Österreichische
Arbeitsgemeinschaft für
Rehabilitation (ÖAR)
Dachorganisation der
Behindertenverbände Österreichs

Dr. Christina Meierschitz · DW 119

E-Mail: meierschitz.recht@oear.or.at

 

 

 

 

 

Stellungnahme der

Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR), Dachorganisation der Behindertenverbände Österreichs, zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Jurisdiktionsnorm, das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Rechtspflegergesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden

(Zivilverfahrens-Novelle 2008 – ZVN 2008);

BMJ-B11.106/0002-I 8/2008

 

 

 

 

Die ÖAR erlaubt sich, zu oben angeführtem Entwurf folgende Stellungnahme abzugeben:

Grundsätzlich wird die Regelung für die Dolmetschung in Gebärdensprache sehr begrüßt, da damit ein Schritt zur Umsetzung des Art. 8 B-VG bzgl. der Anerkennung der Österreichischen Gebärdensprache gemacht wurde.

Übersehen wurde jedoch, dass nicht nur gehörlose oder schwerhörige Menschen auf den Gebrauch der Gebärdensprache angewiesen sein können. Es ist durchaus denkbar, dass auch sprachbehinderte Menschen Gebärdensprachnutzer sind und diese durch die Regelung eindeutig diskriminiert werden würden.

Die ÖAR schlägt daher folgende Formulierung vor:

„§ 73b. (1) Ist eine Partei schwer hörbeeinträchtigt, gehörlos, sprachbeeinträchtigt oder non-verbal und auf den Gebrauch der Gebärdensprache angewiesen, so ist dem Verfahren ...!

Gemäß Artikel 21 der UN-Konvention „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ muss gehörlosen/hörbehinderten/sprechbehinderten Personen die Wahlfreiheit, welche Kommunikationsform sie bevorzugen, gewährt werden. Die Wahl der Kommunikationsform ist vor jedem einzelnen Verfahren daher mit der betroffenen Partei abzuklären.

Die ÖAR weist darauf hin, dass die vorliegende Regelung nicht dem Art. 21 der UN-Konvention „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“, welche von Österreich bereits ratifiziert wurde, entspricht. (Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen: Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen um sicherzustellen, dass behinderte Menschen das Recht auf freie Meinungsäußerung und Meinungsfreiheit, einschließlich der Freiheit, Informationen und Gedankengut sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben, gleichberechtigt mit anderen und durch alle von ihnen gewählten Formen der Kommunikation im Sinne des Artikels 2 ausüben können, unter anderem indem sie...lit. b) im Umgang mit Behörden die Verwendung von Gebärdensprache, Brailleschrift, ergänzenden und alternativen Kommunikationsformen und allen sonstigen barrierefreien Mitteln, Formen und Formaten der Kommunikation ihrer Wahl durch behinderte Menschen akzeptieren und erleichtern.). So wäre es demnach eindeutig notwendig, z.B. zusätzliche Regelungen für SchriftdolmetscherInnen und andere Kommunikationsformen vorzusehen.

Abschließend noch eine Anregung zur korrekten Sprache:

Die ÖAR ersucht, in der Überschrift den Ausdruck „Gebärdensprachdolmetsch“ zu verwenden.

Wunschgemäß wurde diese Stellungnahme auch dem Präsidium des Nationalrates auf elektronischem Wege übermittelt.

 

Wien, am 8.9.2008