Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2007, Begutachtungsverfahren

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

zum Entwurf für das Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2007 nehmen wir wie folgt Stellung:

Zu Art.I. Bundesgesetz über die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften in der Europäischen Union (EU-Verschmelzungsgesetz – EU-VerschG)

a)      § 6 Abs.2 Z3 EU-VerschG

Die Bestimmung, dass die Gründe anzugeben sind, wenn keine Anteile nach der grenzüberschreitenden Verschmelzung gewährt werden, sollte entfallen.

Solche Angabe von Gründen ist in der Richtlinie nicht vorgesehen. Dass es Fälle der Verschmelzung gibt, bei denen keine Aktien gewährt werden, recht­fertigt nicht eine Pflicht zur Angabe von Gründen.

b)      § 6 Abs.4 EU-VerschG

Das im vorliegenden Entwurf vorgesehene Erfordernis, dass der Ver­schmelzungsplan auch die Bedingungen für die Barabfindungen enthalten muss, erschwert grenzüberschreitende Verschmelzungen.  Solche Vor­schriften sind in der Richtlinie auch nicht vorgesehen. In der Praxis ist die Aufstellung von Bedingungen für die Barabfindungen sehr zeit- und kosten­aufwendig. Da diese Regelung über das Ziel der Richtlinie, den Minderheits­gesellschaftern Schutz zu gewährleisten, weit hinausgeht, sollte sie ersatzlos entfallen.

c)      § 7 EU-VerschG

Mit dieser Vorschrift wird die Möglichkeit, auf den Verschmelzungsbericht der Leitungs- oder Verwaltungsorgane iSd § 220a AktG zu verzichten, aus­geschlossen.  Zwei Gründe sprechen gegen eine solche Regelung:

 

c.1.) Erwägungsgrund 3 der Richtlinie sieht vor, dass zwecks Erleichterung der grenzüberschreitenden Verschmelzungen das nationale Recht weiter an­wendbar sein sollte, wenn die Richtlinie nichts anderes bestimmt.  In der Richtlinie ist kein Ausschluss der Möglichkeit, auf den Verschmelzungs­bericht zu verzichten, zu finden. Weiters enthält § 5 Abs.2 EU-VerschG einen allgemeinen Verweis auf das nationale Recht. Sowohl § 232 Abs.2 AktG als auch § 100 Abs.1 erster Satz GmbHG regeln die Möglichkeit, auf den Ver­schmelzungsbericht zu verzichten, wenn sämtliche Aktionäre aller beteiligten Gesellschaften schriftlich oder in der Niederschrift zur Hauptversammlung bzw. Generalversammlung einen solchen Verzicht abgeben. Es ist daher nicht einzusehen, warum der Entwurf für das EU-VerschG eine solche Verzichts­möglichkeit nun ausschließt.

c.2.) Zweck der Richtlinie ist es, grenzüberschreitende Verschmelzungen zu erleichtern, was auch in Erwägungsgründe 1, 2 und 3 explizit dargestellt wird. Wenn sämtliche Aktionäre aller beteiligten Gesellschaften auf den Ver­schmelzungsbericht der Leitungs- oder Verwaltungsorgane verzichten, er­leichtert dies die beabsichtigte grenzüberschreitende Verschmelzung auf­grund des wesentlich geringeren organisatorischen, zeitlichen und finan­ziellen Aufwandes in hohem Maße. Durch das Erfordernis der schriftlichen Zustimmung bleibt der Schutz der Aktionäre ausreichend gewährt.

Der vorgesehene Ausschluss der Möglichkeit, auf den Verschmelzungs­bericht zu verzichten, wird daher von uns abgelehnt und sollte entfallen.

d)      §8 Abs.3 EU-VerschG

Diese Bestimmung ordnet eine Prüfung der Angemessenheit der Bedingun­gen der Barabfindungen im Rahmen der Prüfung der Verschmelzung an. Unseres Erachtens sollte eine solche Prüfung der Angemessenheit der Bedin­gungen der Barabfindungen entfallen.

Eine derartige Prüfung ist von der Richtlinie nicht vorgeschrieben. Durch die Notwendigkeit einer Prüfung wird der Verschmelzungsprozess erschwert. Die detaillierte Prüfung der Methoden, der Gründe und der Ergebnisse, wie sie in Z.1-4 vorgeschrieben ist, ist sowohl für die sich verschmelzenden Ge­sellschaften als auch für die Prüfer zeit- und kostenaufwendig. Dem Schutz der Minderheitsgesellschafter wird durch die Bestimmung in § 11 Abs.2 EU-VerschG ohnehin ausreichend Rechnung getragen. (Laut dieser Bestimmung darf die Bescheinigung für die Verschmelzung erst dann ausgestellt werden, wenn die Barabfindungen der Gesellschafter ausreichend sichergestellt sind oder nachgewiesen wird, dass alle Gesellschafter auf die Barabfindung ver­zichtet haben.)

 


e)      §9 Abs.4 EU-VerschG

Diese Vorschrift sieht vor, dass auf die Einreichung des Verschmelzungs­plans zum Firmenbuch und die Veröffentlichung des Hinweises nicht ver­zichtet werden kann. Wie bei § 7 EU-VerschG sprechen zwei Gründe dafür, dass die Verzichtsmöglichkeit nicht ausgeschlossen werden sollte:

e.1.) Die Richtlinie sieht kein ausdrückliches Verbot einer Verzichtsmög­lichkeit vor. Vielmehr sollen aufgrund Erwägungsgrunds 3 der Richtlinie die Vorschriften des innerstaatlichen Rechts weiter Anwendung finden, um die grenzüberschreitende Verschmelzung zu erleichtern, wenn die Richtlinie nichts anderes bestimmt. Im § 5 Abs.2 EU-VerschG ist ein allgemeiner Ver­weis auf innerstaatliches Recht enthalten. § 232 Abs.2 AktG sieht ausdrück­lich vor, dass ein derartiger Verzicht möglich ist, wenn sämtliche Gesell­schafter aller beteiligten Gesellschaften schriftlich zugestimmt oder zur Niederschrift der Hauptversammlung einen Verzicht abgegeben haben. Aus diesen Gründen ist kein Grund ersichtlich, warum ein solcher Verzicht auf die Einreichung des Verschmelzungsplans zum Firmenbuch und die Ver­öffentlichung des Hinweises ausgeschlossen sein sollte.

e.2.) Der im Entwurf vorgesehene ausdrückliche Ausschluss einer Ver­zichtsmöglichkeit erschwert den Verschmelzungsprozess, was eine Zweck­verfehlung iSd Richtlinie darstellt. Auch die Gläubiger werden in ihren Rechten nicht verletzt, wenn auf die angesprochenen Einreichung und Ver­öffentlichung verzichtet wird. Der Gläubigerschutz wird durch § 14 Abs.2 EU-VerschG, wonach die Bescheinigung der Eintragung der Verschmelzung vom Gericht erst dann erfolgen darf, wenn allen Gläubigern eine ange­messene Sicherheit für ihre Ansprüche auf Sicherheitsleistung geleistet wurde, ausreichend gewährleistet. Das gleiche gilt für die Inhaber von Schuldverschreibungen und Genussrechten.

Der Ausschluss der Verzichtsmöglichkeit in §9 Abs.4 EU-VerschG sollte da­her entfallen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Dr. Louis Norman-Audenhove
Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs