungen vor allem für Unternehmer und Versicherungsträger verbunden sein wird. Auch im Bereich der staatlichen Verwaltung wird mit spezifischen Aufwendungen zu rechnen sein.

 

Die Erläuternden Bemerkungen enthalten sowohl zum Punkt „Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich“ als auch zum Punkt „Finanzielle Auswirkungen“ den Ausdruck „Keine“. Auch in Punkt 5. des Allgemeinen Teiles wird lediglich ausgeführt, dass es zu einer vermehrten Inanspruchnahme der Personenstandsbehörden und der Gerichte kommen kann, „beides jedoch in einem zwar nicht genau abschätzbaren, aber im Verhältnis zur übrigen Tätigkeit äußerst geringfügigen Umfang.“ Die WKO bittet um Ergänzung bzw. Überprüfung des betreffenden Vorblattes.

 

Hinsichtlich der grundlegenden Definition des § 2 Abs. 1 LPartG, nach der eine Lebenspartnerschaft nur zwei Personen (Lebenspartner) gleichen Geschlechts begründen können, besteht offensichtlich ein schon in der Wortwahl nicht geklärter Kollisionskurs mit dem gesetzlichen Begriff der „Lebensgemeinschaft“ bzw. „Lebensgefährte“ – mag auch im Gesetzesentwurf die Überschrift vor § 757 ABGB „II. Gesetzliches Erbrecht eines Ehegatten oder Lebensgefährten“ allenfalls nur ein Redaktionsversehen darstellen. Schon aus rein legistischer Sicht wäre daher eine klarere Trennung wünschenswert.

 

Zu den Bestimmungen im Einzelnen:

 

Artikel I: Bundesgesetz über die Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG)

 

Angemerkt werden darf, dass allenfalls nach den Legistischen Richtlinien die Artikelnummerierung mit arabischen Zahlen zu erfolgen hat.

 

zu § 1 (Geltungsbereich):

 

Da die Wirkungen einer Lebenspartnerschaft weit über die gesetzlichen Regelungen im LPartG hinausgehen, ist die Formulierung „Dieses Bundesgesetz regelt … die Wirkungen … der Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare.“, da nicht abschließend, nicht ganz zutreffend.

 

zu § 2 (Wesen der eingetragenen Partnerschaft):

 

Der Diktion des Gesetzesentwurfs folgend müsste die Überschrift vor § 2 unserer Ansicht nach „Wesen der eingetragenen Lebenspartnerschaft“ heißen.

 

zu § 3 (Diskriminierungsverbot):

 

Die Notwendigkeit einer derartigen Regelung ist im Hinblick auf Art. 8 EMRK etc. ebenso fraglich, wie die der Normierung in einem zumindest in weiten Bereichen dem Privatrecht zuzuordnenden Gesetz – ganz abgesehen davon, dass wohl demnächst auch eine derartige Regelung für Eheleute notwendig werden könnte.

zu § 5 (Eingehungshindernisse):

 

Nach den Erläuternden Bemerkungen werden die Regelungen des Entwurfs ganz bewusst in einem eigenen Sondergesetz und nicht durch Verweisungen zum geltenden Eherecht vorgenommen. Da das Institut der Lebenspartnerschaft nur gleichgeschlechtlichen Personen eröffnet werden soll, ist das Eingehen einer Lebenspartnerschaft zwischen Personen verschiedenen Geschlechts mit Nichtigkeit zu sanktionieren.

 

zu § 6 (Form der Eingehung):

 

Nicht nachvollziehbar ist, weswegen in Abs. 4 vom Abschluss der Lebenspartnerschaft ausgeht, während Abs. 1 die Begründung normiert. Sollte derselbe Zeitpunkt gemeint sein, wäre es ratsam, dieselben Ausdrücke zu verwenden.

 

zu § 7 (Name):

 

Da eine Lebenspartnerschaft grundlegend verschieden von einer Familie ist, sollte für den gemeinsamen Namen der Ausdruck „Familienname“ nicht gebraucht werden. Abs. 2 müsste daher lauten: „Die Lebenspartner können den gleichen Nachnamen führen. Dieser ist der Familienname …“. Dies hat auch in § 20 und § 162b ABGB Berücksichtigung zu finden.

 

zu § 8 (Rechte und Pflichten):

 

In Abs. 3 müsste es allenfalls lauten: „Die Lebenspartner sollen ihre Lebenspartnerschaft, … In diesen Fällen haben sich beide Teile um ein Einvernehmen über die Neugestaltung der Lebenspartnerschaft zu bemühen.“

 

zu § 11 (Mitwirkung im Erwerb):

 

§ 11 Abs.  1 hat statt „Ein ein Lebenspartner hat im Erwerb …“ zu lauten „Ein Lebenspartner hat im Erwerb …“.

 

Nach den Erläuternden Bemerkungen müsste in Abs. 2, zweiter Absatz der Ausdruck „Paares“ durch „Lebenspaares“ ersetzt werden.

 

Die gerichtliche Geltendmachung von allfälligen Ansprüchen auf Abgeltung sagt noch nichts über deren inhaltliche Berechtigung aus.

 

zu § 12 (Unterhalt):

 

Aufgrund der Definition des § 1 LPartG müsste Abs. 1 lauten „Die Lebenspartner haben nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer Lebenspartnerschaft …“.

 

zu § 13 (Gründe der Auflösung):

 

Aufgrund der im Gesetzesentwurf verwendeten Ausdrücke müsste Abs. 1 lauten: „Die Lebenspartnerschaft wird durch den Tod oder die Todeserklärung eines der Lebenspartner aufgelöst.“ oder „Die Lebenspartnerschaft wird durch den Tod oder die Todeserklärung einer Lebenspartnerin oder eines Lebenspartners aufgelöst.“

 

Im Gegensatz zum EheG wird nicht ausdrücklich auf die Rechtskraft der Entscheidung des Gerichts abgestellt. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass diese Auslegung der Intention des Gesetzgebers entsprechen soll.

 

zu § 15 (Auflösung wegen Verschuldens oder wegen Zerrüttung):

 

In § 15 Abs. 1 Satz 1 müsste, dem Aufbau des Entwurfes folgend, der Ausdruck „Lebensgemeinschaft“ durch „Lebenspartnerschaft“ ersetzt werden. Dies gilt ebenso für Abs. 2 Z 1 und Abs. 5 Satz 1.

 

Die inhaltliche Abweichung des § 15 Abs. 3 von § 55 EheG führt in diesem Punkt zu einer erleichterten Auflösungsmöglichkeit der Lebenspartnerschaft. Wenn schon eine weitgehende Angleichung vorgenommen werden soll, ist nicht einzusehen, weswegen u.a. in diesem Punkt sogar noch eine Bevorzugung in den Auflösungsgründen vorgenommen werden soll. Eine derartige Bevorzugung ist generell abzulehnen.

 

zu § 18 (Schuldausspruch bei Auflösung wegen Willensmängeln oder Zerrüttung):

 

Das Zitat in Abs. 4 „der Abs. 1 Z 5 und 6“ ist sprachlich unklar. Gemeint ist wohl „des § 14 Abs. 1 Z 5 und 6“.

 

zu § 19 (Nichtigkeit der Lebenspartnerschaft):

 

In Abs. 2 werden am Ende der Z 1 bis 3 unterschiedliche Satzzeichen verwendet. Dies ist zu vereinheitlichen.

 

In Abs. 4 sind die Ausdrücke „Partnerschaft“ durch „Lebenspartnerschaft“ zu ersetzen.

 

zu § 21 (Unterhalt):

 

Der Unterhalt gem. § 21 unterscheidet sich zweifelsohne von jenem des § 12. Es sollte daher zumindest die Überschrift des § 21 angepasst werden (z.B. „Unterhalt bei Auflösung der Lebenspartnerschaft“).

 

In Abs. 6 erster Satz ist der Ausdruck „Partner“ durch „Lebenspartner“ zu ersetzen.

 

zu § 22:

 

Während die Bestimmung des § 74 EheG durchgehend den Ausdruck „der Verpflichtete“ verwendet, wechselt in § 22 der Ausdruck zwischen „der verpflichtete Lebenspartner“, „der verpflichtete Teil“, „der unterhaltspflichtige Lebenspartner“ und „den unterhaltspflichtigen Teil“. Die Divergenz wird nicht begründet und zieht sich auch in § 23 fort. Auch unter Beibehaltung der Begriffe müsste Abs. 5 Satz 2 lauten: „ …, in der der Unterhaltspflichtige in Verzug …“.

 

zu § 23:

 

§ 23 Abs. 2 müsste lauten „… einer schweren Verfehlung gegen den Verpflichteten schuldig macht oder …“.

 

zu § 24 (Gegenstand der Aufteilung):

 

Auch die Überschrift vor § 24 müsste aufgrund der Diktion des Gesetzesentwurfs lauten: „Aufteilung des lebenspartnerschaftlichen Gebrauchsvermögens und der lebenspartnerschaftlichen Ersparnisse …“. Diese Änderung betrifft ebenso § 24 Abs. 1.

 

In Abs. 2 und  3 ist der Ausdruck „Lebensgemeinschaft“ je durch den Ausdruck „Lebenspartnerschaft“ zu ersetzen.

 

zu § 34 (Ausgleich von Benachteiligungen):

 

In Abs. 1, 3 und 4 sind die Ausdrücke „Partnerschaft“ bzw. „Lebensgemeinschaft“ je durch den Ausdruck „Lebenspartnerschaft“ zu ersetzen.

 

In Abs. 2 und Abs. 3 hat es je zu lauten „…, an dem einem oder beiden Lebenspartnern ein Anteil zusteht, …“.

 

In Abs. 3 müsste es lauten: „…zugunsten des anderen Lebenspartners angemessen zu berücksichtigen.“

 

zu § 37 (Ausgleichszahlung):

 

In Abs. 2 müsste es unser Erachtens lauten: „… und dem Ausgleichsberechtigten zumutbar ist.“

 

zu § 41 (Haftung für Kredite):

 

Zu § 41 wird in den Erläuternden Bemerkungen ausgeführt:

 

„Ziel dieser der dem § 98 EheG entsprechenden Gesetzesstelle ist es, Härten zu mindern, die sich nach der Auflösung der Lebenspartnerschaft aus der Mithaftung eines Teils für einen Kredit des anderen Teils ergeben können. Häufig nimmt nämlich der Gläubiger einer solchen Verbindlichkeit denjenigen Teil in Anspruch, der keinen wirtschaftlichen Vorteil aus dem Kredit gezogen hat, sei es, weil die Kreditsumme oder der damit angeschaffte Gegenstand schon während der Lebenspartner­schaft hauptsächlich dem anderen Teil zugute gekommen ist, sei es, weil dieser Gegenstand im Rahmen der Vermögensteilung dem anderen zugefallen ist …“

 

Diese Feststellung bezüglich der Inanspruchnahme ist grundsätzlich nicht zutreffend. Die Bank nimmt jenen Schuldner aus der Verbindlichkeit in Anspruch, bei dem davon auszugehen ist, dass der offene Betrag auf leichterem Weg hereingebracht werden kann. Dies liegt nicht zuletzt auch im Interesse des Mitschuldners.

 

Sofern es keine Regelungen nach § 98 EheG gibt, werden grundsätzlich beide Kreditnehmer in Anspruch genommen. Ansonsten könnte es dabei dazu kommen, dass der wirtschaftlich Schwächere, der leichter erreichbar ist (in der Regel die mithaftende Ehefrau mit kleinen Kindern) in Anspruch genommen wird, obwohl dieser keinen Nutzen aus dem seinerzeit aufgenommenen Kredit gehabt haben mag.

 

Wir empfehlen daher, die erwähnte Regelung auch für die Lebenspartnerschaft zu übernehmen.

 

Für die einheitliche Abwicklung von Bankgeschäften ist es wichtig, dass die Lebenspartnerschaft in allen Bereichen der Ehe gleichgestellt wird. Es sollte gewährleistet sein, dass hinsichtlich der Abwicklung in allen Bereichen auf die bestehende Abwicklung bei Ehepaaren zurückgegriffen werden kann.

 

 

Artikel II: Änderung des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches

 

zu § 41:

 

§ 41 letzter Halbsatz sollte unserer Ansicht nach lauten: „… in eben der Linie und in eben dem Grade ist er mit dem anderen Ehegatten oder Lebenspartner verschwägert.“ Im gegebenen Zusammenhang stellt sich ohnedies die Frage der Relevanz dieser Bestimmung.

 

zu § 758:

 

§ 758 lautete bislang: „Sofern der Ehegatte nicht rechtmäßig enterbt worden ist, gebühren ihm als gesetzliches Vorausvermächtnis das Recht … und die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen, …“.

 

Die Änderung „Sofern der Ehegatte oder der Lebenspartner nicht rechtmäßig enterbt worden ist, gebührt ihm als gesetzliches Vorausvermächtnis das Recht … und die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen, …“ verbleibt unklar.

 

 

Artikel VII: Änderung des Unternehmensgesetzbuches

 

Die Promulgationsklausel sollte dem Stand angepasst werden; dies betrifft auch andere Gesetze, ohne dass dies im Weiteren noch gesondert angeführt wird.

 

 

Artikel VIII: Änderung des IPR-Gesetzes

 

§ 27d (Auflösung der Lebenspartnerschaft):

 

In Z 3 sollte es heißen: „… wenn nach dem nach Z 1 und …“.

 

 

Artikel IX: Änderung des Notariatsaktsgesetzes

 

§ 1 lit. a sollte durch einen Strichpunkt statt eines Punktes beendet werden.

 

 

Artikel XXIII: Änderung des Konsumentenschutzgesetzes

 

In § 25a müsste Subpunkt 3, letzter Halbsatz noch ergänzt werden, wie folgt: „… was binnen eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung bzw. der Auflösung der Lebenspartnerschaft beantragt werden müsste.“

 

 

Zusätzliche Bemerkungen

 

Auf die Notwendigkeit weiterer, unmittelbar verbundener Bestimmungen (Z.B. § 92 Geo., RegisterzählungsG, Erwerbs- und Wohnungsstatistikverordnung) wird der Vollständigkeit halber hingewiesen.

 

 

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass sehr wohl eine massive Betroffenheit der österreichischen Wirtschaft durch die in Aussicht genommene Gesetzesänderung gegeben ist. Die nunmehr zu eröffnende breite Diskussion in dieser sensiblen gesellschaftspolitischen Frage sollte jedenfalls auch diesen Umstand berücksichtigen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

 

Dr. Christoph Leitl                                                                  Dr. Reinhold Mitterlehner

Präsident                                                                                     Generalsekretär-Stv.