Bundesministerium für

Wirtschaft und Arbeit

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1040 Wien

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ZAHL

DATUM

CHIEMSEEHOF

2001-BG-727/7-2007

24.4.2007

* POSTFACH 527, 5010 SALZBURG

 

 

landeslegistik@salzburg.gv.at

 

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2164

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2290

 

 

Herr Mag. Feichtenschlager

 

BETREFF

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bauarbeitenkoordinationsgesetz geändert wird; Stellungnahme

Bezug: Zl BMWA-461.317/0001-III/3/2007

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zu dem im Gegenstand bezeichneten Gesetzentwurf teilt das Amt der Salzburger Landesregierung mit, dass das Vorhaben abgelehnt wird.

 

1. Vorgeschichte:

1.1. Das Bauarbeitenkoordinationsgesetz, BGBl I Nr 37/1999 (im Folgenden kurz als „Gesetz“ bezeichnet), setzt die Richtlinie 92/57/EWG des Rates vom 24. Juni 1992 über die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen anzuwendenden Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz (im Folgenden als „Richtlinie 92/57/EWG“ bezeichnet) um und gilt für alle Baustellen, auf denen Arbeitnehmer beschäftigt werden. Zentraler Regelungsgegenstand des Gesetzes ist die Verpflichtung des Bauherrn, durch die Koordinierung der Vorbereitung und Durchführung von Bauarbeiten die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer auf Baustellen zu gewährleisten. In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt(e) sich das Gesetz auf die Art 10 Abs 1 Z 11 (Arbeitsrecht), Z 16 (Dienstrecht der Bundesbediensteten) und 21 Abs 2 B-VG (Arbeitnehmerschutz für Bedienstete der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, die in Betrieben beschäftigt sind).

1.2. Mit Erkenntnis vom 29. September 2006, G 37/06-6, hat der Verfassungsgerichthof § 4 Abs 1 des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben. Das Erkenntnis hat jedoch über den Umfang des aufgehobenen § 4 Abs 1 des Gesetzes hinausgehend weitreichende Konsequenzen, zumal der Gerichtshof der dem Gesetz zugrunde liegenden kompetenzrechtlichen Beurteilung, wonach Regelungen, die ausschließlich dem Schutz von Arbeitnehmern dienen, ohne Rücksicht darauf, wem eine Pflicht zu diesem Zweck auferlegt wird, auch dem Kompetenztatbestand „Arbeitsrecht“ unterfallen, ausdrücklich entgegen getreten ist. In dem durch das Erkenntnis bestätigten Prüfungsbeschluss hat der Gerichtshof weiter ausgeführt, dass „unter den Kompetenztatbestand Arbeitsrecht und Dienstrecht (mit Einschluss des Arbeitnehmerschutzrechtes) nur Regelungen fallen, die letztendlich das Verhältnis Arbeitgeber – Arbeitnehmer betreffen, und dass nicht alle Vorschriften, die auf den Begriff Arbeitnehmer abstellen, deshalb Gegenstand des Arbeitsrechts (Arbeitnehmerschutzrechts) sind. (…) Maßgeblich scheint vielmehr zu sein, welche Tätigkeit die auferlegten Verpflichtungen auslösen soll. Das ist aber die Errichtung eines Bauwerks durch ein oder mehrere Unternehmen, wobei der Bauherr selbst keine Arbeitnehmer beschäftigt. Für die Festlegung von Pflichten eines Bauherrn im öffentlichen Interesse und zum Schutz von Gefahren für Leib und Leben (auch von Arbeitnehmern, die bei Errichtung eines Bauwerks beschäftigt werden) scheint aber eine Kompetenz des Bundes im Allgemeinen nicht zu bestehen. Eine solche Maßnahme scheint vielmehr (als Baurecht) nach Art 15 B-VG in der Kompetenz der Länder verblieben zu sein.“

1.3. Vor dem Hintergrund der geltenden Kompetenzverteilung des B-VG ist dem Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes folgend das Bauarbeitenkoordinationsgesetz jedenfalls für den landesrechtlichen Kompetenzbereich aufzuheben.

 

2. Ziel und Inhalt des geplanten Vorhabens:

Ziel des geplanten Vorhabens ist die Sanierung des durch den Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. September 2006 festgestellten Eingriffs des Bundesgesetzgebers in die Kompetenz der Ländern gemäß Art 15 Abs 1 B-VG durch die Schaffung einer „Kompetenzdeckungsklausel“ zu Gunsten des Bundes im Art I des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes: Die Angelegenheiten der Bauarbeitenkoordination sollen aus der den Ländern zukommenden Baurechtskompetenz (Art 15 Abs 1 B-VG) ausgenommen und in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache werden.

 

3. Bewertung des geplanten Vorhabens:

3.1. Die Landeshauptleutekonferenz hat sich in ihrer Tagung am 10. Mai 2006 mit der Frage der Bundesstaatsreform befasst und klargestellt, dass „sie außerhalb der Bundesstaatsreform keiner Verfassungsänderung zu Lasten der Länder zustimmen werde“.

Dieser Beschluss ist unverändert aufrecht.

3.2. Das Land Salzburg steht einer Realisierung des geplanten Vorhabens unverändert negativ gegenüber: Der in den Erläuterungen dargestellte Umstand, dass sich das Bauarbeitenkoordinationsgesetz seit seiner Kundmachung bewährt hat, als auch das Argument, dass die Landesgesetzgeber nunmehr gehalten wären, „neun im wesentlichen gleich lautende Landes-Bauarbeitenkoordinationsgesetze zu erlassen“, sind nicht von einem derartigen Gewicht, um dem geplanten Eingriff in die von Bundesrecht bisher nicht durchdrungene Baurechtskompetenz der Länder zuzustimmen.

 

Gleichschriften dieser Stellungnahme ergehen ue an die Verbindungsstelle der Bundesländer, an die übrigen Ämter der Landesregierungen, an das Präsidium des Nationalrates und an das Präsidium des Bundesrates.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für die Landesregierung:

Dr. Heinrich Christian Marckhgott

Landesamtsdirektor

 

 

Ergeht nachrichtlich an:

1. – 8.    E-Mail an: Alle Ämter der Landesregierungen

9.           E-Mail an: Verbindungsstelle der Bundesländer vst@vst.gv.at

10.         E-Mail an: Präsidium des Nationalrates services@parlament.gv.at

11.         E-Mail an: Präsidium des Bundesrates peter.michels@parlament.gv.at

12.         E-Mail an: Bundeskanzleramt vpost@bka.gv.at

13.         E-Mail an: Institut für Föderalismus institut@foederalismus.at

14.         E-Mail an: Parlament begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at

15.         E-Mail an: Abteilung 5 zu do Zl 5/07-36.571/3-2007  

 

zur gefl Kenntnis.