GZ.:

IV/38709

Fristvermerk:

 

Anschrift:

An das
Bundesministerium für
Unterricht, Kunst und Kultur

z.H. Herrn OR Dr. Christoph Bazil
Minoritenplatz 5
1014 Wien

Singerstraße 17-19, 1011 Wien
Tel.: +43-1-514 39/140
Fax: +43-1-514 39/504
post.fp04.fpr@bmf.gv.at
www.finanzprokuratur.at

 

Datum:                          

Wien, am 1. September 2008

Betreff:

Novelle zum Kunstrückgabegesetz – Begutachtungsverfahren
zu GZ 16.616/0115-IV/1/2008

Beilagen:

 

Anrede

Sehr geehrter Herr Oberrat Doktor Bazil!

Texteingabe:

Die Finanzprokuratur nimmt zum vorliegenden Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen, BGBl I 1998/191, wie folgt Stellung:

 

I.

 

Die in den Erläuterungen zum Gesetzesvorhaben zum Ausdruck gebrachte Absicht, unter Berücksichtigung der Empfehlungspraxis des Beirates „mehr Rechtssicherheit in diesem sensiblen Gebiet“ durch Klarstellung auslegungsbedürftiger Regelungen im Stammgesetz zu erreichen, ist zu begrüßen. Es ist aber ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass auch durch die nunmehr vorgesehenen Änderungen keineswegs hinsichtlich aller unklaren Bestimmungen der Stammfassung eine eindeutige Regelung erfolgen wird. Dies gilt im besonderen Maße für den (zu!) weit gefassten Tatbestand des § 1 Z 2 und für den (unklaren) Tatbestand des § 1 Z 3.

 

II.

 

A. Zu Z 2 (§ 1)

 

Aus sprachlichen Gründen sollte besser formuliert werden „... jene Kunstgegenstände und jenes sonstige bewegliche Kulturgut ....“.

Die Ausdehnung der für eine Rückgabe in Betracht kommenden Objekte auf „Kunstgegenstände und sonstiges bewegliches Kulturgut“ ist sachlich begründet. Sie entspricht der bisherigen Empfehlungspraxis des Beirates, der sich dabei auf die Erläuterungen zur Stammfassung berufen hat, wo auch bisher schon von „Kunst- und Kulturgegenständen“ die Rede war. Allerdings könnte im Besonderen Teil der Erläuterungen zur Z 2 (Klammerausdruck in der letzten Zeile) auf § 1 Abs 1 Denkmalschutzgesetz verwiesen werden, der die Begriffsbestimmung enthält.

 

Ebenso hat die bisherige Praxis bei Vollziehung des Gesetzes in der Stammfassung ergeben, dass es – wie nunmehr vorgesehen – vorzuziehen ist, nur auf bestehendes Eigentumsrecht des Bundes abzustellen, wodurch „Zufälle der Inventarisierung“ keine Rolle mehr spielen.

 

B. Zu Z 3 (§ 1 Z 1)

 

1. Die vorgeschlagene Regelung „... nach den damaligen Bestimmungen zu restituieren gewesen wären ...“ ist unbestimmt, sie ist auch sachlich unzutreffend, da die Rückstellungsgesetze nach wie vor dem Rechtsbestand angehören (wenn auch eine Antragstellung infolge Fristablauf nicht mehr erfolgen kann). Besser wäre „... von Todes wegen waren oder rückzustellen gewesen wären und ...“.

 

Problematisch erscheint dabei, dass der Beirat durch diese Regelung in die schwierige Situation versetzt wird, Ablauf und Ausgang von Rückstellungsverfahren zu fingieren, ohne dass im Einzelfall möglicherweise ausschlaggebende Beweismittel zur Verfügung stehen.

 

2. Die zeitliche Einschränkung „... nach dem 8. Mai 1945 ...“ erscheint entbehrlich, da es vorher keine Rückstellungen gab.

 

3. Die Wortgruppe „... im engen Zusammenhang mit einem darauf folgenden Verfahren ...“ bezieht sich sprachlich nur auf das Verfahren nach dem AusfuhrverbotsG und den Eigentumsübergang. Nur aus den Erläuterungen ist ersichtlich, dass ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang auch zwischen Rückstellung (oder eben Verzicht auf eine solche), Ausfuhrverfahren und Eigentumsübergang bestehen muss. Diese Klarstellung sollte auch im Gesetz durch die Formulierung  erfolgen „... oder rückzustellen gewesen wären, und in kausalem und engem zeitlichen Zusammenhang damit und einem Verfahren ... in das Eigentum des Bundes übergegangen sind ...“.

 

Da drei vollständige Sätze folgen, könnte der Doppelpunkt nach dem ersten Satz durch einen Punkt ersetzt werden.

 

4. Im 2. Satz der Z 1 mag der Ausdruck „dem bzw. den Rückübereignungsberechtigten“ durch „den ursprünglichen Eigentümern oder deren Rechtsnachfolgern“ ersetzt werden. Dies diente der Vereinheitlichung der Terminologie und trüge auch dem Umstand Rechnung, dass das Gesetz keinen Anspruch auf Übereignung begründet (§ 2 Abs 2 2. Satz).

 

5. Die sachgerechte Regelung, wonach eine erhaltene Gegenleistung rückzuerstatten ist, lässt den Fall ungeregelt, dass der Bund anlässlich der Eigentumsübertragung eine sachliche Gegenleistung (etwa einen Kunstgegenstand aus Museumsbesitz – solche Fälle sind vorgekommen) erbracht hat, die für eine Rückgabe in Betracht kommende Person aber über diese nicht mehr verfügen kann. Nach dem vorgesehenen Wortlaut wäre in solchen Fällen eine Rückgabe ausgeschlossen.

 

Um diese wohl nicht erwünschte Konsequenz zu vermeiden, müsste auch in derartigen Fällen ein Wertersatz vorgesehen werden. Dabei hätte der Gesetzgeber zu entscheiden, ob der seinerzeitige Marktwert zugrundegelegt und valorisiert wird, oder aber – uU (sach)gerechter – der Marktwert der Gegenleistung im nunmehrigen Zeitpunkt der Rückgabe. In beiden – nach den bisherigen Erfahrungen aber nur selten vorkommenden – Fällen wird allerdings die Beiziehung von Sachverständigen unumgänglich sein.

 

Die Prokuratur schlägt deshalb die Ergänzung und nachstehende Formulierung vor : „... so ist diese, oder ihr Wert im Zeitpunkt der Rückgabe dem Bund von den ursprünglichen Eigentümern oder deren Rechtsnachfolgern zurückzuerstatten. Ein erhaltener Geldbetrag ist nach den von der Statistik Austria ...“.

 

6. Im Besonderen Teil der Erläuterungen könnte überdies zur Z 3 zur Klarstellung ein Satz angefügt werden, wonach  „die Erteilung der Ausfuhrbewilligung für andere Objekte nicht als Gegenleistung des Bundes anzusehen ist“. Dies entspricht ebenfalls der Empfehlungspraxis des Beirates und war bisher selbstverständlich, da die Rückgabeermächtigung nur unentgeltliche Widmungen umfasste und der Tatbestand der Z 1 bei anderer Auslegung keinen Anwendungsbereich gehabt hätte. Da nunmehr auch bei entgeltlichen Widmungen zur Rückgabe ermächtigt werden soll, erscheint diese Klarstellung geboten.

 

 

7. Verfassungsrechtliche Bedenken:

 

Die Prokuratur verweist auch darauf, dass gegen die gesamte Regelung des § 1 Z 1 (sowohl in der bisherigen als auch in der geänderten Fassung) Bedenken in verfassungs-(gleichheits)-rechtlicher Sicht ins Treffen geführt werden könnten. Jedenfalls in den Fällen, in denen eine Rückstellung tatsächlich erfolgt ist, wurde das in der seinerzeitigen Entziehung liegende Unrecht hinsichtlich der betroffenen Objekte durch deren Rückstellung behoben. Grund für die ungeachtet dessen ermöglichte Rückgabe ist die Ausübung von Druck zur Übereignung an den Bund durch sachlich nicht gerechtfertigte Verknüpfung mit Ausfuhrbegehren (sogenannter „Kuhhandel“). Diese vom Gesetzgeber missbilligte Vorgangsweise könnte aber auch Objekte betreffen, die von einer Entziehung nicht betroffen waren. Ein sachlicher Grund, die in § 1 Z 1 vorgesehene Begünstigung Objekten nicht zu teil werden zu lassen, die zwar ebenfalls in Verknüpfung mit Ausfuhrbegehren dem Bund übereignet wurden, vorher aber nicht Gegenstand von Entziehungshandlungen waren, ist uU nur schwer argumentierbar. Die Konsequenz der Missbilligung des Gesetzgebers müsste alle auf diese nunmehr als bedenklich angesehene Art erworbenen Objekte betreffen, ihre Beschränkung auf seinerzeit entzogen gewesene, aber rückgestellte Objekte könnte aus gleichheitsrechtlicher Sicht bedenklich erscheinen.

 

C. Zu Z 4 (§ 1 Z 2)

 

1. Die vorgeschlagenen Änderungen beziehen sich auf die Behebung redaktioneller Versehen der Stammfassung, womit aber die bei Vollziehung dieses Tatbestandes der Stammfassung aufgetretene wichtige folgende Problematik nicht behoben wird:

 

Es ist – soweit ersichtlich – einhellige Auffassung[1], dass der Tatbestand des § 1 Z 2 zu weit gefasst ist, seinem Wortlaut nach auch Sachverhalte umfasst, bei deren Vorliegen eine Rückgabe sinnvollerweise nicht in Betracht kommt und deshalb berichtigend (einschränkend) auszulegen ist. Auch der Beirat hat den Tatbestand des § 1 Z 2 stets einschränkend ausgelegt. Ungeachtet dessen wurde in diesem Punkt keine Änderung vorgesehen.

 

2. Abgesehen von bestehendem Bundeseigentum normiert der Wortlaut der Z 2 und nunmehr auch der Z 2a nur zwei Voraussetzungen für seine Anwendbarkeit, nämlich die (bei Z 2a nur sinngemäße) Anwendbarkeit des Nichtigkeitsgesetzes BGBl 1946/106 und einen nachfolgenden

„rechtmäßigen“ Eigentumserwerb durch den Bund.

 

3. Vom Wortlaut umfasst wäre somit auch der Ankauf eines seinerzeit entzogenen Objektes nach seiner Rückstellung vom wieder in seine Rechte eingesetzten früheren Eigentümer durch den Bund. Umfasst wäre ebenso der Erwerb durch den Bund von einem Dritten, an den der frühere Eigentümer das an ihn rückgestellte Objekt veräußert hat, oder aber der Erwerb durch den Bund in einer vom früheren Eigentümer veranlassten Versteigerung. Soferne die Verwendung der Vergangenheitsform in Z 2 und Z 2a („... zwar rechtmäßig in das Eigentum des Bundes übergegangen sind ...“) nicht auf den Zeitpunkt des Inkrafttreten des Gesetzes zu beziehen ist, wäre dem Wortlaut nach eine Rückgabe sogar dann zu empfehlen, wenn ein Objekt nach dem KunstrückgabeG zurückgegeben wurde, der Empfänger aber dieses Objekt später dem Bund zum Geschenk macht (so etwa geschehen im Rückgabefall Rothschild). Der derzeit bestehende und in diesem Punkt unverändert belassene Wortlaut des 2. Tatbestandes würde daher den Erwerb eines vom wieder in seine Rechte eingesetzten Eigentümer auf den Markt gebrachten Objektes durch den Bund erschweren oder sogar gänzlich unmöglich machen. Derartige wohl nicht beabsichtigte Konsequenzen könnten durch eine modifizierte Formulierung ausgeschlossen werden.

 

4. Es ist – soweit ersichtlich – einhellige Auffassung in der Lehre (siehe die obigen Nachweise in FN 1), dass Kunstwerke, die nach 1945 restituiert  und vom Bund dann direkt oder indirekt derivativ vom tatsächlich Berechtigten erworben wurden, aus dem Anwendungsbereich des dem wahren Willen des Gesetzgebers entsprechend ausgelegten 2. Tatbestandes ausscheiden. In diesem Sinne hat auch der Beirat den Tatbestand stets unter Vornahme einer teleologischen Reduktion ausgelegt.

 

5. Dem bereits in der Stammfassung enthaltenen und beibehaltenen Wort „rechtmäßig“ kommt keine normative Bedeutung zu, da die Auffassung nicht vertretbar erscheint, ein allenfalls „unrechtmäßiger“ (also nicht titulierter) Erwerb des Bundes solle eine Rückgabe ausschließen.

 

6. Die entsprechende Rückgabeermächtigung könnte durch folgende Formulierung des 2. Tatbestandes des § 1 zum Ausdruck gebracht werden:

 

„2. Gegenstand eines Rechtsgeschäftes oder einer Rechtshandlung gemäß .... waren und sich im Eigentum des Bundes befinden, sofern der Eigentumserwerb des Bundes nicht direkt oder indirekt auf eine rechtsgeschäftliche Erklärung gemäß § 863 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch des ursprünglichen Eigentümers oder seiner Rechtsnachfolger von Todes wegen zurückgeführt werden kann;“

 

7. In den Erläuterungen könnte dazu ausgeführt werden, dass durch die Wortfolge „direkt oder indirekt“ klargestellt ist, dass auch der Eigentumserwerb des Bundes von einem Dritten, dessen Erwerb auf eine rechtsgeschäftliche Erklärung des wieder in seine Rechte eingesetzten ursprünglichen Eigentümers oder seiner Rechtsnachfolger von Todes wegen zurückgeführt werden kann, nicht zu einer Rückgabe führen soll. Durch den Verweis auf § 863 ABGB ist klargestellt, dass auch eine konkludente Erklärung des ursprünglichen Eigentümers ausreicht, sofern sie den Anforderungen der dazu ergangenen Rechtsprechung an eine wahre Willenserklärung genügt. Ist diese Voraussetzung erfüllt, muss eine tatsächliche Rückstellung – sei es in einem formellen Verfahren, sei es formlos – nicht erfolgt sein. Sind allerdings die Tatbestandsvoraussetzungen der Z 1 gegeben, liegt keine die Rückgabe ausschließende Willenserklärung vor.

 

D. Zu Z 5 (§ 1 Z 2a)

 

Die Ausdehnung der (sinngemäßen) Anwendung des Nichtigkeitsgesetzes trägt der bisherigen Empfehlungspraxis des Beirates Rechnung und erscheint sachgerecht.

 

Im übrigen wird auch für diesen Tatbestand auf die obigen Ausführungen zu Z 4. des Entwurfes verwiesen. Auch hier sollte der zu weit gefasste Anwendungbereich durch die oben vorgeschlagene Formulierung auf die tatsächlich in Betracht kommenden Fälle eingeschränkt werden.

 

E. Zu § 1 Z 3 der Stammfassung

 

1. Hinsichtlich dieses Tatbestandes ist keine Änderung vorgesehen, obwohl er unter Zugrundelegung seines Wortlautes nur einen geringen Anwendungsbereich hat.

 

2. Nach diesem Wortlaut müssen „Rückstellungsverfahren“ (Der Grund für die Verwendung der Mehrzahlform bleibt im Dunklen.) stattgefunden haben, wobei die Erläuterungen (1390 BlgNR 20. GP) von „Durchführung von Rückstellungen“ sprechen, womit uU auch Rückstellungen ohne förmliches Verfahren nach einem der Rückstellungsgesetze nicht ausgeschlossen wären. Ungeachtet des Abschlusses dieses Rückstellungsverfahrens muss es nicht möglich gewesen sein, den nunmehr betroffenen Kunstgegenstand zurückzugeben. Damit können nur faktische Gründe für das Unterbleiben der Rückstellung gemeint sein, da entgegen stehende rechtliche Gründe im Rückstellungsverfahren zu beachten gewesen wären. Der Kunstgegenstand muss in Folge „als herrenloses Gut“ in Bundeseigentum übergegangen sein. Da aber nach § 1 erster Satz eine Rückgabe nur „an den ursprünglichen Eigentümer oder seine Rechtsnachfolger von Todes wegen“ in Betracht kommt, erscheint „Herrenlosigkeit“ begrifflich ausgeschlossen, zumal davon auszugehen ist, dass auch das Tatbestandsvoraussetzung bildende „Rückstellungsverfahren“ vom früheren Eigentümer eingeleitet wurde.

 

3. Als Anwendungsbeispiel  theoretisch denkbar wäre der Fall einer Preisgabe (Dereliktion) nach erfolgter formeller oder informeller Rückgabe, ein wenig praxisrelevanter Fall. Denkbar wäre auch der Fall einer nach erfolgter Rückstellung eingetretenen Heimfälligkeit an den Bund, sofern nachträglich Erben hervorkommen. Auch derartige Gegenstände sind aber nicht „herrenlos“, da es sich beim Heimfallsrecht des Staates um einen Aneignungstitel spezifischer Art handelt, der eben den Zweck hat, zu verhindern, dass nachgelassenes Vermögen herrenlos wird (RZ 1985/70 = NZ 1985, 132).

 

4. Die geschilderten Fälle einer denkbaren Anwendung des Tatbestandes der Z 3 sind in der nunmehr nahezu zehnjährigen Rückgabepraxis kaum aufgetreten. Es besteht daher uU auch keine Notwendigkeit einer eigenen Regelung für derartige (theoretische) Fälle, da sie auch unter Zuhilfenahme des 2. Tatbestandes sachgerecht gelöst werden könnten (im Falle einer Dereliktion keine Rückgabe, da eine zumindest konkludente Willenserklärung des Berechtigen vorliegt, im Falle der Heimfälligkeit lägen die Voraussetzungen für eine Rückgabe vor). Auch die vom Beirat bisher auf den Tatbestand der Z 3 gestützten Rückgabeempfehlungen hätten ebenso und mit gleichem Ergebnis auf den Tatbestand der Z 2 gestützt werden können.[2]

 

5. Die Prokuratur regt daher an, die Z 3 des § 1 ersatzlos zu streichen, da sich daraus keine Einschränkung der Rückgabeermächtigung ergäbe.

 

 

 

F. Zu Z 2 bis Z 5 (§ 1)

 

1. Zur Satzzeichensetzung im gesamten § 1: Die Trennung der einzelnen Ziffern (Tatbestände) durch Strichpunkt erscheint insbesondere dann ungewöhnlich, wenn ein Abschnitt aus mehreren vollständigen Sätzen besteht.

 

2. Da der 1. Tatbestand des § 1 einen Unter- bzw. Sonderfall des 2. Tatbestandes darstellt (besonders qualifizierter Eigentumserwerb des Bundes im Zusammenhang mit einem Ausfuhrverfahren) und der 3. Tatbestand nur einen kleinen Anwendungsbereich aufweist, der einer gesonderten Regelung bedürfte, schlägt die Prokuratur die folgende Fassung des § 1 vor. Ungeachtet der systematischen Zusammenfassung aller dreier Tatbestände bedeutet diese Fassung keine Einschränkung der bestehenden bzw. der durch die vorgeschlagenen Änderungen beabsichtigten Ermächtigung.

 

„§ 1    (1)     Der Bundesminister/Die Bundesministerin für Finanzen wird ermächtigt, jene Kunstgegenstände und jenes sonstige bewegliche Kulturgut aus den österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen, wozu auch die Sammlungen der Bundesmobilienverwaltung zählen, und aus dem sonstigen Bundeseigentum unentgeltlich an die ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger von Todes wegen zu übereignen, welche/welches Gegenstand eines Rechtsgeschäftes oder einer Rechtshandlung gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 15. Mai 1946 über die Nichtigerklärung von Rechtsgeschäften und sonstigen Rechtshandlungen, die während der deutschen Besetzung Österreichs erfolgt sind, BGBl. Nr. 106/1946, waren, oder zwischen dem 30. Jänner 1933 und dem 8. Mai 1945 in einem Herrschaftsgebiet des Deutschen Reiches außerhalb des Gebietes der heutigen Republik Österreich Gegenstand eines Rechtsgeschäftes oder einer Rechtshandlung waren, die Rechtsgeschäften oder Rechtshandlungen gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 15. Mai 1946 über die Nichtigerklärung von Rechtsgeschäften und sonstigen Rechtshandlungen, die während der deutschen Besetzung Österreichs erfolgt sind, BGBl. Nr. 106/1946, vergleichbar sind, und sich im Eigentum des Bundes befinden/befindet.

         (2)     Diese Ermächtigung umfasst nicht Gegenstände gemäß Abs 1, welche direkt oder indirekt auf Grund einer rechtsgeschäftlichen Erklärung gemäß § 863 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch des nach dem 8. Mai 1945 wieder verfügungsberechtigten ursprünglichen Eigentümers oder seiner Rechtsnachfolger von Todes wegen in das Eigentum des Bundes übergegangen sind.

         (3)     Eine Erklärung gemäß Abs 2 liegt dann nicht vor, wenn Gegenstände gemäß
Abs 1 Gegenstand von Rückstellungen an die ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger von Todes wegen waren oder rückzustellen gewesen wären und in kausalem und engem zeitlichen Zusammenhang damit und einem Verfahren nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verbot der Ausfuhr von Gegenständen von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung, StGBl. Nr. 90/1918, in das Eigentum des Bundes übergegangen sind. Hat der Bund für diesen Eigentumsübergang eine Gegenleistung erbracht, so ist diese oder ihr Wert im Zeitpunkt der Rückgabe dem Bund vom ursprünglichen Eigentümer oder dessen Rechtsnachfolger zurückzuerstatten. Ein erhaltener Geldbetrag ist nach den von der Statistik Austria verlautbarten Indizes der Verbraucherpreise zu valorisieren. Zahlungen gemäß § 2b Nationalfondsgesetz, BGBl. 432/1995 in der jeweils geltenden Fassung, sind nicht zurückzuerstatten
.“

 

G. Zu Z 8 (§ 3 Abs 1)

 

§ 3 Abs 1, der nicht geändert werden soll, umschreibt die Aufgaben des Beirates nicht ganz vollständig. Tatsächlich berät der Beirat nicht nur „bei der Feststellung jener Personen, denen Gegenstände gemäß § 1 zu übereignen sind“, sondern vorrangig, ob überhaupt ein Gegenstand zu übereignen ist. Die Formulierung „zu übereignen sind“ steht in Widerspruch zu § 2 Abs 2 2. Satz, wonach kein Rechtsanspruch auf Übereignung besteht.

 

Dem könnte durch die Formulierung „... bei der Feststellung, ob und an wen Gegenstände gemäß § 1 übereignet werden können, ...“ Rechnung getragen werden.

 

H. Zu Z 10 (§ 3 Abs 5)

 

Hier wird die Bestellung und Abberufung des Vorsitzenden und seines Stellvertreters, sowie „der weiteren in Abs 2 genannten“ Beiratsmitglieder geregelt. Ungeregelt erscheint dabei aber die Bestellung und Abberufung der Ersatzmitglieder, die nicht in Abs 2, sondern in Abs 3 angeführt sind. Die Regelung könnte daher ergänzt werden wie folgt: „... sowie die Bestellung und Abberufung der weiteren in Abs 2 genannten Mitglieder des Beirates und der Ersatzmitglieder obliegt ...“.

 

Im letzten Satz des Abs 5 sollte das (fehlende) Wort „werden“ („... nur abberufen werden, wenn ...“) ergänzt werden.

 

 

 

 

 

I. Zu Z 11 (§ 4 Abs 1 und 2)

 

Um die Einheitlichkeit der Terminologie zu wahren, könnten die Worte „ausgefolgt“ und  „Ausfolgung“ durch „übereignet“ und „Übereignung“ ersetzt werden, ebenso im Abs 2 das Wort „ausgefolgt“ durch „übereignet“.

 

J. Zu Z 12 (§ 4a)

 

Nach dem Wortlaut des 1. Satzes wird für den Fall des fehlenden urkundlichen Nachweises über die Rechtsnachfolge selbst disponiert, was möglicherweise nicht beabsichtigt ist. Im 2. Satz mag sprachlich nicht auf die Sicht des Beirates abgestellt werden. Um all dies umzusetzen, wird folgende Formulierung des § 4a vorgeschlagen:

 

Wenn die Rechtsnachfolge von Todes wegen nicht ..... belegt werden kann, können Gegenstände gemäß § 1 an diejenige Person/an diejenigen Personen übereignet werden, die  in sinngemäßer Anwendung der im Zeitpunkt der Übereignung geltenden Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches Rechtsnachfolger von Todes wegen wäre/wären. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung der Rechtsnachfolge nach einer im Zeitpunkt der Übereigung nicht mehr bestehenden juristischen Person.“

 

K. Zu Z 12 (§ 4b)

 

Bei Aufzählung der Aufgaben der Kommission für Provenienzforschung könnte nach den beiden ersten Punkten ein Strichpunkt, nach dem 3. Punkt ein Punkt gesetzt werden.

 

III.

 

Die Prokuratur hofft, Ihnen mit dieser Stellungnahme gedient zu haben und steht für Rückfragen (Dr. Ziehensack, Tel. 01/514 39-142 DW oder mobil 0664/84 55 006) gerne zur Verfügung.

 

Die Stellungnahme wird auch im elektronischen Weg an die Adressen und gesandt.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Im Auftrag:

(Dr. Ziehensack)



[1] Vgl dazu Welser, Der Fall Klimt/Bloch-Bauer, ÖJZ 2005, 689, 698 f; Rabl, Der Fall Klimt/Bloch-Bauer, NZ 2005, 257, 263 f; Welser/Rabl, Der Fall Klimt (2005) 103; Krejci, Zum Diskussionsstand im „Klimt-Streit“, Versicherungsrundschau 2005, 293, 303; ders, Zum „Fall Klimt/Bloch-Bauer“, ÖJZ 2005, 733, 746; ders, Der Klimt Streit (2005) 182; Graf, Überlegungen zum Anwendungsbereich des § 1 Z 2 KunstrückgabeG, NZ 2005, 321 (33); ferner auch der Schiedsspruch Maria V. Altmann u.a. gegen Republik Österreich vom 15.1.2006, 41 ff.

 

[2] Vgl dazu die eingehenden Ausführungen im Beiratsbeschluss vom 27.1.2004 im Fall Stefan von Auspitz/Dr. Harald Reininghaus.