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Wirtschaft und Arbeit

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501 65

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Datum

462.212/0016-III/7

SP-GSt

Dr Lutz/Dr Wöss

DW  2409

DW 2478

13.04.2007

 

 

 

 

 

 


Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem Bestimmungen
über die Betreuung von Personen im privaten Haushalten
erlassen werden (Hausbetreuungsgesetz – HBeG) und die
Gewerbeordnung 1994 geändert wird

 

 

Die Bundesarbeitskammer dankt für die Übermittlung des Entwurfs eines Bundesgesetzes, mit dem Bestimmungen über die Betreuung von Personen in privaten Haushalten erlassen werden (Hausbetreuungsgesetz – HBeG) und die Gewerbeordnung 1994 geändert wird und nimmt wie folgt  Stellung:

 

 

Die wesentlichsten Punkte im Überblick:

 

 

 

 

Aber auch inhaltlich bestehen gegen den Entwurf in mehrfacher Hinsicht Einwände:

 

 

 

 

 

 

 

 

Zu den einzelnen Bestimmungen des Gesetzesentwurfs

 

Vorab wird darauf hingewiesen, dass der Titel des Gesetzes zu Missverständnissen Anlass geben könnte (Betreuung einer Immobilie, etc)

 

 

 

Zu § 1 Abs 1

 

Der Text des Gesetzesentwurfes besagt, dass „die Betreuung im Rahmen einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit erfolgen kann“. Damit wird ein falscher Eindruck erweckt. In der Praxis werden bei einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung in aller Regel die wesentlichsten Kriterien der Arbeitnehmereigenschaft gegeben sein, nämlich die Verpflichtung zur Erbringung der Dienstleistung in eigener Person bei Eingliederung in den Betrieb (hier in den Haushalt) unter grundsätzlicher Bindung an Arbeitszeit, Arbeitsort und an arbeitsbezogene Weisungen. Eine Betreuung im Status der Selbständigkeit ist in diesen Fällen von vornherein ausgeschlossen.

 

Die aktuelle Formulierung des Gesetzesentwurfs birgt damit die Gefahr, eine für alle Beteiligten trügerische Ausgangslage zu indizieren, nämlich die Möglichkeit, eine derartige Betreuung trotz Erfüllung der Kriterien des Arbeitnehmerbegriffs als selbständige Tätigkeit ohne arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Verpflichtungen zu organisieren.

 

Das könnte vor allem für die betreuten Personen (bzw. für deren als Vertragspartner auftretende Angehörige) zu massiven Problemen führen. Bei einer nachträglichen rechtlichen Beurteilung nach den tatsächlichen Umständen und absehbarer Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft könnten massive arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Nachzahlungsverpflichtungen entstehen. Zu beachten ist, dass eine allfällige unrichtige sozialversicherungsrechtliche Zuordnung nur bei der Abgrenzung zwischen freien Dienstnehmern und Neuen Selbständigen bis zur tatsächlichen Bescheiderlassung Gültigkeit besitzt (vgl § 10 Abs 1a ASVG). Nur in diesen Fällen kommt es zu keiner Rückabwicklung, nicht aber bei der hier relevanten Abgrenzung zwischen echten Arbeitsverhältnissen und gewerblichen Tätigkeiten (vgl dazu OGH 17.2.2005, 8 ObA 20/04f).

 

In Anbetracht dieser Gegebenheiten und der Tatsache, dass ohnehin allgemein bekannt ist, dass Dienstleistungen nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden können, schlagen wir vor im HBeG nur unselbständige Betreuungstätigkeiten anzusprechen.

 

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass im Regierungsprogramm Maßnahmen gegen Scheinselbständigkeit in Aussicht gestellt werden, womit einer seit langem erhobenen Forderung der Interessensvertretungen der ArbeitnehmerInnen entsprochen wird. Formulierungen in Gesetzestexten, die zu Scheinselbständigkeit animieren könnten, stehen dazu in eklatantem Widerspruch und sollten folglich vermieden werden.

 

Zu § 1 Abs 2 Z 1

 

Im Gesetzesentwurf sind zwei Varianten unselbständiger Betreuung angesprochen, einerseits Arbeitsverhältnisse zu einem gemeinnützigen Anbieter und anderseits Arbeitsverhältnisse direkt zur betreuten Person (bzw zu einem/einer Angehörigen).

 

Sowohl aus Sicht der betreuten Person (bzw. der/des Angehörigen) als auch aus Sicht der BetreuerInnen erscheint bei einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung von Pflegebedürftigen ab Pflegestufe 3 (bzw bei Demenzerkrankungen ab Pflegestufe 1) ein Arbeitsverhältnis zu einem gemeinnützigen Anbieter, der die Vertragspartnerrolle gegenüber der betreuten Person (oder gegenüber einem/einer Angehörigen) übernimmt, als die bei weitem sinnvollere und weniger komplizierte Variante.

 

Übernimmt die betreute Person (oder allenfalls ein Angehöriger/eine Angehörige) die ArbeitgeberInnenfunktion, so wird das nicht selten zu höchst unbefriedigenden Situationen führen. So stellen sich zB etliche Steuer-, Beitrags- und Arbeitszeithaftungsfragen und die Frage der Fürsorgepflicht des Arbeitsgebers. Nur in Ausnahmefällen werden die betroffenen Pflegebedürftigen  (und auch deren Angehörige) in hinreichender Weise mit den komplexen rechtlichen Regelungen vertraut sein, die für ArbeitgeberInnen zur Anwendung kommen. Massive Probleme sind auch bei unvorhersehbarem Auftreten einer   Dienstverhinderung bei der Betreuungsperson zu erwarten (Ersatzarbeitskraft muss selbst organisiert werden etc).

 

Stattdessen bieten sich gemeinnützige Trägervereine als potentielle Arbeitgeber an. Sie übernehmen die Arbeitgeberrolle gegenüber den Beschäftigten und die Vertragspartnerrolle gegenüber den Pflege- bzw Betreuungsbedürftigen. In dieser Konstellation wird das Entstehen der genannten Schwierigkeiten für die Pflegebedürftigen (oder deren Angehörige) vermieden. Zudem kann das notwendige Mindestmaß an Schutz der Beschäftigten vor psychischer oder fachlicher Überforderung (Supervision/Ausbildung), die Einhaltung arbeitsrechtlicher und arbeitnehmerschutzrechtlicher Regelungen (Mindestlohn, Urlaub, Entgeltfortzahlung bei Dienstverhinderung, Arbeitszeit, Unterkunft, etc) viel leichter gewährleistet werden.

 

Wichtig ist auch, dass bei Zwischenschaltung von gemeinnützigen Trägervereinen Qualitätsstandards für die betreuten Personen sichergestellt werden und dass es in dieser Konstellation wesentlich einfacher ist, den ergänzenden Einsatz von qualifiziertem Pflegepersonal zu organisieren.

 

Wird ein Arbeitsvertrag zwischen betreuender und betreuter Person (bzw den Angehörigen) geschlossen, so sollte unserer Meinung nach weiterhin uneingeschränkt das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz zur Anwendung kommen.

 

Angeregt wird auch, die derzeit mit dem 18. Lebensjahr festgesetzte Altersgrenze noch einmal hinsichtlich einer allfälligen Anhebung zu überprüfen, da es sich um Tätigkeiten und um Arbeitsumstände (Einbindung in Haushalt) handelt, die sowohl physisch als auch psychisch in hohem Maß belastend sind.

 

Zu § 1 Abs 2 Z 2

 

Die Bestimmung, dass Personen mit Demenzerkrankungen in den Geltungsbereich des Gesetzes einbezogen werden, auch wenn sie nur in Stufe 1 oder 2 nach dem Bundespflegegeldgesetz eingestuft sind, trägt dem entsprechenden Wissen in Fachkreisen über den Betreuungsbedarf in derartigen Fällen Rechnung. Es sollte vor Beschlussfassung aber auch noch sorgfältig überprüft werden, ob es neben der Demenz nicht noch weitere Fälle einer Betreuungsbedürftigkeit rund um die Uhr auch in den Pflegestufen 1 und 2 gibt, auf die der gesetzliche Anwendungsbereich erweitert werden sollte.

 

Zu § 1 Abs 2 Z 4

 

Die Festschreibung einer „Mindestarbeitszeit“ von 48 Stunden ist unter systematisch-terminologischen Gesichtspunkten problematisch und sollte ersetzt werden durch die Formulierung „4. wenn die vereinbarte Arbeitszeit mehr als 48 Stunden pro Woche beträgt“.

 

Zu § 1 Abs 3

 

Die grundsätzliche Abgrenzung von Tätigkeiten, die dem HBeG unterliegen, von Tätigkeiten, die dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz unterliegen, wird begrüßt.

 

Anzumerken ist allerdings, dass die im Regierungsprogramm angestrebte generelle Verbesserung der Pflegeversorgung nur erreicht werden wird, wenn auch leistbare Pflegeleistungen zur Verfügung stehen, die Betreuungs- und Pflegeleistungen in enger Abstimmung erbracht werden und Schnittstellenfragen zwischen diesen Tätigkeiten geklärt werden.

 

Zu Abschnitt 2

Die Bezeichnung „Arbeitsverhältnisse zu Privathaushalten“ ist irreführend, da Vertragspartner nur eine Privatperson sein kann.

 

Zu den allgemeinen Vorbehalten gegenüber Arbeitsverträgen bei der Rund-um-die-Uhr-Betreuung von Pflegebedürftigen, die direkt mit der betreuten Person (oder mit einem/einer Angehörigen) abgeschlossen werden siehe oben zu § 1 Abs 2 Z 1.

 

Zu § 3 Abs 2

 

Arbeitsbereitschaftszeiten, die über 128 Stunden in zwei aufeinander folgenden Wochen hinausgehen, können dem Grunde nach – in modifizierter Form, siehe sogleich – zur praxisgerechten Abwicklung der Betreuungsverhältnisse, insbesondere auch im Sinne einer Legalisierung bestehender Verhältnisse zwar akzeptiert werden, jedoch ist nicht ersichtlich, warum dies nicht unter dem Titel „Arbeitszeit“ geschehen soll. Es handelt sich weder um in der alleinigen Verfügung der Arbeitnehmerin stehende Freizeit noch um Rufbereitschaft, die ja ebenfalls Freizeit ist, die nur durch Erreichbarkeit (und Befähigung zur Arbeitsaufnahme binnen nicht allzu langer Frist) an einem grundsätzlich selbst gewählten Aufenthaltsort eingeschränkt ist. Deshalb muss diese hinsichtlich der Eingriffsintensität auch oberhalb der Rufbereitschaft stehende Sonderform der Arbeitsbereitschaft auch ehrlich als Arbeitszeit definiert werden. Dadurch wird auch den Gewerkschaften die Gelegenheit geboten, für diese Nicht-Freizeit die angemessene kollektivrechtliche Abgeltung – die typischer Weise unterhalb der tatsächlichen Arbeitsleistung liegen wird – zu verhandeln.

 

Weiters sollte die über 128 Stunden in der Doppelwoche hinausgehende Bereitschaftszeit von ihrem Entlastungswert noch mehr im Sinne des Arbeitnehmerschutzes geregelt werden. Es wäre gesetzlich klarzustellen, dass in diesen Zeiten nach dem Gesundheitszustand der betreuten Person aller Voraussicht nach nur gelegentliche Arbeitseinsätze zu erwarten sind. Weiters müsste unbedingt die unnötig enge Aufenthaltsvorgabe („im Wohnraum“) deutlich erweitert werden. Die Bezugnahme auf Zeiten, „die vereinbarungsgemäß in der näheren häuslichen Umgebung“ verbracht werden, wäre völlig zweckentsprechend.

 

Evident ist, dass es sich bei den im Entwurf vorgesehenen „14-Tage-Blöcken“ um ein Arbeitszeitmodell handelt, das auf die sehr spezifischen Gegebenheiten bei  aktuell tätigen ausländischen Betreuungskräften zugeschnitten ist (Präferenz für lange „Beschäftigungsblöcke“ mit anschließend langen Freizeitphasen wegen sehr langer Anfahrtswege zum Arbeitsort, wegen Nichtvorhandensein eines Freundeskreises oder familiärer Bindungen am Arbeitsort; Bereitschaft zu derartigen Diensten wegen sehr schlechter Arbeitsmarktchancen im Heimatland, etc). Wird nur dieses eine Arbeitszeitmodell für die geförderte Rund-um-die-Uhr-Betreuung vorgesehen, so bedeutet das, dass dieser Arbeitsmarkt für in Österreich ansässige Arbeitskräfte de facto grundsätzlich uninteressant ist und bleibt. Um diesen Effekt zu verhindern sollten unserer Meinung nach im neuen Gesetz auch andere Arbeitszeitformen zugelassen werden.

 

Zu § 3 Abs 3

 

Auf die mit 3 Stunden pro Tag von vornherein sehr eng bemessenen Ruhepausen sollten unserer Meinung nach nur Pausen mit einer gewissen Mindestdauer (30 Minuten) angerechnet werden. Werden wie im Entwurf vorgesehen nur 2 ununterbrochene halbstündige Pausen zugestanden und kann der restliche 2-stündige Pausenanspruch in Form von nicht planbaren Kleinstpausen konsumiert werden, so führt das zu sachlich nicht vertretbaren Abhängigkeiten. Weiters sollte eine der Pausen zumindest eine Stunde im Stück betragen.

 

Zumindest einmal in 14 Arbeitstagen sollte eine geschlossene Ruhepause von zumindest 12 Stunden im Gesetz verankert werden, die die betreuende Person zu ihrer freien Verfügung hat.

 

Zu § 3 Abs 5

 

Unklar ist, ob für Übertretungen der Abs 2 bis 4 die Strafe € 290,- oder € 218,- betragen soll, da die Verweisungen des § 23 HGHAngG für die hier in Frage stehenden Übertretungen nicht eindeutig sind.

 

Folgende Klarstellung wird vorgeschlagen: „Arbeitgeber, die den Vorschriften des § 3 Abs 2 bis 4 zuwiderhandeln, werden von der Bezirksverwaltungsbehörde  mit einer Geldstrafe bis zu € 290 je Übertretung bestraft“.

 

Für besonders schwerwiegende und für wiederholte Übertretungen sollte ein höheres Strafausmaß vorgesehen werden.

 

 

Zu § 3 Abs 6

 

Da nicht jedes Arbeitsverhältnis sinnvollerweise mit dem Tod enden muss, weil zB noch Arbeiten nach dem Tod des zu Betreuenden notwendig sein können, sollten die einschlägigen Bestimmungen des Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetzes übernommen werden.

 

 

Schriftliche Arbeitszeitvereinbarung / Arbeitszeitaufzeichnungen

 

Sehr wichtig ist, dass schriftliche Arbeitszeitvereinbarungen und die Führung detaillierter Arbeitszeitaufzeichnungen vorgeschrieben werden. Nur auf diese Weise lässt sich für alle Beteiligten Rechtssicherheit gewinnen und wird die Überprüfung der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und die Verhängung von Strafsanktionen bei allfälliger Überschreitung der Höchstarbeitszeitgrenzen real ermöglicht.

 

 

Fehlende Arbeitnehmerschutzbestimmungen

 

Rund-um-die-Uhr-Betreuungs­kräfte für pflegebedürftige Personen unterliegen hinsichtlich der Gefährdung der Gesundheit ähnli­chen Belastungen wie Beschäftigte in Alten- und Pflegeheimen oder mobilen Diensten (Stützen, Heben der zu betreuenden Personen, etc). Tätigkeiten im Bereich der manuellen Lasthandhabung unter ungünsti­gen ergonomischen Bedingungen sind gesundheitsgefährdend und werden in § 64 ASchG  genau geregelt. Ähnliches trifft auch auf den notwen­digen Schutz vor übertragbaren Krankheiten, psychischen Belastungen und sonstigen Gefährdungen zu.

 

Für Betreuungskräfte in Privathaushalten ist dem Entwurf zufolge das HGHAngG mit Aus­nahme der §§ 5 und 6 Abs 1 bis 3 anzuwenden. Im Unterschied zu ArbeitnehmerInnen in Alten- und Pflegeheimen etc re­gelt aber das HGHAngG den notwendigen Schutz nur mit der sehr allgemei­nen Bestimmung, dass Leben, Gesundheit und Sittlichkeit vor Gefährdungen zu schützen sind. Es ist erforderlich, angemessene Regelungen zum Schutz der Rund-um-die-Uhr-Betreuungskräfte zu treffen oder diese unter den Geltungsbereich des ASchG zu stellen.

 

 

Kontrolle der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen

 

Der Wirkungsbereich der Arbeitsinspektion erstreckt sich freilich derzeit nicht auf die privaten Haushalte. Gerade in Anbetracht der Vorkommnisse der letzten Jahre, die gezeigt haben, dass zehntausende Personen illegal in Österreich arbeiten konnten, ohne dass dies publik wurde, erscheint es aber dringend erforderlich, klar zu stellen, mit welchen Mitteln eine effiziente Überwachung der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzregelungen bei der Rund-um-die-Uhr-Betreuung in Haushalten gesichert werden kann.

 

Erforderlich ist eine verfassungskonforme Regelung, die den Schutzinteressen der Privatsphäre in angemessener Weise Rechnung trägt und gleichzeitig sicherstellt, dass auch Arbeitsleistungen im Rahmen einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung im Haushalt in Hinblick auf Einhaltung der Schutzbestimmungen für ArbeitnehmerInnen routi­nemäßig überprüft werden.

 

Mutterschutzgesetz

 

Das Mutterschutzgesetz kommt gem § 2 Z 2 MSchG für die „in privaten Haushalten beschäftigten Dienstnehmerinnen“ mit den im Abschnitt 9 des Gesetzes angeführten Abweichungen zum Tragen. Eine Betreuung von Personen der betroffenen Pflegestufen rund um die Uhr ist für Schwangere nicht zulässig.

 

Es sollten deshalb generelle Regelungen getroffen werden, wie im Falle einer Schwangerschaft vorzugehen ist.

 

Flankierende Maßnahmen für Problemsituationen

 

Eine Anwesenheitsverpflichtung rund um die Uhr in einer für alle Beteiligten zufriedenstellenden Form wird es nur in Verbindung mit flankierenden Maßnahmen geben. So lässt sich z.B. in der Praxis nicht vermeiden, dass hin und wieder eine unvorhergesehene Kulmination von Problemlagen auftritt, die zu einer emotionalen Überforderung führen kann. Für solche Situationen muss es Unterstützung für die Betreuungsperson geben, sei es durch einen „Heimhilfenotruf“ sei es durch andere Formen der Unterstützung. Andernfalls besteht die Gefahr, dass es zu Konflikteskalationen zwischen Betreuungsperson und zu betreuender Person kommt.

 

Zu Abschnitt 3

 

Die unter dem Titel „Qualitätssicherung in der Betreuung“ angeführten Regelungen sind sehr dürftig und sollten unbedingt ergänzt werden.

 

Unverzichtbar ist, dass auch für die Beschäftigung in der Rund-um-die-Uhr-Betreuung ein Mindestmaß an Qualifikation und Ausbildung vorgeschrieben wird. Zur Sicherung der erforderlichen Qualität der Betreuung sollten zumindest Teile der Ausbildung für Heimhilfe und Altenhilfe abverlangt werden.

 

Wie wichtig eine derartige Ausbildung ist, zeigt allein schon die in der Praxis sehr hohe Gefahr, dass neben den Betreuungstätigkeiten auch Tätigkeiten verrichtet werden, die Gesundheits- und Pflegeberufen vorbehalten sind. Es wäre fahrlässig vorauszusetzen, dass die jeweiligen Abgrenzungen bekannt sind. Auch die im Entwurf angesprochene Verpflichtung zur Verständigung eines Arztes im Notfall kann nicht ohne jede Qualifikation hierzu erfüllt werden.

 

Die Ausbildungsreform der Gesundheitsberufe hat nach langem, sehr zähen Ringen durchaus auch für die niedriger qualifizierten Berufsgruppen berufliche Standards der Ausbildung sowie des Berufsbildes gebracht. Dies wäre auch für den Bereich der hier in Frage stehenden Betreuungstätigkeiten sinnvoll und erstrebenswert, nicht zuletzt auch aus der Sicht der zu Betreuenden.

 

Sehr wichtig ist auch, dass bei den im Entwurf erwähnten Handlungsleitlinien  ein Schriftlichkeitsgebot vorgesehen wird.

 

Für selbständige Betreuungskräfte ist in § 160 Abs 2 Z 1 GewO vorgesehen, dass sie Handlungsleitlinien „für den Alltag und den Notfall abzuschließen [haben], insbesondere über die Verständigung bzw Beiziehung von Angehörigen, von Ärzten oder Einrichtungen, die mobile Dienste anbieten, im Falle gravierender Verschlechterung des Zustandsbildes“. In Z 2 ist darüber hinaus die Führung eines Haushaltsbuches festgeschrieben.

 

Auch hier stellt sich z.B. die Frage, an welchen Symptomen bei mangelnder Qualifikation die Verschlechterung eines Gesundheitszustandes festgemacht werden soll. Das oben zur erforderlichen Qualifikation und Ausbildung Gesagte muss selbstverständlich auch für selbständige BetreuerInnen gelten.

 

Kein sachlicher Grund ist dafür zu erkennen, dass die Führung eines Haushaltsbuches nur für selbständige BetreuerInnen verpflichtend vorgeschrieben ist.

 

Zu Abschnitt 4

 

§§ 159 und 160 GewO

 

Fürs erste weisen wir darauf hin, dass davon ausgegangen werden muss, dass dem Bund die Kompetenz gar nicht zukommt, die Ausübung der Personenbetreuung in Form eines Gewerbes gemäß der Gewerbeordnung zu regeln. Wir erinnern daran, dass Bund und Länder 1993 eine Vereinbarung für pflegebedürftige Personen geschlossen haben (BGBl 1993/866). Diese Vereinbarung verpflichtet die Vertragsparteien, die Vorsorge für pflegebedürftige Personen bundesweit nach den gleichen Zielsetzungen zu regeln. In einer weiteren Vereinbarung nach Art 15a B-VG aus dem Jahr 2005 (BGBl I 2005/55) sind Bund und Länder übereingekommen, die Tätigkeit und die Ausbildung der Angehörigen der Sozialbetreuungsberufe nach gleichen Zielsetzungen und Grundsätzen zu regeln. Zu Recht wurde dabei jeweils vom Bestehen von Landeskompetenzen ausgegangen. Die in Frage kommende Kompetenzgrundlage Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG „Gesundheitswesen“ umfasst in Anwendung der Versteinerungstheorie nämlich nur die der Pflege, nicht aber die der Betreuung zuordenbaren Berufe (vgl VfGH 1992, VfSlg 13.237).

 

Bedenkt man, dass in Anlage 1 zu der zitierten Art 15a-Vereinbarung eine freiberufliche Ausübung der Heimhilfe dezidiert ausgeschlossen wird und dass die in § 159 GewO des vorgelegten Entwurfs aufgelisteten Tätigkeitsfelder des neuen Personenbetreuungsgewerbes weitgehend deckungsgleich mit dem Berufsbild der Heimhilfe sind, könnte man überspitzt geradezu von einem bundesgesetzlichen Umgehungsversuch einer kompetenzrechtlich gedeckten Festlegung der Bundesländer, dass derartige Tätigkeiten nur unselbständig ausgeübt werden dürfen, sprechen.

 

Weiters wird angemerkt (wie bereits oben zu § 1 Abs 1 näher begründet), dass es unserer Meinung nach verfehlt ist, die Möglichkeit der selbständigen Erbringung einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung in privaten Haushalten im HBeG anzusprechen. In aller Regel werden die Kriterien der Arbeitnehmereigenschaft erfüllt sein und damit eine selbständige Tätigkeit nicht in Frage kommen.

 

Die folgenden Anmerkungen zu den §§ 159 und 160 GewO sind unter diesen grundsätzlichen Vorbehalten zu sehen. 

 

Die Tätigkeit der „Personenbetreuung“ ist als freies Gewerbe vorgesehen. Freie Gewerbe zeichnen sich dadurch aus, dass kein Befähigungsnachweis erforderlich ist. Es wurde bereits oben zu Abschnitt 3 darauf hingewiesen, dass das mit dem Ziel der „Qualitätssicherung in der Betreuung“ nicht vereinbar ist. Ein gewisses Maß an Qualifikation und Ausbildung sollte sowohl für selbständige als auch für unselbständige Rund-um-die-Uhr-BetreuerInnen vorgeschrieben werden. Vorgeschrieben werden sollte auch die Schriftlichkeit der vorgesehenen „Handlungsleitlinien“.

 

Bei Vorschreibung bestimmter Qualifikationen (Ausbildung, Praxisjahre)  müsste die Personenbetreuung als reglementiertes Gewerbe ausgestaltet werden.

 

In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass demnächst in Österreich die EU-Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen umgesetzt werden muss. Würde das Gewerbe „Personenbetreuung“ reglementiert und fällt es in den Anwendungsbereich der Richtlinie, so bestünde für Österreich im Falle von grenzüberschreitenden Dienstleistungen die Möglichkeit (Kann-Bestimmung), bestimmte Ausnahmeregelungen zum Schutz der KonsumentInnen und Wahrung des Berufsqualifikationsniveaus vorzuschreiben (Art 7 und Art 9 der RL). Die Bundesarbeitskammer verlangt, dass nach Definition von angemessenen Qualifikationserfordernissen im Rahmen eines reglementierten Gewerbes auch von dieser Ausnahmeermächtigung Gebrauch gemacht wird.

 

In Zusammenhang mit Ausbildungserfordernissen wird auch auf § 69 Abs 1 und 2 GewO hingewiesen. Dort ist vorgesehen, dass in Form von Verordnungen Ausübungsregeln und Maßnahmen zur Vermeidung der Gefährdung von Leben und Gesundheit von Menschen vorgegeben werden können.

 

Zu der in § 159 Z 6 des Entwurfs angeführten Tätigkeit „Vermittlung und Organisation von Personenbetreuung“ wird schließlich verlangt, dass derartige Tätigkeiten sinnvollerweise den Trägervereinen vorbehalten sein sollten, weil sie dazu sicherlich am besten imstande sind (Fachkenntnisse, Sicherung der erforderlichen Qualitätsstandards, etc). Eine gewerbliche Arbeitskräfteüberlassung und -vermittlung in diesem sensiblen Bereich ist nicht wünschenswert.

 

Die Bundesarbeitskammer ersucht, die Stellungnahme im Zuge des weiteren Gesetzwerdungsprozesses zu berücksichtigen.

 

 

 

 

 

Herbert Tumpel                                                                                    Christoph Klein

Präsident                                                                                iV des Direktors